Landessortenversuche Silomais 2010

Silomaisernte
Silomaisernte bei guten Bedingungen.


Bodenunterschiede bei SilomaisBild vergrößern
Leichte Bodenunterschiede hatten oft starke Auswirkungen auf die Pflanzenentwicklung.


Schäden an Silomais nach StarkregenBild vergrößern
Stängelbruch nach Starkregen und Wind zum Ende der Hitzeperiode.


Tiefe Fahrspuren bei der SilomaisernteBild vergrößern
Nach dem Jahrhundertregen Ende August, gab es auf staunassen Flächen im nordwestlichen Münsterland noch Probleme bei der Befahrbarkeit der Flächen. Fotos: Norbert Erhardt


Silomais: Schwankende Erträge spät geerntet

Silomais wurde 2010 in NRW deutlich später und oftmals mit schlechteren Erträgen und Qualitäten als in den Vorjahren geerntet. Norbert Erhardt, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen stellt die Ergebnisse der Landessortenversuche vor und gibt Hinweise zur Sortenwahl 2011.

Nach offizieller Statistik wurden in diesem Jahr in NRW über 159 000 ha Silomais angebaut. Tatsächlich dürfte die Erntefläche jedoch um einiges höher ausgefallen sein, da vor dem Hintergrund neu- und ausgebauter Biogasanlagen und einer allgemein gedämpften Ertragserwartung verstärkt auch Körnermais- und CCM-Bestände in die Futtersilos wanderten. Unabhängig von der Nutzungsrichtung hatte Silomais, wie schon in LZ-Ausgabe 48 bei Körnermais beschrieben, in diesem Jahr mit extremen Wetterbedingungen zu kämpfen, die sehr unterschiedliche Spuren bei Erträgen und Silagequalitäten hinterlassen haben dürften. Schwierig gestaltete sich im Hinblick auf die Silomaisnutzung zudem die Ernteterminierung, da bei unterdurchschnittlichen Temperaturen im September nicht immer die Reifefortschritte realisiert werden konnten, die zu erwarten gewesen wären. Das Gros der Silomaisbestände fiel in den ersten beiden Oktoberwochen bei günstigen Erntebedingungen. Probleme hinsichtlich der Befahrbarkeit der Flächen gab es allerdings auf staunassen Flächen im nordwestlichen Münsterland, die nach dem Jahrhundertregen am 26. August nicht mehr abtrockneten. Sowohl in der Praxis als auch in den Versuchen wurde vielfach mit niedrigeren T-Gehalten geerntet als in den Vorjahren, was sicherlich Vorteile hinsichtlich der Silagestabilität mit sich gebracht haben dürfte. Tendenziell fielen aber auch dadurch die Stärkegehalte und Energiekonzentrationen niedriger aus als in den sehr guten Vorjahren.

Extreme Schwankungen auf leichten Standorten

Zu deutlichen Ertragseinbußen kam es insbesondere auf den leichten Böden im Münsterland, wo die Bestände nach dem Kältestress bis Mitte Juni anschließend extrem unter Trockenheit zu leiden hatten. Während die Sortenversuche am Sandstandort Dülmen-Merfeld durch ergiebigen Gewitterregen am 3. Juli noch gerettet wurden, war bereits Mitte Juli zu erkennen, dass die Silomaisversuche in Delbrück-Ostenland keine verwertbaren Sortenergebnisse liefern würden, so dass dort auf die Ernte verzichtet wurde. In Ostbevern-Milte, Kreis Warendorf, wo die Prüfungen ebenfalls auf Sandboden angelegt werden, hatten leichte Bodenunterschiede deutliche Auswirkungen auf die Bestandsentwicklung. An diesem Standort mussten die Ergebnisse der mittelfrühen Silomaissorten nach der Ernte verworfen werden, da die Sortenergebnisse eindeutig von Bodeneffekten überschattet wurden. Die Tatsache, dass somit die ertragsschwächeren Standorte in der diesjährigen Auswertung der Landessortenversuche unterrepräsentiert sind, muss beim Vergleich der absoluten Ertrags- und Qualitätsdaten mit den Vorjahren unbedingt berücksichtigt werden. In der Praxis dürften die Erträge deutlich stärker gestreut haben, als dies aus den Ergebnissen der Landessortenversuche ersichtlich wird.

