Landessortenversuche Sommerbraugerste 2025

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Sommerbraugerste im Bestand

Braugerste wird in Nordrhein-Westfalen fast ausschließlich in der Voreifel angebaut. Die geschätzte Anbaufläche von Sommerbraugerste lag 2025 bei etwa 2.000 ha. Davon entfielen etwa 1.400 ha auf die klassische Aussaat im Frühling und weitere 600 ha auf die Herbstaussaat. Darüber hinaus wurde auf etwa 1.000 ha Winterbraugerste angebaut. Die vergangene Ernte fiel überwiegend sehr gut aus.

Frühling/Sommer, Herbst und Winter

Der regionale Anbau von Braugerste in der Voreifel setzt zunehmend auf drei Säulen: Den nach wie vor größten Anteil hat die klassische Aussaat von Sommerbraugerste im Frühling, die unter anderem aufgrund der immer häufigeren Frühlings- und Sommertrockenheit aber immer stärker unter Druck gerät. Als mögliche Alternative wird besonders in milderen Anbaulagen die späte Herbstaussaat von Sommerbraugerste empfohlen. Diese bietet insbesondere den Vorteil einer früheren Jugendentwicklung und damit einer besseren Ausnutzung der Winterfeuchtigkeit. Nachteil ist unter anderem das deutlich höhere Risiko für Auswinterungsschäden. Dahingegen bietet der Anbau von „echten“ Winterbraugerstensorten zwar die höchste Absicherung gegenüber umweltbedingten Ertragsverlusten, erschwert auf bestimmten Standorten aber das Ackerfuchsschwanzmanagement und erzielt darüber hinaus geringere Preise.

Die gemäßigten Witterungebedingungen der vergangenen Saison führten in allen drei Anbausystemen zu einer zufriedenstellenden Ernte 2025. Die klassische Aussaat von Sommerbraugerste im Frühling konnte trotz der intensiven Niederschläge im Januar nach einem trockenen Februar meist in der ersten Märzhälfte erfolgen. Die nachfolgende Bestandesentwicklung profitierte von den hohen Temperaturen, den vielen Sonnenstunden und immer wieder ausreichenden Niederschlägen, besonders während der für die Ertragsbildung kritischen Phasen. Spätfröste und starke Dürre blieben aus und die maximalen Temperaturen blieben in den Mittel- und Höhenlagen der Voreifel meist auf einem moderatem Niveau. Krankheiten oder Lager spielten kaum eine Rolle. Handel und Experten schätzen die durchschnittlichen Erträge beim Anbau von Sommerbraugerste im Frühling auf etwa 60-65 dt/ha. Der durchschnittliche Proteingehalt der direkt abgelieferten Ware lag bei etwa 10,0% und der Vollgerstenanteil bei etwa 94%.

Auch die späte Herbstaussaat von Sommerbraugerste entwickelte sich gut: Abgesehen von der Aussaat selbst, die teils unter relativ nassen und schwierigen Bedingungen erfolgte, führten weder nachfolgende (Kahl-)Fröste zu Auswinterungsverlusten, noch erforderte ein höherer Krankheitsdruck ein besonderes Fungizidmanagement. Die durchschnittlichen Erträge lagen, auch aufgrund der gegebenenfalls etwas ungünstigeren Niederschlagsverteilung nur leicht höher als bei der klassischen Frühlingsaussaat.

Die meiste Winterbraugerste konnte zeitig und unter guten Bedingungen gesät werden und profitierte nachfolgend von der warmen und sonnigen Witterung kombiniert mit einer guten Wasserversorgung. Die durchschnittlichen Erträge fielen mit geschätzt etwa 80-85 dt/ha noch etwas besser aus als bei der Sommerbraugerste. Die im Handel ermittelten Qualitäten lagen auf einem vergleichbaren Niveau.

Die gute Braugerstenernte wurde und wird nach wie vor getrübt durch die geringen Getreidemarktpreise und die darüber hinaus sehr geringen Braugerstenprämien, vor allem für Winterbraugerste. Während sich die Betriebe zur vergangenen Ernte allerdings noch relativ gut mit entsprechenden Vorkontrakten absichern konnten, erhalten sie aktuell nicht den Mehrwert, der für einen gezielten Braugerstenanbau erforderlich ist. Wie sich die Situation bis zur Ernte 2026 entwickelt, bestimmt vor allem der Weltmarkt.

