Landessortenversuche Sommerhafer 2009

Erntereifer Hafer

Sommerhafer: Befriedigende Erträge bei niedrigeren Qualitäten

Nach den vorjährig recht guten Erträgen konnten im Erntejahr 2009 nach der besonderen Ernteermittlung mit 52,2 dt je ha landesweit nochmals 1,2 dt je ha mehr gedroschen werden. Dieses sind zwar keine Spitzenerträge, sie bewegen sich aber für den Sommerhafer im oberen Ertragsbereich. Die Anbauflächen verzeichnen seit 2003 in NRW einen kontinuierlichen Rückgang, in 2009 betrug die Gesamtfläche nur noch 14 880 ha, was gegenüber 1999 mehr als eine Halbierung bedeutet. Über die Vor- und Nachteile des Sommergetreideanbaues berichten Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

Bei der Frage nach dem grundsätzlichen Sinn der Hereinnahme einer Sommergetreideart in die Fruchtfolge sind nach den jeweiligen betriebsindividuellen Gegebenheiten die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen. Im Vergleich zum Wintergetreideanbau liegen die Vorteile eines Sommergetreideanbaues generell in der Auflockerung der Fruchtfolge, der Möglichkeit einer nachhaltigen Beseitigung von Bodenstrukturschäden, der relativ einfachen und aufgrund weniger Überfahrten preiswerten Produktionstechnik sowie in der Entzerrung von Arbeitsspitzen. Speziell beim Sommerhafer ist darüber hinaus noch seine phytosanitäre Wirkung auf den Halmbrucherreger Cercosporella herpotrichoides in sehr weizenlastigen Fruchtfolgen anzuführen.

Als nicht zu unterschätzendes Anbaurisiko einer Sommerung ist der witterungsbedingte Einfluss anzuführen. Das Sommergetreide unterliegt in weitaus höherem Maße witterungsbedingten Anbaurisiken als das Wintergetreide. Im Mittel steht von der Saat bis zur Ernte unter optimalen Bedingungen eine Vegetationszeit von rund 150 bis 160 Tagen zur Verfügung, in der die Witterung als natürlicher ertrags- und qualitätsbestimmender Einflussfaktor, insbesondere bezüglich der Wasser- und Temperaturverhältnisse, stimmen muss. Auch ist das Saatzeitrisiko höher zu bewerten, da bei verspäteter Saat schneller mit niedrigeren Erträgen zu rechnen ist als beim Wintergetreide. Unter solchen Bedingungen kann die verfügbare Vegetationszeit auf 140 Tage und weniger sinken. Aus diesem Grund sind vor allem trockene Standorte natürlicherweise mit dem höchsten Erzeugungsrisiko behaftet. Speziell beim Sommerhafer, vor allem bei der Qualitätshafererzeugung, ist unter solchen Standortbedingungen das Erreichen einer Mindest-hl- Gewichtsleistung als bezahlungsrelevante Größe nur selten gesichert. Aus diesem Grund konzentriert sich der Haferanbau in NRW erfolgreich zunehmend auf die höheren Anbaulagen, in denen bei moderaterem Temperaturverlauf und in der Regel ausgeglicheneren Niederschlagsverhältnissen gute Erträge bei hohen hl-Gewichten sicher erzielt werden können.

Die Landessortenversuche

Im Jahr 2009 wurden in NRW mit insgesamt zwölf Sorten an drei Standorten die Landessortenversuche Hafer durchgeführt. Zur besseren Absicherung und Beurteilung der Sortenleistungen wurden aus den benachbarten Kammerländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein noch sechs weitere Landessortenversuchsergebnisse in die Auswertung einbezogen, so dass insgesamt neun Landessortenversuchsergebnisse aus verschiedenen Ackerbauregionen für eine gesicherte Sortenempfehlung zur Verfügung stehen. Die Sortenprüfungen erfolgten in zwei Intensitätsvarianten, siehe Tabelle 1.

Die diesjährigen Sortenversuchsergebnisse in Tabelle 2 zeigen an den verschiedenen Standorten recht einheitliche Sortenleistungen. Als ertragssichere und hochertragreiche Sorte zeigt sich unter allen Standortbedingungen die Sorte Flämingsprofi. Auf den Lehmstandorten überzeugt zusätzlich auch Flämingsgold. Auf Sand schneidet auch Buggy mit konstant hohen Erträgen gut ab. Die übrigen Sorten schwanken etwas stärker von Standort zu Standort. Deutlich wird, dass die erstjährig geprüften Sorten gegenüber den älteren Sorten keine deutlich verbesserten Erträge erzielen. Unter Berücksichtigung der Vorjahresergebnisse, die für die einzelnen Ackerbauregionen zusammenfassend in der Tabelle 3 aufgeführt sind, sind in der Tabelle 4 die Sortenempfehlungen für das kommende Anbaujahr für NRW zu entnehmen.

Bei der Sortenwahl ist neben den agronomischen Leistungsmerkmalen in Tabelle 5 auch das beabsichtigte Erzeugungsziel, Qualitätshafer für die Schälmühle oder die Futterhaferproduktion, zu berücksichtigen. Für die Qualitätshafererzeugung besitzt, zusammen mit einem möglichst niedrigen Spelzenanteil einer Sorte, das Vermarktungskriterium der hl-Gewichtsleistung eine sehr große Erzeugerpreisrelevanz. Die Spelzenfarbe weiß oder gelb hat keinen differenzierenden Einfluss auf die Nutzbarkeit als Qualitätshafer. Die geforderten Mindest-hl-Gewichte von über als 50 kg je hl sind nicht immer sicher zu erreichen, aber für das Erzielen einer ausreichenden Rentabilität wichtig - es gibt sonst Preisabzüge. Mit 49,6 kg je hl lagen die hl-Gewichte um 2 kg niedriger als im Vorjahr.

