Ergebnisse der Beschaffenheitsprüfung in NRW 2010

Wintergerste: Spelzverletzungen und geschälte KörnerBild vergrößern
Wintergerste: Spelzverletzungen und geschälte Körner


Wintergerste: Anomaler Keimling als Folge von KornverletzungenBild vergrößern
Wintergerste: Anomaler Keimling als Folge von Kornverletzungen


Winterweizen: AuswuchsBild vergrößern
Winterweizen: Auswuchs


Winterweizen KeimprüfungBild vergrößern
Winterweizen: Keimprüfung mit normalen und anomalen Keimlingen, Ergebnis einer auswuchsgeschädigten Weizenpartie. Fotos: Holger Dietzsch


Weniger Saatgut anerkannt

Die Vermehrungsflächen von Saatgetreide wurden bundesweit aufgrund der unbefriedigenden Absatzquoten in den vergangenen Jahren und als Folge des rückläufigen Saatgutwechsels zur Ernte 2010 deutlich reduziert. Wenn dann wie in diesem Jahr weniger geerntet wurde und noch Qualitätsprobleme hinzukommen, kann es bei der Saatgutversorgung zumindest bei den stärker nachgefragten Sorten durchaus auch zu Engpässen kommen. Wie die Qualitäten in der Beschaffenheitsprüfung in Nordrhein-Westfalen bei Wintergetreide ausgefallen sind, wird im Folgenden beschrieben.

Die lang anhaltenden Trockenheit und Hitze und der verregnete August haben nicht nur die Erntemenge, sondern auch die Qualitäten von Getreide beeinträchtigt. Nach frühem Erntebeginn kam es im August zu erheblichen Verzögerungen. In der Folge waren bei Weizen niedrige Fallzahlen ebenso festzustellen wie Auswuchs bei Triticale und Weizen. Bei sichtbarem, zum Teil aber auch bei verdecktem Auswuchs hatte die Keimfähigkeit oft schon gelitten hat. Außerdem war vor allem bei Weizen und Triticale als Folge der Hitze und der Trockenheit die Kornausbildung beeinträchtigt, so dass diesmal auch deutlich höhere Sortierabgänge zu verzeichnen waren. Unter ungünstigen Bedingungen kam es zu Sortierabgängen von bis zu 50 %. Um einer möglichen Lücke bei der Saatgutversorgung bei Winterweizen gegenzusteuern, bestand in diesem Herbst ausnahmsweise die Möglichkeit, Saatgut der Kategorie Z2 anzuerkennen. Von dieser Möglichkeit wurde aber nur im Einzelfall und nur dann Gebrauch gemacht, wenn von der entsprechenden Sorte nicht ausreichend Z1-Saatgut zur Verfügung stand. Dabei wurde aber nur die Keimfähigkeitsgrenze auf das für Z2-Saatgut zulässige Maß von 85 % gesenkt. Beim Besatz musste in diesen Fällen die Norm von Z1-Saatgut (maximal 6 andere Arten auf 500 g) eingehalten werden. Erkennen kann man das Z2-Saatgut an dem roten Saatgutetikett.

Insgesamt wurden in diesem Herbst 3.124 Wintergetreideproben zur Anerkennung eingereicht (3.561 Proben in 2009). Davon mussten 299 Partien oder 4,4 % der vorgestellten Saatgutmenge aberkannt werden (Übersicht 1). In den beiden vergangenen Jahren gab es deutlich weniger Probleme, hier lagen die Aberkennungsquoten bei Wintergetreide nur bei 2,2 bzw. 2,4 %. In diesem Jahr bewegen sich die Aberkennungen in der ähnlichen Größenordnung wie in 2006 und 2007. Bei Wintergerste und Winterroggen waren diesmal höhere Aberkennungsquoten festzustellen. Bei Winterweizen liegt die aberkannte Menge mit 3,6 % deutlich über den Werten der Vorjahre, hier gab es nur in 2005 höhere Aberkennungsquoten wegen Auswuchs. Von den insgesamt 1.726 vorgestellten Weizenpartien wurden 1.605 mit einer Gesamtmenge von rund 359.000 dt anerkannt. Als Z2-Saatgut wurden hiervon 17 Weizenpartien mit einer Menge von 3393 dt anerkannt.