Sommerbraugerstenversuche 2025

Der nordrhein-westfälische Landessortenversuch für Sommerbraugerste erfolgte zur Ernte 2025 erstmals nicht mehr in Heimbach-Hergarten sondern im nahe gelegenen Mechernich-Berg, nach wie vor aber gemeinsam mit der entsprechenden Wertprüfung des Bundessortenamtes. Der Versuch erfolgte auf etwa 310 m auf einem für die Region typischen „roten“ sandigen Lehm mit 52 Bodenpunkten. Die Aussaat erfolgte am 11. März mit 330 kfK/m² unter guten Bedingungen und damit fast einen Monat früher als in der vorhergehenden Saison 2024. Mit durchschnittlich etwa 540 Ähren/m² blieb der Bestand zwar insgesamt eher dünn, kompensierte dies aber durch eine höhere Kornzahl/Ähre und Tausendkornmasse. Die Ernte erfolgte am 6. August. Mit durchschnittlich 61,5 dt/ha im Landessortenversuch und 61,8 dt/ha in der Wertprüfung wurden für die Praxis repräsentative Vollgerstenerträge leicht über dem Niveau der Vorjahre erreicht. Aufgrund des sehr geringen Krankheitsdrucks wurden in der mit reduzierter Pflanzenschutzintensität ohne Fungizide behandelten Stufe keine signifikanten Mindererträge ermittelt. Der durchschnittliche Proteingehalt der Sorten in den einzelnen Versuchen lag mit 10,3-10,7% im optimalen Bereich und der Vollgerstenanteil mit 99% (vorgereinigte Proben) auf höchstem Niveau.

Handel bestimmt die Sorte(n)

Die praktische Sortenwahl bei Braugerste wird weniger durch die tatsächliche Sortenleistung, sondern vor allem durch den Handel bestimmt. Das bedeutet, dass sich selbst Sorten mit der Anbauempfehlung des Berliner Programms regional nicht vermarkten lassen, wenn der Handel seine Kapazitäten auf bestimmte Sorten konzentriert hat. Aktuell und auf die Voreifel bezogen werden daher fast ausschließlich die Sommerbraugersten Leandra und Lexy sowie die Winterbraugerste KWS Donau angebaut. Außerhalb dieses begrenzten Anbaugebiets gewinnt darüber hinaus die Sorte LG CARUSO an Bedeutung. Sorten wie RGT Planet oder Sting lassen sich zwar gegebenenfalls international vermarkten, werden in Deutschland aber nur dann gerne vom Handel angenommen, wenn der Braugerstenmarkt insgesamt unterversorgt ist. Davon unabhängig kann für alle Sorten der Anbau zur Saatgutvermehrung erfolgen, wenn dafür eine entsprechende Nachfrage besteht.

RGT Planet erzielt im Vergleich zu den meisten auch neueren Sommerbraugerstensorten mit „Berliner Stempel“ nach wie vor durchschnittlich etwas höhere und vor allem sehr stabile Erträge. Die relativ frühe Sorte passt anbautechnisch zwar eigentlich sehr gut in die Voreifel, wird aufgrund der nur mäßigen Anbaueigenschaften (geringe bis mittlere Standfestigkeit, Strohstabilität und Blattgesundheit) sowie der im Vergleich zu anderen Sorten schwierigeren Vermarktung aber nur eingeschränkt empfohlen.

Leandra erreicht in der klassischen Frühlingsaussaat zwar nur deutlich unterdurchschnittliche Erträge, hat sich langjährig aber als eine der besten Sorten für die späte Herbstaussaat bewährt. Mit begründet wird dies durch die relativ geringe Anfälligkeit gegenüber Blattkrankheiten, besonders Rhynchosporium. Die Standfestigkeit und Strohstabilität hingegen sind nur leicht unterdurchschnittlich. Leandra erzielt sowohl in der Frühlings- als auch in der Herbstaussaat regelmäßig gute Qualitäten für die Braugerstenvermarktung. Allerdings sollte die Stickstoffdüngung in beiden Anbausystemen möglichst optimal an die Ertragserwartung angepasst werden, um weder zu geringe noch zu hohe Proteingehalte zu erreichen. Leandra lässt sich in der Voreifel nach wie vor zuverlässig vermarkten und wird auch darüber hinaus von vielen Händlern angenommen, da sie, anders als RGT Planet, aufgrund ihrer guten Mälz- und Braueigenschaften eine Verarbeitungsempfehlung des Berliner Programms erhalten hat.

Lexy hat sich in kurzer Zeit zur bundesweit wichtigsten Sommerbraugerste für die klassische Aussaat im Frühling entwickelt. Auch in der Voreifel erzielt die Sorte meist deutlich überdurchschnittliche Erträge etwa auf dem Niveau von RGT Planet. Lexy ist durchschnittlich standfest und relativ strohstabil. Die Sorte ist gesund gegenüber Mehltau, Rhynchosporium und Netzflecken allerdings nicht gegenüber Zwergrost und erfordert daher tendentiell einen etwas höheren Pflanzenschutzbedarf als Leandra. Aufgrund der meist guten Qualität und der Verarbeitungsempfehlung des Berliner Programms lässt sich die Sorte sowohl regional in der Voreifel als auch bundesweit gut vermarkten. Lexy wird vom Züchter zwar für die späte Herbstaussaat beworben, kann in dieser aber durchschnittlich weniger überzeugen als Leandra und wird für dieses Anbausystem daher vorerst nur eingeschränkt empfohlen.

