Landessortenversuche Winterroggen 2010

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Winterroggen

Erträge litten, Qualitäten noch gut

In den Landessortenversuchen lagen die Roggenerträge gegenüber dem Vorjahr vor allem auf Lehmstandorten rund 10 % unter den Ergebnissen des Vorjahres. Auf den Sandstandorten dagegen bewegten sich die Erträge fast exakt auf dem Vorjahresniveau. Die Qualitätskriterien für die Brotroggenvermarktung - Fallzahlen und Mutterkornbesatz - waren bei zeitiger Ernte problemlos. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer NRW, stellen die Ergebnisse vor.

Zwischen 2005 bis 2009 umfasste die Winterroggen-Anbaufläche in NRW relativ stabil rund 19 000 ha, davon rund 16 000 in Westfalen-Lippe und 3 000 ha im Rheinland. Im aktuellen Anbaujahr wurde sie deutlich um insgesamt rund 4 000 ha reduziert, wobei diese Abnahme mit 3 000 ha allein in Westfalen-Lippe stattfand. Der Anteil des Roggens an der Getreidefläche insgesamt, inklusive Winterraps, beträgt in Westfalen-Lippe noch 3 %, im Rheinland nur noch 1,3 %. Bezogen auf alle Hauptkulturen, inklusive Mais, Kartoffeln, Zuckerrüben und Leguminosen, hat der Roggen nur noch einen bescheidenen Flächenanteil von 1,2 % in Westfalen-Lippe und 0,8 % im Rheinland.

Zumindest auf den besseren Standorten in NRW ermöglicht der Winterrogen aufgrund seiner insgesamt doch recht hohen Produktionskosten, seiner vergleichbaren Erträge gegenüber Wintergerste und Winterweizen sowie Erzeugerpreisen eher auf Wintergerstenniveau, teilweise noch darunter, nur eine vergleichsweise bescheidene Wirtschaftlichkeit und daraus resultiert die sinkende Bedeutung.

Acker- und pflanzenbaulich betrachtet zählt Roggen allerdings zu den wertvollen Fruchtfolgegliedern, wie in vielen Fruchtfolgeversuchen immer wieder eindeutig nachgewiesen wurde. Hinzu kommt, dass die früher häufiger auftretende Mutterkornproblematik mit einem generell höheren Erzeugungsrisiko verbunden war. Durch die neueren Winterroggensorten mit einem deutlich verbesserten Pollenschüttungsvermögen ist eine höhere Befruchtungssicherheit gegeben und damit das Mutterkornrisiko auf ein Minimum reduziert.

Insbesondere auf den leichteren, sandigen Standorten, auf denen der Roggen durch sein tiefreichendes, verzweigtes Wurzelsystem immer noch sichere und vergleichsweise gute bis sehr Erträge garantiert, hat sein Anbau nach wie vor größere Bedeutung. Dies zeigt auch der Vergleich der bereinigten Marktleistungen aus den Landessortenversuchen von Winterweizen, Wintergerste, Triticale und Winterroggen auf den Sandstandorten. In den Jahren 2006 bis 2010 war der Roggen den „konkurrierenden“ Fruchtfolgegliedern Wintergerste und Triticale sehr deutlich überlegen. In den Jahren 2006, 2007 und auch 2010 übertraf er sogar den Winterweizen in der Wirtschaftlichkeit. Auch auf den besseren Lehmstandorten ist der Winterroggen im Mehrjahresvergleich 2006 bis 2010 der Wintergerste sowie dem Triticale in der Wirtschaftlichkeit leicht überlegen.

Im Vergleich zum Vorjahr ergaben sich aus den Landssortenversuchen auf den Lehmstandorten die geringeren Erträge durch die deutlich niedrigeren Bestandesdichten. Die Kornzahlen je Ähre sowie die TKM lagen höher oder auf dem Vorjahresniveau. Dieses ist ein Hinweis darauf, dass mehr der lange Winter und der sehr späte Vegetationsbeginn auf den Lehmböden ungünstige Ertragseinflüsse hatten als die nachfolgende kühl-trockene und im Juni sehr heiße Witterung. In diesen späteren Vegetationsabschnitten bilden sich vor allem die Kornzahlen je Ähre und die TKM heraus.

Auf den Sandstandorten dagegen bewirkten die höheren Bestandesdichten die im Vergleich zum Vorjahr höheren Erträge bei noch guten Kornzahlen je Ähre und TKM (Tabelle 1).

Die Landessortenversuche

Im Herbst 2009 wurden NRW-weit vier Winterroggen-Landessortenversuche angelegt. Aus dem Kammerbezirk Niedersachsen konnten noch sechs weitere Versuche in die Gesamtauswertung einbezogen werden, sodass insgesamt sechs Versuche auf Lehm- und vier auf Sandstandorten sichere Aussagen über die geprüften Sorten zulassen.

Die Prüfung der Sorten erfolgte wie üblich in zwei Intensitätsstufen, siehe Tabelle 2. Die höheren Intensitätskosten in der Stufe B2 erforderten bei einem diesjährig deutlich höheren Erzeugerpreis von 14,50 € je dt einen wirtschaftlich erforderlichen Mindestmehrertrag von 9,3 dt je ha gegenüber der Extensivvariante B1. Wie aus der Tabelle 3 in den unteren Zeilen deutlich zu ersehen, konnte im Mittel der Sorten dieser notwendige Mindestmehrertrag nur auf drei der zehn Standorte erzielt werden. Auf allen vier Sandstandorten wurde der Mindestmehrertrag nicht erreicht, die höheren Aufwendungen im Pflanzenschutz haben keine wirtschaftlichen Mehrerträge erbracht. In den Vorjahren war das Erreichen der Mindestmehrerträge durch die höhere Intensität an allen Standorten problemlos möglich gewesen.

