Landessortenversuche Frühkartoffeln 2009

Frühkartoffeln
Frühkartoffeln

Festschaligkeit ist kein Problem

Im Jahre zwei des Programms „Festschalige Frühkartoffeln“ des Kartoffelhandels ist es zwar noch zu früh, um Bilanz zu ziehen, aber erste Tendenzen in der Produktionstechnik und in der Sortenfrage zeichnen sich ab. Dabei muss nicht, wie von vielen Seiten anfangs befürchtet, das Rad neu erfunden werden, sondern viel mehr müssen bekannte Grundsätze nur konsequent befolgt und umgesetzt werden. Was das im Einzelnen für den Anbau 2010 heißt, lesen Sie im folgenden Artikel von Peter Lövenich, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

Wie in jedem Jahr ist es wieder einzelnen Landwirten gelungen, sehr früh erste Kartoffeln zu pflanzen, sie nutzten die beständige Witterung um die Karnevalstage in der letzten Februarwoche. Das gelang aber nur in der nördlichen Hälfte des Rheinlandes, wo die trockenen Bodenverhältnisse eine Bestellung zuließen. In der ersten Märzwoche konnte nördlich des Kreis Viersen die Pflanzarbeiten fortgesetzt werden, sodass dort ein großer Teil der Vorkeim- und Folienware fristgerecht in die Erde kam. Im südlichen Rheinland begann die Hauptpflanzzeit der sehr frühen Ware erst ab Mitte bis Ende März.

Seit 2009 wird auf dem Standort Waldniel kein Landessortenversuch mit sehr frühen Speisekartoffeln mehr angelegt, da sich der Standort im Laufe der Jahre als zu spät für dieses Segment herausgestellt hat. Das wurde durch die Bedingungen des Jahres 2009 allerdings in Frage gestellt. Um die Versuche dennoch akzeptabler für die Praxis zu gestalten, hat sich die Möglichkeit ergeben, in Kirchherten, mitten in einem der Zentren des rheinischen Frühkartoffelanbaus, einen neuen Standort zu gründen.

Nach der verspäteter Auspflanzung im Vorjahr konnten die sehr frühen Sorten in diesem Jahr am 6. April in Kirchherten und am 8. April in Kerpen-Buir gepflanzt werden. Für die Region Kirchherten lag der Termin im Vergleich zur Praxis etwas verspätet, in Kerpen-Buir war er noch normal. Es ist aber davon auszugehen, dass in Kirchherten eine fristgerechte Bestellung der Frühkartoffeln gewährleistet ist.

Guter Start, aber Witterung schwierig

Wie in vielen Ackerkulturen zu beobachten, führte die anschließende Witterung zwar zu einer zügigen Entwicklung der oberirdischen Pflanze, aber da der Boden lange Zeit kühl und untätig war, war die Wurzelentwicklung verzögert. Bedingt durch diesen Wachstumsstress reagierten viele Kartoffeln mit latent gestörtem Nährstoffhaushalt, der sich vereinzelt in Blattnekrosen zeigte. Befall mit Krautfäule trat in diesem Versuch nicht auf, sodass die Versuche ohne weitere Besonderheiten am 5. August in Kirchherten und am 12. August in Kerpen Buir beerntet werden konnten. Das Ertragsniveau lag in Kirchherten mit 427 dt/ha auf hohem Niveau, in Buir konnten über die verschiedenen Varianten 388 dt/ha erreicht werden.

In Kerpen-Buir wurden drei Faktoren in den Versuchen untersucht. Neben der Sortenfrage wurde das Stickstoffniveau in zwei Stufen gefahren. Neben den 100 kg/N mineralisch wurde bewusst übertrieben und eine Variante mit 160 kg/ha ausgebracht, die sich mit einem Nmin-Wert von 60 kg/ha auf 220 aufsummierte, ein für Frühkartoffeln weit übertriebener Wert. Über die Sorten- und Stickstoffvarianten wurde dann noch der Faktor Reiferegulierung gelegt. Neben einer Grünrodung nach rund 60 Wachstumstagen wurde eine Variante geschlegelt und nach zwei Tagen chemisch mit Basta krautreguliert und zum Vergleich die dritte Variante zweimal im Abstand von zwei Tagen mit Reglone und danach mit Basta krautreguliert.

Da solche komplexen Versuchsfragen stark standort- und jahresabhängig sind, muss darauf hingewiesen werden, dass die folgenden Aussagen nur erste Tendenzen darstellen und zur Absicherung noch weitere Jahre benötigen.

