Landessortenversuche Sommerhafer 2025

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Hafer gilt in Getreidefruchtfolgen als Gesundungsfrucht

Die Anbaufläche von Sommerhafer in Nordrhein-Westfalen stagnierte in den letzten Jahren bei durchschnittlich etwa 6.600 ha und lag auch zur Ernte 2025 etwa auf diesem Niveau. Anders als in Gesamtdeutschland kann die Kultur regional nicht von der steigenden Nachfrage nach Schälhafer profitieren. Der Markt für Futterhafer hingegen ist zwar relativ stabil, allerdings begrenzt.

Besser als erwartet

Mit einem durchschnittlichen Ertrag von 57,1 dt/ha fiel die diesjährige Haferernte in Nordrhein-Westfalen besser aus als im langjährigen Durchschnitt. Meist gute Aussaatbedingungen und eine ausreichende Wasserversorgung bei gleichzeitig vielen Sonnenstunden wirkten sich positiv auf den Ertrag und die Qualität aus. Anders als befürchtet, beeinflussten die Hitzephasen im Juni/Juli die Bestandsentwicklung kaum negativ. Der Krankheits- und Schädlingsdruck blieb über die Saison gering und Probleme mit Lager oder Zwiewuchs traten im Vergleich zu anderen Jahren nur selten auf. Absolut enttäuschend waren allerdings die Preise vor allem für Futterhafer und selbst für qualitativ hochwertigen Schälhafer. Betriebe mit eigener Verwertung oder alternativer Wertschöpfung sind davon zwar weniger beeinflusst, insgesamt geht der bundesweite Anstieg des Haferanbaus aber an Nordrhein-Westfalen vorbei.

Ergebnisse der Landessortenversuche 2025

Die aktuell wichtigsten und interessante junge Sorten von Sommerhafer wurden in Nordrhein-Westfalen auch zur Ernte 2025 an drei Standorten geprüft. Die Aussaat der Versuche erfolgte im Zeitraum vom 7. bis 12. März unter guten Bedingungen mit 300 kfK/m² auf Gut Ving (Nörvenich) und auf Haus Düsse (Ostinghausen) und beziehungsweise 370 kfK/m² in den Mittellagen bei Blomberg. Der Feldaufgang war meist zufriedenstellend, allerdings wurde der Versuch in Südwestfalen noch während des Auflaufens so stark von Krähen geschädigt, dass durchschnittlich nur 50% der Pflanzen das 2-Blatt-Stadium erreichten. Durch eine im Vergleich zu den anderen Standorten höhere Bestockung und Kornzahl/Rispe wurden diese Schäden im späteren Vegetationsverlauf gut kompensiert. Nachteile für bestimmte Sorten ließen sich auch im Rahmen der länderübergreifenden Auswertung nicht feststellen. Mit durchschnittlich 64,9 dt/ha auf Gut Ving, 78,2 dt/ha auf Haus Düsse und 75,9 dt/ha in Blomberg wurden in den nordrhein-westfälischen Versuchen relativ hohe Erträge erzielt. Die entsprechenden Hektolitergewichte lagen mit durchschnittlich 47,0 kg, 49,6 kg und 52,9 kg auf normalem Niveau. Die Ergebnisse korrelieren gut mit der landwirtschaftlichen Praxis, in der Sommerhafer meist auf schwächeren Standorten angebaut wird. Der durchschnittliche Minderertrag bei weitestgehendem Verzicht auf Wachstumsregler und Fungizide lag in den Niederungen bei etwa 10%. Bei dem Versuch in Blomberg-Holstenhöfen wurden in beiden Pflanzenschutzintensitäten fast identische Erträge erzielt. Geprüft wurden in den Versuchen zur Ernte 2025 insgesamt 10 Sorten, darunter allerdings keine Neuzulassung. Die Sorte Magellan konnte in den nordrhein-westfälischen Versuchen nicht ausgewertet werden, da diese aufgrund von falsch deklariertem Versuchssaatgut mit einer zu geringen Saatdichte gesät wurde. Als einzige Sorte in die Prüfungen aufgenommen wurde der Schwarzhafer Celeste, der bereits 2019 in Frankreich zugelassen wurde und als mögliche Alternative zu der noch älteren Sorte Zorro angeboten wird. Die Ergebnisse aus Nordrhein-Westfalen werden für die länderübergreifende Auswertung in den Anbaugebieten Löss, Lehm, Mittel- und Höhenlagen beziehungsweise Sandböden um 4 Versuche aus Niedersachsen, 5 Versuche aus Schleswig-Holstein und 2 Versuche aus Hessen ergänzt.