Hohe Qualitäten erzeugen

Für den Qualitätshaferanbau sollten grundsätzlich nur Standorte mit sicherer Wasserführung während der Vegetationszeit gewählt werden, da zufriedenstellende hl-Gewichte nur auf solchen Standorten sicherer erzielt werden können. Es kommt insbesondere auf ein hohes Tausendkorngewicht bei möglichst bauchiger Kornausbildung an, dann ist das Verhältnis von Spelzenanteil zu verwertbarem Kerneranteil günstig. Daher darf auch die Bestandesdichte, also die rispentragenden Halme je m², nicht überzogen werden. Der Hafer ist als küstenklimatische Pflanze sehr wasserbedürftig. Ein Wassermangel, vor allem in der kritischen Kornfüllungsphase, wirkt sich negativ auf die Qualität aus, und dieses umso mehr, je höher die Bestandesdichte ist.

Aus der Tabelle 6 gehen die hl-Gewichte der Hafersorten hervor. Über die Jahre betrachtet, zeigen die Sorten Freddy, Husky und als neuere Sorte Max gesichert höhere hl-Gewichte. Unter Berücksichtigung des Spelzenanteils der Sorten in Tabelle 5 sind allerdings nur noch die Sorten Husky sowie Max für einen Qualitätshaferanbau sicher zu empfehlende Sorten.

Wirtschaftlichkeit der Intensitätsvarianten

Unter Berücksichtigung der diesjährigen Erzeugerpreise mussten in der höheren Intensitätsvariante mindestens 4,2 dt je ha mehr gedroschen werden, um die dort durchgeführten Zusatzmaßnahmen wirtschaftlich zu rechtfertigen. Aus der Tabelle 2 ist zu ersehen, dass sich diese 2009 im Mittel über die Sorten nicht an allen Standorten lohnten. Es zeigte sich überwiegend auf den Sandstandorten eine höhere Wirtschaftlichkeit in der höheren Intensitätsvariante. Bei mehrjähriger, von 2006 bis 2009 durchgeführter sortenspezifischer Betrachtung, zeigt sich bei keiner Sorte eine eindeutige Tendenz zu einem eher höheren oder niedrigeren Intensitätserfordernis. Daraus ist abzuleiten, dass bei jeder Sorte jahresspezifisch entschieden werden muss, inwieweit eine Behandlung notwendig ist oder nicht.

Hinweise zum Anbau

Die jährlichen Ertragsschwankungen beim Sommerhafer liegen gegenüber den anderen Sommergetreidearten höher. Vor allem ist die sehr starke Witterungsabhängigkeit von der Niederschlagsverteilung gegeben. Eine möglichst frühe Saat, wenn es die Bodenverhältnisse erlauben, in ein trockenes, feinkrümeliges, gut abgesetztes Saatbett sollte angestrebt werden. Die Winterfeuchtigkeit und die noch herrschenden kurzen Tageslängenkönnen dann noch für eine ausreichende Bestockung und Bestandesdichteetablierung optimal genutzt werden. Die standortspezifischen Aussaatstärkenempfehlungen auf der Basis langjähriger Ertragsstrukturermittlungen aus den Landessortenversuchen sind der Tabelle 7 zu entnehmen.

Eine zweimalige Stickstoff-Düngung für hohe Erträge und Qualitäten reicht aus. Vorteilhaft ist das flache Einarbeiten der ersten Stickstoffgabe in die Krume kurz vor der Saat. Wenn witterungsbedingt die Saat erst später erfolgt und/oder mit längerer Trockenheit nach der Saat zu rechnen ist, kann der bereits eingearbeitete Stickstoff witterungsunabhängiger noch pflanzenwirksam umgesetzt werden. Angesichts der kurzen Vegetationszeit ist eine frühzeitige, gesicherte pflanzenverfügbare Stickstoffversorgung besonders wichtig. Der Hafer verfügt über ein leistungsfähiges, stark verzweigtes Wurzelsystem. Eine Stickstoffüberversorgung kann daher leicht zu ertrags- und qualitätsmindernden Verlusten durch Lager führen. Die Standfestigkeitssicherung in EC 33 bis 37 mit Cycocel ist in der Regel eine wirtschaftliche und ertragssichernde Maßnahme, vor allem auf den besseren, wassersicheren Standorten.

Beim Einsatz eines Fungizids ist der aktuelle Zulassungsstand zu beachten. Speziell für Hafer ist er sehr eingeschränkt. Aus der Tabelle 5 wird deutlich, dass bei den empfohlenen Sorten je nach Jahr Krankheitskalamitäten, insbesondere Mehltau, auftreten können. Zu beachten ist beim Hafer die starke Ertragsreaktion gegenüber Blattlausbefall, wenn diese mit dem Gelbverzwergungsvirus infiziert sind, was Haferröte und Verzwergung zur Folge hat. Hier sollten sofort bei Befallsermittlung entsprechende Insektizide zum Einsatz kommen.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch