Sommergetreide für die Biogasanlage

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Dieser Versuch mit Sommertriticale 'Somtri' (l.) und Sommergerste 'Streif' wurde am 28.07. ausgesät. Das Foto entstand am 06.10..


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Sommertriticale der Sorte Somtri wurde in diesem Versuch am 28. Juni als Zwischenfrucht für die Biogasnutzung gesät. Weder Fungizid noch Wachstumsregler waren nötig.


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Bestandsbeurteilung von Sommergerste, die als Zwischenfrucht für die Biogasanlage genutzt werden soll. Fotos: Dr. Ludger Laurenz


Seit einigen Jahren wird zunehmend Sommergetreide als Zwischenfrucht nach Wintergerste für die Biogaserzeugung angebaut. Über die Chancen und Risiken des Anbaues von Sommergetreide als Zwischenfrucht sowie die Erfahrungen, die dazu im deutsch-niederländischen Projekt Biores gemacht wurden, berichtet Dr. Ludger Laurenz.

Grundsätzlich sind die natürlichen Voraussetzungen für den Anbau von Sommerzwischenfrüchten in Westfalen-Lippe und am Niederrhein sehr gut. Im Mittel der letzten zwölf Jahre sind in diesem Raum in den Monaten Juli, August und September zusammengenommen rund 250 mm Niederschlag gefallen, vergleiche Tabelle 1, unten. Sommer mit Dürrestress sind in den letzten 20 Jahren viel seltener als in dem Zeitraum vor 1990. Für den Zwischenfruchtanbau wäre es gut, wenn dieser Trend anhält.

Die Eignung verschiedener Zwischenfrüchte für Biogas wurde in dem durch das Euregio-Paket geförderte deutsch-niederländischen Projekt Biores im Zeitraum 2009 bis 2011 untersucht. Der Untersuchungsraum erstreckt sich auf das westliche Münsterland und das angrenzende Emsland. In jeweils zehn bis zwölf Betrieben wurden Streifenversuche mit verschiedenen Arten meist auf humosem Sand angelegt. Die Streifenfläche je Art betrug etwa 0,1 ha. Dabei handelt es sich nicht um Exaktversuche mit Wiederholungen, sondern um Orientierungsversuche, mit deren Hilfe mit wenig Aufwand Erkenntnisse gesammelt werden sollten. Die Vielzahl der Versuchsbetriebe sollte die fehlenden Wiederholungen am einzelnen Standort ersetzen. Die Saatzeitspanne lag zwischen Mitte Juni beziehungsweise nach der Getreide-GPS-Ernte und Anfang August. Nach Gerstendrusch wurde das Stroh abgefahren und anschließend flach gepflügt, um die Ausfallgerste zu vergaben. Die Spanne der N-Gaben ausnahmslos über Gärsubstrat lag zwischen 70 und 100 kg/ha N, die niedrigeren Gaben nach dürregeschädigter Vorfrucht. Herbizide, Fungizide und Wachstumsregler wurden bei Bedarf eingesetzt.

Mindestens 25 % Trockensubstanz in der Erntemasse

Grundsätzlich sollen in der Erntemasse mindestens 25 % TS erreicht werden. Dann tritt zwar immer noch etwas Sickerwasser aus. In Siloanlagen, die Einrichtungen für das Auffangen von Silosickersaft besitzen, können die geringe Sickerwassermenge, die ab 25 % TS austreten, jedoch meist gut beherrscht werden. Die Ernteprodukte sollten auch mindestens 25 % TS enthalten, um nicht zu viel Ballastwasser kostenträchtig ernten, transportieren, füttern, lagern und wieder ausbringen zu müssen. Die Zusammensetzung der Arten in den Versuchsstreifen änderte sich während der drei Versuchsjahre. Im ersten Jahr standen noch Sonnenblumen, Raps und Ölrettich in den Streifen. Alle drei Arten haben sich wegen zu geringer TS-Gehalte teilweise deutlich unter 20 % TS und unbefriedigender Trockenmasseerträge schon nach dem ersten Versuchsjahr als ungeeignet erwiesen, siehe dazu Tabelle 3.

Aufgrund guter Praxiserfahrungen und guter Versuchsergebnisse aus Bayern wurde im zweiten Versuchsjahr verstärkt Sommergetreide in das Programm aufgenommen. Die Saatdichte war mit 400 Körnern/m² vorgegeben. In den drei Grafiken, siehe unten, sind die TM-Erträge und TS-Gehalte von Sommergerste, Hafer und Sommertriticale saatzeitabhängig dargestellt. Bei Sommergerste wurde im ersten Jahr Quench, im zweiten Jahr Streif, bei Hafer Freddy und Ivory, bei Triticale ausnahmslos die Sorte Somtri gewählt. Somtri hat nach bayerischen Versuchsergebnissen mit deutlichem Abstand zu den anderen Sorten die beste Kombination aus Standfestigkeit, Blattgesundheit und Ertrag. In den Streifenversuchen wurde zu Somtri weder Wachstumsregler, noch Fungizide noch Insektizide eingesetzt, im Gegensatz zu Hafer und Sommergerste.

Die bei Sommergerste teilweise extrem hohen TS-Werte resultieren daraus, dass mit der Ernte auf die langsamer reifenden Hafer und Triticale gewartet werden musste. Der spätestmögliche Saattermin zum Erreichen der geforderten 25 % TS kann aus den Grafiken abgeleitet werden. Zur Orientierung ist bei 25 % TS eine gestrichelte Linie eingefügt. Wo der TS-Punkteschwarm die 25 %-TS-Linie schneidet, liegt der kritische Termin. Dabei muss eine Besonderheit des Jahres 2010 beachtet werden: Bis etwa zum 10. Juli war es extrem heiß und trocken. Die Körner lagen nach früherer Saat ungekeimt im staubtrockenen Boden. Saattermine vor dem 10. Juli sind 2010 so zu werten, als wenn am 10. Juli in feuchten Boden gesät worden wäre.

Saattermine vor dem 1. Juli sind riskanter

Die TM-Erträge schwanken bei den drei Getreidearten zwischen 3 und 8 t/ha. Relativ frühe Saattermine um den 20. Juni bringen tendenziell geringere Erträge. Das lag 2010 an der extremen Hitze mit Temperaturen über 30°C. In zwei Fällen mit Saatterminen kurz vor der Hitzeperiode gab es sogar Totalausfälle, weil die Keimlinge die durch die fast senkrecht stehende Sonne extrem hohen Bodentemperaturen vermutlich nahe 50 °C nicht überlebt haben. Im Folgejahr 2011 gab es nach relativ früher Saat um den 20. Juni etwas niedrigere Erträge, weil die zweite Generation der Fritflieg die Bestände ausgedünnt hat. Saattermine nach dem 1. Juli waren davon nicht mehr betroffen. Saattermine ab dem 1. Juli sind nach den bisherigen Versuchserfahrungen erfolgversprechender und weniger riskant. Wichtig scheint zu sein, mit der Saat zu warten, bis trocken-heiße Hitzeperioden vorbei sind und kühlere Temperaturen mit Niederschlägen folgen. Tendenziell bringen die besseren Böden, die höheren Anbauintensitäten und die höheren Saatdichten die höheren Erträge.

Im letzten Jahr wurde bei Sommergerste und Triticale der Einfluss der Saatdichte auf den Ertrag geprüft. Die Erhöhung der Saatdichte hat sich in jedem Fall gelohnt, bei Triticale noch eher als bei Sommergerste, siehe dazu die Tabelle 2. Die Steigerung der Saatdichte um 100 Körner/m² kostet rund 20 €/ha. Der Mehrertrag von 0,6 bis 1 t/ha Trockenmasse entspricht einem Wert von rund 60 bis 100 €/ha.

Hohe Nährstoffabfuhren, beachtliche Methanerträge

Mit der Ernte der Zwischenfrüchte werden beachtliche Nährstofffrachten vom Feld gefahren, die bei der Nährstoffbilanzierung zu berücksichtigen sind, siehe Tabelle 3. Besonders auffällig sind die hohen Kaliabfuhren. Bei Sommergetreide steigt die Kaliabfuhr von Sommergerste über Sommertriticale zu Hafer deutlich an. Basis für die Berechnung der Gaserträge bilden die aus den Grafiken gemittelten Trockenmasseerträge, die in Tabelle 3 dargestellt sind. In beiden Versuchsjahren lag das Ertragsniveau bei Sommergerste, Hafer und Sommertriticale mit 6 t/ha Trockenmasse auf annähernd gleichem Niveau. Von den Erträgen muss zur Übertragung auf Praxisbedingungen nichts abgezogen werden, weil die Ergebnisse unter Praxisbedingungen gewonnen wurden.

Abweichend vom einheitlichen Ertragsniveau um 6 t/ha Trockenmasse wurde 2010 bei Sommergerste mit 4,5 t/ha relativ wenig geerntet. Das lag daran, dass 2010 aus Unkenntnis nur die Hälfte der Versuche mit Fungiziden behandelt wurde und die Sommergerste stärker unter dem Pilzbefall gelitten hat als der Hafer. Wären 2010 alle Versuche mit Fungiziden behandelt worden, wären bei Sommergerste vermutlich auch 6 t/ha erzielt worden.

Über die Wirtschaftlichkeit der Biogasproduktion mit Sommerzwischenfrüchten entscheidet schließlich der Methangasertrag, siehe Tabelle 4. Zur Ermittlung des Gasertrages wurden alle Proben bei der LUFA in Münster analysiert. Der spezifische Gasertrag wurde an der Fachhochschule Münster/Steinfurt, Fachbereich Umwelt, nach der älteren Methode nach Baserga und der neueren repräsentativeren Methode nach Weißbach berechnet. Bei Sommergetreide gibt es zwischen der Berechnung des Methangasertrages nach der Formel von Baserga und Weißbach deutliche Unterschiede. Nach Weißbach wird für Sommergerste eine um 9 % höhere spezifische Methangasausbeute berechnet als nach Baserga. Der Grund dürfte im höheren Kornanteil und damit verbunden im niedrigeren Rohfaseranteil liegen. Die Sommergerste hatte bei der Ernte immer prall gefüllte Körner, was bei Triticale und Hafer wegen der deutlich späteren Kornfüllung selten der Fall war. Für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit werden die Methangaserträge nach Weißbach verwendet.

Preiswertes Futter nur bei niedrigen Anbaukosten

Die Wirtschaftlichkeit des Zwischenfruchtanbaues für Biogasanlagen errechnet sich aus den Beschaffungskosten für die Zwischenfrucht und dem Verkaufserlös für den Strom. Die Spanne der Beschaffungskosten „bis auf den Haufen“ liegt in den am Projekt beteiligten Betrieben zwischen 400 und 700 €/ha, abhängig vom Kostenansatz für das Saatgut, der Intensität der Bodenbearbeitung, dem Pflanzenschutzmitteleinsatz, den veranschlagten Erntekosten und Pachtkosten. Daraus ergibt sich eine Spanne der Beschaffungskosten bezogen auf die Stromproduktion zwischen 6,2 und 12 Cent/kWh el, wie aus Tabelle 5 ersichtlich. Die Unterschiede zwischen den drei Sommergetreidearten sind gering.

An den Werten wird schnell ersichtlich, dass sich der Zwischenfruchtanbau für Biogas nur bei niedrigen Anbau- und Erntekosten rechnet. Größter Einzelposten bei den Kosten sind die Erntekosten. Die sind tendenziell umso niedriger, je weniger Masse zerkleinert und transportiert werden muss und entsprechend umso niedriger, je höher der Trockenmassegehalt ist. 6t/ha Trockenmasse entsprechen zum Beispiel bei Sommergerste, die rechtzeitig Mitte Juli gesät und Ende Oktober mit 33 % TS in der Frischmasse geerntet wird, einem Frischmasseertrag von nur 18 t/ha. 6 t/ha Trockenmasse entspricht bei Hafer, der um den 15. Juli gesät und Ende Oktober mit nur 20 % TS geerntet wird, einem Frischmasseertrag von 30 t/ha.

Die Wirtschaftlichkeit des Anbaues von Sommergetreide für Biogas hängt neben den Anbaukosten auch vom möglichen Maiszukaufpreis ab, soweit Silomais als Ersatz für den Zwischenfruchtanbau zugekauft werden kann. Bei niedrigen Silomaispreisen lohnt der Zwischenfruchtanbau deutlich weniger als bei hohen Silomaispreisen.

