Weg vom Öl - die Zukunft dezentraler Wärmesysteme

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150 Teilnehmer besuchten am 25.Januar 2007 die Veranstaltung der Landwirtschaftskammer NRW, die
erstmalig mit der neu gegründeten EnergieAgentur.NRW vorbereitet war. Die EnergieAgentur.NRW
entstand zu Jahresbeginn aus der Landesinitiative Zukunftsenergien NRW und der Energieagentur NRW.
Einleitend umschrieb Josef Herkendell (MUNLV, Düsseldorf) die Biomassestrategie des Landes NRW,
die sich zurzeit in der Abstimmung zwischen den Ministerien befindet. Es zeichnet sich ab, dass in
dieser Strategie Agrar-, Energie- und Grundstoffproduktion in einem Dreier-Mix gleichermaßen von
Bedeutung sind.
- Beim Ausbau von Biogasanlagen ist zukünftig damit zu rechnen, dass eine Wärmenutzung nachgewiesen wird.
- Bezogen auf die Energiesituation in NRW verwies Herkendell auf die Rolle als Nettoimporteur, so auch bei Biokraftstoffen. Von zurzeit etwa 500.000 t Biodieselproduktion im Lande werden aktuell etwa 50.000 t, d.h. 10 %, auf der Basis von in NRW gewachsenen Raps erzeugt.
- Die Entwicklung des Veredlungsstandortes NRW mit seinen Schlachthöfen ist ein positives Beispiel für die Kaskadennutzung, auf die es zukünftig auch bei der Biomasse ankommt. Dabei beschreibt die Kaskade in diesem Zusammenhang einerseits die Standortkompetenz und andererseits die Wertschöpfung im Lande.
Angesichts der Energiedichte von Biomassen sieht man im MUNLV die Perspektive insbesondere in
dezentralen Lösungen. Diesbezüglich rechnet man im Ministerium damit, dass für Anfang 2008 aus der
EU-Strukturförderung Mittel für dezentrale Energieversorgung aus der Region zur Verfügung stehen.
Über das aktuelle Eckpunktepapier des Bundesumweltministeriums zur Veränderung der 1.
Bundesimmissionsschutzverordnung (BImschV) im Bereich dezentraler Biomasseheizungen berichtete Dr.
Karsten Block, Haus Düsse. Dieses Papier sieht aktuell die Erweiterung um die Getreideverbrennung
vor und beinhaltet hohe Anforderungen an die emissionsgeprüfte Ofentechnik und an den Betrieb
solcher Wärmeanlagen. Insbesondere die Reduzierung auf 60 mg Staub im Abgas stellt eine
kurzfristig nicht erreichbare Herausforderung für die Entwicklung von Stroh- und Getreideheizungen
dar. Dr. Block bemängelte in diesem Zusammenhang, dass die besondere Bedeutung der
Kohlendioxid-Reduzierung bei diesen Emissionswertbetrachtungen zurzeit keine Berücksichtigung
finden.
Angesichts der aktuellen Diskussionen zur Änderung der 1. BImSchV empfahl er, dem Vorschlag der
Umweltministerkonferenz der Länder zu folgen, in einem Stufenplan orientiert am Stand der Technik
den Staub von 130 mg Staub auf 75 mg im Jahr 2015 zu senken. Die Vorgabe so abgestufter Grenzwerte
eröffnet dem Heizen mit halmgutartiger Biomasse dezentrale Perspektiven sowohl im Entwicklungs-
als auch im landwirtschaftlichen Anwendungsbereich.
Neue Wege der Abgasreinigung und der Wärmerückgewinnung zeigte Prof. Dr. Rawe von der
Fachhochschule Gelsenkirchen auf, in dem er die Ergebnisse aus Messungen von der Schräder
HydroCube vorstellte. Bei der HydroCube handelt es sich um eine Kombination von Abgaswärmetauscher
und Abgaswäscher. Die Ergebnisse deuten aktuell darauf hin, dass die Effizienz der Holzfeuerung
durch das Verfahren auf Brennwerttechnikniveau gesteigert wird und gleichzeitig eine
Staubabscheidung von bis zu 70 % realisiert wird. Was aus Brennwerttechniküberlegungen heraus
entwickelt wurde, hat sich im Nachgang insbesondere im Hinblick auf das Emissionsverhalten zu
einem äußerst interessanten Verfahren entwickelt. Hierfür hat Prof. Rawe mit seinen Mitarbeitern
im Dezember 2006 den Förderpreis für nachwachsende Rohstoffe des Landes Nordrhein Westfalen
erhalten.
