Landessortenversuche Sommerhafer 2013

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Sommerhafer: Hohe Erträge, akzeptable Qualitäten

Im Vergleich zum vergangenen Jahr lagen die Hafererträge mit 60,6 dt/ha in der Praxis laut besonderer Ernteermittlung erneut auf einem höheren Niveau als 2012. Die von der Industrie geforderten Mindest-hl-Gewichte von 53 bis 55 kg/hl, die ohnehin selten geschafft werden, konnten unter den extrem trockenen Bedingungen im Juli 2013 nicht erreicht werden. Mit einer Sommerhafer-Anbaufläche von 8 316 ha in ganz NRW wurde der Anbauumfang zum Vorjahr um weitere rund 3 000 ha reduziert und liegt damit 56 % unter dem langjährigen Mittel. Nach wie vor besteht ein beträchtlicher Ertragsunterschied zwischen den Erträgen in den Landessorten und in der Praxis, der nicht mehr allein auf den versuchsbedingten Unterschied zurückzuführen ist. Auf den Lehmstandorten wurde im Mittel über sechs Standorte ein Ertrag von 89,8 und auf den Sandstandorten im Mittel von vier Standorten ein Ertrag von 81,4 dt je ha und damit 48 und 34 % mehr als in der Praxis erzielt. Dieses zeigt grundsätzlich, dass auch beim Haferanbau doch durchaus passable Erträge erreicht werden können. Ähnlich gestaltet sich die Situation bei der Sommergerste, bei der sich die Ertragsdifferenzen zwischen 39 % auf Sandstandorten und 47 % auf Lehmstandorten bewegen. Beim Sommerweizen sind mit 1 3% diese Unterschiede zwischen Praxis und Versuch nicht ganz so drastisch, dennoch gegeben. In beiden Fällen lässt sich aber ebenso wie für den Hafer festhalten, dass durch sorgfältige, gezielte Produktionstechnik ein hohes Ertragspotenzial auch unter manchmal suboptimalen Bedingungen möglich ist.

Das Eingliedern einer Sommergetreideart in die Fruchtfolge ist nach betriebsindividuellen Gegebenheiten abzuwägen. Im Vergleich zum Wintergetreideanbau liegen die Vorteile eines Sommergetreideanbaues generell in der Auflockerung der Fruchtfolge, der Möglichkeit einer nachhaltigen Beseitigung von Bodenstrukturschäden, der relativ einfachen und preiswerten Produktionstechnik mit wenigen Überfahrten sowie in der Entzerrung von Arbeitsspitzen. Speziell beim Sommerhafer ist darüber hinaus noch seine unterdrückende Wirkung auf den Halmbrucherreger (Cercosporella herpotrichoides) in sehr weizenlastigen Fruchtfolgen anzuführen. Auch hinsichtlich der Schwarzbeinigkeit (Gaeumannomyces graminis) hat Hafer durch seine Wurzelausscheidungen, die die Entwicklung dieses Erregers hemmen, eine phytosanitäre Wirkung. Vor allem bei der Qualitätshafererzeugung ist unter trockneren Standortbedingungen das Erreichen einer Mindest-hl-Gewichtsleistung als bezahlungsrelevante Größe nur selten gesichert. Aus diesem Grund konzentriert sich der Haferanbau in NRW stärker auf die höheren Anbaulagen, in denen bei moderaterem Temperaturverlauf und in der Regel gleichmäßigeren Niederschlägen gute Erträge bei hohen hl-Gewichten sicherer erzielt werden können. Andererseits sind generell die im Vergleich zu den Winterungen niedrigeren Erträge, vor allem aber die größeren Ertragsunsicherheiten einer Sommerung zu beachten. Bei einer maximalen Vegetationszeit von rund 150 Tagen sind die witterungsbedingten Risiken höher oder als unsicherer zu bewerten als bei einer Winterung.

