Landessortenversuche Sommerweizen 2010

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Sommerweizen: Schlechte Erträge und schwache Qualität

Der ausgesprochen lange Winter mit sehr spätem Vegetationsbeginn, die späte Aussaat, das kühle Frühjahr sowie der trockenen Juni, Juli - alle diese K omponenten erklären das diesjährig sehr schwache Abschneiden des Sommergetreides generell. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer NRW, stellen die Ergebnisse der Landessortenversuche zum Sommerweizen vor.

Nach den Ergebnissen der besonderen Ernteermittlung (BEE) des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik in Düsseldorf wurden in Nordrhein-Westfalen 2010 beim Sommerweizen lediglich 57,6 dt je ha erzielt gegenüber 2009 mit 66,5 dt je ha. In den Landessortenversuchen liegt der Eiweißgehalt mit 13,2 % im Mittel zwar deutlich über dem des Winterweizens, aber auch um 0,7 % niedriger als im Vorjahr.

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Mit rund 3 100 ha ist die Sommerweizenanbaufläche in NRW nach vielen Jahren wieder um rund 800 ha oder 31 % gestiegen. Die Entscheidung, Sommergetreide und vor allem Sommerweizen anzubauen, wenn die Standortbedingungen es hergeben, ist durchaus zu unterstreichen. Im zehnjährigen Mittel liegen die BEE-Erträge des Sommerweizens gegenüber dem Sommerhafer und der Sommergerste in NRW um rund 14 dt je ha höher. Damit erreicht der Sommerweizen exakt das Ertragsniveau des Winterroggens von 64 dt je ha und von Triticale mit 63,7 dt je ha. Bei annähernd gleich teurer Produktionstechnik, aber dem deutlich höheren Ertragsniveau im Vergleich zu den anderen Sommergetreidearten, der höheren Erzeugerpreise sowie der höheren Qualität, mindestens A-Sorten, ergibt sich eine deutlich höhere Rentabilitätserwartung. Auch im Vergleich zum Winterroggen und Triticale dürfte eine ähnliche Rentabilität zu erwarten sein, da vor allem die Produktionskosten deutlich niedriger liegen.

Möglichkeiten in der Fruchtfolge

Zusätzliche Argumente für einen Sommerweizenanbau können sein:

  • Späte Zuckerrübenernte unter ungünstigen Witterungs- und Bodenbedingungen mit bodenstrukturschädigender Saatbettbereitung und Einschmieren des Winterweizens im Spätherbst.
  • Die Erzeugung sicherer, hochqualitativer Weizenpartien mit E- oder A-Sorten, wenn entsprechende Vermarktungsmöglichkeiten zu sehr guten Erzeugerpreisen bestehen.
  • Entzerrung von Arbeitsspitzen.
  • Sommerweizensorten mit einer ausreichenden Winterhärte, zum Beispiel Granny, werden auch als Wechselweizen bezeichnet. Sie können bereits im späteren Herbst ausgesät werden. Ihr Vorteil liegt in einer flexibleren Saatzeitspanne von November bis in das Frühjahr hinein. Sie sind in der Entwicklung etwas zügiger und reifen etwas eher ab als spät gesäter Winterweizen. Bei qualitativ hochwertigen Sorten liegen ihre Erträge etwa auf dem Niveau von normalen E-Winterweizensorten. Der Anbau von Wechselweizen kommt daher am ehesten für die Produktion von Qualitätsweizen in Frage, wenn entsprechende Preisaufschläge erzielt werden können.

Der Sommerweizenanbau zur Auflockerung auch der Fruchtfolge kann bei entsprechend guter Produktionstechnik durchaus wirtschaftlich sein. Allerdings sind folgende Risikofaktoren abzuwägen, die gegen einen Sommergetreide- oder Sommerweizenanbau sprechen können:

  • Sommergetreide unterliegt in weitaus höherem Maße Witterungsrisiken als Wintergetreide. Im Mittel steht von der Saat bis zur Ernte unter optimalen Bedingungen eine Vegetationszeit von rund 150 bis 160 Tagen zur Verfügung, in der die Witterung, insbesondere die Wasser- und Temperaturverhältnisse stimmen müssen.
  • Das Saatzeitrisiko ist höher zu bewerten, da bei verspäteter Saat schneller mit niedrigeren Erträgen zu rechnen ist als beim Wintergetreide. Unter solchen Bedingungen kann die verfügbare Vegetationszeit schnell auf 130 Tage und weniger sinken. Das aktuelle Anbaujahr zeigte hier die Grenzen deutlich.
  • Aus diesem Grund sind vor allem trockene Standorte mit dem höchsten Erzeugungsrisiko behaftet. Demgegenüber sind kühlere, höher gelegene oder wassersichere Standorte eher geeignet.

