Landessortenversuche Sommerweizen 2012

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Sommerweizen 2012: Ein hervorragendes Ertragsjahr

Wie schon bei den anderen Sommergetreidearten konnten in diesem Jahr auch beim Sommerweizen sowohl in den Landessortenversuchen als auch in der Praxis hervorragende Erträge gedroschen werden. Nach der Besonderen Ernteermittlung (BEE) wurden im Mittel von NRW 71,3dt je ha erzielt, das bislang beste Ertragsjahr. Dr. Joachim Holz und Dr. Kathrin Bürling, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, erläutern die Landessortenversuche. Im Vergleich zum Vorjahr betrug die Ertragsdifferenz fast genau 13dt je ha mehr. Die Eiweißgehalte in den Landessortenversuchen lagen diesjährig mit 13,1 % im Mittel aller Sorten rund 1,3 % niedriger als im Vorjahr (14,4 %). Hiermit dokumentiertsich erneut deutlich die negative Korrelation zwischen Ertrag und Proteingehalt.Trotzdem liegen die Eiweißgehalte eines Sommerweizens immer mindestens 1 % höher als beim Winterweizen.

Anbauflächen- und Ertragsentwicklung

Die diesjährige Sommerweizenanbaufläche in NRW erfuhr durch die Auswinterungskalamität und die dadurch notwendigen Umbrüche vor allem in Ostwestfalen-Lippe mit rund 10.000 ha gegenüber dem Vorjahr eine als nur einmalig zu betrachtende erhebliche Anbauausdehnung. Eine trendmäßige Beurteilung der Anbauflächenentwicklung im Vergleich zu den Vorjahren ist daher nicht möglich. Unter normalen Witterungs- und Anbaubedingungen wird der Sommerweizen in NRW wahrscheinlich aber auch zukünftig weiterhin nur seine Lückenbüßerfunktion behalten. Bezüglich der Ertragsunterschiede zwischen den verschiedenen Sommergetreidearten ist aber beachtenswert, dass im 10 jährigen Mittel (2003 bis 2012) die BEE-Erträge des Sommerweizens(64,1dt je ha) gegenüber dem Sommerhafer und der Sommergerste in NRW deutlich um 12 bis 13dt je ha höher liegen. Bei betrieblich gegebener „freier Wahlmöglichkeit“ einer Sommergetreideart (Sommerhafer, Sommergerste, Sommerweizen) zeigt sich damit klar, dass der Sommerweizen die höchste Vorzüglichkeit und die vergleichsweise höchste Rentabilitätserwartung besitzt. Dieses erschließt sich, wenn man die entscheidenden Merkmale, annähernd gleich teure Produktionstechnik, höheres Ertragsniveau, höhere Erzeugerpreise (Winterweizenniveau) sowie höhere Qualität, mindestens A-Sorten, näher betrachtet. Sogar gegenüber dem 10 jährigen Ertragsmittel des Winterroggens (63,5dt/ha) und des Wintertriticales (62,8dt je ha) liegen die Sommerweizenerträge im gleichen Betrachtungszeitraum mit 64,1dt je ha nrw-weit auf gleichem Niveau.

Sommerweizenanbau - Möglichkeiten in der Fruchtfolge

Zusätzliche Argumente für einen Sommerweizenanbau können sein:

  • Späte Zuckerrübenernte unter ungünstigen Witterungs- und Bodenbedingungen mit der Folge unerwünschter, bodenstrukturbeeinträchtigender bzw. -schädigender Saatbettbereitung und „Einschmieren“ des Winterweizens im Spätherbst, mit entsprechend ungünstigen Folgewirkungen.
  • Entzerrung von Arbeitsspitzen.
  • Die Verfügbarkeit von Sommerweizensorten mit einer ausreichenden Winterhär-te, auch als „Wechselweizen“ bezeichnet, ermöglichen die Aussaat bereits im späteren Herbst.Ihr Vorteil liegt in einer flexibleren Saatzeitspanne von Novem-ber bis in das Frühjahr hinein. Sie sind in der Entwicklung etwas zügiger und reifen etwas eher ab als spät gesäter Winterweizen. Bei qualitativ hochwertigen Sorten liegen ihre Erträge unter diesen Bedingungen etwa auf dem Niveau von E-Winterweizensorten. Der Anbau von Wechselweizen kommt daher am ehesten für die Produktion von Qualitätsweizen in Frage, wenn entsprechende Preisaufschläge erzielt werden können. Der Sommerweizenanbau zur Auflockerung auch der Fruchtfolge kann bei entsprechend guter Produktionstechnik damit durchaus hoch wirtschaftlich sein.

Allerdings sind auch folgende Risikofaktoren abzuwägen, die gegen einen Sommergetreide- bzw. Sommerweizenanbau sprechen können:

  • Das Sommergetreide unterliegt in weitaus höherem Maße witterungsbedingten Anbaurisiken als das Wintergetreide. Im Mittel stehen von der Saat bis zur Ernte unter optimalen Bedingungen eine Vegetationszeit von rund 150 Tagen zur Verfügung, in der die Witterung als natürlicher ertrags- und qualitätsbestimmender Einflussfaktor, insbesondere bezüglich der Wasser- und Temperaturverhältnisse, schon „stimmen“ muss.
  • Das Saatzeitrisiko ist höher zu bewerten, da bei verspäteter Saat schneller mit niedrigeren Erträgen zu rechnen ist als beim Wintergetreide. Unter solchen Bedingungen kann die verfügbare Vegetationszeit schnell auf 130 Tage und weniger sinken.
  • Vor allem „trockene“ Standorte sind natürlicherweise mit dem höchsten Erzeugungsrisiko behaftet. Demgegenüber sind „kühlere“, höher gelegene oder was-sersichere Standorte (tiefgründige Lehm- oder Lößböden) eher geeignet. Bemerkenswert sind die deutlichen Unterschiede zwischen den BEE-Erträgen aus der Praxis und den in den Landessortenversuchen erzielten Sommerweizenerträgen. Im Mittel von 5 Landessortenversuchen wurde 2012 ein Durchschnittsertrag von beachtli-chen 87,8dt je ha erzielt (Tabelle 3). Diese sehr beträchtliche Ertragsdifferenzvon fast 17dt je ha(zu 71,3dt je ha BEE) erklärt sich nicht nur allein über dieper se höheren Erträge in den Parzellenversuchen, sondern lässt auch darauf schließen, dass über eine sorgfältige, gezielte Produktionstechnik ein hohes Ertragspotential beim Sommerweizen auch unter manchmalsuboptimalenVegetations- und Anbaubedingungen möglich ist.

Die Landessortenversuche

In Nordrhein-Westfalen wurden im Jahr 2012 an 2 Standorten Landessortenversuche mit insgesamt6Sommerweizensorten durchgeführt, die ausschließlich aus dem höher qualitativen A- und E- Bereich stammen (Tabelle 2). Zur sicheren Leistungsbeurteilung der Sorten wurdenaus denbenachbarten Kammerländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein noch dreiweitere Landessortenversuchefür die Lehmstandorteherangezogen. Die produktionstechnische Durchführung der Landessortenversuche ist der Tabelle 1 zu entnehmen. Wie zu ersehen, ist die Produktionstechnik mit 2 N-Düngungsmaßnahmen sowie 2 Pflanzenschutzmaßnahmen sehr einfach, zeit- und überfahrtensparend, und daher kostengünstig. Bei den drei- und mehrjährig geprüften Sorten (Tabelle 2) zeigten diesjährig die SortenTybalt(A) und KWS Chamsin (A) rechtkonstante überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Die höher qualitative E-Sorte SW Kadrilj erbrachteim Vergleich zu den vorgenannten Sorten 5 bis 7 % geringere Erträge. Die neuere E-Sorte Sonett zeigte sich über die Standorte mit sehr guten stabilen, leicht überdurchschnittlichen Ertragsleistungen. Mehrjährig (Tabelle 3) und überragend stabil bestätigt Tybaltihre sehr gute Ertragsleistung und vor allem ihre sehr hohe Ertragssicherheit. Auch KWS Chamsin ist mehrjährig noch recht ertragskonstant auf leicht überdurchschnittlichem Ertragsniveau. Ähnliches gilt auch für die E-Sorte Sonett. Bezüglich der Eiweißleistungen der Sorten(Tabelle 4) zeigt sich auch in diesem Jahr das gewohnte Bild. Unabhängig von dem über die Jahre immer deutlich höheren Eiweißleistungsniveau der Sommerweizensorten gegenüber den Winterweizensorten differenziert sich das Sortenspektrum mehrjährig sehr eindeutig nach E- und A- Qualität. Eine positive Ausnahme zeigt die A-Sorte KWS Chamsin, die mit ihren Eiweißleistungen auf dem Niveau der E-Sorten liegt. Unter Berücksichtigung dieser mehrjährigen Ertragsleistungen an den einzelnen Standortgruppen sind in der Tabelle 5 die entsprechenden Sortenempfehlungen aufgeführt. In der Tabelle 6 sind die sortenspezifischen Ertragsbildungsverhältnisse sowie die jeweiligen Stärken und zu beachtenden Schwächen der empfohlenen Sorten, wenn vorhanden, aufgeführt.