Die Landessortenversuche

Im Jahr 2013 wurden in NRW mit insgesamt neun Sorten an drei Standorten die Landessortenversuche (LSV) Hafer durchgeführt. Zur besseren Absicherung wurden aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein noch sieben weitere Ergebnisse in die Auswertung einbezogen, sodass insgesamt zehn Landessortenversuchsergebnisse für eine gesicherte Sortenempfehlung zur Verfügung stehen. Die Sortenprüfungen erfolgten in zwei Intensitätsvarianten (Tabelle 1). Die diesjährigen Versuchsergebnisse sind der Tabelle 2 zu entnehmen. Unter Berücksichtigung der Vorjahresergebnisse, die für die einzelnen Ackerbauregionen zusammenfassend in der Tabelle 3 aufgeführt sind, ergeben sich die in der Tabelle 4 aufgeführten Sortenempfehlungen für das kommende Anbaujahr für NRW. Betrachtet man die Sortenleistung über einen Zeitraum von fünf Jahren, streuen die drei- und mehrjährig geprüften Sorten unabhängig von der Anbauregion gleichmäßig um den Mittelwert. Dabei zeigt die strohinstabilere Sorte Max auf den Sandstandorten die größte Ertragsunsicherheit, was besonders für Güllebetriebe als nicht unkritisch zu bewerten ist. Lediglich auf den Lehmstandorten konnte die ebenfalls strohinstabilere Sorte Moritz in der Mehrzahl der Jahre Erträge über dem Durchschnitt erzielen.

Bei den zweijährig geprüften Sorten lieferten Simon und Oberon auf den Sandstandorten überdurchschnittliche und damit auch höhere Erträge als die mehrjährig Geprüften. Auf den Lehmstandorten sind die drei geprüften Sorten bei eigenen guten Anbauerfahrungen eine Option für die Futternutzung, liegen ertraglich jedoch eindeutig unter dem Niveau der Sorte Moritz. Die sehr kurze Sorte Kurt ist dabei in ihrer Leistung den übrigen Sorten im gesamten Sortiment sichtbar unterlegen, bietet jedoch für beide Anbauregionen eine höhere Sicherheit bei unkontrollierter N-Freisetzung aus Gülle. Bei den erstmals im LSV geprüften Kandidaten lässt sich, ausgehend von der Leistung der älteren Sorten, bei den Sorten Symphony und Poseidon wieder ein auch Züchtungsfortschritt erhoffen. Auf den Lehmstandorten zeigen die beiden Sorten in den Wertprüfungen und LSV überdurchschnittliche Erträge. Überdies weisen die neuen Kandidaten eine verbesserte Strohstabilität gegenüber den „Älteren“ auf.

Bei der Entscheidung für eine Sorte sollte beim Hafer der Ertrag nicht als alleinige Größe herangezogen werden. Bei der Sortenwahl ist neben den Leistungsmerkmalen (Tabelle 5) auch das beabsichtigte Erzeugungsziel, Qualitätshafer für die Schälmühle oder die Futterhaferproduktion, zu berücksichtigen. Für die Qualitätshafererzeugung besitzt, zusammen mit einem möglichst niedrigen Spelzenanteil einer Sorte von üblicherweise maximal 26 %, das Vermarktungskriterium „hl-Gewichtsleistung“ eine sehr große Erzeugerpreisrelevanz. Die Spelzenfarbe hat keinen differenzierenden Einfluss auf die Nutzbarkeit als Qualitätshafer. Die geforderten Mindest-hl-Gewichte von 53 bis 55 kg je hl sind nicht sicher zu erreichen, aber für das Erzielen einer ausreichenden Rentabilität wichtig. Für den Qualitätshaferanbau sollten grundsätzlich nur Standorte mit sicherer Wasserführung während der Vegetationszeit gewählt werden, da das Qualitätskriterium hl-Gewichtsleistung nur auf solchen Standorten sicherer erzielt werden kann. Es kommt insbesondere auf ein hohes Tausendkorngewicht bei möglichst bauchiger Kornausbildung an, was einem günstigen Verhältnis von Spelzenanteil zu verwertbarem Kerneranteil entspricht. Daher darf auch die Bestandesdichte, also die rispentragenden Halme je m², nicht überzogen werden. Der Hafer ist sehr wasserbedürftig. Ein Wassermangel, vor allem in der Kornfüllungsphase, wirkt sich negativ auf die Qualität aus und dieses umso mehr, je höher die Bestandesdichte ist.

Aus der Tabelle 6 gehen die hl-Gewichtsleistungen hervor. Über die Jahre betrachtet zeigen die Sorten Max (G), Moritz (G) und Flocke (W) gesichert höhere hl-Gewichtsleistungen, wobei die Sorte Max hier als Leistungsträger in diesem Merkmal gesehen werden kann. Auch in ihrem zweiten LSV-Jahr zeigt die neuere Gelbhafersorte Oberon mit im Mittel über alle Standorte relativ 103 mit den zuvor genannten Sorten vergleichbar hohe Leistungen. Unter Berücksichtigung des Spelzenanteils der Sorten (Tabelle 5) ist die Sorte Max für einen Qualitätshaferanbau sicher zu empfehlen. Die Sorte Oberon ist hier, ebenso wie die erstjährig geprüfte Sorte Symphony, als etwas unsicherer zu betrachten.

