Die Wettbewerbsstellung des Winterrapses für den kommenden Anbau

Körnerrapsernte
Der Raps, auch schon einmal das „schwarze Gold“ genannt, und sein wertvollster Inhaltsstoff das Öl steht auf dem Weltmarkt in Konkurrenz zu anderen Pflanzenölen, beispielsweise zu Öl aus Sojabohnen und Sonnenblumen. Er wächst vornehmlich in nördlicheren bzw. klimatisch nicht zu heißen Ackerbauregionen. Neben der für eine Winterung typischen Kältetoleranz entfaltet der Raps eine gute Vorfruchtwirkung, insbesondere für den Weizen. Insofern sind Fruchtfolgen wie Raps-Weizen-Weizen, oder ein anderes Getreide, weit verbreitet. Diese engen Rapsfruchtfolgen bringen je nach Standort Probleme mit sich, so dass sich der Rapsanbau aus pflanzenbaulichen und auf den Ertrag gerichteten Gesichtspunkten in einer vier- bis fünffeldrigen Fruchtfolge am wohlsten fühlt.
Um eine ausreichende Winterfestigkeit zu erlangen, muss er im frühen Herbst gedrillt werden, was aber in normalen Jahren nach einem Getreideanbau kein Problem darstellt. Bei einer schwachen Saatentwicklung gibt es bei starker Winterkälte schon einmal Probleme, so dass Umbrüche im Frühjahr leider keine Seltenheit sind. Diese verringerte Ertragsstabilität muss betriebswirtschaftlich berücksichtigt werden. Bei der Rapsernte benötigt man gegenüber der Standard-Mähdrescherausstattung noch ein sogenanntes Rapsschneidwerk, was die Druschkosten gegenüber Getreide um ca. 20 Euro/ha verteuert. Den etwas höheren Kosten und der geringeren Ertragsstabilität steht die gute Vorfruchtwirkung gegenüber, so dass die Vor- und Nachteile in der aufgeführten Deckungsbeitragsrechnung keine monetäre Bewertung erfahren.
Die Position auf dem Feld und am Markt
Im Allgemeinen misst man den Raps am Weizen, obwohl diese beiden Kulturen nicht in direkter Konkurrenz zueinander stehen. Pauschal heißt es, dass der Raps den halben Ertrag und dafür den doppelten Preis als der Weizen benötigt, um die gleiche Rentabilität wie der Weizen zu erzielen. Die Konkurrenten des Rapses auf dem Feld sind in unseren Gefilden eher die Zuckerrüben und der Mais sowie andere Hackfrüchte. Auf dem Markt konkurriert der Raps mit anderen Ölpflanzen wie zum Beispiel der Sojabohne, der Ölpalme und der Sonnenblume. Die aus diesen Pflanzen zu gewinnenden Öle sind in der Zusammensetzung zwar nicht gleich, konkurrieren aber bei vielen Verwendungen miteinander. Der zu erzielende Erzeuger- bzw. Marktpreis richtet sich also nicht allein nach dem Rapsangebot am Markt, sondern auch nach den anderen Ölpflanzen, insbesondere der Sojabohne.
Alle in der Deckungsbeitragsrechnung angesetzten Preise entsprechen den Erwartungen Ende August 2011 für die Ernte 2012, die wiederum von den entsprechenden Terminmarktnotierungen mit den individuellen Zu- und Abschlägen abgeleitet sind. Beim Raps findet auch der Ölzuschlag Berücksichtigung und beim Brotweizen wird von einer B-Weizenqualität ausgegangen. Die Getreide- und Rapspreise für die Ernte 2012 befinden sich auf einem guten Niveau und lassen auf einem besseren Standort - siehe Übersicht 3 - beim Raps einen etwas höheren Deckungsbeitrag als beim Brotweizen und den übrigen Kulturen erwarten. Lediglich die Zuckerrüben bieten eine noch etwas höhere Deckungsbeitragserwartung.
