Landessortenversuche Winterweizen 2009 - Stoppelweizen

Strohballenpresse

Rund 100 dt/ha Stoppelweizen in den Versuchen

Die im Vergleich zu Wintergerste, Triticale und Winterroggen meist höheren Erträge des Stoppelweizens sowie die vergleichsweise höheren Preise ermöglichen eine höhere ökonomische Vorzüglichkeit. In diesem Jahr ergeben sich im Mittel nur sehr geringe Ertragsunterschiede zwischen Blattfruchtweizen und Stoppelweizen. Allerdings streuen die Ergebnisse je nach Standort stärker. Wie die Sorten abschnitten, erläutert Dr. Joachim Holz. Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

Gegenüber dem vergangenen Jahr wurde im Mittel der Versuchsstandorte beim Stoppelweizen mit gut 100 dt je ha rund 6 % mehr gedroschen. Beim Ertragsvergleich zwischen Blattfrucht- und Stoppelweizen der letzten fünf Versuchsjahre ergibt sich im Mittel der Sorten und Standorte zugunsten des Blattfruchtweizens ein Ertragsvorteil von 4,8 dt je ha. Je nach Standort schwanken die Mehrerträge des Blattfruchtweizens im fünfjährigen Mittel allerdings zwischen 9,9 in Altenmellrich und 0 dt je ha in Neukirchen-Vluyn. Dazwischen lagen die Versuchsstandorte Steinheim Breitenhaupt mit 7 dt, der Lößstandort Buir mit 5,9 und Lage-Heiden mit 1,2 dt je ha Mehrerträgen gegenüber dem Stoppelweizen.

Auch im aktuellen Ertragsjahr zeigen sich beim Vergleich der beiden Weizensegmente größere Unterschiede zwischen den Standorten. Während auf dem Lößstandort Buir der Stoppelweizen mit beachtlichen 23 dt je ha schlechter abschnitt als der Blattfruchtweizen, konnten auf den Standorten Vluyn, Lage-Heiden und Steinheim Breitenhaupt mindestens gleichwertige und auch höhere Stoppelweizenerträge im Mittel der Sorten erzielt werden.

Neben diesen grundsätzlichen Ertragsgegebenheiten und -verhältnissen, die, auch im Vergleich zu anderen Wintergetreidearten, häufig für einen Stoppelweizenanbau sprechen, lassen sich darüber hinaus auch nicht zu unterschätzende arbeitswirtschaftlichen Vorteile im Betrieb anführen. Diese ergeben sich vor allem dann, wenn noch ungenutzte Schlagkraftreserven bei knapper Arbeitszeit verfügbar sind. Unter diesen Bedingungen lässt sich relativ einfach eine größere Winterweizenfläche bewirtschaften, die erforderlichen Arbeitszeiten werden nur unwesentlich ausgeweitet.

Demgegenüber sind verschiedene Anbaurisiken beim Stoppelweizenanbau abzuwägen. Dieses sind allgemein die erhöhten Witterungsrisiken sowie die möglichen erhöhten Aufwendungen im Bereich der gesamten Produktionstechnik, angefangen bei der Bodenbearbeitung bis hin zur letzten Fungizidmaßnahme in EC 59/61 zur Minderung eines möglichen Ährenfusariumbefalls.

Einen Großteil der betrieblichen Anbaufläche bei der Herbstaussaat mit nur einer Kulturart zu besetzen, bedeutet, für diese Kulturart - Winterweizen - auf optimale Witterung in den nächsten Monaten zu vertrauen! Das Witterungs- und damit Ertragsrisiko generell erhöht sich.

