Vermehrungsflächen in NRW weiter rückläufig

Saatgutlager

In diesem Jahr werden in Nordrhein-Westfalen auf einer Fläche von 13.058 ha Saat- und Pflanzgut vermehrt. Gegenüber 2009 wurde die Vermehrungsfläche damit um 1.513 ha bzw. um 10,4% reduziert. Wie sich die Flächen dabei im Einzelnen entwickelt haben und welche Sorten diesmal vermehrt werden, darüber berichtet Holger Dietzsch von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

Der Rückgang der Gesamtvermehrungsfläche beruht im Wesentlichen aus den deutlichen Abnahmen bei Wintergerste und den weiterhin abnehmenden Flächenumfängen bei Gräsern und Winterraps. Auch Sommergetreide wird zu dieser Ernte noch mal weniger vermehrt. Bei der Saatgutvermehrung dominiert in NRW das Wintergetreide. Von den 13.058 ha Gesamtfläche entfallen in diesem Jahr 9.504 ha auf Wintergetreidearten (Übersicht 1). Die Wintergetreidevermehrungsflächen wurden in Westfalen-Lippe gegenüber dem Vorjahr nur um 2,5% verringert während im Rheinland mit - 11% ein ziemlich deutlicher Rückgang zu verzeichnen ist. Den größten Anteil an der Wintergetreidefläche hat wie gewohnt der Winterweizen mit allein 5.428 ha. Gegenüber dem Vorjahr wurde die Fläche nur um 2,4% zurückgefahren und hat damit in etwa das Niveau der Ernte 2008 erreicht. Obwohl die Wintergerstenfläche gegenüber 2009 um fast 21% gesunken ist, kann Wintergerste ihren ebenfalls großen Stellenwert in der Vermehrung mit 2.642 ha weiterhin behaupten. Die Rückgänge fielen in den beiden Landesteilen in etwa gleich aus. Die Triticalevermehrung wurde im Vergleich zum Vorjahr deutlich ausgedehnt und wird auf insgesamt 1.178 ha vermehrt. Das entspricht einer Zunahme um 23,2%. Die Roggenfläche fiel mit 195 ha etwas kleiner aus als im vergangenen Jahr. Winterhafer ist nach wie vor eine Besonderheit im Rheinland, die Vermehrung erfolgt auf kleinerer Fläche von insgesamt 42 ha.

Die Vermehrungsflächen von Sommergetreide wurden in NRW um gut 18 % zurückgenommen. Während sich die Haferfläche diesmal kaum verändert hat wird Sommergerste in diesem Jahr deutlich weniger vermehrt. Insgesamt wurde die Sommergerstenfläche um gut 35 % gegenüber dem Vorjahr in beiden Landesteilen zurückgefahren. Während die Vermehrungsflächen mit Hafer in Westfalen-Lippe mit – 36,5% deutlich eingeschränkt worden sind, fiel der Rückgang im Rheinland mit – 4,2% deutlich niedriger aus. Sommerweizen spielt in der Saatgutvermehrung in NRW eine eher untergeordnete Rolle, die Fläche ist im Vergleich zum Vorjahr aber wieder etwas ausgedehnt worden. Nachdem die Vermehrungsflächen von Öl und Faserpflanzen, d.h. hauptsächlich von Winterraps, von 2002 bis 2008 kräftig ausgedehnt wurden, ist sie nach 2009 zur diesjährigen Ernte erneut um 10% zurückgegangen. Die Reduzierung der Rapsvermehrung hat anders als im vergangenen Jahr ausschließlich im Rheinland staatgefunden, hier sind Rückgänge in einer Größenordnung von gut 13% zu verzeichnen. Demgegenüber ist die Rapsvermehrung in Westfalen-Lippe wieder etwas angestiegen. In 2010 beträgt der Anteil der Hybridsorten an der Gesamtrapsvermehrung in NRW 81 %. Die Vermehrung von Leguminosen mit 236 ha und von Kartoffeln mit 70 ha spielt in NRW nur eine untergeordnete Rolle. Bei der Entwicklung der Grassamenvermehrungen setzt sich der Trend der letzten Jahre auch in 2010 fort. Die Flächen haben mit einem Minus von 27,4% im Vergleich zum Vorjahr erneut sehr stark abgenommen, besonders bei den dominierenden Arten Welsches Weidelgras und Deutsches Weidelgras.