Schwerpunktmäßig werden in den Niederungslagen Nordrhein-Westfalens mittelfrühe (S 230 bis S 250) Sorten für die Silomaisnutzung angebaut. Beim Vergleich der Ertragsdaten aus diesem Sortiment mit den Vorjahren in Tabelle 3 wird ersichtlich, dass im Mittel der geprüften Sorten vergleichbare Trockenmasseerträge wie im Vorjahr erzielt werden konnten. Bezüglich der Energie- und Stärkeerträge ergibt sich für 2010 ein Ertragsabfall, da die Energie- und Stärkekonzentrationen niedriger ausfielen. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass 2010 witterungsbedingt mit niedrigeren T-Gehalten geerntet wurde und gleichzeitig auch neue Sorten im Versuch standen, die für die Nutzung in Biogasanlagen gezüchtet wurden. Diesen auf Trockenmasseerträge betonten Sorten fehlt es auf grund des Massenwuchses oft an den in der Rindviehfütterung erwünschten hohen Stärkegehalten und Energiekonzentrationen, was auf Verdünnungseffekte und tendenziell spätere Abreife zurückzuführen ist. Die Spitzenerträge, die in der Praxis wie auch in Versuchen im Jahr 2008 realisiert wurden, konnten 2010 selbst auf den besten Standorten nicht erzielt werden.

Ertragsausfälle nach Stängelbruch

Die kurze hochsommerliche Hitzeperiode um den Monatswechsel Juni/Juli ging in Nordwestdeutschland verbreitet mit Gewittern, Starkregen und kurzen heftigen Stürmen zu Ende, was in Praxisbeständen, aber auch in den Sortenversuchen zum Teil stärkeres Sommerlager und auch Stängelbruch zur Folge hatte. Betroffen waren besonders wüchsige Bestände beziehungsweise in den Versuchen die Sorten, die zum Zeitpunkt der jeweiligen Witterung das stärkste Massenwachstum zeigten. Aufgrund des enormen Zuwachses an Stängel- und Blattmasse sind die Pflanzen dann kurzfristig sehr anfällig für Lager und / oder Stängelbruch, da das junge Gewebe nicht schnell genug stabilisiert werden kann. Während der Mais sich nach Sommerlager in der Regel wieder aufrichtet und die Pflanzen bei der Silomaisernte noch sauber erfasst werden können, sind von Stängelbruch betroffene Pflanzen weitgehend für den Ertragsaufbau verloren. In den Sortenversuchen war stärkerer Stängelbruch an den Standorten Haus Düsse, Dülmen-Merfeld und vor allem im niedersächsischen Lohne zu beobachten. Die entsprechende Auszählung ist als prozentualer Wert in Tabelle 1 für alle Sortimente im Mittel der erwähnten Standorte dargestellt. Am stärksten von Stängelbruch betroffen war die sehr massenwüchsige Sorte Cannavaro, was in Lohne fast den kompletten Ertragsausfall für diese Sorte zur Folge hatte. Stärkerer Stängelbruch, der schwankende Erträge zur Folge hatte, war darüber hinaus bei der frühen Sorte Laurinio, im mittelfrühen Sortiment bei den Sorten Barros und FarmFlex sowie bei den späten Sorten Rafinio und ES Cargo zu beobachten. Im Einzelfall ist der Ertragsausfall in Folge des Stängelbruchs als Ursache für das schlechte Abschneiden betroffener Sorten verantwortlich.

Erst Reifegruppe, dann Sorte wählen

Da in den Landesortenversuchen nicht an allen Versuchsstandorten frühe, mittelfrühe und mittelspäte Sortimente parallel geprüft werden und die mittelspäten Sorten an den Standorten zu einem gesonderten, späteren Termin geerntet werden, ist ein direkter Vergleich der Ergebnisse in Tabelle 3 und die Beurteilung der Sorten in der Empfehlungstabelle (Tabelle 4) über die Sortimentsgrenzen nicht möglich, zumal sich die dargestellten Relativwerte auf eine jeweils andere Verrechnungsbasis beziehen. Mögliche Ertrags- und Qualitätsunterschiede zwischen den Reifegruppen können nur indirekt über die ausgewiesenen Vergleichssorten abgebildet werden. Zu diesem Zweck wird die mittelfrühe Sorte Ricardinio zusätzlich als Vergleichssorte im frühen Sortiment geprüft. Der Vergleich der mittelfrühen Sorten mit der späten Reifegruppe kann über die Sorten Ronaldinio und LG3216, die hier jeweils in beiden Sortimenten stehen, erfolgen.

