Landessortenversuche Sommerweizen 2020

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Versuche mit Sommerweizen

Die Anbaufläche von Sommerweizen in NRW lag 2020 bei etwa 3.200 ha und damit auf dem durchschnittlichen Niveau der vergangenen Jahre. Sofern im bevorstehenden Winter keine erheblichen Auswinterungsverluste bei Getreide oder Raps auftreten, kann davon ausgegangen werden, dass im Frühling 2021 eine ähnlich große Anbaufläche mit Sommerweizen bestellt werden wird.

Rückblick auf 2020

Die durchschnittlichen Erträge von Sommerweizen fielen 2020 mit 55,0 dt/ha in NRW erneut deutlich geringer aus als im langjährigen Mittel. Wie bereits in den drei Jahren zuvor, war auch für diese vergleichsweise schlechte Ernte hauptsächlich der für Sommergetreide ungünstige Witterungsverlauf im Frühling ursächlich: Die intensiven Niederschläge im Februar trugen zwar dazu bei, den Bodenwasservorrat zumindest teilweise aufzufüllen, verzögerten aber zugleich die Aussaat, da viele Äcker erst ab Mitte März wieder befahrbar waren. Die anschließende Frühlingstrockenheit (in April und Mai fielen in NRW nur etwa 25% der sonst üblichen Niederschläge) und die damit verbundene Austrocknung der oberen Bodenschicht verringerten den Feldaufgang und verlangsamten zusammen mit den noch bis Mitte Mai auftretenden Spätfrösten die Bestandsentwicklung zusätzlich. Dieser deutliche Verlust an Vegetationszeit führte dazu, dass trotz der meist ausreichenden Niederschlagsmengen im Sommer das Ertragsniveau von normalen Jahren (Durchschnittsertrag 2012-2016: 68,4 dt/ha) deutlich verfehlt wurde. Ähnlich wie beim Wintergetreide ließen sich auch im Sommerweizen große Differenzen im Ertrag zwischen verschiedenen Standorten feststellen. Ursächlich dafür waren oft sehr kleinräumige Unterschiede in den Bodenverhältnissen und den tatsächlichen Niederschlägen.

Warum trotzdem Sommerweizen anbauen?

Sommerweizen erzielt auch bei optimalen Anbaubedingungen etwa 20% geringere Erträge als Winterweizen. Durch die kürzere Vegetationszeit und insbesondere die spätere Durchwurzelung reagiert die Sommerform zudem deutlich empfindlicher auf einen ungünstigen Witterungsverlauf. Dies betrifft besonders leichte Standorte mit einem geringeren Wasserhaltevermögen und einem damit verbunden höherem Risiko für Frühlingstrockenheit. Dafür besitzt Sommerweizen im Vergleich zu den anderen Sommergetreiden das höchste Ertragspotential und somit eine Bedeutung, die über den ersatzweisen Anbau nach ausgewinterten Getreide- oder Rapsbeständen hinausgeht. Besonders nach einer späten Ernte von Zuckerrüben oder Körnermais oder bei einem Witterungsverlauf, der eine rechtzeitige Aussaat von auch spätsaatverträglichen Winterweizensorten nicht mehr zulässt, bietet sich der Anbau von sogenannten „Wechselweizen“ an. Diese vergleichsweise winterharten Sommerformen haben nur einen geringen Vernalisationsbedarf können theoretisch sowohl bereits im Herbst als auch im Frühling gesät werden. Aussaaten im Januar haben rein rechtlich betrachtet den Vorteil, dass sie einerseits als Sommergetreide bewertet werden und andererseits auch nach 2021 in nitrataustragsgefährdeten („roten“) Gebieten ohne vorherigen Zwischenfruchtanbau mit Stickstoffdüngern versorgt werden dürfen. Aussaaten nach dem 31. Januar dürfen in diesen Gebieten ab 2022 allerdings nur noch dann mit Stickstoff gedüngt werden, wenn zuvor eine Zwischenfrucht angebaut wurde. Bezogen auf die Fruchtfolge kann der Anbau von Sommerweizen in Kombination mit entsprechenden Bodenbearbeitungsmaßnahmen dazu beitragen, die zunehmenden Probleme mit Ackerfuchsschwanzresistenzen deutlich zu reduzieren. Bei einer nachfolgenden Aussaat von Winterraps, kann der geringere Strohanfall von Sommerweizen das Strohmanagement erleichtern und möglichen Feldaufgangsproblemen entgegenwirken. Durch die meist höhere Qualität von Sommerweizen lässt sich die Ernte oft zu deutlich besseren Preisen vermarkten.