Bei Wintergerste wurden 968 Proben zur Anerkennung eingereicht. Mit der Reinheit gab es keine Probleme. Insgesamt mussten 6,6 % der vorgestellten Proben aberkannt werden. Wesentliche Gründe hierfür waren die Keimfähigkeit (3,6 %) und der Besatz mit anderen Arten (1,7 %). Die übrigen Aberkennungsgründe waren Silolagerung bzw. nicht zugelassene Sorten. Die Keimfähigkeiten lagen im Mittel bei 94,8%, wobei es in größerem Umfang wegen Spelzverletzungen und geschälter Körner zu Aberkennungen wegen Keimanomalien gekommen ist. Die Tausendkornmassen (TKM) lagen im Mittel bei 50 g, bei einer Schwankungsbreite von 40 bis 60 g. Bei Weizen wurden 1.726 Proben eingereicht. Das entspricht 85 % des Probenaufkommens von 2009. Insgesamt waren wegen verringerter Vermehrungsflächen, niedrigerer Erträge, höherer Siebabgänge und aufgetretenem Auswuchs aber auch weniger Proben als in 2010 zu erwarten. 96,4 % der vorgestellten Partien konnten anerkannt werden. In den Vorjahren lag die Anerkennungsquote meist bei 98 %. Wegen zu geringer Keimfähigkeit mussten 2,4 % der vorgestellten Menge aberkannt werden. Die übrigen Aberkennungsgründe waren Besatz mit anderen Arten (0,2 %), Silolagerung oder nicht zugelassene Sorten. Die Keimfähigkeit lag im Mittel bei knapp 96 %, allerdings schwankten die Werte diesmal in einem sehr weiten Bereich unter 50 % bis 100 %. Die TKM lagen zwischen 29 und 57 g und im Mittel bei 43,6 g deutlich unter den Werten des Vorjahres.

Bei Triticale wurden 353 Proben eingereicht. Davon mussten nur 1,7 % aberkannt werden. Hauptaberkennungsgründe waren ein zu hoher Fremdbesatz (1,3 %) und mangelnde Keimfähigkeit (0,2 %). Auswuchsgeschädigte Triticalepartien wurden meist im Vorfeld aussortiert und nicht mehr zur Anerkennung vorgestellt. Die mittlere Keimfähigkeit liegt mit 89,4 % knapp unter den Werten von 2009. Die TKM schwanken zwischen 31 und 58 g und liegen im Mittel bei 39,6 g.

Weniger Saatgut anerkannt

Die anerkannten Saatgutmengen bei Wintergetreide (zusammengefasst über die drei Kategorien Vorstufe-, Basis- und Zertifiziertes Saatgut) der Ernte 2010 lagen um 7.245 t niedriger als im vergangenen Jahr (Übersicht 2). Dies ist im Wesentlichen auf die reduzierten Vermehrungsflächen, niedrigere Erträge, höheren Ausputz und höhere Aberkennungsraten wegen mangelnder Keimfähigkeit (Auswuchs bei Weizen, Kornverletzungen bei Wintergerste) zurückzuführen. Hervorzuheben ist, dass die anerkannte Triticalemenge diesmal höher ausfällt als in 2009, was auf die Ausdehnung der Vermehrungsfläche um über 20 % in 2010 zurückzuführen ist.

Übersicht 3 gibt einen Überblick über die Keimfähigkeiten von Wintergetreide von 2007 bis 2010. In 2010 gab es in größerem Umfang wieder Aberkennungen wegen mangelnder Keimfähigkeit bei Wintergerste, Winterweizen und Roggen. 81 (8,3 %) der vorgestellten Wintergerstenpartien haben nicht die Mindestnorm in der Keimfähigkeit von 92% erfüllt. So hohe Aberkennungsraten wegen mangelnder Keimfähigkeit gab es bei Wintergerste bislang noch nicht. Von den Winterweizenpartien konnten 4,7 % wegen unzureichender Keimfähigkeit nicht anerkannt werden. Dies ist zwar ein relativ hoher Prozentsatz im Vergleich zu den beiden Vorjahren. Es gab aber auch schon „schlechtere“ Jahre mit sehr hohen Aberkennungsquoten wie in 2005 als 12, 2 % der vorgestellten Partien wegen Keimfähigkeitsproblemen aberkannt werden mussten. Bei Roggen wurden 4,5 % wegen zu niedriger Keimfähigkeit aberkannt. Bei Triticale gab es insgesamt weniger Aberkennungen wegen unzureichender Keimfähigkeitswerte.

Fazit für die Praxis

  • An den Saatgutqualitäten ist die außergewöhnliche Witterung in diesem Jahr nicht spurlos vorüber gegangen. Dies zeigt sich in den niedrigeren Anerkennungsquoten. Es gab aber auch schon Jahre, wo es noch höhere Aberkennungsquoten bei einzelnen Fruchtarten gab wie z.B. in 2007 und 2004 bei Triticale oder in 2005 bei Triticale und Weizen.
  • Auch wenn es bei stärker nachgefragten Weizensorten zu Versorgungsschwierigkeiten kommt, ist die Saatgutversorgung insgesamt als knapp ausreichend einzuschätzen.
  • Um auftretende Lücken in der Saatgutversorgung von Winterweizen zu schließen, bestand in diesem Herbst ausnahmsweise die Möglichkeit, in Einzelfällen Z2-Saatgut anzuerkennen. Die niedrigere Norm für Z2 bezog sich dabei nur auf die Keimfähigkeit, nicht auf den Besatz. Z2-Saatgut ist an den roten Etiketten zu erkennen, Z1-Saatgut am blauen Etikett.

Autor: Holger Dietzsch