Landessortenversuche Sommerweizen 2007

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Nach den Ergebnissen der besonderen Ernteermittlung des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik in Düsseldorf wurden in Nordrhein-Westfalen im Erntejahr 2007 58,3 dt Sommerweizen je ha erzielt – und damit im Vergleich der letzten acht Erntejahre das niedrigste Ertragsergebnis. Im Rheinland wurde dieser niedrige Ertrag letztmalig 1994 erzielt. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, erläutern das Sommerweizenjahr 2007.

Mit rund 2 320 ha Anbaufläche im Erntejahr 2007 ist die Sommerweizenanbaufläche gegenüber dem Vorjahr in NRW nochmals um rund 600 ha reduziert worden. Wie bei den anderen Sommergetreidearten auch, hängt die Aussaatfläche stark von den Herbstbestellbedingungen oder den Auswinterungsgegebenheiten beim Wintergetreide ab. Im Vergleich zu den anderen Sommergetreidearten Sommergerste und Sommerhafer werden beim Sommerweizenanbau - mit deutlichem Abstand von + 10 bis 15 dt je ha - in beiden Landesteilen immer noch die höchsten Erträge erzielt. Dieses zeigen die BEE-Ergebnisse des statistischen Landesamtes in Düsseldorf sehr deutlich. Zusätzliche Argumente für einen Sommerweizenanbau können sein:

  • Späte Zuckerrübenernte unter ungünstigen Witterungs- und Bodenbedingungen kann zu unerwünschter, Bodenstruktur-beeinträchtigender oder -schädigender Saatbettbereitung und Einschmieren des Winterweizens im Spätherbst führen, mit entsprechenden ungünstigen Folgewirkungen. Im Herbst 2007 trat dieses Problem häufiger auf.
  • Die Erzeugung sicherer, hochqualitativer Weizenpartien (E- oder A-Sorten) ist eher möglich, wenn entsprechende Vermarktungsmöglichkeiten zu sehr guten Erzeugerpreisen bestehen. Nur dann ist die geringere Ertragspotenz des Som-merweizens gegenüber dem Winterweizen noch wirtschaftlich vernünftig zu kom-pensieren, was letztlich zur Verbesserung der Rentabilität im Sommerweizenan-bau beiträgt.
  • Sommerweizensorten mit einer ausreichenden Winterhärte, wie zum Beispiel Granny, werden auch als Wechselweizen bezeichnet. Sie können bereits im spä-teren Herbst ausgesät werden. Ihr Vorteil liegt in einer flexibleren Saatzeitspanne von November bis ins Frühjahr hinein. Sie sind in der Entwicklung etwas zügiger und reifen etwas eher ab als spät gesäter Winterweizen. Bei qualitativ hochwertigen Sorten liegen ihre Erträge unter diesen Bedingungen etwa auf dem Niveau von normalen E- Winterweizensorten. Der Anbau von Wechselweizen kommt daher am ehesten für die Produktion von Qualitätsweizen in Frage, wenn entsprechende Preisaufschläge erzielt werden können.

Die Landessortenversuche

In Nordrhein-Westfalen wurden im Jahr 2007 an zwei Standorten Landessortenversuche mit insgesamt sechs Sommerweizensorten durchgeführt, die ausschließlich nur aus dem höher qualitativen A- und E- Bereich stammen, siehe Tabelle 1. Zur etwas sicheren Leistungsbeurteilung der Sorten konnte aus dem benachbarten Kammerland Niedersachsen noch ein weiterer Landessortenversuch für die Lehmstandorte herangezogen werden. Im Mittel aller Sorten zeigten sich die Bestandesdichten in den Landessortenversuchen im Vergleich zu den Vorjahren nicht schlechter. Allerdings präsentierten sich häufig die Kornzahl je Ähre sowie die TKM unterdurchschnittlich, woraus sich die in diesem Jahr schlechteren Erträge erklären. Bezüglich der Eiweißleistung, siehe Tabelle 2, zeigt sich auch in diesem Jahr das gewohnte Bild. Unabhängig von dem über die Jahre deutlich höheren Eiweißleistungsniveau der Sommerweizensorten gegenüber den Winterweizensorten differenziert sich das Sortenspektrum mehrjährig sehr eindeutig nach E- und A- Qualität. Die negative Korrelation zwischen Ertrag und Qualität zeigt sich deutlich. Unter Berücksichtigung der mehrjährigen Ertragsleistungen an den einzelnen Standortgruppen, dargestellt in Tabelle 3, sind in der Tabelle 4 die entsprechenden Sortenempfehlungen für die verschiedenen Ackerbauregionen aufgeführt.