Ergebnisse der Landessortenversuche 2020

Die Landwirtschaftskammer NRW hat in den Landessortenversuchen 2020 insgesamt 9 Sommerweizensorten an je einem Standort im Rheinland und in Westfalen geprüft. Am Standort Kerpen-Buir wurde, fast entsprechend dem Mittel in NRW, ein durchschnittlicher Ertrag von 53,6 dt/ha erzielt. Der zweite Versuch in Lage-Heiden ließ sich aufgrund erheblicher Trockenschäden nicht auswerten. Die Sortenbeurteilung wird, wie bereits in den Jahren zuvor, durch Ergebnisse aus den Landessortenversuchen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hessen ergänzt, die sich ebenfalls dem Boden- und Klimaraum „Lehmstandorte Nordwest“ zuordnen lassen. An allen Standorten wurde neben einer praxisüblichen Variante mit 2-fachem Fungizideinsatz auch eine Variante ohne Fungizide und mit geringerer Menge an Wachstumsreglern untersucht. Die Variante mit intensivem Pflanzenschutz erzielte über alle Sorten hinweg einen durchschnittlichen Mehrertrag von 6,8 dt/ha, allerdings bei großen Unterschieden zwischen Standorten mit geringem und hohem Befallsdruck. Die Düngung erfolgte entsprechend einer Düngebedarfsermittlung. Die relativen Ertragsleistungen und Proteingehalte der untersuchten Sommerweizensorten werden zusammen mit der daraus resultierenden Sortenempfehlung und einer Sortenbeschreibung in den nachstehenden Tabellen zusammengefasst.

Sortenempfehlungen für die Aussaat im Frühling 2021

Der langjährig geprüfte Sorte Quintus (A) erzielte in den letzten Jahren nur noch unterdurchschnittliche Erträge, weist aber eine relativ gute Standfestigkeit auf und ist im Vergleich zu anderen Sorten sehr fusariumtolerant. Die hohe Gelbrostresistenz und die vergleichsweise geringe Anfälligkeit gegenüber Blattseptoria und Braunrost können dazu beitragen, den Fungizideinsatz gering zu halten, allerdings muss auf Mehltau geachtet werden. Quintus zählt zu den begrannten Sorten.

  • Licamero (A) überzeugt seit vielen Jahren mit überdurchschnittlichen Erträgen bei durchschnittlichen Proteingehalten. Die Sorte zeigt eine vergleichsweise geringe Fallzahl und ist im Vergleich zu anderen Sorten relativ anfällig gegenüber Gelb- und besonders Braunrost. Licamero wird vom Züchter als Wechselweizen beworben. Dies wird durch die bisherigen Versuchsergebnisse bestätigt.
  • Servus (A) ist bei durchschnittlichen Erträgen und Proteingehalten sehr standfest und vergleichsweise resistent gegenüber Mehltau und Gelbrost. Allerdings bestehet eine deutlich höhere Anfälligkeit gegenüber Braunrost und Ährenfusarium. Die Fallzahlen und die Fallzahlstabilität sind überdurchschnittlich hoch.
  • KWS Starlight (A) überzeugte auch 2020 mit hohen Erträgen, allerdings bei unterdurchschnittlichen Proteingehalten und Fallzahlen. Sie Sorte ist relativ lang, nicht besonders standfest und hinsichtlich der Blattgesundheit eher durchschnittlich zu bewerten. Besonders auf Mehltau muss geachtet werden.
  • KWS Mistral (A) und Jasmund (A) erzielten in den vergangenen Jahren überdurchschnittliche Erträge, bei KWS Mistral auch verbunden mit hohen Proteingehalten. KWS Mistral ist allerdings vergleichsweise wenig blattgesund. Jasmund ist ähnlich wie Servus kurzstrohig und standfest und besitzt weder besondere Anfälligkeiten noch Resistenzen. Wer sich für eine der beiden Sorten entscheidet, sollte sich rechtzeitig um Saatgut bemühen, da die Vermehrungsflächen seit 2019 deutlich zurückgegangen sind.
  • Anabel (E) liegt im durchschnittlichen Ertrag nur leicht hinter den meisten A-Sorten. Der Proteingehalt ist für einen E-Weizen allerdings relativ gering. Anabel ist vergleichsweise blattgesund und ausgesprochen mehltauresistent.
  • SU Ahab (E) ist bei überdurchschnittlichen Proteingehalten vom Ertrag her etwas schwächer einzustufen als Anabel und anfälliger gegenüber Mehltau und Gelbrost, aber sehr standfest.

