Landessortenversuche Sommerhafer 2005

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Sommerhafer deutlich schwach

Mit einem nur bescheidenen Hafer-Durchschnittsertrag von 47,2 dt je ha im Jahr 2005 wurden nach den Ergebnissen der besonderen Ernteermittlung gegenüber dem   Jahr 2004 in Nordrhein-Westfalen rund 14 % weniger gedroschen. Die trocken heiße Witterungsphase Mitte bis Ende Juni hat dafür wohl den größten Ausschlag gegeben.   Dr. Joachim Holz von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen berichtet von den Landessortenversuchen 2005 mit Sommerhafer.

Gegenüber einem Anbauflächenhoch von rund 26 300 ha im Erntejahr 2003 ist die Haferanbaufläche zur Ernte 2005 laut Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik NRW mittlerweile um deutlich 20 % auf 21 000 ha reduziert worden. Beim Vergleich der letzten fünf Jahre zeigt der Sommerhafer im Jahr 2005 den bislang niedrigsten Anbauumfang.  

Überzeugende Vorteile

Im Vergleich zum Wintergetreideanbau liegen die Vorteile eines Sommergetreideanbaues generell in der Auflockerung der Fruchtfolge, der Möglichkeit einer nachhaltigen Beseitigung von Bodenstrukturschäden, der relativ einfachen und preiswerten Produktionstechnik wegen weniger Überfahrten sowie in der Entzerrung von Arbeitsspitzen. Speziell beim Hafer ist darüber hinaus noch seine phytosanitäre Wirkung auf den Halmbrucherreger in sehr weizenlastigen Fruchtfolgen anzuführen. Im Zusammenhang mit den Cross-Compliance-Regelungen zur Fruchtfolgeauflockerung könnte der Hafer darüber hinaus eine neue Anbaubedeutung erlangen.

Als Nachteile lassen sich vor allem im Vergleich zum Sommerweizen die häufig niedrigeren Erträge anführen, siehe Tabelle 1. Das Sommergetreide generell unterliegt in weitaus höherem Maße witterungsbedingten Anbaurisiken als das Wintergetreide. Im Mittel stehen von der Saat bis zur Ernte unter optimalen Bedingungen eine Vegetationszeit von rund 150 bis 160 Tagen zur Verfügung, in der die Witterung als natürlicher ertrags- und qualitätsbestimmender Einflussfaktor, insbesondere bezüglich der Wasser- und Temperaturverhältnisse, stimmen muss. Auch ist das Saatzeitrisiko höher zu bewerten, da bei verspäteter Saat schneller mit niedrigeren Erträgen zu rechnen ist als beim Wintergetreide. Unter solchen Bedingungen kann die verfügbare Vegetationszeit auf 140 Tage und weniger sinken.

Die Landessortenversuche

Im Jahr 2005 wurden in NRW mit insgesamt neun Sorten an drei Standorten die Landessortenversuche Hafer durchgeführt. Zur besseren Absicherung und Beurteilung der Sortenleistungen wurden aus den benachbarten Kammerländern noch sieben weitere Landessortenversuchsergebnisse in die Auswertung einbezogen, so dass insgesamt zehn Landessortenversuche aus verschiedenen Anbauregionen für die Auswertung zur Verfügung standen. Wie sich der Ertragsaufbau in diesem Erntejahr im Vergleich zu den vorigen Landessorten-Prüfjahren gestaltete, ist der Tabelle 2 zu entnehmen. Im Vergleich zum Jahr 2004 wirkten sich je nach Anbauregion entweder mehr die Bestandesdichten oder mehr die Tausendkornmassen stärker ertragsmindernd aus.

Die letztjährigen Sortenversuchsergebnisse in Tabelle 3 zeigen, dass vor allem die Sorten Leo und Freddy über alle Standortgruppen hinweg ihre vorjährigen überdurchschnittlichen Ertragsleistungen erneut bestätigen konnten. Die nachfolgenden Sorten Ivory, Dominik und Flämingsprofi zeigen stärkere Standortabhängigkeiten. Im Zusammenhang mit den in der Sortenleistungstabelle 6 aufgeführten standortspezifischen mehrjährigen Ertragsergebnissen lassen sich die in der Tabelle 7 aufgeführten Sortenempfehlungen ableiten.

