Körnerleguminosen im Aufwind!

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Ackerbohnen

Der Anbau von Körnerleguminosen in NRW fristet schon lange ein Nischendasein. Die Anbauflächen von Ackerbohnen und Körnererbsen lagen in den letzten Jahren in der Summe bei gerade einmal 3.000 bis 4000 Hektar. Nahezu exotisch war und ist der Anbau von Lupinen oder Sojabohnen. Diese Situation wird sich im kommenden Frühjahr in einigen Regionen von NRW zumindest bei Ackerbohnen und Körnererbsen ändern. Hierfür gibt es mehrere Gründe.

Erster Grund ist die Anrechenbarkeit von Leguminosen in Reinsaat als ökologische Vorrangfläche im Rahmen des Greenings. Wichtigster Grund aber ist das Agrarumweltprogramm „Vielfältige Kulturen“, mit dem das Land NRW den Anbau von Körnerleguminosen ab 2016 stärker als bislang finanziell fördern wird. Um neue und stärkere Anbaureize zu schaffen wurden die Prämien im Vergleich zum Vorgängerprogramm „Vielfältige Fruchtfolge“ erhöht. Wer am Programm teilnehmen will, muss auf zehn Prozent seiner Ackerfläche Leguminosen oder Leguminosengemenge anbauen. Weitere Verpflichtungen betreffen unter anderem die Anzahl der Kulturen im Betrieb, die maximalen Anbauanteile der Kulturen, den maximalen Getreideanteil im Betrieb und die Begrünung nach Leguminosen. Viele Betriebe haben im Frühjahr intensiv darüber nachgedacht, wie gut oder schlecht die Richtlinien bei „Vielfältige Kulturen“ für ihren Betrieb passen. Bis Ende Juni 2015 musste die Entscheidung für den Grundantrag für die Förderperiode von 2016 – 2020 gestellt werden. Insgesamt rund 1.100 Betriebe haben diesen Grundantrag gestellt. Davon planen rund 800 Betriebe den Anbau von Ackerbohnen, Körnererbsen, Lupine oder Sojabohne. Bei durchschnittlich 100 Hektar Ackerfläche pro Betrieb und einer Verpflichtung von zehn Prozent Leguminosenanteil ergäbe dies in der Summe für NRW dann maximal 8.000 Hektar Anbaufläche. Die Schwerpunkte des Anbaues liegen dann im Rheinland in der Köln-Aachener Bucht und der Voreifel und in Westfalen-Lippe in den Kreisen Soest, Höxter, Lippe und Paderborn. In den kommenden Wochen müssen sich alle potentiellen Anbauer endgültig entscheiden, ob sie nun tatsächlich in das Förderprogramm einsteigen und welche Leguminose sie im kommenden Jahr anbauen wollen.

Lupinen und Sojabohnen sind - noch - Exoten

Lupinen und Sojabohnen werden es nur in wenigen Ausnahmefällen sein. Im Jahr 2015 lagen die Anbauflächen in NRW für Lupinen bei 250 und bei Sojabohnen bei 150 Hektar. Auch für 2016 ist bei Lupinen mit keiner wesentlichen Anbauausdehnung zu rechnen. Lupinen sind die Leguminose der schwachen, sauren Standorte und erreichen auch hier leider nicht wirklich befriedigende Erlöse. Der Vorteil der Lupine ist hohe Eiweißwertigkeit, die flexibel eine Nutzung in der menschlichen oder tierischen Ernährung zulässt.

Im Gegensatz zur Lupine könnte sich der Anbau von Sojabohnen in NRW auf flächenmäßig immer noch sehr niedrigem Niveau schon eher weiterentwickeln. Die Züchtung bietet mittlerweile immer mehr frühreife Sorten an, die bei verbesserter Ertragsleistung dem Anbau neue Impulse geben können. Wegen der hohen Wasser- und Wärmeansprüche passt der Anbau am ehesten auf die bevorzugten Standorte am Rhein und in die Köln-Aachener Bucht. Steinige Böden scheiden für den Anbau aufgrund der damit verbundenen Ernteprobleme in aller Regel aus. Spezielle Anbau- und Sortenempfehlungen zu den beiden Kulturen werden in weiteren Beiträgen folgen. Wenn Lupinen und Sojabohnen keinen großen Beitrag an der Anbauausdehnung haben werden, dann bleiben Ackerbohnen und Futtererbsen als bewährte Alternativen, unter denen die geeignete Art ausgewählt werden sollte.

Ackerbohnen …

Die Ackerbohne hat die höheren Boden- und Klimaansprüche. Tiefgründige, mittlere und schwere Standorte mit guter Wasserversorgung sind die Basis für gute und sichere Erträge. Trockenheit in der Blüte und während des Hülsenansatzes wie im Jahr 2015 hat deutlich größere Ertragsauswirkungen als bei Körnererbsen. Wer Ackerbohnen nur nach einem Jahr mit extremer Frühsommertrockenheit bewertet, der tut der Kultur Unrecht. Anbaupausen von mindestens vier Jahren sollten eingehalten werden. Die Aussaat kann schon ab Ende Februar erfolgen. Saatbettzustand geht vor Saattermin, da Staunässe unbedingt vermieden werden muss. Spätfröste bis minus 5 Grad werden vertragen. Spätester Aussaattermin ist Anfang April. Ertrag und Standfestigkeit profitieren von frühen Saatterminen. Die frühere Meinung, dass man zu Ackerbohnen besser pflügen sollte, stimmt nicht mehr. Wichtig ist eine ausreichend tiefe Ablage von (5) bis 8 cm, die mittlerweile mit guter Technik auch bei Mulchsaat realisierbar ist. Die Aussaatstärke sollte bei günstigen Saatbettbedingungen bei 40 bis 45 und bei ungünstigen Bedingungen bei 45 bis 50 keimfähigen Körnern/m2 liegen. Bei zum Teil sortenabhängig unterschiedlichen TKG´s zwischen 350 und 600 g haben kleinkörnigere Sorten geringere Saatgutkosten je Hektar. Ein Impfen des Saatgutes mit Knöllchenbakterien ist nicht erforderlich. Bei Stickstoff besteht kein Düngedarf. Auch die Versorgung mit den Grundnährstoffen Phosphor und Kali wird bei guter Bodenversorgung in der Regel aus dem Bodenvorrat sichergestellt. Sinnvoll ist eine Schwefeldüngung in Höhe von 20 bis 30 kg/ha, die neben dem Ertrag auch die Proteingehalte positiv beeinflusst. Hierzu eignen sich entsprechende Kalidünger mit Schwefel.