Was die verschiedenen im Rahmen der Tagung vorgestellten Vergasungstechniken und
Kraft-Wärmekopplungssysteme anbetrifft, wurde deutlich, dass es bei Konzepten wie das von
Mothermik oder von G&A Industrieanlagen noch zahlreiche Entwicklungsprobleme gibt. Die gemachten
Erfahrungen stellen aber einen hohen Wert für zukünftige Entwicklungen dar. Grundvoraussetzung für
den erfolgreichen Betrieb einer Vergasungstechnik mit Kraftwärmekopplung ist ein entsprechend
hoher Wärmebedarf vor Ort und die Gasqualität für den Verbrennungsmotor. Hier ist insbesondere die
Teerfreiheit von zentraler Bedeutung. Die Gasqualität hat die Firma Biomass bei der Anlage in
Arnsberg im Griff. Diese Anlage basiert auf 10 jährigen Erfahrungen in England. Seitens
FarmerAutomatic aus Laer wurde darauf verwiesen, dass in 2007 damit zu rechnen ist, dass zehn
Anlagen der Vergasung mit einem Stirlingmotor gebaut werden. Brennstoff bei Farmer Automatic ist
u.a. der Kot aus Stallungen, der über Lochbänder als Nasskot gewonnen und getrocknet wird.
Angesichts einer immer größeren Konkurrenz durch die energetische Verwertung von Holz sieht Dr.
Hofman vom Hessischen Rohstoffzentrum in Witzenhausen in schnellwachsenden Hölzern einen Ausweg.
Gegenüber allen anderen Baumarten haben Pappeln und Weiden ein hervorragendes Jugendwachstum und
eignen sich daher besonders für Kurzumtriebsplantagen mit einem drei- bis vierjährigen Erntezyklus.
Zur Minimierung von Krankheiten empfahl Hofmann Sorten im Gemisch anzubauen. Zur Pflanzung nimmt
man Ruten, die vor Ort auf Stecklingsgröße geschnitten werden. Die Unkrautkontrolle ist nur im
ersten Anbaujahr von größerer Bedeutung. Die Ernte ist automatisiert und erfolgt mit modifizierten
Maishäckslern oder Vorsatzanbaugeräten an Schleppern.
Bei Miscanthus, dass man auch als Chinaschilf oder auch Elefantengras bezeichnet, handelt es sich
um eine holzartige Biomasse, die mit Häckslertechnik beerntet werden kann. Im Hinblick auf die
energetische Verwertung wie sie in Österreich von Heizungsherstellern wie Hagassner oder Fröling
vorangetrieben wird, verwies Dr. Pude von der Universität Bonn darauf, dass als Erntezeitpunkt
der April zu bevorzugen ist, da zu diesem Zeitpunkt der Blattanteil und damit der Aschanteil am
niedrigsten ist. Je stängelreicher das Erntegut desto höher der Heizwert. Den Ertrag von
Miscanthus bezifferte Dr. Pude ab dem dritten Jahr mit ca. 20 t Trockenmasse pro Hektar. Der große
Lagerraumbedarf bedingt, dass aktuell vor allem in Österreich an der Pelletierung von Miscanthus
gearbeitet wird.
Zum Ende der Veranstaltung stellten Ofenhersteller und Pelletierer Ihre Produkte vor. Die Besucher
nutzten die Möglichkeit Heizkessel und Wärmesysteme in der Energielehrschau von Haus Düsse zu
besichtigen.
Fazit der Tagung: Die Wärme ist und bleibt ein für die Region und damit auch für die
Landwirtschaft äußerst spannendes Thema. Der rechtliche Rahmen gewinnt dabei zunehmend an
Bedeutung und entscheidet darüber, wie zentral oder dezentral sich Techniken zukünftig durchsetzen
werden.
Hans-Bernd Hartmann
Vorträge als pdf-Dateien:
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Emissionen von Kleinanlagen: Was bringt uns die Novellierung der 1. BImSchV? (Klaus-Dieter Eckert, MUNLV, Düsseldorf / Dr. Karsten Block, LZ Haus Düsse)
351 KByte
-
Neue Wege der Abgasreinigung und Wärmerückgewinnung von Kleinanlagen (Prof. Rudolf Rawe, FH Gelsenkirchen und Schräder, Kamen)
1 MByte
-
Vergasung und Kraft-Wärme-Kopplung (Farmer Automatic: Frank Rosenberg, Laer)
1 MByte
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Vergasung und Kraft-Wärme-Kopplung (Dr. Thomas Wienands, Biomass Energiesysteme, Arnsberg)
888 KByte
-
Vergasung und Kraft-Wärme-Kopplung (G&A Industrieanlagen / Prof. Dr. Ing. Reiner Numrich, FH Paderborn)
935 KByte
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Schnellwachsende Hölzer: Neue Chancen für die Landwirtschaft (Dr. Martin Hofmann, HeRo, Witzenhausen)
1 MByte
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Miscanthus: Anbauerfahrungen und Nutzung (Priv.-Doz. Dr. Ralf Pude, Lehr- und Forschungsstationen der Universität Bonn)
3 MByte
-
Energieversogung - Strategien für den Hof (Dr. Joachim Matthias, Landwirtschaftskammer NRW)
226 KByte
-
Linka-Strohverbrennungsanlage: Erste Erfahrungen aus der Praxis (Herr Farwick, Lüdinghausen)
466 KByte