Wirtschaftlichkeit der Behandlungsstufen

Die Prüfung der Sommerweizensorten erfolgte in den Landessortenversuchen unter den Bedingungen zweier Intensitätsstufen, siehe Tabelle 5. Bei kostenmäßiger Bewertung des höheren Aufwandes in der B2 Variante mussten lediglich mindestens 1,9 dt je ha Mehrertrag gegenüber der B1-Variante erzielt werden. Wie aus der Tabelle 1 zu ersehen, wurden diese notwendigen Mindestmehrerträge in der behandelten Variante auf allen Versuchsstandorten sehr sicher und deutlich erzielt, ersichtlich am Vergleich der Erträge B1 und B2 im Mittel der Sorten. Auch bei sortenspezifischer Betrachtung zeigt sich, dass in der mehrjährigen Tendenz alle Sommerweizensorten überwiegend in der höheren Intensitätsstufe die höchsten bereinigten Marktleistungen erbrachten. Lediglich bei der Sorte Granny lohnt sich auch bei höheren Erzeugerpreisen ein intensiverer Blick in die Bestände und eine etwas größere Vorsicht beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Dieses Ergebnis korrespondiert recht gut mit den überwiegend niedrigen Einstufungen bezüglich ihrer Anfälligkeit gegenüber Krankheiten, siehe Tabelle 6.

Beschreibung der empfohlenen Sorten

Granny (A- Weizen): Ertrag: In den letzten drei Anbaujahren sehr hohe Erträge in allen Anbauregionen. Qualität: Sorte mit durchschnittlichen Fallzahlergebnissen und unterdurchschnittlichen Rohproteingehalten. Ertragsbildung über durchschnittliche Bestandesdichte, leicht überdurchschnittliche Kornzahl je Ähre sowie etwas höhere Tausendkornmasse. Agronomische Merkmale: Mittellange Sorte mit erhöhter Lagerneigung, daher für Standorte mit hohem organischem Düngereinsatz und entsprechend schwer kal-kulierbarer Stickstofffreisetzung nicht geeignet. Die Pflanzenschutzintensität ist auf die erhöhte Lagerneigung und die Anfälligkeit gegenüber Blattseptoria auszurichten. Marktleistung: Im dreijährigen Mittel die höchste bereinigte Marktleistung, die nicht immer in der höchsten Intensitätsstufe erreicht wurde. Empfehlung für alle Standorte.
Tybalt (A-Weizen): Ertrag: Auf Löß- und Lehmstandorten mehrjährig gute Erträge. Qualität: Sorte mit guten Fallzahlergebnissen und durchschnittlichen Rohproteingehalten. Ertragsbildung über leicht unterdurchschnittliche Bestandesdichte, etwas höhere Kornzahl je Ähre sowie überdurchschnittlich hohe Tausendkornmasse. Agronomische Merkmale: Kurze Sorte mit geringer Lagerneigung, daher für Standorte mit hohem organischem Düngereinsatz und entsprechend schwer kalkulierbarer Stickstofffreisetzung geeignet. Die Pflanzenschutzintensität ist auf die erhöhte Anfälligkeit gegenüber Blattseptoria, Ährenfusarium und DTR auszurichten. Marktleistung: Im dreijährigen Mittel Sorte mit der zweit höchsten bereinigten Marktleistung, die sehr häufig in der höchsten Intensitätsstufe erreicht wurde. Empfehlung für Löß- und Lehmstandorte.
Taifun (E- Weizen): Ertrag: Im Mittel der Prüfjahre und Standorte etwas unterdurch-schnittliche Erträge. Qualität: Sorte mit überdurchschnittlichen Fallzahlleistungen und Rohproteingehalten. Ertragsbildung über durchschnittliche Bestandesdichte, geringe Kornzahl je Ähre sowie sehr hohe Tausendkornmasse. Agronomische Merkmale: Kurze Sorte mit mittlerer Lagerneigung. Marktleistung: Im Mittel der letzten drei Anbaujahre überdurchschnittliche bereinigte Marktleistungen, die häufiger in der höheren Intensitätsstufe erreicht wurden. Empfehlung für alle Standorte bei eigenen noch guten Anbauerfahrungen.
Passat (A-Weizen): Ertrag: Im Mittel der Prüfjahre und Standorte durchschnittliche Erträge. Auf Übergangslagen mehrjährig überdurchschnittliche Erträge. Qualität: Sorte mit guten Fallzahlleistungen und Rohproteingehalten. Ertragsbildung über geringere Bestandesdichte, leicht überdurchschnittliche Kornzahl je Ähre sowie Tausendkornmasse. Agronomische Merkmale: Kurze Sorte mit hoher Lagerneigung. Die Pflanzenschutzintensität ist auf die erhöhte Lagerneigung sowie die erhöhte Anfälligkeit gegenüber Mehltau auszurichten. Vorsicht auf Standorten mit erhöhter N-Nachlieferung, vor allem auf Güllestandorten. Marktleistung: Im Mittel der letzten drei Anbaujahre überdurchschnittliche bereinigte Marktleistungen, die ausschließlich in der höheren Intensitätsstufe erreicht wurden. Empfehlung: Für Übergangslagen gut geeignet. Auf den übrigen Standorten bei eigenen noch guten Anbauerfahrungen.