Sortenempfehlungen

Aufgrund der verschiedenen Qualitätsanforderungen für Schäl- und Futterhafer wird in den tabellierten Sortenempfehlung zukünftig mehr zwischen qualitätsbetonten Sorten (Q) und futterbetonten Sorten (F) unterschieden. Max und Lion beispielsweise werden aufgrund ihrer deutlich geringeren Ertragsleistung bevorzugt für den Anbau als Schälhafer empfohlen, während sich Magellan und Waran aufgrund der schlechten Schäleigenschaften beziehungsweise des geringen Hektolitergewichts realistisch nur als Futterhafer nutzen lassen. Bei den übrigen Sorten (X) bestehen zwar theoretisch beide Verwertungsoptionen, allerdings kommt es auch bei diesen auf die Anbau- und Umweltbedingungen, vor allem aber auch auf die Abnahmevereinbarungen an, ob ein Anbau als Schälhafer realistisch durchzuführen ist.

Max ist nach wie vor der vermehrungsstärkste Sommerhafer in Deutschland, verliert aber zunehmend an Bedeutung gegenüber neueren Sorten mit entweder besseren Ertrags- und Anbaueigenschaften oder auch höherer Schäleignung. Bei durchschnittlich etwa 3-4% geringeren Erträgen und trotz der geringen Standfestigkeit und Strohstabilität sowie der höheren Anfälligkeit gegenüber Mehltau, sind nach wie vor die frühe Abreife und das sehr hohe Hektolitergewicht positiv zu bewerten. Max bleibt daher für den qualitätsbetonten Anbau mit einer entsprechenden Vermarktung empfohlen.

Lion besitzt ein nur geringfügig höheres Ertragspotential als Max, reift durchschnittlich ab und ist im direkten Vergleich als deutlich standfester zu bewerten. Aufgrund der guten Schäleignung wird die Sorte besonders für die Nahrungsmittelverarbeitung stark nachgefragt. Das Hektolitergewicht ist hoch.

Magellan wird trotz der diesjährig fehlenden Ergebnisse aus Nordrhein-Westfalen nach wie vor als sehr ertragsstarker Futterhafer empfohlen, der mehrjährig nur selten enttäuschte. Die Sorte reift durchschnittlich ab und ist ausreichend standfest und strohstabil, allerdings nicht resistent gegenüber Mehltau. Aufgrund des geringen Hektolitergewichts wird Magellan vor allem für die inner- oder zwischenbetriebliche Verwertung empfohlen, für die keine entsprechenden Qualitätsanforderungen gestellt werden.

Asterion erzielt als etwas spätere Sorte auf mittleren bis besseren Standorten durchschnittliche Erträge und ist dort aufgrund der ähnlichen Anbau- und Qualitätseigenschaften eine mögliche Alternative zu Karl. Auf leichten Standorten konnte die Sorte besonders zur Ernte 2023 allerdings nicht überzeugen.

Karl hat sich nach 3 Prüfjahren als neue Hauptempfehlung für den Anbau von Sommerhafer etabliert und erreicht fast die gleiche Saatgutvermehrung wie Max. Die Sorte unterscheidet sich abgesehen von den höheren Erträgen vor allem durch die etwas spätere Reife, die bessere Standfestigkeit und Strohstabilität sowie die Resistenz gegenüber Mehltau. Die Schäleigenschaften sind grundsätzlich als sehr gut zu bewerten, allerdings ist das Hektolitergewicht nur leicht überdurchschnittlich.

Waran ist aufgrund der relativ frühen Reife eine mögliche futterbetonte Alternative zu Max mit einem höheren Ertragspotential auf leichten Standorten und einer deutlich besseren Standfestigkeit und Strohstabilität. Das sehr geringe Hektolitergewicht schließt eine qualitätsbetonte Vermarktung aus.