Weniger Vermehrer

Die Anzahl der Vermehrer hat auch in 2010 weiter abgenommen. In 2009 erzeugten in Westfalen-Lippe noch 389 Betriebe Saat- und Pflanzgut, in 2010 sind es noch 365 Vermehrer. Im Rheinland hat sich die Zahl der Saatgutvermehrer im gleichen Zeitraum von 311 auf 267 verringert. Die Struktur in der Saatgutvermehrung hat sich zwar in den vergangenen Jahren deutlich verbessert, gegenüber 2009 hat sich die durchschnittliche Vermehrungsfläche je Betrieb allerdings nicht mehr wesentlich verändert. Im Mittel beträgt die durchschnittliche Vermehrungsfläche pro Betrieb im Rheinland jetzt 23,3 ha und in Westfalen-Lippe 18,7 ha Saatgut. 1997 lag die durchschnittliche Fläche je Vermehrer im Rheinland bei 14,7 ha und in Westfalen-Lippe bei 15,2 ha.

Winnetou bleibt stärkste Weizensorte

Nach wie vor breit gefächert ist das Sortenspektrum bei Winterweizen. So werden in 2010 landesweit 83 Weizensorten bzw. Weizenstämme vermehrt. Bei aller Vielfalt, die sicherlich auch in der Struktur der hiesigen Saatgutwirtschaft begründet ist, ist aber auch festzuhalten, dass die zehn stärksten Sorten 64% der Weizenvermehrung bestimmen. In Übersicht 3 sind die Weizensorten namentlich aufgeführt, die auf mehr als 100 ha vermehrt werden. Winnetou, Julius, Manager, Tabasco und Hermann sind die fünf größten Sorten in NRW. An sechster Position steht Smaragd, gefolgt von Premio und Inspiration. Dahinter folgen JB Asano, Lear, Mulan, Hattrick, Dekan und Skalmeje. Zusammen nehmen diese 14 Sorten rund 73% der Vermehrungsflächen bei Weizen ein. Betrachtet man die Sortenverteilung in beiden Landesteilen, so ergibt sich ein unterschiedliches Bild. Im Rheinland setzt sich das Weizensortiment aus 55 Sorten (im Vorjahr 50) zusammen. Die größten Sorten sind hier mit Abstand Manager und Premio, dahinter folgen dann Winnetou, Hermann, Julius, Smaragd, Tabasco, Hattrick, Dekan und Inspiration. Diese 10 Sorten nehmen zusammen 57% der Weizenvermehrungsfläche ein. Als regionale Besonderheit der klimatischen und betrieblichen Verhältnisse im Rheinland sind die Vermehrungen der frühreifen, z.T. begrannten Weizensorten anzusehen. In Westfalen-Lippe werden diesmal 52 Weizensorten vermehrt (im Vorjahr 53). Die acht stärksten Sorten nehmen hier gut 73% der Weizenvermehrungsfläche ein. Die größten Sorten sind Winnetou und Julius, gefolgt von Tabasco, Hermann, Smaragd, Inspiration, JB Asano und Manger.

Der Anteil der B-Weizen an der Weizenvermehrung hat von 44% im Vorjahr auf 52% in 2010 zugenommen. Damit dominieren die B-Sorten weiterhin das Vermehrungsgeschehen bei Winterweizen. Dahinter folgen die C-Sorten mit einem Anteil von gut 32%. A-Sorten werden auf knapp 11% der Weizenfläche vermehrt. Seit 2007 hat der Anteil der A-Sorten kontinuierlich abgenommen. E-Weizen wird nur noch auf gut 27 Hektar (0,5%) vermehrt.

Gruppiert man die Weizensorten nach der Anfälligkeit für Ährenfusarium, so ergibt sich folgendes Bild. Auf mehr als 90% der Weizenvermehrungsflächen in NRW stehen in diesem Jahr Sorten mit einer mindestens durchschnittlichen Resistenz gegen den Befall mit Ährenfusarium (Übersicht 5). Dabei ist der Anteil von Sorten mit einer geringen Anfälligkeit mit 10,8% nochmals niedriger als in 2009. Gegenüber den Vorjahren ist der Anteil von Sorten mit einer höheren Anfälligkeit deutlich zurückgegangen. Dieser Anteil liegt jetzt nur bei etwas mehr als 7%, in 2008 lag dieser Anteil bei 25 und in den Jahren davor zwischen 10 und 16%.