Hinweise zur Aussaat

Der Sommerweizen stellt höhere Ansprüche an den Boden. Eine ausreichende Wasserversorgung auch im Sommer sollte möglichst gegeben sein. Frühjahrstrockene, leichtere Standorte sind weniger gut geeignet für einen wirtschaftlich befriedigenden Sommerweizenanbau. Unsichere Erträge sind die Folge. Wasserführende, schwerere Standorte garantieren ein sicheres, höheres und ausgeglicheneres Ertrags- und Qualitätsniveau. Der Sommerweizen ist so früh wie möglich zu säen. Grundsätzlich gilt für alle Sommerungen: Spätere Saat wird nicht durch Reifeverzögerung, sondern durch Lebensverkürzung ausgeglichen.

In der Reihenfolge der verschiedenen Sommergetreidearten sollte er vor dem Sommerhafer zur Aussaat gelangen, da er als wasseranspruchsvollste Art bei geringer Wurzelleistung noch am ehesten die Winterfeuchtigkeit ausnutzen kann und am ehesten vor der trockneren Jahreszeit die Bestände geschlossen hat. Die Nutzung einer langen Wachstumszeit unter Kurztagsbedingungen fördert die Bestockung und Seitentrieb- Bewurzelung und damit die Wasser- und Nährstoffaufnahme. Bei noch sehr kaltem Boden muss möglichst flach gesät werden. Bei der Wahl der Saatzeit sollte die Durchschnittstemperatur allerdings den Gefrierpunkt überschritten haben. Eine Keimung ist bei 0 bis 1 °C bereits möglich. In Tabelle 7 sind die standortspezifischen Aussaatmengen in kg je ha und Saatstärkenempfehlungen in Körnern je m² aufgeführt. Ein dem Krankheitsauftreten und der jeweiligen Sortenanfälligkeit angepasster Pflanzenschutz zeigte sich mehrjährig bislang wirtschaftlich lohnend. Gleichermaßen gilt dieses für den Einsatz von Wachstumsregulatoren zur Standfestigkeitssicherung.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch