Zwischenfrüchte als Futter oder Biomasse
Zunehmende Flächenkonkurrenz auf den Ackerflächen fördert die Nachfrage nach möglichen Produktionsreserven im Zwischenfruchtanbau. Nicht nur die Möglichkeiten der Gewinnung von Grundfutter, sondern ebenfalls die Produktion von Biomasse für die Biogasanlage rücken verstärkt in den Fokus. Dr. Clara Berendonk, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, stellt die einzelnen Arten vor.
Nach Jahren mit besonderen Witterungsextremen wie den Trockenperioden 2011 wird auch der Blick verstärkt auf den Gründüngungsaspekt der Zwischenfrüchte gerichtet. Dieser Aspekt ist zwar schwer quantifizierbar, er ist aber dennoch relevant, wenn über die Wirtschaftlichkeit des Zwischenfruchtanbaus entschieden werden soll.
Die Palette der für den Zwischenfruchtanbau zur Verfügung stehenden Arten ist umso umfangreicher, je früher die Vorfrucht das Feld räumt. Höchste, sichere Erträge bringen bei früher Saat möglichst bis Mitte Juli nach wie vor Stoppelrüben und Markstammkohl. Die Konservierung dieser extrem wasserreichen Futtermittel ist jedoch heute nach dem Verbot der Feldrandmieten sehr aufwendig. Wegen ihrer vergleichsweise hohen Energiegehalte sind vor allem Stoppelrüben, Winterraps, Winterrübsen, Weidelgras und Perserklee als Zwischenfrüchte für die Futternutzung hervorzuheben. Als Ergänzungsfutter zur Frischverfütterung oder Beweidung können sie daher mit begrenzten Anteilen die Futterration im Herbst gezielt sehr gut erweitern.
Von den in Tabelle 1, siehe unten, aufgeführten Zwischenfruchtarten stehen jedoch zur Futterproduktion heute die Weidelgräser an erster Stelle der Prioritätenliste, da sie gleichermaßen zur Beweidung, Frischverfütterung und Silierung geeignet sind, sich zudem optimal als Gemengepartner für Kleegrasgemenge eignen und unter Fruchtfolgegesichtspunkten keine Unverträglichkeiten aufweisen, ein sehr gutes Nährstoffaneignungsvermögen haben und gleichzeitig einen wirksamen Boden- und Wasserschutz gewährleisten.
Sollen Zwischenfrüchte für die Biomasseproduktion für die Energiegewinnung genutzt werden, sind für die Eignung zwar ähnliche Aspekte wie bei der Futtergewinnung relevant. Dennoch ist die Verwertbarkeit der Zwischenfrüchte wegen ihrer meist sehr geringen Trockensubstanzgehalte von unter 15 % und der schlechten Eignung zum Anwelken schnell erschöpft, weil hohe Transportkosten die Wirtschaftlichkeit begrenzen. Auch für die Biomasseproduktion sind daher die Gräser am flexibelsten nutzbar.
Wann säen?
Erfolgreicher Zwischenfruchtanbau setzt voraus, dass die Prioritäten in den Anbauzielen einerseits, die Eigenschaften der verschiedenen Zwischenfruchtarten und -sorten andererseits und die Rahmenbedingungen der Fruchtfolgen miteinander verglichen werden. Die wichtigsten Kenngrößen der verschiedenen Zwischenfruchtarten sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Zunächst grenzt der mögliche Saatzeitpunkt der verschiedenen Arten deren Anbaueignung ein. Möglichst frühe Saat erfordern Markstammkohl, alle Leguminosen und die Gräser, die bei Saatzeitverzögerung in der Anfangsentwicklung beeinträchtigt werden, während die übrigen Kreuzblütlerarten, wie Raps, Rübsen, Ölrettich und besonders Senf, aber auch Phacelia, besser an spätere Saatzeiten angepasst sind.
Unterschiede bestehen ebenfalls in den Anforderungen an die Saatbettbereitung. Generell kann man sagen: Je feinkörniger das Saatgut, desto höher sind die Anforderungen. Gräser und Kleearten, Phacelia und Markstammkohl sind daher dankbar für ein feines, gut rückverfestigtes Saatbett. Dieses bewirkt eine rasche und gleichmäßige Keimung, die sicherste Gewähr für eine biologische Unkrautbekämpfung durch den Zwischenfruchtanbau. Grobsamigeren Kreuzblütlerarten, wie Sommer- und Winterraps, Sommer- und Winterrübsen, Ölrettich und Senf sind weit besser zu Saatmethoden mit Minimalbodenbearbeitung geeignet. Mit ihrem schnelldeckenden blattreichen Aufwuchs zeichnen sie sich selbst bei Verfahren der Minimalbodenbearbeitung durch eine stark unkrautunterdrückende Anfangsentwicklung aus.