Sommergetreideanbau als Zwischenfrucht - Fazit für die Praxis

  • Ertragsniveau/Wirtschaftlichkeit: Sommergetreide kann unter günstigen Bedingungen (Niederungsregionen, Sommerung als Folgefrucht) preiswertes Futter für Biogasanalgen liefern und damit den Flächenanspruch für Mais reduzieren. Das Ertragsniveau liegt bei gelungenem Anbau im Mittel bei 6 t/ha TM, mit einer Spanne zwischen 4 und 8 t/ha Trockenmasse je nach Saatzeit, Niederschlägen, Bodenqualität und Anbauintensität.
  • Risiko: Grundsätzlich ist das Anbaurisiko bei Sommerzwischenfrüchten relativ hoch. Der aktuelle Trend zu regenreichen Sommern mindert dieses Risiko. Die Saat von Sommergetreide in ausgetrocknete und stark erhitzte Böden sollte, solange keine Niederschläge in Aussicht sind, wegen möglicher Keimschäden unterbleiben. In Sommern mit hohem Infektionsrisiko für das Gelbverzwergungsvirus ist der Anbau von Hafer und Sommergerste grundsätzlich riskant. Sommertriticale wird kaum befallen.
  • Standortwahl: Sommergetreideanbau mit Ernte Ende Oktober/Anfang November kann nur für gut dränfähige Böden empfohlen werden, die auch in einem niederschlagsreichen Herbst befahrbar bleiben. Lehmige und tonige Böden scheiden aus, weil sich bei hohem Tongehalt in der Regel im Hochsommer kein feinkrümeliges Saatbett herstellen lässt.
  • Artenwahl und Saatzeitanspruch: Die Artenwahl richtet sich nach der Saatgutverfügbarkeit und dem geplanten Saattermin. Bei frühen Saatterminen um den 1. Juli bis spätestens 10. Juli bieten Hafer und Sommertriticale das höhere Ertragspotenzial bei ausreichender Abreifesicherheit. Hafer scheint nach bisherigen Erkenntnissen das höchste genetische Ertragspotenzial zu haben. Die Haferzüchter arbeiten an der Entwicklung sehr leistungsfähiger Sorten für den Sommerzwischenfruchtanbau. Bei späteren Saatterminen um den 15. Juli bis spätestens 25. Juli (warme Standorte) bekommt nur noch Sommergerste eine Empfehlung. Ölrettich und Sommerraps liefern gegenüber Sommergetreide niedrigere Trockenmasserträge bei völlig unbefriedigend niedrigen TS-Gehalten weit unter 25 % TS und werden deshalb nicht empfohlen. Auch Sonnenblumen erreichen die geforderten 25 % TS nicht, werden aber auf kleiner Fläche mit Saat bis Ende Juni empfohlen, wenn es um die Förderung des Landschaftsbildes und der Biodiversität geht. Allerdings ist das Anbaurisiko wegen der Gefahr des Keimlingsfraßes durch Vögel extrem hoch.
  • Sortenwahl/Herbizide/Fungizide/Wachstumsregler: Grundsätzlich sind diejenigen Sorten zu bevorzugen, die eher langwüchsig, standfest, blattgesund und bei kritisch später Saat frühreif sind. Welche Sorten sich für den Anbau unter Zwischenfruchtbedingungen besonders eignen, muss in neu anzulegenden Sortenversuchen ermittelt werden. Herbizide gegen dikotyle Unkräuter sind wegen der hohen Saatdichte nicht immer erforderlich. Bei Hafer und Sommergerste ist immer ein Einsatz von Fungiziden, eventuell auch Wachstumsreglern und Insektiziden, einzuplanen. Bei der Sommertriticalesorte Somtri kann nach bisherigen Ergebnissen darauf verzichtet werden.
  • Bodenbearbeitung/Saatdichte/Saattiefe: Das Bestellverfahren nach Wintergerstendrusch ist von der Menge an Ausfallgerste abhängig. Mulchsaat kann nur dann empfohlen werden, wenn verlustarm gedroschen wurde oder wenn nach sehr frühem Drusch ausreichend Zeit für die mechanische Bekämpfung der Ausfallgerste vorhanden ist. Sonst sollte gepflügt werden, möglichst flach, um Kosten zu sparen und die Befahrbarkeit für die Ernte im Herbst zu verbessern. Bei der Saat im Hochsommer lohnen hohe Saatdichten von 400 bis 450 Körnern/m², besonders bei Sommertriticale. Mit tendenziell etwas tieferer Saat kann man Keimschäden durch Austrocknung mindern.
  • N-Düngung: Wird das Stroh abgefahren, was sich grundsätzlich positiv auf die Entwicklung der Zwischenfrucht auswirkt, werden je nach Rest-N aus der eventuell dürrgeschädigten Vorfrucht und N-Nachlieferungspotential zwischen 70 und 100 kg/ha N empfohlen. Bei Gärsubstrat kann 70 % des Gesamt-N angerechnet werden, wenn die Ammoniakverluste durch Injektion oder Einarbeitung im Parallelverfahren gering bleiben.
  • Ökologische Aspekte: Sommergetreide als Sommerzwischenfrucht mit Abfuhr des Aufwuchses Ende Oktober ist hinsichtlich des Wasserschutzes wegen niedriger Rest-N min-Werte positiv zu bewerten. Bleiben die Stoppeln über Winter stehen und folgt die Maissaat im Strip-Till-Verfahren, wird im Winter und in der folgenden Sommerkultur ein hohes Maß an Erosionsschutz gegen Wasser und Wind erreicht. Es ist zu prüfen, ob sich dieses Verfahren auch positiv auf den Bruterfolg der Bodenbrüter auswirkt. Beim Anbau von Sommergetreide für Biogas ist darauf zu achten, dass genügend Fläche, mindestens 20 %, mit anderen Zwischenfrüchten bestellt werden, die nicht beerntet werden und über Winter ausreichend Deckung für das Wild liefern

Autor: Dr. Ludger Laurenz