Ackerbohnen und Körnererbsen: Ergebnisse der Landessortenversuche 2017

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Körnerleguminosen im Aufwind

Die Anbauflächen von Ackerbohnen und Körnererbsen in Deutschland haben sich nach dem historischen Tief im Jahr 2014 sehr erfreulich entwickelt. In Deutschland hat sich die Anbaufläche im Zeitraum 2014 bis 2017 verdoppelt, in NRW hat sie sich sogar verdreifacht. Die Hauptgründe für die Ausdehnung sind mit dem Förderprogramm „Vielfältige Kulturen“, der Anrechenbarkeit als ökologische Vorrangfläche und der Diskussion um Regionalität und GVO-freie Fütterung und Ernährung schnell ausgemacht. Über aktuelle Trends, Anbautipps und die Ergebnisse der Landessortenversuche berichten Heinrich Brockerhoff und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer NRW.

Die Anbauflächen für Ackerbohnen und Körnererbsen in NRW haben sehr positiv auf die genannten Anreize reagiert. Im Jahr 2017 haben landesweit rund 1.200 Betriebe am Förderprogramm „Vielfältige Kulturen“ teilgenommen. Die Anbaufläche von Ackerbohnen stieg von 1.900 Hektar im Jahr 2014 auf 6.900 Hektar im Jahr 2017. Bei Körnererbsen stieg der Anbau im gleichen Zeitraum von 1.200 auf 3.300 Hektar. Sojabohnen mit aktuell 300 oder Lupinen mit 200 Hektar Anbaufläche in NRW spielen in NRW zurzeit nur eine sehr untergeordnete Rolle.

War noch vor wenigen Jahren der Anbau von Körnerleguminosen überwiegend ein Thema in ökologisch wirtschaftenden Betrieben, standen 2017 rund 80 Prozent der Ackerbohnen und rund 95 Prozent der Körnererbsen in konventionell wirtschaftenden Betrieben. Fast ein Viertel der Anbauflächen wird als ökologische Vorrangfläche im Rahmen des Greenings genutzt. Leguminosen bereichern bislang enge Fruchtfolgen und haben einen hohen Vorfruchtwert, der bei der ökonomischen Bewertung nicht vergessen werden darf. Die Entwicklung der letzten Jahre ist zusammengefasst eine kleine Erfolgsgeschichte, bei der man auf die Weiterentwicklung gespannt sein darf.

Alte und neue Hindernisse

Trotz des positiven Trends gibt es alte und neue Hindernisse. Die am Markt angebotenen Mengen sind trotz der deutlichen Anbauausdehnung immer noch klein. Rund die Hälfte der Ernte wird innerbetrieblich verwertet. Der im Vergleich zum Verkaufspreis deutlich höhere Futterwert macht heimische Leguminosen hier vor allem für Schweine- und Rindviehhalter interessant. Die übrigen 50 Prozent der Ernte teilten sich Industrie und Mischfutterwerke. Gemessen am Gesamtbedarf der Futtermittelindustrie sind heimische Leguminosen hier immer noch eine absolute Nische. Die kleine und unregelmäßige Mengenversorgung macht die Verarbeitung bei Futtermittelherstellern schwierig und teuer. Außerdem begrenzt der Rapsschrotpreis die Preise. Um die kritische Masse für den Marktzugang zu erreichen müssten deutlich mehr Leguminosen angebaut werden. Als Ergebnis der geschilderten Zusammenhänge sind die Erzeugerpreise für Ackerbohnen und Körnererbsen immer noch unbefriedigend und der Anbau rechnet sich für die Anbauer nur über Förderprogramme wie „Vielfältige Kulturen“. Für den Förderzeitraum von fünf Jahren gut und absolut sicher, langfristig ohne Veränderungen am Markt aber kein Selbstläufer.

Neue Hindernisse gibt es ab 2018, wenn ein Verbot des Pflanzenschutzmitteleinsatzes bei Leguminosen auf ökologischen Vorrangflächen gilt. Ökologisch wirtschaftende Betriebe zeigen, dass Körnerleguminosen erfolgreich ohne Pflanzenschutzmittel angebaut werden können. Die Kulturen stehen dort aber in anderen Fruchtfolgen und Anbausystemen. Bei einem grundsätzlichen Verbot von Herbiziden, Insektiziden oder Fungiziden werden konventionelle Betriebe ab 2018 kaum noch Ackerbohnen oder Körnererbsen auf Greeningflächen anbauen. Daran wird auch die Erhöhung des Anrechenbarkeitsfaktors von 0,7 auf 1,0 nichts ändern. Für das Greening werden sie dann auf Zwischenfrüchte, Brachen oder Streifen ausweichen. Nicht betroffen vom Pflanzenschutzmittelverbot sind Leguminosenflächen, die nicht als Ökologische Vorrangfläche genutzt werden. Auch wer am Programm „Vielfältige Kulturen“ teilnimmt und die Leguminosen nicht im Greening anrechnet, der darf weiter Pflanzenschutzmittel einsetzen.

Zunehmende Hemmnisse gibt es auch im Bereich der zugelassenen Pflanzenschutzmittel. Die Mittelpalette war immer schon klein und wird durch den Wegfall wichtiger Mittel nochmals reduziert. Beim Nachauflaufherbizid Basagran ist die Zulassung Ende 2016 ausgelaufen. Im Betrieb jetzt noch vorhandene Restmengen dürfen bis zum 30.06.2018 aufgebraucht werden. Die Zulassung des Nützlings schonenden Insektizids Pirimor läuft am 30.04.2018 aus. Damit fehlt das wichtigste und sicherste Insektizid gegen Blattläuse.