Erste Eindrücke aus den Versuchen

Wie zu erwarten, steigert die erhöhte N-Gabe den Marktwareertrag einerseits durch die Erhöhung des Übergrößenanteils, aber auch durch eine Reduzierung der kleinen Fraktionen. Daher blieb auch der um die kleiner 35 mm und größer 60 mm Knollenmaß bereinigte Marktwareertrag in der erhöhten N-Variante oberhalb der N-Normalvariante. Dieser Ertragsvorteil der höheren N-Variante von etwa 10 % im bereinigten Marktwareertrag wird aber durch einen verringerten Stärkegehalt von 0,6 %, einer verzögerten Abreife und damit verbundenen verspäteten Schalenfestigkeit erkauft.

Einen geringeren Ertragseffekt brachten die Krautregulierungsvarianten. Diese Versuchsfrage ist noch stärker als die N-Variante von der Witterung und Bodenfeuchte abhängig. Zur Reife und auch zwischen den einzelnen Behandlungen gab es keine Niederschläge und der Boden war sehr trocken. Im Vergleich zur sofortigen Grünrodung konnten beide Krautregulierungsvarianten aus dem augenscheinlich trockenen Boden noch Wasser ziehen und so im Ertrag zulegen. Parallel dazu stiegen aber auch die Stärkegehalte um etwa ein halbes Prozent an.

Daran sieht man, dass sowohl das Krautschlagen als auch die Vorbehandlung mit einer Teilmenge Reglone noch Wachstum in Form von Wasseraufnahme, aber auch von Stärkeeinlagerung, zulassen. Damit haben sich im ersten Jahr dieser komplexen Versuchsfrage bereits interessante Aspekt ergeben, die in den nächsten Jahren noch weiter verfolgt werden, aber auch durch weitere Untersuchungen noch ergänzen wollen.

Die Sorten im Einzelnen

Die ersten Tendenzen dieser Versuchsreihe sind in der folgenden Sortenbeschreibung bereits mit eingeflossen.

Berber hat 2009 weiter Fläche verloren. Der große Vorteil der Sorte ist die schnelle Ertrags- und Knollenbildung, was aber mit einer verspäteten Festschaligkeit verbunden ist. Daher hat es die Sorte unter den neuen Vermarktungszielen schwer. In den Versuchen dient sie aber weiterhin als Maßstab für Frühzeitigkeit. Mit ihr verbindet man auch eine hellgelbe Fleischfarbe und einen nicht immer überragender Geschmack. Bekannt ist auch unter trockenen Bedingungen die Neigung zu Schorf, Verwachsungen und Rissen.

Sollten sich aus dem bekannten Spektrum neue gute Sorten etablieren, wird Berber als Vergleichssorte ersetzt werden.

Solist dient als zweite Vergleichssorte. Auch sie ist mittlerweile mehrjährig geprüft und erreicht bestenfalls ein durchschnittliches Ertragsniveau. 2009 schnitt sie sogar mit relativ 87 unterdurchschnittlich ab. Das muss aber auch auf die Metribuzinempfindlichkeit zurückgeführt werden, die 2009 besonders in Kirchherten zum Tragen kam. Obwohl drei Wochen vor dem Auflauf ausgebracht kam es noch zu deutlichen Blattschädigungen, die sich über die ganze Saison zeigten.

Solist ist in der Reife später als Berber und läuft auch in der Stärkeeinlagerung etwas hinterher. Sie kompensiert dies aber mit einer schnellen Schalenfestigkeit, was sie wiederum für die neue Vermarktungslinie empfiehlt. Ein weiterer Vorteil liegt in der gleichmäßigen Sortierung. Auch bei sehr langer Wachstumszeit hält sich der Übergrößenanteil im Rahmen und garantiert einen hohen Anteil an verkaufsfähiger Ware.

Die vorwiegend festkochende Sorte weist wie die übrigen Sorten im Vergleich eine hellgelbe Fleischfarbe auf und hat rundovale Knollen. Bemerkenswert ist die Robustheit der Knolle, die sich darüber hinaus auch noch gut waschen lässt.

Magda steht im zweiten Prüfjahr und konnte wieder nur unterdurchschnittliche Erträge bringen. Dieses Ertragsverhalten sollte aber bei dieser Sorte nicht im Vordergrund stehen, sondern vielmehr die Eigenschaft sehr früh und schnell Stärke in die Knollen einzulagern und reif zu werden. In dieser Hinsicht braucht sie aus dem restlichen Sortiment keine Konkurrenz zu befürchten.

Daher hinkt sie im sehr frühen Sortenversuch bei Ausreife immer dem Durchschnitt hinterher. Nach 60 Wachstumstagen beerntet, kann sie ihre Vorteile ausspielen und liefert Erträge auf dem Niveau des Restsortimentes, beziehungsweise ist den späteren Sorten überlegen. Ebenso schnell ist Magda in der Schalenfestigkeit.