Die Ertragsleistungen der Sorten

Die regelmäßigen Versuchsbesichtigungen zeigten zwischen den Sorten und an den verschiedenen Versuchsstandorten 2010 keine herausragenden Auffälligkeiten und Unterschiede. In der Tabelle 3 sind die Ertragsleistungen der Sorten aufgeführt. Es zeigt sich im Mittel der Anbauregionen Lehm und Sand recht deutlich, dass sich die mehrjährig geprüften Sorten Amato, Visello und Minello in ihrer mittleren Ertragsleistung kaum voneinander unterscheiden. Mehrjährig, über alle Standorteinzelergebnisse betrachtet, erweist sich Minello noch als die ertragstreueste Sorte.

In den Ertragsleistungen und auch in der Ertragssicherheit heben sich die neueren Sorten Guttino, Palazzo und Brasetto deutlicher von den älteren Sorten ab. Diese Feststellung konnte bereits im Vorjahr gemacht werden. Aus der Tabelle 4 lässt sich dieses anhand der Zahlen bestätigen. Die Ergebnisse dienen als sichere Beurteilungsgrundlage für die in der Tabelle 5 aufgeführte Sortenempfehlung. Sortenspezifische Hinweise zur Ertragsbildung sowie spezieller zu beachtender Stärken und Schwächen der Sorten sind in der Tabelle 6 aufgeführt. Tabelle 7 vermittelt einen Gesamtüberblick über die Eigenschaften geprüften Winterroggensorten.

Bei den empfohlenen Sorten handelt es sich ausschließlich um Hybridsorten. Zur Leistungskontrolle wird immer noch eine Populationssorte mitgeprüft ( Conduct). Es zeigt sich mittlerweile ein deutlicher Ertragsabstand zu den besten Hybridsorten von rund 20 %. Die Hybridzüchtung des Winterroggens, die sich erst ab etwa 1990 stärker etablierte, ist bislang also durchaus erfolgreich gewesen.

Wirtschaftlichkeit der Intensitätsstufen

Im Vergleich zu vielen Vorjahren, in denen bei allen Sorten und Standorten in der höheren Intensitätsstufe B2 die höchsten bereinigten Marktleistungen erzielt wurden, zeigt sich auch in diesem Jahr wieder, wie bereits schon im Vorjahr, dass dieses so nicht mehr gilt. Auf etwa der Hälfte der Versuchsstandorte wurden bei allen Sorten bereits in der niedrigen Intensitätsvariante B1 schon die höchsten bereinigten Marktleistungen erzielt. Zwischen den empfohlenen Sorten gibt es keine Unterschiede hinsichtlich einer grundsätzlich eher extensiveren oder erforderlichen intensiveren Produktionstechnik. Es ist eher eine Standort- und Jahresfrage. Im Vergleich zu früheren Jahren zeigt sich aber, dass sich auch bei der Gesundheitszüchtung des Winterroggens, vor allem hinsichtlich Mehltau- und Braunrostanfälligkeit, einiges getan hat. Genaue Beobachtung der Bestände und gezielter Pflanzenschutzmitteleinsatz tragen zur Wirtschaftlichkeitserhöhung des Roggenanbaues bei.

Die Behandlungsbedürftigkeit des Roggens ist allerdings nicht nur in Abhängigkeit seiner acker- und pflanzenbaulich zu kontrollierenden agronomischen Schwächen zu sehen, sondern in starkem Maße auch von den jährlich sich stärker ändernden Erzeugerpreis-Kostenrelationen.

Hinweise zur Aussaat

Alle acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen, die einen gleichmäßigen, ausreichend dichten Bestand und eine Pflanzenentwicklung ohne Zwiewuchsbildung bis zum gleichmäßigen Abschluss der Blüte gewährleisten, ermöglichen eine gleichmäßigere Bekörnung der Ähren mit geringer Schartigkeit. Zu spät gesäte, lückig aufgelaufene Bestände mit stärkerem Zwiewuchs oder Nachschossern weisen unter mutterkornfördernden Witterungsbedingungen besonders starken Befall auf. Die Blüte verläuft nur sehr verzögert über einen langen Zeitraum mit geringerem Pollendruck. Auch Auswinterungsschäden, wie Hochfrieren und Wurzelabrisse, können zu Bestandesausdünnungen und ungleichmäßiger Pflanzenentwicklung mit Nachschossergefahr führen.

Ein gut abgesetztes Saatbett bei trockener Grundbodenbearbeitung ist Grundvoraussetzung. Die Saattiefe mit maximal 2 cm ist beim Roggen für einen hohen und gleichmäßigen Feldaufgang wichtig. Trotz des teureren Hybrid-Saatgutes sollte die Aussaatstärke beim Winterroggen nicht zu stark reduziert werden, da sich bei zu starker Bestockung dieser ohnehin sehr bestockungsfreudigen Getreideart zu viele Triebe höherer Ordnung ausbilden. Diese Triebe gelangen entsprechend später erst in die Blüte und können zu den geschilderten Problemen führen.

In der Tabelle 8 sind die Saatmengen- und Saatstärkenempfehlungen auf der Grundlage der Landessortenversuche aufgeführt. Genauere Saatmengenberechnungen lassen sich natürlich aufgrund eigener Erfahrungen kalkulieren. Für die empfohlenen Sorten können die in der Tabelle 6 angegebenen Zielbestandesdichten in die Saatmengenberechnung einbezogen werden.

Autor: Dr. Joachim Holz und Heinz Koch