Die Landessortenversuche

In Nordrhein-Westfalen wurden 2010 an zwei Standorten Landessortenversuche mit insgesamt acht Sommerweizensorten durchgeführt, die ausschließlich aus dem höher qualitativen A- und E- Bereich stammen (siehe Tabelle 2). Zur sicheren Leistungsbeurteilung der Sorten wurden aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein noch drei weitere Landessortenversuche für die Lehmstandorte herangezogen. Die produktionstechnische Durchführung der Landessortenversuche ist der Tabelle 1 zu entnehmen, sie ist mit zwei N-Düngungsmaßnahmen sowie zwei Pflanzenschutzmaßnahmen sehr einfach und daher kostengünstig.

Bei den drei- und mehrjährig geprüften Sorten (Tabelle 2) zeigte wiederum die Sorte Tybalt deutlich konstante und überdurchschnittliche Erträge. Die beiden höher qualitativen E-Sorten SW Kadrilj und KWS Scirocco brachten im Vergleich zu Tybalt noch passable schwach durchschnittliche Erträge. Allerdings beträgt der Ertragsabstand rund 10 %. Mit etwas stärker schwankenden Erträgen an den Einzelstandorten konnten sich weiterhin die A-Sorten Passat und Granny noch gut positionieren. Auch die etwas neuere Sorte KWS Chamsin zeigte überwiegend gute, leicht überdurchschnittliche Ertragsleistungen.

Mehrjährig (Tabelle 3) bestätigt Tybalt seine sehr guten Erträge und seine Ertragssicherheit. Passat und Granny als A-Sorten unterscheiden sich nicht wesentlich, zeigen über die Jahre hinweg allerdings nicht die Konstanz wie Tybalt. Bei den zweijährig geprüften Sorten ist KWS Chamsin recht ertragskonstant, weist aber keine deutlich höheren Erträge als die älteren Sorten auf. Unter Berücksichtigung der mehrjährigen Ertragsleistungen sind in der Tabelle 4 die Sortenempfehlungen aufgeführt.

Bezüglich der Eiweißleistungen der Sorten (Tabelle 5) zeigt sich auch in diesem Jahr das gewohnte Bild. Unabhängig von dem über die Jahre immer deutlich höheren Eiweißniveau der Sommerweizensorten gegenüber den Winterweizensorten differenziert sich das Sortenspektrum mehrjährig sehr eindeutig nach E- und A- Qualität. Die negative Korrelation zwischen Ertrag und Qualität zeigt sich deutlich.

Wirtschaftlichkeit der Behandlungsstufen

Die Prüfung der Sommerweizensorten erfolgte in den Landessortenversuchen unter den Bedingungen zweier Intensitätsstufen (Tabelle 1). Bei kostenmäßiger Bewertung des höheren Aufwandes in der B2-Variante mussten mindestens 3,7dt je ha Mehrertrag gegenüber der B1-Variante erzielt werden. Wie aus der Tabelle 2 zu ersehen, wurden diese notwendigen Mehrerträge in der behandelten Variante 2010 nicht auf allen Versuchsstandorten erzielt. Welche Sommerweizensorten welchen Pflanzenschutzmitteleinsatz benötigen, ist der Tabelle 6 zu entnehmen.

Hinweise zur Aussaat

Aufgrund seines schwächeren Wurzelwerks stellt der Sommerweizen insgesamt höhere Ansprüche an den Boden und die Bodenstruktur. Eine ausreichende, gleich bleibende Wasserversorgung über die Vegetationszeit sollte gegeben sein. Dieses garantiert ein sicheres, höheres und ausgeglicheneres Ertrags- und Qualitätsniveau.

Der Sommerweizen ist so früh wie möglich zu säen. Grundsätzlich gilt für alle Sommerungen: Spätere Saat wird nicht durch Reifeverzögerung, sondern durch Lebensverkürzung ausgeglichen. In der Reihenfolge der Sommergetreidearten sollte Weizen vor dem Sommerhafer zur Aussaat gelangen, da er mehr Wasser braucht. Er nutzt noch am ehesten die Winterfeuchtigkeit aus schließt am ehesten vor der trockneren Jahreszeit die Bestände. Die Nutzung einer langen Wachstumszeit unter Kurztagsbedingungen mit Tageslichtlängen unter 14 Stunden fördert die Bestockung und Bewurzelung. Bei noch sehr kaltem Boden muss möglichst flach gesät werden. Bei der Wahl der Saatzeit sollte die Durchschnittstemperatur allerdings den Gefrierpunkt überschritten haben. Eine Keimung ist bei 0 bis 1 °C bereits möglich.

In Tabelle 7 sind die Aussaatmengen und Saatstärkenempfehlungen aufgeführt. Diese beziehen sich auf optimale Saatbett- und Saatzeitbedingungen in der ersten Märzdekade. Bei Saatzeitverzögerungen um jeweils 14 Tage sollten die Saatstärken um rund 30 Körner je m² erhöht werden.

Ein dem Krankheitsauftreten und der jeweiligen Sortenanfälligkeit angepasster Pflanzenschutz zeigte sich mehrjährig wirtschaftlich lohnend. Gleichermaßen gilt dieses für den Einsatz von Wachstumsregulatoren zur Standfestigkeitssicherung.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch