Landessortenversuche Winterroggen 2009

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Winterroggen

Der Winterroggen zeigte in diesem Jahr wieder gute bis sehr gute Erträge. Auch die Qualitätskriterien für die Brotroggenvermarktung, die Fallzahlen und der Mutterkornbesatz, waren problemlos. Dr. Joachim Holz, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, beschreibt die Ergebnisse der Landessortenversuche.

Seit sieben Jahren bewegt sich die Winterroggenanbaufläche in NRW zwischen 17 000 und 20 000 ha. Vor dem Hintergrund der desolaten Erzeugerpreise ist zu befürchten, dass die Anbaufläche wieder stärker reduziert wird. Acker- und pflanzenbaulich betrachtet zählt Roggen zu den wertvollen Fruchtfolgegliedern (Tabelle 1).

Im Ertrag zeigt sich im neunjährigen Betrachtungszeitraum kein Fortschritt. Dieses liegt zum Teil auch an der Verlagerung des Roggens von den besseren Ackerbaustandorten auf die leichteren, sandigen Standorte, auf denen der Roggen durch sein tief reichendes, verzweigtes Wurzelsystem immer noch sichere und gute bis sehr Erträge garantiert. Züchterisch gesehen hatte die Sortenentwicklung den Schwerpunkt auf der Verringerung der Mutterkornanfälligkeit sowie der Verbesserung der Braunrostresistenzen. Die sogenannte Pollen-Plus-Technologie, speziell der KWS-Lochow-Roggensorten ist hierfür ein erfolgreiches Beispiel.

Für die Anbauplanung und Wahl der Fruchtfolgeglieder sollte der Roggen trotz der vergleichsweise niedrigen Erzeugerpreise nicht ganz außer Acht gelassen werden.

Beim Vergleich der bereinigten Marktleistungen von Winterweizen, Stoppelweizen, Wintergerste, Triticale und Roggen aus den Landessortenversuchsergebnissen der letzten vier Jahre zeigt sich auf Lehmstandorten deutlich, dass der Winterroggen in den Jahren 2006, 2008 und 2009 gleich nach dem Winterweizen rangierte. Der Winterroggen erbrachte auf den Lehmstandorten im Mittel der geprüften Sortensortimente gegenüber Stoppelweizen, Wintergerste und Triticale immer etwas höhere bereinigte Marktleistungen. Die relative Vorzüglichkeit des Roggens ist damit recht eindeutig gegeben.

Noch deutlicher zeigt sich die relative Vorzüglichkeit des Winterroggenanbaues auf den Sandstandorten. In allen vier Jahren war der Roggen den konkurrierenden Fruchtfolgegliedern Wintergerste und Triticale sehr deutlich in der bereinigten Marktleistung überlegen. In den Jahren 2006 sowie 2007 lag er sogar mit dem Winterweizen gleichauf.

Spezifische Aussagen für die Höhenstandorte können nicht gemacht werden, da dort keine Landessortenversuche Winterroggen durchgeführt werden. Allerdings dürften die Verhältnisse denen der Lehmstandorte entsprechen.

Im Vergleich zum Vorjahr ergaben sich aus den Landssortenversuchen auf den Lehmstandorten etwas geringeren Erträge durch die deutlich niedrigeren Kornzahlen je Ähre, auf den Sandstandorten erheblich niedrigeren Erträge durch insgesamt niedrigere Bestandesdichten, Kornzahl je Ähre sowie TKM (Tabelle 2).

Die Landessortenversuche

Im Herbst 2008 wurden landesweit fünf Winterroggen-Landessortenversuche angelegt. Aus dem Kammerbezirk Niedersachsen konnten zur Absicherung der Ergebnisse noch sieben weitere Versuche in die Auswertung einbezogen werden, sodass insgesamt zwölf Landessortenversuche, sieben auf Lehm- sowie fünf auf Sandstandorten, sichere Aussagen über die geprüften Sorten in den beiden Ackerbauregionen von NRW zulassen.

Die Prüfung der Sorten erfolgte wie üblich landesweit in zwei Intensitätsstufen, siehe Tabelle 3. Die höheren Intensitätskosten in der Stufe B2 erforderten bei einem unterstellten Erzeugerpreis von 8,50 € je dt einen Mindestmehrertrag von 13,5 dt je ha. Wie aus Tabelle 3 den unteren Zeilen deutlich zu ersehen, konnte im Mittel der Sorten dieser Mindestmehrertrag nicht an allen Versuchsstandorten erzielt werden. In den Vorjahren war das Erreichen der Mindestmehrerträge durch die höhere Intensität in der Regel an allen Standorten problemlos möglich. Bei den derzeitig stärker auseinander driftenden Erzeugerpreis-Kostenverhältnissen ergeben sich erstmalig auch beim Winterroggen je nach Standort deutlichere differenzierende Einflüsse.

Die Leistungen der Sorten

In Tabelle 4 sind die diesjährigen Erträge an den einzelnen Standorten aufgeführt. Auffällig sind die erstjährig geprüften Sorten Guttino und Gonello, die sich sehr stabil über alle Standorte und deutlicher im Ertrag von den übrigen Sorten abheben. In Tabelle 5 sind die mehrjährigen Ertragsergebnisse als sichere Beurteilungsgrundlage für die Sortenempfehlung (Tabelle 6) in den verschiedenen Regionen aufgeführt. Sortenspezifische Hinweise sowie die Stärken und Schwächen der Sorten sind in Tabelle 7 aufgeführt. Tabelle 8 vermittelt einen Gesamtüberblick über die Eigenschaften der 2009 geprüften Winterroggensorten.

Wirtschaftlichkeit der Intensitätsstufen

Es zeigt sich in diesem Jahr erstmalig in dieser Deutlichkeit, dass bei fast allen Winterroggensorten bereits in der niedrigen Intensitätsvariante B1 (siehe Tabelle 3) die höchsten bereinigten Marktleistungen erzielt wurden. Die wirtschaftlich erforderlichen Mehrerträge wurden nicht erzielt. Lediglich bei der Sorte Bellami zeigte sich die höhere Intensität als wirtschaftlich; in der Mehrzahl der Standorte wurden mehr als die mindestens erforderlichen 13,5 dt je ha in der B2-Variante gedroschen.

Bei mehrjähriger Betrachtung zeigte sich bislang beim Winterroggen bei allen Sorten immer die höhere Intensität als die wirtschaftlichere. Beim diesjährigen Preis-Kostenverhältnis ist die Produktionstechnik des Winterroggens, wenn sich diese nicht im kommenden Jahr wieder ändert, damit zu überdenken. Die Behandlungsbedürftigkeit einer Sorte ist damit weniger in Abhängigkeit ihrer pflanzenbaulich zu kontrollierenden Schwächen zu sehen, sondern eher grundsätzlich in den jährlich sich stärker ändernden Preis-Kostenrelationen.

Hinweise zur Aussaat

Potenziell ist immer noch das Mutterkornrisiko zu beachten. Alle acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen, die einen gleichmäßigen, ausreichend dichten Bestand und eine Pflanzenentwicklung ohne Zwiewuchsbildung bis zum gleichmäßigen Abschluss der Blüte gewährleisten, können einen stärkeren Befallsdruck eindämmen. Darüber hinaus gewährleistet solch ein Bestand eine gleichmäßigere Bekörnung der Ähren mit geringer Schartigkeit. Zu spät gesäte, lückig aufgelaufene Bestände mit stärkerem Zwiewuchs oder Nachschossern weisen unter mutterkornfördernder Witterung besonders starken Befall auf. Die Blüte verläuft nur sehr verzögert über einen langen Zeitraum mit insgesamt geringem Pollendruck. Auch Auswinterung infolge von Hochfrieren und Wurzelabrissen können zu Bestandesausdünnungen und ungleichmäßiger Pflanzenentwicklung mit Nachschossergefahr führen.

Ein gut abgesetztes Saatbett bei trockener Grundbodenbearbeitung ist Grundvoraussetzung. Die Saattiefe mit maximal 2 cm ist beim Roggen für einen hohen und gleichmäßigen Feldaufgang wichtig. Die anzulegenden Fahrgassen dürfen nicht zu schmal gehalten werden, da bei späteren Durchfahrten mit breiteren Reifen die Randreihen niedergefahren werden. Aus diesen können sich später auch wieder Zwiewuchspflanzen mit Blühverzögerungen und höherer Mutterkorninfektionsgefahr entwickeln. Zusätzlich kann über unmittelbare Infektion der Nachbarpflanzen durch Honigtau und Blattlausübertragung der Befall weiter erhöht werden.

Trotz des teureren Hybrid-Saatgutes sollte die Aussaatstärke beim Winterroggen nicht zu stark reduziert werden, da sich dann bei zu starker Bestockung dieser sehr bestockungsfreudigen Getreideart zu viele Triebe höherer Ordnung ausbilden. Diese Triebe gelangen später erst in die Blüte und können zu den oben geschilderten Folgen führen.

In Tabelle 9 sind die Saatmengen- und Saatstärkenempfehlungen für Winterroggen auf der Grundlage mehrjährigen Untersuchungen aus den Landessortenversuchen aufgeführt. Genauere Saatmengenberechnungen lassen sich natürlich bei Vorhandensein eigener Ermittlungen und Erfahrungen kalkulieren. Für die empfohlenen Sorten können die in Tabelle 7 angegebenen Zielbestandesdichten in die Saatmengenberechnung einbezogen werden.

Autor: Dr. Joachim Holz