Auch für die Verwertung als Futterhafer sind Sorten mit einem geringen Spelzenanteil zu bevorzugen, da dann das Verhältnis Rohfasergehalt zu Rohprotein- beziehungsweise Rohfettgehalt günstiger wird. Beim Verkauf wird dies zwar nicht honoriert, sollte aber unter dem Aspekt der Verdaulichkeit des Futters beim Einsatz im eigenen Betrieb beachtet werden. Zwischen der Höhe des Hektolitergewichts und der Höhe des Energiegehaltes besteht nach jüngeren Untersuchungen jedoch nahezu keine Korrelation.

Wirtschaftlichkeit der Intensitätsvarianten

Unter Berücksichtigung der diesjährigen Erzeugerpreise von 14,50 €/dt (Tabelle 1) mussten in der höheren Intensitätsvariante mindestens 4,4 dt je ha mehr gedroschen werden, um die durchgeführten Zusatzmaßnahmen wirtschaftlich zu rechtfertigen. Aus der Tabelle 2 ist zu ersehen, dass sich diese 2013 im Mittel über die Sorten nur an vier von zehn Versuchsstandorten lohnten. Mehrjährig betrachtet gibt es keine Sorten, bei denen man eindeutig sagen kann, dass sie immer extensiver wirtschaftlich geführt werden können.

Hinweise zum Anbau

Die jährlichen Ertragsschwankungen beim Sommerhafer liegen gegenüber den anderen Sommergetreidearten höher, besonders auf Sandstandorten. Eine möglichst frühe Saat, wenn es die Bodenverhältnisse erlauben, sollte angestrebt werden. Die Winterfeuchtigkeit und die noch herrschenden kurzen Tageslängen unter 14 Stunden können dann noch für eine ausreichende Bestockung und Bestandesdichteetablierung optimal genutzt werden.

Die standortspezifischen Aussaatstärkenempfehlungen sind Tabelle 7 zu entnehmen. Eine zweimalige Stickstoff-Düngung für hohe Erträge und Qualitäten reicht aus. Vorteilhaft ist das flache Einarbeiten der ersten Stickstoffgabe in die Krume kurz vor der Saat. Wenn witterungsbedingt die Saat erst später erfolgt oder mit längerer Trockenheit nach der Saat zu rechnen ist, kann der bereits eingearbeitete Stickstoff witterungsunabhängiger noch pflanzenwirksam umgesetzt werden. Angesichts der kurzen Vegetationszeit ist eine frühzeitige, gesicherte Stickstoffversorgung besonders wichtig. Hafer verfügt generell durch seine höhere Energiegewinnung aus der Wurzelatmung über ein hohes Nährstoffaneignungsvermögen und besitzt zudem ein stark verzweigtes Wurzelsystem. Eine Stickstoffüberversorgung kann daher leicht zu ertrags- und qualitätsmindernden Verlusten durch Lager und einer verzögerten, ungleichmäßigen Abreife des Strohs führen. Die Standfestigkeitssicherung in EC 33 bis 37 mit CCC ist in der Regel eine wirtschaftliche, qualitäts- und ertragssichernde Maßnahme, vor allem auf den besseren, wassersicheren Standorten. Auf Spurenelementmangel reagiert Hafer stärker als andere Getreidearten und gilt beispielweise als Zeigerpflanze für Manganmangel. Die optimalen Temperaturen für das Haferwachstum liegen etwa 3 °C niedriger als beim Weizen, da so die Nettoassimilation erhöht und ein langsamer Übergang zwischen den Entwicklungsstadien die Ausbildung der Ertragsorgane begünstigt.

Beim Einsatz eines Fungizids ist der aktuelle Zulassungsstand zu beachten. Speziell für Hafer ist dieser sehr eingeschränkt. Aus Tabelle 5 wird deutlich, dass bei den empfohlenen Sorten je nach Jahr Mehltauprobleme auftreten können. Zu beachten ist beim Hafer generell die starke Ertragsreaktion gegenüber Blattlausbefall, wenn diese mit dem Gelbverzwergungsvirus infiziert sind. Hier sollten sofort bei Befallsermittlung (Warndiensthinweise beachten) entsprechende Insektizide zum Einsatz kommen. Der Anbau von Sommergerste oder Sommerweizen nach Hafer sollte vermieden werden, da durch Haferanbau eine Vermehrung des Haferzystenälchens erfolgen kann. In Tabelle 8 sind die für hohe Erträge erforderlichen Ertragsmerkmale sowie die sonstigen Stärken und Schwächen der empfohlenen Sorten aufgeführt.

Autor: Dr. Kathrin Bürlig