Bezüglich der Produktionstechnik in den Landessortenversuchen wurden seitens der N-Düngung beide Varianten (B1 und B2) einheitlich zweimal - zur Saat mit 60 kg je ha und in EC 37 zum Fahnenblattstadium mit 100 kg je ha N min - gedüngt.   Zur Standfestigkeitssicherung erhielten die Sorten in der B1-Variante in EC 33 0,9 l CCC, in der B2-Variante 2 l CCC, kombiniert mit 0,7 l Juwel Top. Bei kostenmäßiger Bewertung des höheren Aufwandes in der B2 Variante mussten mindestens rund 5,5 dt je ha Mehrertrag gegenüber der B1-Variante erzielt werden, siehe Tabelle 3. Tabelle 4 zeigt, dass sich je nach Anbauregion die Wirtschaftlichkeit beziehungsweise die bereinigte Marktleistung der beiden Intensitätsvarianten sehr unterschiedlich darstellte. Während auf dem Lößstandort sowie den meisten Sandstandorten und dem Übergangsstandort in der B2-Variante überwiegend die höchsten bereinigten Marktleistungen erzielt wurden, lohnte sich auf den Lehmstandorten der Niederung sowie in den Höhenlagen diese Intensitätsvariante im Anbaujahr 2005 nicht.   Sortenspezifische Abhängigkeiten sind nicht erkennbar. Stärkere Anfälligkeitsunterschiede bezüglich verschiedener Krankheiten zwischen den Sorten sind auch nicht vorhanden, siehe Tabelle 6. Lediglich die Sorte Leo wies in der Tendenz eine in der Mehrzahl der Versuchsergebnisse höhere Wirtschaftlichkeit in der höheren Intensität auf. Eine Ursache dafür liegt sicherlich in der hohen Mehltauanfälligkeit dieser Sorte (Tabelle 6). Diese erst einjährigen Ergebnisse zeigen zusammenfassend, dass sich vor allem die jeweilige Witterungssituation am Standort letztendlich stärker auf die Wirtschaftlichkeit der Intensitätsvarianten auswirkte als die Sortenreaktion.

Welche Sorten?

Bei der Sortenwahl ist neben den Ertrags- und agronomischen Leistungsmerkmalen auch das beabsichtigte Erzeugungsziel, Qualitätshafer für die Schälmühle oder die Futterhaferproduktion zu berücksichtigen. Für die Qualitätshafererzeugung besitzt das erzeugerpreisrelevante Vermarktungskriterium hl-Gewichtsleistung der Sorten eine sehr große Bedeutung. Die Spelzenfarbe weiß oder gelb hat keinen differenzierenden Einfluss auf die Nutzbarkeit als Qualitätshafer. Die geforderten Mindest -hl-Gewichte von mehr als 50 kg je hl sind nicht immer sicher zu erreichen, aber für das Erzielen einer ausreichenden Rentabilität wichtig - sonst gibt es Preisabzüge. Für den Qualitätshaferanbau sollten grundsätzlich nur Standorte mit sicherer Wasserführung während der Vegetationszeit gewählt werden, da das Qualitätskriterium hl-Gewichtsleistung nur auf solchen Standorten sicherer erzielt werden kann. Es kommt insbesondere auf ein hohes Tausendkorngewicht bei möglichst bauchiger Kornausbildung an; das Verhältnis von Spelzenanteil zu verwertbarem Kerneranteil ist dann günstig. Daher darf auch die Bestandesdichte, also die rispentragenden Halme je m 2, nicht überzogen werden. Der Hafer ist als küstenklimatische Pflanze sehr wasserbedürftig. Ein Wassermangel, vor allem in der kritischen Kornfüllungsphase, wirkt sich negativ auf die Qualität aus, und dieses umso mehr, je höher die Bestandesdichte ist.

