Landessortenversuche Sommerhafer 2015

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Sommerhafer kann mehr

Im Erntejahr 2015 betrug die Anbaufläche von Hafer in NRW 8 600 ha. Sommerhafer hatte daran einen Anteil von 7 800 ha. Die Anbauschwerpunkte in NRW liegen in Ostwestfalen, entlang der Ruhr, im Raum Gütersloh, Münster, Warendorf und im Raum Mettmann. Winterhafer spielt in NRW mit 800 ha nur eine Nebenrolle. Aufgrund der höheren Auswinterungsgefahr beschränkt sich der Anbau im Wesentlichen auf die milden und weniger auswinterungsgefährdeten Standorte im Rheinland. Hier stehen rund 75 % der gesamten Winterhaferfläche von NRW.

Schon seit vielen Jahren fällt die große Differenz zwischen den Erträgen in den Versuchen und den durchschnittlichen Praxiserträgen der BEE auf. Das Ertragsmittel der Versuche aus NRW auf den Lehmstandorten (83,5 dt/ha), aber auch auf den Sandstandorten Nordwest (72,0 dt/ha), liegt konstant deutlich über den Ergebnissen der Besonderen Ernteermittlung. Die Differenzen sind typisch für Sommerhafer, der anscheinend sein genetisches Potenzial unter den Bedingungen, die er in der Praxis im Anbau häufig vorfindet, nicht umsetzen kann. Die Gründe hierfür sind vielschichtig.

Sommerhafer wird in erster Linie zu Futterzwecken für die Pferdehaltung oder zur Aufbesserung des Kraftfutters für den eigenen Betrieb angebaut. Er steht in der Praxis oft oder überwiegend auf ertragsschwächeren Standorten als abtragende Frucht an der ungünstigsten Stelle der Fruchtfolge und wird dann noch extensiv, teilweise auch etwas stiefmütterlich behandelt. Das mögliche Ertragspotenzial der Kultur kann so nicht erreicht werden. Die Versuchsergebnisse, aber auch Praxisergebnisse bei optimaleren Anbaubedingungen, zeigen, dass Sommerhafer zu deutlich höheren Leistungen fähig wäre.

Schälhafer als Chance für Ackerbaubetriebe?

Die gezielte Produktion von Schälhafer für den wachsenden Cerealienmarkt ist schwierig. Die Verarbeiter verlangen große, einheitliche, sortenreine und qualitativ hochwertige Partien. Für diese Verwertungsrichtung werden Sorten mit geringem Spelzenanteil mit weniger als 26 %, leicht lösbarer Spelze, hohem Hektolitergewicht von mindestens 53kg/hl, hohem Tausendkorngewicht sowie guter Sortierung mit mehr als 90 % größer 2 mm benötigt. Die geforderten Qualitäten werden in der Praxis selbst auf guten Standorten nur mit Spezialsorten und auch dann nicht immer sicher erreicht. In Frage kommen Standorte mit gesicherter Wasserversorgung, nicht zu hohen Niederschlägen und kühleren Temperaturen während der Kornfüllungsphase und der Abreife. Wenig oder besser kein Lager, eine guter Kornausbildung, eine geringe mikrobielle Belastung und eine helle Kornfarbe sind weitere Grundvoraussetzungen für die Produktion von Qualitätshafer. Schwächere Standorte scheiden für Schälhafer von Anfang an aus.

Ergebnisse der Landessortenversuche

Im Jahr 2015 wurden in NRW auf drei Standorten Landessortenversuche mit acht Sorten angelegt. Die Standorte lagen in Kerpen-Buir auf Löß sowie in Lage-Heiden und Altenmellrich auf Lehmstandorten. Zur besseren Absicherung der Versuchsergebnisse wurden die drei Versuche aus NRW gemeinsam mit vier weiteren Versuchen der gleichen Standortgruppe aus Niedersachsen und Schleswig Holstein ausgewertet. Für die Empfehlung für Sandstandorte können 2015 vier Versuche aus Niedersachsen und Schleswig Holstein herangezogen werden.