Die für eine weitergehende Rentabilitätsbetrachtung höheren Festkosten für den Roder und die Drille von 150 bis 200 Euro/ha bei den Zuckerrüben sind nicht berücksichtigt. Zwanzig Prozent höhere Preiserwartungen würden den Raps sogar in die Spitzenposition bringen. Bei um 20 Prozent fallenden Kursen fällt der Raps wieder hinter die Zuckerrübe zurück, behauptet aber klar den zweiten Platz. Wir erleben immer wieder eindrucksvoll wie die freien Marktpreise für Getreide und Raps sich innerhalb kürzester Zeit halbieren oder verdoppeln. Die Zuckerrübe kennt bisher diese Preisschwankungen nicht, da in der Marktordnung Mindestpreise verankert sind und sich die Preise daher lediglich durch den Anteil „freier“ Mengen verändern können. In der Übersicht 2 sind die Deckungsbeitragserwartungen auf einem schwächeren Standort dargestellt. Hier zieht der Raps mit der Zuckerrübe gleich und zeigt sich bei steigenden Kursen sogar deutlich überlegen. Das heißt, dass der Raps auf schwächeren Standorten die Nummer Eins ist, während die Zuckerrübe auf besseren Böden die „Nase vorn“ hat. Bei den aktuellen Preisrelationen lässt der Raps das Getreide hinter sich.
Auch aus diesen Gründen kann auf dem richtigen Standort und in der passenden Fruchtfolge ein verstärkter Rapsanbau im Herbst in Erwägung gezogen werden. Eine Teilabsicherung, das heißt eine Vermarktung sollte bei Preiserwartungen über 400 Euro/to in Erwägung gezogen werden. Beim Verkauf vor der Ernte sollten jedoch wie auch dieses Jahr zeigt je nach Ertragssicherheit des Standortes 50 % der erwarteten Erntemenge nicht überschritten werden. Ein Viertel der Ertragserwartung zu verkaufen, das heißt 1 bis 1,5 to/ha scheinen bei den aktuellen Verhältnissen durchaus angebracht und führen zu guten und sicheren Einnahmen, erhalten jedoch zu 75 % noch die nie verlöschende Hoffnung auf noch bessere Preise.
Die nächste Anbauentscheidung steht umgehend an. Die aktuellen Raps-Kurse an der Euronext in Paris notieren wie die Übersicht 4 zeigt gegenüber den letzten Jahren auf sehr gutem Niveau. Daher hat der Raps auch in der Rentabilitätsbetrachtung vielfach die „Nase vorn“. Bei den in den Übersichten dargestellten Deckungsbeitragserwartungen handelt es sich um pauschale Ansätze, die natürlich in jedem Betrieb verschieden sein können. Auch eine Vorfruchtwirkung ist nicht eingerechnet, so dass der Raps dem Weizen noch „einiges mitgeben kann“. Selbstverständlich können sich die Konditionen bis zur Ernte 2012 wieder ändern, aber wer hindert Sie daran, schon jetzt entsprechende Teil-Absicherungen vorzunehmen. In Übersee werden schon seit Jahrzehnten mehrere Ernten im Voraus vermarktet, wenn die Konditionen stimmen. An eine Ertragsabsicherung mittels einer Hagelversicherung oder sogar Mehrgefahrenversicherung muss man getreu dem Motto „der Ertrag wird bei der Versicherung und die Vermarktung am Kassa- oder Terminmarkt abgesichert“, denken. Die Kassamarktkurse frei Verarbeiter liegen mehr oder weniger deutlich über den Terminmarktnotierungen Euronext Futures. Natürlich empfiehlt es sich nicht, aufgrund der Ertragsunsicherheit schon vor der Ernte mehr als 50 % der erwarteten Erntemenge zu sichern, aber 2 bis 2,5 to Ertragserwartung pro ha dürften selbst auf den schwierigsten Standorten sicher sein. Der geplante Anbauumfang für Raps für die Ernte 2012 wird aufgrund der aktuellen Wettbewerbsverhältnisse sicherlich steigen. Dabei sollte man die Terminmarktnotierungen des Nov. 12 Futures beobachten und in Teilmengen immer wieder die „Vermarktungsgedanken“ umsetzen.
Winterraps ist insbesondere dann konkurrenzfähig, wenn ein Ertragsverhältnis von 1:2 und ein Preisverhältnis von 2:1 zum Weizen nicht unterschritten wird, eine standorttypisch hohe Ertragssicherheit gegeben ist, der Winterraps in die Fruchtfolge passt und vor allem, wenn er zum richtigen Zeitpunkt verkauft wird.
Autor: Hans Jürgen Hölzmann