Aus phytosanitären Gesichtspunkten ist der Anbau der Kreuzblütler wegen der Gefahr der Förderung der Kohlhernie vor allem in Rapsfruchtfolgen und wegen der Gefahr der Nematodenvermehrung in Zuckerrübenfruchtfolgen zu vermeiden. In Kartoffelfruchtfolgen kann zudem das Auftreten der Eisenfleckigkeit gefördert werden.
Nichtleguminosen-Zwischenfrüchte , insbesondere Stoppelrüben, Winterraps und Winterrübsen haben einen hohen Stickstoffbedarf, wenn das Ertragspotenzial ausgeschöpft werden soll. Güllestickstoff wird von diesen Arten sehr gut verwertet und sollte vor der Saat flach eingearbeitet werden. Ist die Stickstoffversorgung der Zwischenfrüchte ein Engpass, kann wie im ökologischen Landbau auch die Beimengung von Grobleguminosen interessant sein. Als geeignete Mischung haben sich als Kleegrasmischung die empfohlene Standardmischung A6 oder auch die Mischung aus 40 kg/ha Sommerwicken plus 50 kg/ha Futtererbsen plus 2 kg Futterraps bewährt, wenn sichergestellt ist, dass die Aussaat noch im Juli erfolgt.
Von den verschiedenen Zwischenfruchtarten spielen heute die Gräser aus oben genannten Gründen die Hauptrolle. Im Folgenden sind daher die wichtigsten Aspekte des Zwischenfruchtanbaus von Gräsern zusammengefasst und die Eigenschaften der Zwischenfruchtarten steckbriefartig ergänzt.
Zwischenfruchtgräser
Primär kommen für den Zwischenfruchtanbau zwei Weidelgrasarten, das Einjährige und das Welsche Weidelgras, in Frage. Sie unterscheiden sich insbesondere dadurch, dass das Einjährige Weidelgras im Ansaatjahr zum Schossen und Ährenschieben gelangt, während das Welsche Weidelgras erst nach einer Überwinterung Ähren bildet. Der Herbstaufwuchs des Einjährigen Weidelgrases ist daher rascher in der Anfangsentwicklung, trockensubstanz- und strukturreicher als der sehr blatt- und energiereiche Aufwuchs des Welschen Weidelgrases. Ein weiterer Unterschied ist die Winterfestigkeit. Welsches Weidelgras ist winterhart, Einjähriges Weidelgras wintert in der Regel aus. Einjähriges Weidelgras eignet sich primär zur Silagebereitung im Herbst oder auch zur Verwertung in der Biogasanlage, wenn im Herbst nur ein Schnitt geplant ist.
Einjähriges Weidelgras
Beim Einjährigen Weidelgras bestehen allerdings große Sortenunterschiede in den Qualitätseigenschaften der geprüften Sorten. Ein wesentliches Merkmal ist die Neigung zur Ährenbildung. In der Regel bringen die früh schossenden Sorten des Einjährigen Weidelgrases einen strukturreicheren Aufwuchs und sind auch früher schnittreif als die späteren Sorten, die sich aber durch besseres Nachwuchsvermögen, gegebenenfalls auch zur Nachweide eignen. In Tabelle 2 sind die geprüften Sorten des Einjährigen Weidelgrases nach dem Beginn des Ährenschiebens und der Ertragsleistung rangiert. Als weiteres Qualitätskriterium ist die Rostresistenz der Sorten gekennzeichnet. Gerade im Herbst, wenn sich das Wachstum der Pflanzen allmählich verzögert, steigt die Gefahr der stärkeren Rostausbreitung. Werden Zwischenfrüchte zur Futternutzung angebaut, ist dieses Merkmal von besonderem Wert. Die beste Einstufung in der Rostresistenz erreicht derzeit die tetraploide Sorte Angus 1 und die diploide Sorte Corado.
Welsches Weidelgras
Aus Fruchtfolgegründen ist es häufig viel günstiger, den Zwischenfruchtbestand nach der Ernte nicht umzubrechen, sondern über Winter stehen zu lassen, sei es zur weiteren Nutzung Ende April/Anfang Mai als Winterzwischenfrucht oder auch zur ganzjährigen Nutzung im Hauptfruchtfeldfutterbau. In beiden Fällen ist es dann nicht zweckmäßig, das auswinternde Einjährige Weidelgras als Zwischenfrucht auszusäen, sondern dann ist es sicherer, das winterfeste Welsche Weidelgras zu nehmen. Mindererträge des Welschen Weidelgrases im Herbst werden durch höhere und sichere Erträge im ersten Aufwuchs im Frühjahr bei weitem ausgeglichen.