Die Versuche werden in zwei Intensitätsstufen angelegt. In der extensiveren Behandlungsstufe erfolgt ein Wachstumsreglereinsatz in EC 31/32. Auf Fungizide wird hier verzichtet. In der intensiveren Behandlungsstufe erfolgt eine Wachstumsreglergabe in EC31/32. In EC 39/49 erfolgte dann eine zweite Gabe des Wachstumsreglers in Kombination mit einem Fungizid. Beide Behandlungsstufen werden praxisüblich in zwei Teilgaben mit Stickstoff gedüngt und bei Bedarf mit Insektiziden behandelt. Die zusammengefassten, mehrjährigen Versuchsergebnisse der intensiveren Variante für Ertrag und Qualität (hl-Gewicht) sind den Tabellen 1 und 2 zu entnehmen. Die agronomischen Eigenschaften der geprüften Sorten finden Sie in Tabelle 3 und die zusammengefasste Sortenempfehlung in Tabelle 4.

Empfehlungen für Futterhafer auf Lehm

Unabhängig von der Verwertungsrichtung sollte bei der Sortenwahl Wert auf einen hohen, stabilen Ertrag, ein gutes hl-Gewicht, eine geringe Lagerneigung, eine gute Strohstabilität sowie auf eine gleichmäßige Korn-Strohabreife gelegt werden. Die Spelzenfarbe ist entgegen der oft gehörten Meinung nicht an wertbestimmende Eigenschaften geknüpft. Trotzdem wird bei der Direktvermarktung Gelb- und manchmal auch Schwarzhafer favorisiert. Schwarzhafersorten können beim Ertrag nicht mit Gelb- oder Weißhafer konkurrieren und benötigen Aufpreise. In der Beschreibenden Sortenliste wird mit Zorro nur eine Schwarzhafersorte geführt. Soll Futterhafer vermarket werden, wird ein Hektolitergewicht von mindestens 50 kg gefordert. Im Mittel der Lehmstandorte konnte dieses Niveau 2015 nur knapp erreicht werden. Drei von sieben Standorten erreichten den Wert nicht. Von den mehrjährig geprüften Sorten zeigen Symphony (weiß) und Poseidon (gelb) eine überdurchschnittliche Ertragsleistung. Symphony hat im Vergleich der beiden Sorten das etwas höhere hl-Gewicht. Beide Sorten sind sich in ihren sonstigen agronomischen Eigenschaften relativ ähnlich. Max und Moritz - beide gelb - sind beim Ertrag etwas schwächer und haben bei den Merkmalen Lager und Halmknicken Nachteile. Vorteil dieser Sorten ist das höhere hl-Gewicht. Dies trifft besonders auf die Sorte Max zu.

Als zweijährig geprüfte Sorte zeigt Tim (gelb) überdurchschnittliche Erträge bei vergleichsweise gutem hl-Gewicht. Neu im Prüfsortiment waren die beiden Gelbhafer Yukon und Apollon, von denen Apollon 2015 die bessere Ertragsleistung zeigte. Apollon punktet mit guter Standfestigkeit und sehr guten Einstufungen bei der Qualität. Yukon hat bei sehr guter Mehltautoleranz Vorteile im extensiveren Anbau.

Empfehlungen für Futterhafer auf Sand

Auf den Sandstandorten werden ausreichende hl-Gewichte nur schwer erreicht. Im Mittel der Sandstandorte wurde 2015 nur ein hl-Gewicht von 47kg/hl erreicht. Im Merkmal Ertrag rücken die geprüften Sorten eng zusammen. Ertragsvorteile von einzelnen Sorten können nicht ausgemacht werden. Unterschiede gibt es bei den hl-Gewichten, wo Max (gelb) als Qualitätshafer positiv hervorsticht. Auch andere Merkmale, wie Standfestigkeit und Mehltauanfälligkeit, können je nach Wunsch des Anbauers hier mehr in den Focus rücken.

Empfehlungen für Schälhafer

Der Anbau von Schälhafer kann nur auf besseren Standorten empfohlen werden. Unter den mehrjährig geprüften Sorten bietet Max (gelb) das beste Gesamtpaket aus Ertrag und Qualität. Flocke (gelb) zeigt sich bei Ertrag und hl-Gewicht etwas schwächer. Auf die hohe Mehltauanfälligkeit muss bei dieser Sorte besonders geachtet werden. Die erstmalig geprüfte Sorte Apollon (gelb) besitzt ebenfalls eine gute Schälhafereignung. Nicht mehr im Prüfsortiment vertreten ist Ivory (weiß), der über viele Jahre seine gute Eignung als Schälhafer nachgewiesen hat und bei eigenen guten Erfahrungen weiter angebaut werden kann.