Caledon erzielte auch im zweiten Prüfjahr insgesamt überdurchschnittliche Erträge und besitzt anbautechnisch keine ausgeprägten Schwächen. Als mögliche Alternative zu Magellan ist die Sorte zusätzlich resistent gegenüber Mehltau. Die Schäleigenschaften sind überdurchschnittlich, allerdings weniger gut als bei Lion oder Karl und auch das Hektolitergewicht ist nur als mittel zu bewerten.

Außerhalb der Konkurrenz, da nur für bestimmte Betriebe relevant, erzielte der Schwarzhafer Celeste in den diesjährigen Versuchen durchschnittlich 3% geringere Erträge als im Sortimentsdurchschnitt, wird in der mehrjährigen Auswertung aufgrund von schlechteren Ergebnissen in den Vorjahren aber als deutlich ertragsschwächer berechnet. Die Sorte wird daher nur eingeschränkt für Betriebe empfohlen, die einen Schwarzhafer entsprechend höherpreisig verwerten oder vermarkten können.

Sommerhafer nur noch als Nische?

Zwar hat sich die gesamtdeutsche Anbaufläche für Sommerhafer in den letzten Jahren deutlich erhöht, in Nordrhein-Westfalen hingegen stagniert der Anbau beziehungsweise ist sogar leicht rückgängig. Die Ursachen dafür sind vielfältig und liegen unter anderem darin, dass in Deutschland vor allem die Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Schälhafer zunimmt, während der Markt für Futterhafer mittlerweile weniger als 50% der Gesamtmenge ausmacht. Die hohen Qualitätsanforderungen (Hektolitergewicht!) an Hafer für die Lebensmittelproduktion werden unter den nordrhein-westfälischen Anbaubedingungen aber selten erreicht und gleichzeitig fällt es den regionalen Mühlen leicht qualitativ bessere Ware zu oft geringeren Preisen aus Kanada oder Skandinavien zu importieren. Abgesehen von geringen Mengen an Schälhafer (oft im Vertragsanbau) bleibt für den überwiegenden Anteil des in Nordrhein-Westfalen produzierten Hafers damit nur die inner- oder zwischenbetriebliche Verwertung oder die teils direkte Vermarktung an Mischfutterwerke oder regionale Tier- und besonders auch Pferdehalter.

Mit eine weitere Ursache sind die negativen Auswirkungen des fortschreitenden Klimawandels: Dies betrifft zum einen die bereits im Frühsommer immer häufiger auftretenden Hitzephasen, insbesondere aber auch die sich ändernde Niederschlagsverteilung: Bereits in den letzten Jahren führten die nasseren Winter regelmäßig dazu, dass die Aussaat von Sommerhafer erst später erfolgen konnte als pflanzenbaulich optimal. Gleichzeitig wirkten sich oft sogar in den selben Jahren Frühlings- und/oder Sommertrockenheiten vor allem auf leichten Standorten negativ auf die erzielten Erträge und Qualitäten aus.

Darüber hinaus macht es auch der Gesetzgeber den Anbauern von Sommerhafer zunehmend schwer: Besonders die zusätzlichen Auflagen zur Mindestbodenbedeckung und zum verpflichtenden Zwischenfruchtanbau wirken sich überwiegend negativ auf den Anbau von Sommergetreide aus. Darüber hinaus fehlen im Hafer nach wie vor zugelassene Herbizide gegen Ackerfuchsschwanz.

Ganz aus dem Anbau verschwinden wird Sommerhafer sicherlich trotzdem nicht, auch weil es vor allem in der Pferdefütterung kaum eine bessere Alternative zur Energiebereitstellung gibt und die Kultur nach wie vor einige pflanzenbauliche Vorteile gegenüber anderem Getreide bietet. Dazu zählen die geringen Boden- und Nährstoffansprüche sowie der geringe Pflanzenschutzbedarf aufgrund der insgesamt geringen Anfälligkeit gegenüber Blattkrankheiten. Besonders in getreidebetonten Fruchtfolgen kann der Anbau von Sommerhafer zu einer Reduzierung des Befalls mit Wurzel- und Halmbasiskrankheiten beitragen. Nicht zuletzt erleichtert der regelmäßige Wechsel zwischen Winterungen und Sommerungen auch das Unkraut- und Ungrasmanagement und vermeidet „Grüne Brücken“ für bestimmte Schädlinge.

Autor: Johannes Roeb, Heinz Koch