Aus dem Vergleich des relativen Abschneidens der Sorte Ricardinio im frühen und mittelfrühen Sortiment ist zu erkennen, dass im Mittel der Verrechnungssorten im mittelfrühen Sortiment um etwa 8 % höhere Trockenmasse- und Energieerträge erzielt wurden. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass mit den frühen Sorten höhere Energie- und Stärkegehalte erzielt wurden. Deutlich kleiner fällt der Ertragsunterschied zwischen mittelfrühen und mittelspäten Sorten aus. Nennenswerte Mehrerträge sind hier nur im Bezug auf die Trockenmasseerträge in der Größenordnung von rund 3 Prozentpunkten und ansatzweise bei den Energieerträgen zu erkennen. Um diese Einschätzung zu bestätigen, sind in der Tabelle 2 die durchschnittlichen Trockenmasse-, Energie- und Stärkegehalte sowie die entsprechenden Erträge der Versuche an den Standorten dargestellt, an denen 2010 alle drei Reifegruppen geprüft wurden. Auch hieraus wird ersichtlich, dass mit zunehmender Reifezahl der Sorten 2010 eine leichte Steigerung der Trockenmasse- und Energieerträge einhergeht. Ebenfalls bestätigt sich, dass im Mittel der Versuche mit der jeweils späteren Reifegruppe die Energie- und Stärkegehalte niedriger ausfallen.

Vorteile für mittelfrühe Sorten

Insbesondere bei der Interpretation der Qualitätsmerkmale der Sorten muss berücksichtigt werden, dass in den Versuchen nicht für jede Sorte der optimale Erntetermin getroffen werden kann. In der Regel werden frühe und mittelfrühe Sorten gemeinsam und die mittelspäten Sorten mit einem Zeitversatz von zehn bis 14 Tagen geerntet. Den späten Sorten in den Sortimenten, also im mittelfrühen Sortiment den Sorten mit der Reifezahl S 250 und im mittelspäten Sortiment den Sorten ab S 280, wird insbesondere in Jahren mit schlechteren Abreifebedingungen schnell das letzte Quäntchen an Qualität und Ertrag abgeschnitten. In der Praxis werden ähnliche Kompromisse, bezogen auf Erntetermine in späten Jahren wie 2010 notwendig, wenn die Bestellung der Folgefrucht drängt oder die Stärkeeinlagerung durch Frühfrost zum Erliegen kommt. Entsprechende Erntezeitversuche aus 2010 lassen diesbezüglich erkennen, dass die Einlagerungsprozesse im Oktober infolge niedriger Temperaturen und kurzer Tage sowieso schnell zum Erliegen kommen und T-Gehaltszunahmen nach Frosteinwirkungen sogar mit deutlichen Substanzverlusten einhergehen können.

Die Ergebnisse und Erfahrungen aus dem Jahr 2010 verdeutlichen einmal mehr, dass für den Silomaisanbau in den Niederungslagen Nordrhein-Westfalens frühe und mittelfrühe Sorten am besten geeignet sind. Frühreife Sorten erhöhen grundsätzlich die Anbausicherheit und lassen Vorteile hinsichtlich der Silagequalitäten erwarten. Sofern die mittelfrühen Sorten optimal ausreifen können, werden mit diesen Sorten in der Regel aber höhere Trockenmasse- und Energieerträge erzielt, was vor dem Hintergrund einer gesteigerten Wertschöpfung im Ackerbau und allgemeiner Flächenknappheit Vorteile mit sich bringt. Mit dem Anbau mittelspäter Sorten erhöht sich das Risiko, dass zu früh geerntet werden muss, was empfindliche Qualitätseinbußen nach sich ziehen kann. Gleichzeitig kann das geringfügig höhere Trockenmasseertragspotenzial dieser Sorten bei suboptimalen Ernteterminen nicht ausgeschöpft werden. Mittelspäte Sorten kommen daher in erster Linie für den Silomaisanbau mit der Nutzungsrichtung Biogas in Betracht, sind aber auch dann nur in günstigen Lagen zu empfehlen, wo der Mais früh in die Erde kommen kann und auch im Herbst genügend Abreifespielraum zur Verfügung steht. Gerade im späten Sortiment ist aber auch das große Sortenspektrum zu berücksichtigen. So sind hier einige Sorten im Reifebereich S 260 hinsichtlich der Abreife- und Qualitätseigenschaften durchaus mit mittelfrühen Sorten im Reifebereich S 240 bis S 250 vergleichbar.