Die Aussaatkosten verteilen sich auf zwei Nutzungen und die längere Standzeit bewirkt einen effektiven Boden- und Wasserschutz. Für diese Nutzung empfiehlt die Landwirtschaftskammer die Qualitätsstandardmischung A1 WZ, eine Mischung aus ausschließlich erstschnittbetonten Sorten des Welschen Weidelgrases. Der Zusatz WZ steht für Winterzwischenfruchtanbau. Für die Qualitätsstandardmischung A1 WZ werden folgende Sorten empfohlen: Lipsos (t), Gisel (t), Barmultra II (t), Alamo, Taurus (t), Fabio (t), Goldoni (t), Dorike (t), Litonio (t), und die neuen Sorten Dolomit (t), Chipollini (t), Bartrento (t), Lascar, und Danakyl.
Soll das Welsche Weidelgras nach der Getreideernte bereits für die ganzjährige Hauptfruchtnutzung im Folgejahr ausgesät werden, ist das Augenmerk für die Sortenempfehlung auf eine ganzjährig hohe Leistung zu richten, das heißt, die Sorten müssen sich auch durch gutes Nachwuchsvermögen auszeichnen. Als geeignete Mischung für diese Nutzungsdauer wird die Qualitätsstandardmischung A1 in der klassischen Zusammensetzung empfohlen, die aus ertragsstarken erstschnitt- und nachwuchsbetonten Sorten besteht. In der Grafik sind die für die Qualitätsstandardmischung A1 zugelassenen Sorten nach ihrem Ertragsvermögen im Gesamtertrag rangiert.
Neue Zwischenfruchtarten in der Prüfung
Von den Züchtern wird ständig daran gearbeitet, die Palette der infrage kommenden Arten zu erweitern. Mit dem Ramtillkraut und Rauhafer werden derzeit zwei neue Arten auf dem Markt angeboten, die die Landwirtschaftskammer auf dem Zwischenfruchtversuchsfeld getestet hat.
Ramtillkraut , Guizotia abyssinica, wurde inzwischen drei Jahre auf dem Zwischenfruchtversuchsfeld in Kalkar-Neulouisendorf angebaut. Im Vergleich zu Raps, Ölrettich und Senf startet das Ramtillkraut zunächst mit etwas verzögerter Anfangsentwicklung. Mit Beginn des Reihenschließens holen die Bestände aber sehr zügig in der Entwicklung auf und liefern dann bei der Ernte sehr hohe Erträge. Da die Bestände bei Frost deutlich früher zusammenbrechen als Senfbestände, erscheint das Ramtillkraut weniger geeignet als Vorfrucht vor Mulchsaaten, sondern vielleicht eher eine ertragsstarke gesunde Zwischenfrucht für die Biomasse- und Futterproduktion. Ramtillkraut wird inzwischen gern in verschiedenen vielseitig zusammengesetzten blühfreudigen Zwischenfruchtgemengen verwendet, in denen es wegen seiner relativ späten Blüte frühblühende Arten wie Senf und Ölrettich gut ergänzt.
Rauhafer
Der Rauhafer, Avena strigosa, wurde im Juni 2010 in das Artenverzeichnis zum Saatgutverkehrsgesetz aufgenommen. Seither darf nur noch anerkanntes Saatgut zugelassener Sorten in den Verkehr gebracht werden. 2010 wurde Pratex als erste Sorte vom Bundessortenamt in Deutschland zugelassen. Bei einem Vergleich dieser Sorte 2011 in Kleve und in Kalkar-Neulouisendorf mit anderen Sommergetreidearten zur Erzeugung von Zwischenfruchtganzpflanzensilage, aber auch im Vergleich zu Welschem Weidelgras lieferte Rauhafer die höchsten Erträge bei allerdings sehr hoher Lagerneigung. Er bleibt in der Abreife etwas hinter dem Sommerhafer zurück. Als sehr früh schossende Zwischenfrucht liefert sie einen sehr strukturreichen Zwischenfruchtaufwuchs. Bei einer Energiekonzentration von maximal 4,8 MJ NEL/kg TM ist der Aufwuchs daher eher für die Verwertung als Nachwachsender Rohstoff als zur Verfütterung im Kuhstall geeignet. Nach Züchterauskunft kann die Sorte zur Pratylenchus-Bekämpfung eingesetzt werden.
- Tabellen: Zwischenfrüchte als Futter oder für die Biogasanlage 29 KByte
- Steckbrief Zwischenfrucht: Sommerraps und Winterraps 23 KByte
- Steckbrief Zwischenfrucht: Winterrübsen 23 KByte
- Steckbrief Zwischenfrucht: Stoppelrüben 23 KByte
- Steckbrief Zwischenfrucht: Markstammkohl 24 KByte
- Steckbrief Zwischenfrucht: Ackerbohne, Futtererbse, Saatwicke 24 KByte
- Steckbrief Zwischenfrucht: Alexandrinerklee, Perserklee, Inkarnatklee 25 KByte
Autor: Dr. Clara Berendonk