Worauf ist beim Anbau zu achten?

Eine möglichst frühe Saat ist die Grundvoraussetzung für hohe Erträge. Die frühe Saat verspricht eine bessere Bestockung, eine längere Vegetation und die bessere Ausnutzung der Winterfeuchtigkeit. Hafer darf in keinem Falle in den Boden hereingeschmiert werden. Bei frühen Saatterminen Anfang März werden 260 bis 300, bei normalen Saatterminen im März 300 bis 330 und bei späten Saatterminen 330 bis 360 keimfähige Körner/m2 empfohlen. Die Saattiefe sollte aufgrund des vergleichsweise höheren Keimwasserbedarfs bei 3 bis 4 cm liegen. Die Keimtemperaturen liegen bei 3 bis 5°C. Hafer ist bezüglich der Nährstoffansprüche relativ anspruchslos und besitzt ein gutes Wurzelwerk. Niedrigere pH-Werte oder eine schlechtere Versorgung mit Grundnährstoffen werden eher als bei Sommerweizen toleriert. Belohnt wird Nährstoffmangel aber auch bei Hafer nicht. Eine Ernte von 60 dt/ha mit Strohabfuhr entzieht dem Boden 70 kg P2O5, 210 kg K2O und 25 kg MgO. Auf schlechter versorgten Böden muss bei Hafer als abtragender Frucht zumindest eine Teilmenge der Nährstoffe frisch ergänzt werden. Vor allem auf Böden mit zu hohen pH-Werten muss auf eine ausreichende Manganversorgung geachtet werden.

Die Stickstoffdüngung muss eine zügige Jugendentwicklung ermöglichen. Daher muss Hafer früh und ausreichend mit Stickstoff versorgt werden, ohne durch zu hohe Gaben die Lagergefahr zu sehr zu fördern. Späte N-Gaben bergen die Gefahr von Lager und Zwiewuchs. Eine Startgabe von 60 bis 80 N zur Saat, gefolgt von einen zweiten Gabe in der Mitte der Schoßphase mit 30 bis 60 N, können als grobe Orientierung gelten. Besonders bei der zweiten Gabe muss die N-Nachlieferung des Bodens berücksichtigt werden. Wichtigste und regelmäßig auftretende Blattkrankheit beim Hafer ist der Mehltau, bei dem es deutliche Sortenunterschiede in der Anfälligkeit gibt. Bei stärkerem Befall sind gezielte Behandlungen mit Zenit M oder Vegas erforderlich. Haferkronenrost oder die Haferstreifenkrankheit treten in der Praxis nicht regelmäßig auf. Vermeiden muss man den späten Einsatz von höheren Strobilurinmengen mit Amistar oder Juwel Top. Dies kann zu einer sehr verzögerten Strohabreife und Ernteproblemen führen.

Bei Befall mit virusbeladenen Blattläusen drohen Verzwergungskrankheit und Haferröte und als Folge Ertrags- und Qualitätseinbußen. Die intensive Bestandesbeobachtung und der gezielte Einsatz entsprechend zugelassener Insektizide ist Pflicht. Wachstumsregler wirken immer ertragssichernd und nie ertragssteigend. Bei Trockenstress oder zu hohen Aufwandmengen sind Schädigungen und Mindererträge möglich. Der Einsatz der zugelassenen Mittel muss daher mit Bedacht in Phasen mit guter Wasserversorgung und wüchsiger Witterung erfolgen. In standfesten Kurzstrohhafer-Sorten bei angepasster Bestandesdichte und N-Düngung kann eventuell sogar auf Wachstumsregler verzichtet werden. Am besten kalkulierbar ist immer noch die Einfachbehandlung mit CCC in EC 34 bis 37. Die einmalige Einkürzung reicht bei geringer Lagergefährdung normalerweise aus. Bei hoher Lagergefahr sind Doppelbehandlungen erforderlich.

Autor: Heinrich Brockerhoff, Heinz Koch