LG Caruso erzielte in den bisherigen Versuchen ähnliche Erträge wie RGT Planet oder Lexy, obwohl die Sorte tendentiell etwas später ist und daher am ehesten von Sommertrockenheit betroffen sein kann. LG Caruso überzeugt durch die insgesamt vorteilhafte Kombination aus hohem Ertragspotential, guter Strohstabilität und überdurchschnittlicher Blattgesundheit sowie die Verarbeitungsempfehlung durch das Berliner Programm. Aufgrund der regional schwierigen Vermarktung wird LG Caruso für den Anbau in der Voreifel nur eingeschränkt empfohlen, bleibt für Betriebe mit einem entsprechenden Absatz aber eine interessante Option vor allem für bessere Standorte. Die späte Herbstaussaat ist möglich.

Die erst einjährig geprüfte Sorte Excalibur passt durch ihre etwas frühere Reife gut in den regionalen Anbau und erzielte zur Ernte 2025 sehr gute Erträge. Die kurze Sorte ist überdurchschnittlich standfest und strohstabil, allerdings nicht sehr gesund. Die zukünftige Bedeutung der Sorte in der Voreifel wird von der Bewertung durch das Berliner Programm und der Aufnahme der Sorte in den Handel abhängen.

Sommergerste für die späte Herbstaussaat

Der alternative Anbau von Sommerbraugerste in Herbstaussaat hat vor allem in klimatisch begünstigten Anbaugebieten deutlich an Bedeutung gewonnen. Bezogen auf die Voreifel bietet das System sowohl Vor- als auch Nachteile: Positiv zu bewerten sind besonders das im Vergleich zur Aussaat im Frühling höhere Ertragspotential, das geringere Risiko von trockenheitsbedingten Ertragsverlusten und die im Vergleich zu Winterbraugerste meist deutlich höhere Braugerstenprämie. Als negative Aspekte lassen sich unter anderem das im Vergleich zu Winterbraugerste deutlich höhere Auswinterungsrisiko und die relativ hohe Anfälligkeit gegenüber Rhynchosporium anführen. Kritisch zu bewerten ist darüber hinaus der optimale Aussaattermin: Anders als Wintergerste sollte die Aussaat in den Mittel- und Höhenlagen frühestens Mitte Oktober und in den Niederungen möglichst erst ab Anfang bis Mitte November erfolgen. Deutlich zu frühe Aussaattermine erschweren das Ackerfuchsschwanzmanagement und erhöhen das Auswinterungsrisiko, wenn sich die Bestände im Herbst zu weit über das 3- bis 4-Blatt-Stadium hinaus entwickeln. Andererseits steigt bei später Aussaat das Risiko, dass diese unter schlechten Bedingungen erfolgen muss und sich die Bestände nachfolgend nur schwach entwickeln. Betreffend die Sortenwahl hat sich auch aufgrund der guten Winterhärte und geringen Anfälligkeit gegenüber Rhynchosporium mehrjährig vor allem die Sorte Leandra für die Herbstaussaat bewährt. Darüber hinaus werden Lexy und LG Caruso vom Züchter für die späte Herbstaussaat empfohlen und erzielten in den Versuchen in der Köln-Aachener Bucht zufriedenstellende Erträge. Bei der Vermarktung spielt der Aussaattermin keine Rolle, wenn die Sorte die Qualitätsanforderungen des Handels erfüllt. Verordnungs- und förderrechtlich ist die Kultur als Wintergerste zu bewerten, wenn die Aussaat vor dem 1. Januar erfolgt.

Winterbraugerste

Der Anbau von Winterbraugerste ermöglicht einerseits die optimale Ausnutzung der Winterfeuchte, ist andererseits deutlich weniger durch Kahlfröste gefährdet als Sommerbraugerste in Herbstaussaat. Die Aussaat erfolgt zur gleichen Zeit wie bei Winterfuttergerste. Ausgehend von mehrjährigen Versuchen in der Köln-Aachener Bucht erzielen Winterbraugerstensorten durchschnittlich etwa 5% geringere Erträge als Winterfuttergerste. Aufgrund der regionalen Marktsituation wird für den Anbau in der Voreifel aktuell nur die Sorte KWS Donau empfohlen. Die zweizeilige Winterbraugerste ist mindestens durchschnittlich standfest und strohstabil, ausreichend blattgesund und erreicht einen sehr hohen Vollgerstenanteil. Den Vorteilen bei der Aussaat und hinsichtlich der Witterung steht eine im Vergleich zur „echten“ Sommerbraugerste meist deutlich geringere Braugerstenprämie entgegen. Darüber hinaus erschwert die frühe Aussaat den integrierten Pflanzenschutz gegen Ackerfuchsschwanz, vor allem auf Problemstandorten.

Autor: Johannes Roeb, Heinz Koch