Wirtschaftlichkeit der Behandlungsstufen

Die Prüfung der Sommerweizensorten erfolgte in den Landessortenversuchen unter den Bedingungen zweier Intensitätsstufen (Tabelle 1). Bei kostenmäßiger Bewertung des höheren Aufwandes in der B2 Variante und des ex Ernte 2012 bezahlten Erzeugerpreises mussten mindestens2,8dt je ha Mehrertrag gegenüber der B1-Variante erzielt werden. Wie aus der Tabelle 2 zu ersehen, wurden diese notwendigen Mindestmehrerträge in der behandelten Variante im Erntejahr 2012auf allen Versuchsstandorten (Vergleich Erträge B1 und B2 im Mittel der Sorten) mit zum Teil beachtlichen Mehrerträgen deutlich übertroffen. Die Leistungen der Sommerweizensorten bezüglich ihrer differenzierten agronomischen Eigenschaften als Hinweis auf eine entsprechend gezielte Planung des möglicherweise erforderlichen Pflanzenschutzmitteleinsatzes ist der Tabelle 7 zu entnehmen.

Hinweise zur Aussaat

Aufgrund seines schwächeren Wurzelwerks stellt der Sommerweizen insgesamt höhere Ansprüche an den Boden und die Bodenstruktur. Eine ausreichende,gleich bleibende Wasserversorgung über die Vegetationszeit sollte gegeben sein. Dieses garantiert ein sicheres, höheres und ausgeglicheneres Ertrags- und Qualitätsniveau. Ziel ist daher, einen gelockerten und tief durchwurzelbaren Krumenbereich sowie ein nach unten festes und oben locker liegendes Saatbett zu schaffen.Zu beachten ist, dass der Sommerweizen gegenüber „Einschmieren“ empfindlicher reagiert als der Winterweizen. Der Sommerweizen ist so früh wie möglich zu säen. Grundsätzlich gilt für alle Sommerungen: spätere Saat wird nicht durch Reifeverzögerung, sondern durch „Lebensverkürzung“ ausgeglichen!In der Reihenfolge der verschiedenen Sommergetreidearten sollte er vor dem Sommerhafer zur Aussaat gelangen, da er als wasseranspruchsvollste Art bei geringer Wurzelleistung noch am ehesten die Winterfeuchtigkeit ausnutzen kann und am ehesten vor der trockneren Jahreszeit die Bestände geschlossen hat. Die Nutzung einer langen Wachstumszeit unter Kurztagsbedingungen (Tageslichtlängen unter 14 Stunden) fördert die Bestockung und (Seitentrieb-) Bewurzelung (Wasser- und Nährstoffaufnahme). Bei noch sehr kaltem Boden muss möglichst flach gesät werden. Generell ist auf eine exakte Tiefenablage unbedingt zu achten.Neben einem verzögerten und schlechteren Feldaufgang kostet bei zu tiefer Saat die Anlage eines Halmhebers die Pflanzen unnötig Energie, die dann später bei der Weiterentwicklung und Bestockung fehlen kann. Bei der Wahl der Saatzeit sollte die Durchschnittstemperatur allerdings den Gefrierpunkt überschritten haben. Eine Keimung ist bei 0 bis 1 Grad Celsius bereits möglich. In der Tabelle 8 sind die standortspezifischen Aussaatmengen- (kg je ha) bzw. Saatstärkenempfehlungen (Körner je qm) aufgeführt. Diese beziehen sich auf optimale Saatbett- und Saatzeitbedingungen (1. Märzdekade). Bei Saatzeitverzögerungen um jeweils 14 Tage sollten die Saatstärken um rund 30 Körner je qm erhöht werden.Ein dem Krankheitsauftreten und der jeweiligen Sortenanfälligkeit angepasster Pflanzenschutz zeigte sich mehrjährig bislang wirtschaftlich lohnend. Gleichermaßen gilt dieses für den Einsatz von Wachstumsregulatoren zur Standfestigkeitssicherung.

Autor: Dr. Joachim Holz, Dr. Kathrin Bürling