Anbauhinweise

Die Ansprüche an die Aussaat von Sommerweizen sind deutlich höher als bei Winterweizen. Sommerweizen sollte möglichst früh, aber nur bei optimalen Bodenbedingungen gesät werden. Dazu zählt, dass der Acker bei der Saatbettbereitung so weit abgetrocknet sein muss, dass Schadverdichtungen möglichst vermieden werden. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass eine zu tiefe Bodenbearbeitung oder eine schlechte Rückverfestigung des Saatbetts die Wasseraufnahme des Keimlings verzögern und so den Feldaufgang und die Jugendentwicklung beeinträchtigen können. Bevor der Sommerweizen bereits im Januar in den Boden „geschmiert“ wird, empfiehlt es sich, besonders bei Sorten mit geringerer Winterhärte, mit der Aussaat bis zum Beginn der Vegetationszeit zu warten. Da bei einer späten Saat nur noch wenig Zeit zur Bestockung bleibt, muss gegebenenfalls die Saatstärke erhöht werden. Anstatt von 350-380 keimfähigen Körnern/m² sind dann bis zu 420-450 Körnern/m² zu empfehlen. Die Saattiefe sollte etwa 2-4 cm betragen. Sehr flache Saaten sind anfällig für Vogelfraß, bei zu tiefer Saat verzögert sich der Feldaufgang. Die Stickstoffdüngung wird meist auf 2/3 zur Saat und 1/3 zum Ährenschieben aufgeteilt. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sollte sich an den Sorteneigenschaften und dem tatsächlichen Befallsdruck orientieren. Spritzungen die sich als nicht erforderlich erweisen erhöhen zwar den Aufwand erbringen aber keinen entsprechenden Mehrertrag. Bei Sommerweizen hat sich eine einmalige Applikation von Wachstumsreglern in EC 31/32 meist als ausreichend herausgestellt. Sorten mit einer geringen Anfälligkeit für Blattkrankheiten und hohen Standfestigkeit können dazu beitragen, den Pflanzenschutzmitteleinsatz zu reduzieren.

Anbau von Sommergetreide in nitrataustragsgefährdeten („roten“) Gebieten

Die neue Düngeverordnung legt fest, dass in nitrataustragsgefährdeten („roten“) Gebieten eine Stickstoffdüngung von Kulturen mit einer Aussaat nach dem 1. Februar nur noch zulässig ist, wenn auf dem betroffenen Acker im Herbst eine Zwischenfrucht angebaut wurde und diese nicht vor dem 15. Januar umgebrochen wird. Ausnahmen bestehen nur bei späträumenden Vorkulturen mit einer Ernte nach dem 1. Oktober. Diese Regelung erschwert den Anbau von Sommergetreide ab 2022 zusätzlich, auch weil bisher nicht geklärt ist, wie beispielsweise in einer Situation zu verfahren ist, in der sich eine geplante Aussaat von Wintergetreide witterungsbedingt nicht rechtzeitig durchführen ließ. Die ebenfalls beschlossene „Stickstoffdüngung unter Bedarf“ wird voraussichtlich dazu führen, dass die Proteingehalte in Sommergetreide zurückgehen. Da allerdings für die verschiedenen Qualitätsgruppen im Sommerweizen teils unterschiedliche Stickstoffbedarfswerte angesetzt werden bleibt abzuwarten, ob die neuen Regelungen zu einer Anpassung der Sortenwahl zugunsten von E-Weizen führen werden.

Autor: Johannes Roeb, Heinz Koch