Die Knollen sind oval, vorwiegend festkochend und hellgelb bis gelbfleischig. Das Jahr 2009 hat aber auch gezeigt, dass die schnelle Stärkeeinlagerung gut kontrolliert werden muss, sonst rutscht Magda in die lockere Kocheigenschaft hinein. Bleiben die Knollen nach dem optimalen Reifestadium zu lange im Boden, leidet die Formtreue und Oberflächebeschaffenheit.

Magda ist eine Sorte für die allerfrühste Rodung, wo sie ihre Vorteile gegenüber den Mitbewerbern gut ausspielen kann. Man darf nur nicht den Fehler machen, die Sorte zu lange stehen zu lassen oder die Anbaumenge zu großzügig zu planen.

Ingrid steht ebenfalls im zweiten Prüfjahr und konnte das durchschnittliche Ergebnis des Vorjahres übertreffen. Ingrid besticht durch die schöne, glatte Schale, ist vorwiegend festkochend und hat eine gelbe Fleischfarbe. Hat die Sorte günstige Wachstumsbedingungen, erhöht sich der Übergrößenanteil, sodass hier eine zeitige Kontrolle angebracht scheint. In der Stärkebildung scheint sie etwas schneller als Solist und Arcona zu sein, reicht aber an Magda und Berber nicht heran. Auf trockene Wachstumsbedingungen reagiert Ingrid mit der Bildung von leicht unförmigen Knollen.

Vorteil der Sorte ist die sehr schöne Knollenoptik bei gutem Geschmack. Bei entsprechender Produktionstechnik sollten auch die Vorgaben des Handels nach schneller Festschaligkeit umsetzbar sein.

Arcona ist die dritte Sorte, die im zweiten Prüfjahr steht. Das gute Abschneiden im Vorjahr konnte die Sorte in fast allen Punkten bestätigen. Das Ertragsniveau ist wieder weit überdurchschnittlich, ohne dabei zu sehr in die Übergrößen gewachsen zu sein. In der Stärkebildung ist sie auf dem Level von Solist und Ingrid, aber am unteren Ende.

Arcona hat eine schöne Knollenoptik und mit der ausgeglichenen Sortierung macht sie einen gefälligen Eindruck. Als Knollenmängel traten formbedingt etwas grüne und vereinzelt Wachstumsrisse auf. In der Schalenfestigkeit liegt sie leicht hinter Solist und Ingrid, aber vor Berber.

Arcona überzeugt durch eine enorme Ertragsleistung, ohne dabei zu dick zu werden oder überdurchschnittliche Qualitätsmängel aufzuweisen. Mit der entsprechenden Produktionstechnik dürfte die Sorte auch dem Anspruch auf frühe Vermarktung gerecht werden.

Monika ist die einzige Neuaufnahme im Sortiment. Leider erfolgte die Auslieferung spät, sodass ein optimales Vorkeimen nicht mehr möglich war und sie in der Entwicklung den anderen Sorten hinterher hing. Zum Zeitpunkt der ersten Krautregulierungsmaßnahme war die Sorte noch grün und im vollen Wachstum. Daher ist die nachfolgende Beurteilung vor diesem Hintergrund zu sehen.

Trotz der schlechten Startbedingungen erreichte Monika noch einen durchschnittlichen Ertrag. Durch die fehlende Vorkeimung war der Knollenansatz mit zehn gering und die Sortierung entsprechend grob. Monika hat langovale Knollen mit gelber Fleischfarbe und ist vorwiegend festkochend. Für eine sehr frühe Sorte hat Monika eine erstaunlich hohe Keimruhe. Im nächsten Jahr wird die Sorte weiter geprüft.

Fazit

Die Versuche haben gezeigt, dass es Sorten gibt, die früh in Abreife gelangen. Parallel dazu lässt sich diese frühe Reife durch produktionstechnische Maßnahmen stabilisieren, sodass eine Bereitstellung von festschaligem und kurzlagerfähiger Ware anbautechnisch kein Problem darstellt.  Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass diese Vorgaben mehr Aufwand und auch ein Verzicht auf Ertrag und Frühzeitigkeit bedeuten.

Hier ist der Handel gefordert durch entsprechende Vergütung einen Ausgleich zu schaffen, damit sich die Vorgaben schnell in der Praxis durchsetzen. Es darf nicht dazu kommen, dass die Forderung nach anspruchsvollerer Produktionstechnik zu Einkommensverlusten für die Erzeuger führt.

Autor: Peter Lövenich