Tabelle 5 zeigt, dass nur an wenigen Standorten hl-Gewichte über 50 erreicht wurden. Auch in den Vorjahren konnte dieses Qualitätskriterium kaum erreicht werden. Deutliche sortenspezifische Unterschiede, mehrjährig betrachtet, sind nicht vorhanden. Lediglich die Sorten Freddy, Aragon und Ivory zeigen mehrjährig konstant überdurchschnittliche hl-Gewichtsleistungen, wobei unter zusätzlicher Berücksichtigung des Spelzenanteils (Tabelle 6) hier noch am ehesten Ivory die Qualitätshafernormen für die Schälmühle am besten erfüllen kann. Die sehr ertragsstarke Sorte Freddy mit einem sehr hohen Spelzenanteil ist dafür nicht geeignet.

Hinweise zum Anbau

Die jährlichen Ertragsschwankungen beim Sommerhafer liegen gegenüber den anderen Sommergetreidearten höher. Dieses unterstreicht die sehr starke Witterungsabhängigkeit des Hafers, insbesondere von den Niederschlägen. Eine möglichst frühe Saat, im Rheinland ab Mitte Februar, wenn es die Bodenverhältnisse und ein trockenes, feinkrümeliges, gut abgesetztes Saatbett es erlauben, sollte angestrebt werden. Die Winterfeuchtigkeit und die noch herrschenden kurzen Tageslängen können dann noch für eine ausreichende Bestockung und Bestandesdichteetablierung optimal genutzt werden. Die standortspezifischen Aussaatstärkenempfehlungen auf der Basis langjähriger Ertragsstrukturermittlungen aus den Landessortenversuchen sind der Tabelle 8 zu entnehmen.

Eine zweimalige Stickstoff-Düngung für hohe Erträge und Qualitäten reicht aus. Als vorteilhaft erweist sich das flache Einarbeiten der ersten Stickstoffgabe in die Krume kurz vor der Saat, wenn witterungsbedingt die Saat erst später erfolgt und/oder mit längerer Trockenheit nach der Saat zu rechnen ist. Darüber ist gewährleistet, dass der Stickstoff den auflaufenden Pflanzen witterungsunabhängig schneller zur Verfügung steht. Angesichts der kurzen Vegetationszeit ist eine frühzeitige gesicherte pflanzenverfügbare Stickstoffversorgung besonders wichtig. Der Hafer verfügt über ein leistungsfähiges und stark verzweigtes Wurzelsystem. Eine Stickstoffüberversorgung kann daher leicht zu ertrags- und qualitätsmindernden Verlusten durch Lager führen. Die Standfestigkeitssicherung in EC 33 bis 37 mit Cycocel ist in der Regel eine wirtschaftliche und ertragssichernde Maßnahme, vor allem auf den besseren, wassersicheren Standorten.

Beim Einsatz eines Fungizids ist der aktuelle Zulassungsstand zu beachten. Speziell für Hafer ist er sehr eingeschränkt. Aus der Tabelle 6 wird deutlich, dass bei den empfohlenen Sorten je nach Jahr größere Krankheitskalamitäten auftreten können. Nur dann kann sich ein Fungizideinsatz auch tatsächlich als wirtschaftlich erweisen. Es ist in diesem Zusammenhang aber auch das zu erwartende Marktpreisniveau zu beachten. Bei niedrigeren Erzeugerpreisen erhöht sich der wirtschaftlich notwendige Mindestmehrertrag. Dieses bedeutet, dass sich bei sehr niedrigen Marktpreisen eine höhere Intensität nur noch selten wirtschaftlich lohnt. Zu beachten ist beim Hafer die starke Ertragsreaktion gegenüber Blattlausbefall, die sich in Haferröte und Verzwergung äußert. Hier sollten sofort bei Befallsermittlung entsprechende Insektizide zum Einsatz kommen.

Autor: Dr. Joachim Holz