Frühe Sorten

Im frühen Sortiment wurden 2010 21, davon acht neue Sorten geprüft. Mit im dreijährigen Mittel besten Qualitäten sowie höchsten Energie- und Stärkeerträgen fällt in dieser Reifegruppe Saludo wieder positiv auf. Zweijährig geprüft, kann die Sorte Ambrosini durch sehr hohe Trockenmasse- und Energieerträge überzeugen. Qualitativ kommt die Sorte aber nicht an das hohe Niveau der dreijährig geprüften Sorten Saludo, Amadeo und NK Falkone heran, was aufgrund des Massenwuchses offensichtlich auf Verdünnungseffekte zurückzuführen ist. Nach einem Prüfjahr machen Laurinio und LG 30222 mit hohen Trockenmasse- und Energieerträgen im frühen Sortiment auf sich aufmerksam, wobei LG 30222 auch hohe Stärkeerträge brachte. Die höchsten Stärkegehalte wurden von den neuen Sorten Amagrano und LG 30218 erzielt, was für diese Sorten auch überdurchschnittliche Stärkeerträge nach sich zieht. Geradezu ins Auge stechen in Tabelle 3 aber die relativen Ertragsdaten der mittelfrühen Vergleichssorte Ricardinio. Dieses hohe Niveau der Stärke- und Energieerträge kann von keiner der frühen Sorten erreicht werden.

35 mittelfrühe Sorten auf dem Prüfstand

Das mittelfrühe Sortiment umfasste in diesem Jahr 35 Sorten, wobei acht Sorten erstmalig in den Landessortenversuchen standen. Bei den mittelfrühen Silomaissorten ist zu beachten, dass in diesem Sortiment einige trockenmasseertragsbetonte Sorten geprüft werden, die aufgrund unterdurchschnittlicher Stärke- und Energiegehalte nicht für den Einsatz in der Rindviehfütterung geeignet sind. Allen voran gilt dies für die jetzt zweijährig geprüften Sorten Fernandez und Agro Yoko. Neben den weit unterdurchschnittlichen Energie- und Stärkegehalten fallen diese beiden Sorten auch durch die spätere Abreife auf. Zu beachten ist allerdings, dass restpflanzenbetonte Sorten mit entsprechend niedrigeren Kolbenanteilen auch mit niedrigeren T-Gehalten siliert werden müssen, um Problemen bei der Dichtlagerung im Silohaufen vorzubeugen. Ertraglich ähnlich zu beurteilen ist die Sorte Sebastiano, die bereits dreijährig höchste Trockenmasseerträge lieferte, gleichzeitig aber noch durchschnittliche Stärkeerträge brachte.

Die Sorte Torres, die in den Jahren 2008 und 2009 durch höchste Futterqualitäten und höchste Stärke- und Energieerträge auffiel, kam mit den kühlen Bedingungen im Mai und Juni nur sehr schlecht zurecht, was letztendlich auch noch eine spätere Abreife und unterdurchschnittliche Stärkegehalte zur Folge hat. Bedingt durch die sehr guten Vorjahresergebnisse ergeben sich für Torres aber im dreijährigen Mittel Futterqualitäten sowie Stärke- und Energieerträge, die von keiner anderen Sorte erreicht werden. Als Standard im mittelfrühen Sortiment liefern Ronaldinio und die verwandte Sorte Agro Lux auch 2010 wieder konstant hohe Trockenmasse- und Energieerträge. Die über drei Jahre deutlich unterdurchschnittlichen Stärkegehalte der beiden Sorten sind auf die offensichtlich spätere Körnerreife zurückzuführen. Bei späterer Ernte als mittelfrühe Vergleichssorte im mittelspäten Sortiment kann Ronaldinio diesbezüglich noch einiges wettmachen, was bei der Ernteterminierung für Ronaldinio und Agro Lux berücksichtigt werden sollte. Durch über drei Jahre hohe Stärkegehalte fallen erneut die Sorten LG3220 Logo, Maritimo und LG 3234 auf. Diesen Sorten ist gemeinsam, dass sie in einzelnen Jahren, im Fall von LG 3234 sogar in jedem Jahr überdurchschnittliche Energiekonzentrationen liefern. Bezüglich der Trockenmasse- und Energieerträge können diese reinen Qualitätssorten aber nicht mit dem allgemein hohen Niveau der meisten anderen mittelfrühen Sorten mithalten.