Spezifische produktionstechnische Entscheidungsparameter für einen erfolgreichen Stoppelweizenanbau sind:

  • Strohabfuhr: Ja oder nein? Wenn nein, gute Stroh-Häckselqualität und -Verteilung durch Mähdrescher gewährleisten.
  • Stoppelbearbeitung und Saatbettbereitung: Pflug- oder Mulchsaat - Langjährigkeit?
  • Strohverdaulichkeit des Bodens beziehungsweise Mineralisierungsgeschwindigkeit: Einfluss auf höhere Saatstärke? Höhere N-Düngung: N-Ausgleichsdüngung mit Gülle?
  • Ungrasproblematik: Aufwendigere Gräserbekämpfung erforderlich?
  • Konsequenzen für Krankheitsauftreten: Schwarzbeinigkeit - Zusatzbeize, DTR, Fusariosen.

Alle diese Faktoren müssen für die Anbauentscheidung pro oder contra Stoppelweizenanbau abgewogen werden.

Versuche Winterweizen mit Weizen als Vorfrucht

Im Erntejahr 2009 standen in Nordrhein-Westfalen fünf Landessortenversuche mit zwölf Sorten zur Verfügung. Die Versuchsdurchführung entspricht der höheren Intensitätsvariante B3 bei den Landessortenversuchen Winterweizen nach Blattfrucht. Die Sorten wurden jeweils mit einer Standardbeize (B1) sowie in der zweiten Variante (B2) mit der Zusatzbeize Latitude mit Schwerpunkt Schwarzbeinigkeitsbekämpfung geprüft. Gegenüber dem Blattfruchtweizen-Landessortenversuch ist der N-Sollwert um 20 kg je ha erhöht (Tabelle 1).

Die Intensitätskosten der beiden Varianten unterscheiden sich lediglich durch die Beizkosten. Die mit Latitude gebeizten Sorten mussten gegenüber der Normalbeize bei einem unterstellten Erzeugerpreis von 10,50 € je dt und einer kalkulierten Aussaatmenge von 150 kg je ha mindestens 4,1 dt je ha Mehrertrag bringen, um die höheren Kosten auszugleichen.

Zur Beurteilung der generellen Stoppelweizen-Anbaueignung der Weizensorten sind in Tabelle 2 die diesjährigen Erträge im Mittel der beiden Varianten B1 und B2 aufgeführt. Große Ertragsunterschiede zwischen den überdurchschnittlich abschneidenden Sorten zeigen sich nicht. In diesem Jahr lohnte sich im Mittel der Sorten lediglich an zwei von fünf Standorten die Latitude-Zusatzbeize. Hier wurden die notwendigen Mehrerträge von 4,1 dt je ha knapp auf dem Lehmstandort Vluyn und etwas deutlicher auf dem Höhenlagenstandort Altenmellrich erzielt. Grenzwertig waren die Unterschiede auf dem Lößstandort Buir. Tabelle 3 zeigt die mehrjährig erzielten Erträge in den verschiedenen Anbauregionen als Grundlage der Sortenempfehlungen in Tabelle 4.

In diesem Jahr bestätigen die vorjährig empfohlenen Sorten wieder eindeutig ihre sehr gute Stoppelweizen-Eignung. Insofern weichen die vorjährigen Sortenempfehlungen von den diesjährigen kaum ab. Die im letzten Jahr erst zum Testen empfohlenen Sorten Inspiration und Julius bestätigten in diesem Jahr ihre gute Stoppelweizeneignung und können nunmehr voll empfohlen werden. Größere Vorsicht ist auch in diesem Jahr wieder bei den erstjährig geprüften Sorten geboten.

Wie bereits zu den Intensitätsansprüchen ausgeführt, gilt es noch mehr als beim Blattfruchtweizenanbau, die agronomischen Schwächen der Sorten zu beachten und diesen mit den entsprechenden acker- und pflanzenbaulichen Maßnahmen wie Fungizidwahl zu begegnen. Vor allem die Problemkrankheiten Halmbruch, DTR und Ährenfusarium sind besonders zu beachten. Viele der leistungsfähigen und empfohlenen Stoppelweizensorten zeigen in diesen Merkmalen nur durchschnittliche oder unterdurchschnittliche Widerstandsfähigkeiten. In Tabelle 5 sind die Schwächen und Stärken der empfohlenen Sorten aufgeführt. Erste Untersuchungsergebnisse auf den DON-Gehalt der geprüften Stoppelweizensorten zeigten in Buir in diesem Anbaujahr bei keiner Sorte einen messbar höheren Gehalt.