Die chemische Unkrautbekämpfung muss im Vorauflauf erfolgen. Für den Nachauflauf gegen Unkräuter steht mit Basagran nur ein Mittel mit dann auch noch eingeschränktem Wirkungsspektrum zur Verfügung. Zum Anbau gehören die intensive Beobachtung des Läusebefalls und gegebenenfalls auch der Einsatz eines Fungizids gegen Rost, Brenn- oder Schokoladenflecken. Die Ernte erfolgt nach der Winterweizenernte Ende August/Anfang September. Die Proteingehalte von Ackerbohnen lagen im Mittel der Jahre in den Landessortenversuchen bei rund 30 Prozent.

Der Anbau von Ackerbohnen ist letztendlich kein Geheimnis und wird von der Beratung der Landwirtschaftskammer über Fachartikel und Rundschreiben intensiv begleitet.

Kritischer wird über die Frage des Absatzes diskutiert. Ackerbohnen sind im Vergleich zu Körnererbsen sicherlich schwieriger zu vermarkten. Die zu erwartende Anbauausdehnung bei Körnerleguminosen sorgt nicht für eine völlige Umstellung von Futtermischungen großer Futtermittelwerke. Die auch dann immer noch kleinen Erntemengen müssen mit Zugeständnissen beim Preis ihren Weg über den Handel zum Verarbeiter finden. Absprachen mit der aufnehmenden Hand sind daher bei Ackerbohnen im Vorfeld des Anbaues dringend anzuraten. In der Ernte 2015 waren Ackerbohnen auf Weizenpreisniveau zu vermarkten. Der Futterwert der Körnerleguminosen liegt in der Regel deutlich über dem Marktpreis. Ökonomisch wäre es daher interessant, eine Verwertung in der eigenen Nutztierhaltung oder der eines Kooperationspartners möglich zu machen.

… oder Futtererbsen?

Bei Futtererbsen ist nach Aussagen des Handels die Vermarktung etwas einfacher. Die Preise dürften sich leicht über dem Weizenpreisniveau einpendeln. Im Jahr 2015 war die Futtererbse in der Praxis im Ertrag der Ackerbohne überlegen. Nicht vergessen darf man hierbei aber Jahre wie 2014, als Dauerregen in der Abreife- und Erntephase zu massivem Lager führte und einige Flächen überhaupt nicht geerntet werden konnten. Auch Tauben können vor allem in Stadtnähe Bestände ab dem Auflaufen radikal schädigen. Hier hat die Ackerbohne Vorteile.

In Anbau gibt es bei kleineren Unterschieden viele Parallelitäten. Futtererbsen passen im Gegensatz zu Ackerbohnen auch auf leichtere, trockenere Standorte. Aufgrund der geringeren Frosthärte sollte die Saat erst ab Anfang/Mitte März erfolgen. Die optimale Aussaatstärke liegt je nach Termin und Aussaatbedingungen bei 60 bis 90 keimfähigen Körnern/m2 und die optimale Saattiefe bei 5 bis 6 cm. Auch bei Futtererbsen gibt es klein- und großkörnigere Sorten. Die TKG´s schwanken zwischen 200 und 320 Gramm. Geringeres TKG heißt Einsparungen bei den Saatgutkosten. Bei den Themen Impfung, Düngung, Herbizid- und Insektizideinsatz gelten die Aussagen zu Ackerbohnen. Wichtige Pilzkrankheiten sind Brennfleckenkrankheit, Grauschimmel, falscher Mehltau und Weißstängeligkeit. Gegen Grauschimmel und falschen Mehltau gib es in Deutschland keine zugelassenen Mittel.

Erntereif sind Futtererbsen kurz nach der Winterweizenernte. Bei stärkerem Lager muss tief gemäht werden. Dann kann es auf steinigeren Standorten Probleme geben. Die neueren Sortentypen sind länger, halbblattlos und gleichzeitig standfest und reduzieren so das Ernteproblem. Die Proteingehalte von Futtererbsen lagen im Mittel der Landessortenversuche bei rund 23 Prozent.

Saatgut frühzeitig bestellen!

Ackerbohnen und Futtererbsen werden im Rahmen der zu erwartenden Anbauausdehnung in NRW die Gewinner sein. Nach der Entscheidung für die Kultur steht jetzt bald die Sortenentscheidung an. Das Saatgut der Wunschsorten dürfte schnell knapp werden. Daher sollten Praktiker baldmöglichst Entscheidungen treffen.

Autor: Heinrich Brockerhoff