Höchste Trockenmasse- und Energieerträge sowie sehr hohe Stärkegehalte konnten 2010 mit den neuen Sorten Barros und Grosso erzielt werden. Beide Sorten fallen aber durch eine sehr späte Abreife auf, die sogar noch unter dem Niveau der mittelspäten Vergleichssorte LG3216 liegt. Es bleibt abzuwarten, ob diese Sorten bei späterer Ernte oder besseren Abreifebedingungen in den nächsten Jahren zumindest hinsichtlich der Stärkegehalte noch einiges zulegen können.

Mittelspäte und späte Sorten

Bei der Beurteilung der mittelspäten und späten Sorten ist großes Augenmerk auf die Abreife der Sorten zu legen. Während die frühesten Sorten im Reifebereich S 260, wie Kabanas, LG3216 oder ES Paroli, diesbezüglich durchaus mit vielen mittelfrühen Sorten im Bereich S 250 vergleichbar sind, zeichnen sich die Sorten ab S 280 durch eine sehr späte Abreife aus. Verständlicherweise kann bei der Versuchsbeerntung nicht auf die letzten Sorten gewartet werden. In der Beurteilung resultieren daraus neben der schlechten Einstufung bezüglich der Abreife auch deutliche Defizite hinsichtlich Energie- und Stärkekonzentrationen. Das Jahr 2010 zeigt dabei auch klar die Grenzen für den Maisanbau in NRW auf. Nennenswerter Substanzzuwachs war bei den späten Erntterminen um Mitte Oktober nicht mehr zu erwarten, zumal die Maisvegetation 2010 zu diesem Zeitpunkt durch Nachtfröste vielfach schon beendet war. Vor diesem Hintergrund sind die entsprechenden Einstufungen in der Sortenempfehlung als durchaus angebracht zu beurteilen.

Bezüglich der erzielten Trockenmasseerträge wird von den dreijährig geprüften Sorten, mit Ausnahme der Sorten ES Paroli und PR39F58 , in diesem Sortiment ein sehr ausgeglichenes Niveau erreicht. Mit im dreijährigen Mittel höchsten Energie- und Stärkeerträgen macht Kabanas auf sich aufmerksam. Durch hohe Stärke- und Energiekonzentrationen fallen in diesem Sortiment nach dreijähriger Prüfung die Sorten ES Paroli, Kabanas und PR39F58 auf. Dominiert wird diese Reifegruppe nach jetzt zweijähriger Prüfung von der Sorte LG3216 mit höchsten Trockenmasse-, Energie- und Stärkeerträgen.

Welche Sorten für Biogas?

Für die Biogasnutzung werden nach wie vor die Maissorten empfohlen, die höchste Trockenmasseerträge erwarten lassen. Die Maispflanze sollte zum Zeitpunkt der Ernte aber noch einen hohen Anteil grüner Blätter und wenig verholzte Stängel aufweisen. Das bringt Vorteile hinsichtlich der Ernteflexibilität und ermöglicht den zügigen mikrobiellen Abbau der organischen Substanz im Fermenter. Die notwendigen Trockenmassegehalte von mindestens 30 % im Erntegut können dann aber nur über entsprechend hohe Kolbenanteile beziehungsweise hohe T-Gehalte im Kolben realisiert werden. Diese Anforderungen an den Ertragsaufbau der Biogassorte lassen sich gut mit der neuen, aber durchaus nachvollziehbaren Erkenntnis in Einklang bringen, das aus der Kolben-TS mehr Gas gebildet werden kann als aus Blättern und Stängeln. Der Grundsatz, dass der Gasertrag je ha maßgeblich durch den Trockenmasseertrag je ha bestimmt wird, darf dabei aber nicht außer Acht gelassen werden. Bei vergleichbaren Trockenmasseerträgen sollte deshalb aber in Bezug auf die Biogasnutzung immer der Sorte mit der höheren Energie- und Stärkekonzentration der Vorzug gegeben werden.

Sortenempfehlung

Bei der Betrachtung der Sortenempfehlung in Tabelle 4 ist zu beachten, dass die Beurteilung der Sorten durch „+“, „o“ und „-„ aufgrund der unterschiedlichen Datenbasis der Sortimente, wie unterschiedliche Standorte und Erntetermine, nicht über die Sortimente verglichen werden kann. In die Sortenempfehlung aufgenommen werden in der Regel die Sorten, die im Mittel von Energie- und Stärkeertrag mindestens zwei Jahre lang das hohe Niveau der jeweiligen Verrechnungssorten (relativ 100) erreichen. Für die Rindviehfütterung sollte besonderes Augenmerk auf die qualitativen Eigenschaften gelegt werden. Diese sind insbesondere hinsichtlich der Stärkegehalte gegeben. Für die Biogasnutzung bieten sich zusätzlich Sorten mit hohen Trockenmasseerträgen an. Aber auch hier sollte nicht auf zu späte Sorten gesetzt werden, da das geringfügig höhere Ertragspotenzial der späten Sorten nicht genutzt werden kann, wenn der Mais in späten Jahren und auf ungünstigen Standorten nicht reif wird und in Folge der dann zu geringen Kolbenanteile auch noch mit zu niedrigen T-Gehalten geerntet werden muss.

Beachtet werden sollte auch die unterschiedliche Anfälligkeit der Sorten für Turcicum-Blattflecken. Da 2010 in NRW nur vereinzelter, sehr später Befall zu beobachten war, der in der allgemeinen Blattabreife unterging, können die neuen Sorten diesbezüglich nicht beurteilt werden. Die Jahre 2007 und 2008 haben aber deutlich gemacht, dass bei frühem Auftreten der Blattkrankheit die Stärkeeinlagerung früh zum Erliegen kommen kann. Die Einstufung der zwei- und dreijährig geprüften Sorten basiert auf den Bonituren aus diesen Jahren sowie aus Beobachtungen in 2009, die durch Ergebnisse aus Bayern, wo in bestimmten Lagen regelmäßig Befall auftritt, ergänzt wurden. So sind die empfohlenen Sorten zu beurteilen:

Dreijährig geprüfte frühe Sorten

Amadeo S 220 / K 230: mittel bisl angwüchsige Zweinutzungssorte mit im dreijährigen Mittel durchschnittlicher Abreife, bei mittleren Erträgen und Qualitäten.

NK Falkone, S 210/ K 210: mittellange, sehr frühe Zweinutzungssorte mit mittleren Qualitäten und Erträgen. Geringe Anfälligkeit für Turcicum-Blattflecken.

Kalvin, S 220/ K 200: mittellange Zweinutzungssorte mit im Sortimentsmittel etwas späterer Abreife. Mittlere Qualitätseigenschaften, hohe Trockenmasse- und Stärkeerträge. Geringe Anfälligkeit für Turcicum-Blattflecken.

Saludo, S210/ - : mittel bislangwüchsige Silomaissorte mit hoher Stärke- und höchster Energiekonzentration, hohe Energie- und Stärkeerträge. Mehrjährig sehr gute Ergebnisse auch in Übergangs- und Höhenlagen.

Dreijährig geprüfte mittelfrühe Sorten

Agro Lux, S 240/ - : langwüchsige Silomaissorte mit hohen Trockenmasseerträgen, Abreife im Sortimentsmittel. Energiekonzentration und Stärkegehalt unterdurchschnittlich. Energieertrag im Sortimentsmittel, Stärkeerträge dreijährig unterdurchschnittlich.

Amaryl, S 250, K 230: langwüchsige Zweinutzungssorte mit relativ früher Abreife und durchschnittlichem Trockenmasse-, Energie- und Stärkeertrag. Energie- und Stärkekonzentration unterdurchschnittlich.