Fridericus dominiert bei Wintergerste

Bei Wintergerste dominiert der Anteil der mehrzeiligen Sorten an der Vermehrungsfläche mit 96%. Seit etlichen Jahren liegt dieser Anteil stets über 90%. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Anteil der Sorten mit einer Resistenz gegenüber Gelbmosaikvirus. Hier liegt der Anteil der resistenten Sorten diesmal bei 93% der Gerstenvermehrungsfläche, in den Jahren zuvor lag er zwischen 86 und 94%.Insgesamt werden diesmal in NRW 41 Wintergerstensorten vermehrt (im Rheinland 25 und in Westfalen-Lippe 28 Sorten). Fridericus nimmt in NRW wie im Vorjahr die Spitzenposition mit einem Anteil von 29% an der Gerstenfläche ein. Dahinter folgt Lomerit und mit etwas Abstand kommen dann Highlight, Souleyka, Leibniz, Naomie, Pelican und Nerz. Wie sich die Sortenverteilung bei Gerste in Westfalen-Lippe und im Rheinland darstellt, zeigt Übersicht 6. In Westfalen-Lippe ist Fridericus mit Abstand die größte Sorte. Dahinter stehen fast gleichauf Highlight und Lomerit. Diese drei Sorten nehmen zusammen 53% der Wintergerstenvermehrungsfläche ein. Danach folgen dann noch Naomie, Leibniz, Souleyka, Nerz, Yokohama und Merlot. Im Rheinland steht ebenfalls Fridericus mit einem Anteil von 24% der Gerstenfläche vorn. Dahinter kommen Lomerit, Pelican und Souleyka gefolgt von Ketos, Leibnitz, Semper, Naomie und Highlight.

Grenado bei Triticale vorn

Grenado ist wie in 2009 auch in diesem Jahr in NRW mit 415 ha Vermehrungsfläche die bedeutendste Triticale-Sorte. Es folgen dann auf Platz zwei Dinaro und dahinter SW Talentro. Das gesamte Sortenspektrum umfasst bei Triticale wie schon im Vorjahr 13 Sorten. Die regionalen Unterschiede im Sortenranking sind auch bei Triticale sehr ausgeprägt. Im Rheinland steht SW Talentro mit einem Anteil von 51% mit sehr großem Abstand an erster Stelle in der Vermehrung. Dahinter folgt zunächst Grenado und dann kommen noch Agostino, Cosinus und Tarzan. In Westfalen-Lippe bestimmen Grenado mit 38% und Dinaro mit 34% sehr deutlich das Vermehrungsgeschehen bei Triticale. Dahinter liegen fast gleichauf SW Talentro und Agostino. Mit Abstand folgen dann noch Cosinus, Magnat und Tarzan.

Der Schwerpunkt der Winterroggenvermehrung liegt nach wie vor eindeutig im Rheinland. Insgesamt werden 11 Sorten vermehrt, davon nehmen die Hybridroggensorten wieder einen größeren Anteil als im vergangenen Jahr ein. An der Spitze liegen die Hybriden Palazzo (24,7%) und Visello (20,4%). An dritter Stelle steht mit Matador (18,2%) eine Populationssorte. Dahinter reihen sich dann Conduct (P), Vitallo (P), Cantor (P) und KWS Magnifico (H) ein.

Fazit für die Praxis

  • Trotz der rückläufigen Vermehrungsfläche hat die Saatguterzeugung in Nordrhein-Westfalen mit einer Gesamtfläche von fast 13.058 Hektar immer noch eine wichtige Bedeutung. Betrachtet man ausschließlich die Getreidevermehrungsfläche, so steht NRW vom Flächenumfang bundesweit an fünfter Stelle.
  • Die Anzahl der Vermehrungsbetriebe nimmt weiterhin ab.
  • Bei Weizen überwiegen die B- und C-Sorten in der Vermehrung. Der Anteil der A-Sorten ist noch mal etwas gesunken.
  • Bei Wintergerste dominieren die mehrzeiligen Sorten, zweizeilige Sorten spielen in der Vermehrung nur eine untergeordnete Rolle. Bei Roggen halten sich Populations- und Hybridsorten in etwa die Waage.

Autor: Holger Dietzsch