Wirtschaftlichkeit Wurzelschutzbeize

Die Frage nach dem wirtschaftlich lohnenden Einsatz der teureren speziellen Wurzelschutzbeize Latitude mit dem Wirkungsschwerpunkt gegen den im Stoppelweizenanbau häufiger auftretenden Schwarzbeinigkeitserreger stellt sich jedes Jahr aufs Neue. Abbildung 1 mit den aktuellen Ergebnissen zeigt, dass insbesondere die Sorte Winnetou schon seit mehreren Jahren die höheren bereinigten Marktleistungen überwiegend in der mit Latitude gebeizten Intensitätsvariante erzielte. Die anderen Sorten zeigten 2009 ein eher undifferenziertes Bild, je nach Standort reagierten die Sorten damit mal mit wirtschaftlichen Mehrerträgen, mal nicht.

Die mehrjährigen Ergebnisse 2006 bis 2009 in Abbildung 2 bestätigen, dass man bei Winnetou und Inspiration das Saatgut immer mit einer zusätzlichen Wurzelschutzbeize versehen lassen sollte. In der Regel lassen sich dann wirtschaftliche Mehrerträge erzielen. Bei den übrigen Sorten lässt sich diesbezüglich keine eindeutige Aussage treffen. Hier ist es der persönlichen Risikobereitschaft des Landwirts vorbehalten, ob er sich mit diesem Zusatzschutz absichern möchte. Wirtschaftliche Mehrerträge sind bei diesen Sorten durch die Zusatzbeize nicht in jedem Jahr erzielbar.

Bei den gegenwärtig sehr niedrigen Erzeugerpreisen müssen durch die Beizmehrkosten höhere Erträge erzielt werden. Im vergangenen Jahr waren es bei 18 € je dt Erzeugerpreis lediglich rund 1,2 dt je ha, dieses Jahr bei 10,50 € je dt schon 4,1 dt je ha. Grundsätzlich lohnt Latitude immer, wenn eindeutig Schwarzbeinigkeit auf einem Standort nachgewiesen werden konnte.

Hinweise zur Aussaat

Insbesondere beim Stoppelweizenanbau ist Frühsaat ein immer wieder diskutiertes Thema. Dabei ist allerdings unter Frühsaat zu verstehen, wenn die Saatzeit um rund drei Wochen früher liegt als der standortspezifische normale Saattermin.

Pflanzenbaulich betrachtet gibt es keinen stichhaltigen Grund, Stoppelweizen früher zu säen als den normalreifen Weizen. Wenn Arbeitskapazitätsschwierigkeiten unbedingt eine Frühsaat erfordern, dann sollte eher der Blattfruchtweizen früher gesät werden als der Stoppelweizen, da die Frühsaat bei letzterem zu stärkeren Frühinfektionen mit bodenbürtigen Krankheiten im Herbst führen kann.

Durch Mulchsaat können sich diese Probleme zusätzlich noch verschärfen. Schwarzbeinigkeit, Halmbruch, eine höhere Gefährdung mit Ährenfusarium sowie Blattseptoria und DTR können die Intensitätserfordernisse beträchtlich erhöhen und verteuern, das Ertrags- und Qualitätsrisiko steigt dadurch ebenfalls erheblich. Weiterhin kann unter warmen Herbstbedingungen und Frühsaat der Befall mit dem durch Blattläuse übertragbaren Gelbverzwergungsvirus auch beim Weizen zu höheren Insektizidaufwendungen führen.

Die Saatstärken sollten sich bei normaler, standortspezifischer Saatzeit auf dem Niveau des Blattfruchtweizens bewegen. Unter ungünstigeren Mulchsaatbedingungen sowie bei größeren oder ungleichmäßig verteilten Strohrückständen in der Krume ist die Saatstärke um 20 bis 30 Körner je m² zu erhöhen.

Autor: Dr. Joachim Holz