LG3220 Logo, S 230/ K 230: vergleichsweise kurzwüchsigeQualitätssilo- und Körnermaissorte mit höchster Stärke- und guter Energiekonzentration. Trockenmasse- und Energieertrag unterdurchschnittlich, Stärkeertrag im dreijährigen Mittel durchschnittlich.

Marcelinio S 230/ K 240: frohwüchsige,sehr lange Silomaissorte mit extrem hohem Kolbenansatz. Relativ frühe Abreife, Energiekonzentration unter-, Stärkegehalt durchschnittlich. Sehr hohe Trockenmasse- und Stärkeerträge. An den Standorten mit Sommerlager ist die Sorte aufgrund der Statik in der Regel immer betroffen. Relativ anfällig für Turcicum-Blattflecken.

Ricardinio, S 230, K 220: langwüchsige Zweinutzungssorte. Abreife, Trockenmasse- und Energieertrag dreijährig im Sortimentsmittel. Hohe Stärkegehalte und -erträge. Relativ anfällig für Turcicum-Blattflecken.

Ronaldinio, S 240/ ca. K 240: sehr langwüchsige Zweinutzungssorte. 2010 allerdings oft reduziertes Längenwachstum. Spätere Abreife, was bei zu früher Ernte niedrigere Stärkegehalte und unterdurchschnittliche Energiekonzentration zur Folge hat. Trockenmasse- und Energieertrag im dreijährigen Mittel aber konstant überdurchschnittlich.

Sebastiano, S 250, - : sehr massenwüchsiger, trockenmassebetonter Silomais mit späterer Abreife, Stärkekonzentration weit unterdurchschnittlich und schlechtere Energiekonzentration. Aufgrund des dreijährig höchsten Trockenmasseertrages wird Sebastiano für die Nutzungsrichtung Biogas empfohlen.

Torres, S250/ K 260: massenwüchsige Silomaissorte. Torres kam 2010 in der Jugendentwicklung schlechter zurecht, was sich in diesem Jahr im Ertrag bemerkbar macht. Im dreijährigen Mittel aber höchste Energiekonzentration und höchste Energie- und Stärkeerträge im mittelfrühen Sortiment.

Winn, S 240/ - : massenwüchsiger Silomais mit dreijährig durchschnittlichen Erträgen und Qualitäten.

Dreijährig geprüfte mittelspäte Sorten

Aabsolut, S 260, - : mittellange Silomaissorte mit früher Abreife im mittelspäten Sortiment. Hohe Trockenmasse- und Stärkeerträge, Energieertrag durchschnittlich.

Busti CS, S 260, - : massenwüchsige Silomaissorte. Bei etwas späterer Abreife als die anderen 260er Sorten hoher Trockenmasse- und Stärkeertrag. Energieertrag im Sortimentsmittel.

ES Paroli, S 260, K 250: langwüchsige Zweinutzungssorte. Abreife früher als das Sortimentsmittel. Aufgrund der früheren Körnerreife hohe Stärkegehalte und hoher Stärkeertrag. Trockenmasseertrag unterdurchschnittlich. Dreijährig höchste Energiekonzentration im mittelspäten Sortiment. Anfällig für Turcicum-Blattflecken.

Kabanas, S 260, K 260: langwüchsige Silomaissorte. Früheste Abreife im späten Sortiment, im Sortimentsmittel hoher Energie- und Stärkegehalt. Hoher Trockenmasse- und Energieertrag, Stärkeertrag dreijährig sehr hoch.

Marcello, S 260, K 260: langwüchsige Silomaissorte, mit durchschnittlichen Qualitäten, bei relativ früher Abreife. Trockenmasse-, Energie- und Stärkeertrag dreijährig hoch.

PR39F58, S 260, K 250: langwüchsige Zweinutzungssorte, im dreijährigen Mittel hohe Energiedichte und hoher Stärkegehalt, Trockenmasse- und Energieertrag unter Sortimentsdurchschnitt, mittlerer Stärkeertrag.

Zweijährig geprüfte frühe Sorten

Fabregas, S 210, - : frühreife, trockenmassebetonte Silomaissorte mit unterdurchschnittlicher Energiekonzentration und durchschnittlichem Stärkegehalt. Hohe Trockenmasse- und Energieerträge.

Ambrosini, S 220; - : massebetonter Silomais mit im Sortimentsmittel durchschnittlicher Abreife. Trockenmasse- und Energieertrag sehr hoch, Energie- und Stärkekonzentration unterdurchschnittlich.

Zweijährig geprüfte mittelfrühe Sorten

Agro Yoko, S 240, - : spätreifer, extrem massenwüchsiger Silomais, mit deutlich unterdurchschnittlicher Energie- und Stärkekonzentration. Aufgrund des sehr hohen Trockenmasseertrages empfiehlt sich die Sorte für die Nutzungsrichtung Biogas.

NK Cooler, S 230,- : frühreifer Silomais mit unterdurchschnittlicher Energiekonzentration, Trockenmasse-, Energie- und Stärkegehalt im Sortimentsmittel.

Fernandez, S 250, - : sehr massenwüchsiger Silomais mit deutlich unterdurchschnittlicher Energie- und Stärkekonzentration, überdurchschnittlicher Energieertrag. Reine Biogassorte.

P 8000, S 230, K 230: frühreife Zweinutzungssorten mit hohen Stärkegehalten und –erträgen, Trockenmasse- und Energieertrag im zweijährigen Mittel nach schlechten Ergebnissen im Jahr 2009 noch unterdurchschnittlich. Die Ergebnisse 2010 zeigen aber, dass P8000 als zahnmaisbetonte Sorte auch mit kühleren Bedingungen zurecht kommt.

NK Top, S 240, K 240: frühreifer Silomais mit hohen Stärkegehalten und -erträgen. Trockenmasse und Energieertrag im Sortimentsmittel.

Zweijährig geprüfte mittelspäte Sorten

LG3216, S 260, K 240: sehr frühe Abreife im mittelspäten Sortiment. Sehr hohe Trockenmasse-, Energie- und Stärkeerträge bei durchschnittlichen Qualitäten. Mit dem hohen Ertragspotenzial als Körnermais empfiehlt sich LG3216 für alle Nutzungsrichtungen.

Cassilas, S 260, - : massenbetonte Silomaissorte für die Biogasproduktion, unterdurchschnittliche Stärke- und Energiekonzentration.

NK Silotop, S 270, - : frühe Abreife und höchste Stärkekonzentration im mittelspäten Sortiment. Trockenmasseertrag unterdurchschnittlich, aber hoher Stärkeertrag.

Späte Sorten, nur für Biogas

Dort, wo für den Silomaisanbau zur Biogasproduktion auf sehr späte Sorten gesetzt wird, bieten sich die Sorten Franki, Seiddi, Codisco, Puyol und Cannavaro an. Diese Sorten fallen im mittelspäten Sortiment durch hohe Trockenmasseerträge bei allerdings deutlich späterer Abreife gegenüber den Verrechnungssorten auf. Gleichzeitig zeichnen sich diese Sorten durch eine deutlich unterdurchschnittliche Energie- und Stärkekonzentration aus, was neben Verdünnungseffekten auch auf eine ungenügende Ausreife zur Ernte zurückgeführt werden kann. Ertragliche Vorteile gegenüber den früheren Sorten im Sortiment waren 2010 nicht zu erkennen. Diese sind, wenn überhaupt, dann zu erwarten, wenn allgemein früh geerntet werden kann und diesen späten Sorten genügend weitere Vegetationszeit für die Stärkeinlagerung und den Ertragsaufbau bleibt.

Sorten für den Probeanbau

Für den Probeanbau 2010 empfehlen sich die frühen Sorten LG30222 und Laurinio mit hohen Trockenmasse- und Energieerträgen. Im mittelfrühen Sortiment machen Barros und Grosso mit sehr guten Erträgen bei allerdings weit unterdurchschnittlicher Abreife und noch schlechteren Qualitäten nach dem ersten Jahr im Landessortenversuch auf sich aufmerksam. Als frühreif mit guten Erträgen zeigte sich im mittelspäten Sortiment die Sorte Rafinio, während ES Charter und Palmer nur als Biogassorten in günstigen Lagen getestet werden sollten.

Autor: Norbert Erhardt