Ackerbohnen - Tipps zum Anbau

Die Ackerbohne hat im Vergleich mit der Körnererbse die höheren Boden- und Klimaansprüche. Tiefgründige, mittlere und schwere Standorte mit guter Wasserversorgung sind die Basis für gute und sichere Erträge. Trockenheit in der Blüte und während des Hülsenansatzes hat deutlich größere Ertragsauswirkungen als bei Körnererbsen. Aus diesem Grunde waren die Ertragsleistungen von Ackerbohnen im Jahr 2017 in der Praxis oftmals enttäuschend.

Anbaupausen von mindestens vier, besser fünf oder sechs Jahren sollten eingehalten werden. Die Aussaat kann schon ab Ende Februar erfolgen. Saatbettzustand geht vor Saattermin, da Staunässe unbedingt vermieden werden muss. Spätfröste bis minus 5 Grad werden vertragen. Spätester Aussaattermin ist Anfang April. Ertrag und Standfestigkeit profitieren von frühen Saatterminen. Die Aussaat kann in Pflug- oder Mulchsaat erfolgen. Wichtig ist eine ausreichend tiefe Ablage von (5) bis 8 cm, die mittlerweile mit guter Technik auch bei Mulchsaat realisierbar ist. Die Aussaatstärke sollte bei günstigen Saatbettbedingungen bei 40 bis 45 und bei ungünstigen Bedingungen bei 45 bis 50 keimfähigen Körnern/m2 liegen. Bei zum Teil sortenabhängig unterschiedlichen TKG´s zwischen 350 und 600 g haben kleinkörnigere Sorten geringere Saatgutkosten je Hektar.

Ein Impfen des Saatgutes mit Knöllchenbakterien ist nicht erforderlich. Bei Stickstoff besteht kein Düngedarf. Auch die Versorgung mit den Grundnährstoffen Phosphor und Kali wird bei guter Bodenversorgung in der Regel aus dem Bodenvorrat sichergestellt. Sinnvoll ist eine Schwefeldüngung in Höhe von 20 bis 30 kg/ha, die neben dem Ertrag auch die Proteingehalte positiv beeinflusst. Hierzu eignen sich entsprechende Kalidünger mit Schwefel. Die chemische Unkrautbekämpfung muss im Vorauflauf erfolgen. Zum Anbau gehört die intensive Beobachtung des Läusebefalls. Die hier zugelassenen Pyrethroide schädigen wichtige Nützlinge und sind bei höheren Temperaturen nicht wirkungssicher. Die Bekämpfung von Blattläusen muss vor diesem Hintergrund kritisch hinterfragt werden. Chemisch kaum oder nicht bekämpfbar sind der Blattrandkäfer und der Pferdebohnenkäfer. Der Einsatz von Fungiziden in der Vollblüte gegen Rost, Brenn- oder Schokoladenflecken ist im Schnitt der Jahre sinnvoll. Die Ackerbohnenernte erfolgt nach der Winterweizenernte Ende August/Anfang September.

Sortenwahl bei Ackerbohnen

Bei Ackerbohnen stehen für 2017 für das Anbaugebiet der Lehmböden im Nordwesten sechs Landessortenversuche zur Auswertung zur Verfügung. Die mehrjährigen Ergebnisse der Versuche zu Ertrag und Proteingehalten sind in Tabelle 1 und 2 aufgeführt. Das durchschnittliche Ertragsniveau von nur 43,8 dt/ha im aktuellen Jahr verdeutlicht die für Ackerbohnen sehr ungünstigen Witterungsbedingungen. Die Proteingehalte von Ackerbohnen lagen im Mittel der Jahre in den Landessortenversuchen bei rund 28 bis 29 Prozent.

Anbauer sollten im Vorfeld des Anbaues grundsätzlich mit der aufnehmenden Hand oder bei innerbetrieblicher Verwertung mit der Fütterungsberatung die Sortenfrage abstimmen. Die für den Anbau zur Verfügung stehenden Sorten kann man drei Gruppen unterscheiden. Der größte Teil der Sorten ist Tanninhaltig. Tannin kann den Einsatz in der Fütterung von Geflügel oder Schweinen begrenzen. Tanninhaltige Sorten eignen sich daher vornehmlich für die Rindviehfütterung. Bei geringen Rationsanteilen sind sie aber auch in der Schweinefütterung einsetzbar. Im Schwerpunkt werden aus dieser Gruppe Fanfare und Fuego empfohlen. Fuego hat über das höhere TKG etwas höhere Aussaatkosten. Bei der erstmals geprüften Sorte Birgit sollten weitere Prüfjahre abgewartet werden.

Die Sorte Tiffany ist mittlerweile dreijährig geprüft und kann sicher beurteilt werden. Sie ist sehr ertragsstark und tanninhaltig, hat aber stark reduzierte Vicin- und Convicingehalte. Tiffany eignet sich hierdurch auch für die Fütterung von Legehennen.

Bis vor einigen Jahren gab es als weiteres Zuchtziel Sorten mit Tanninfreiheit. Diese Sorten haben prinzipiell Vorteile bei der Fütterung von Schweinen, Geflügel und Fischen. Als einzige Sorte aus diesem Segment wird aktuell noch Taifun geprüft. Tanninfreie Sorte haben grundsätzlich ein niedrigeres Ertragsniveau. Das ist besonders im Jahr 2017 auch in den Landessortenversuchen erkennbar. Da der Markt das Merkmal nicht mit höheren Preisen honoriert, hat die Bedeutung dieser Sorten abgenommen.

Tabelle 3 zeigt die Sortenbeschreibung der geprüften Sorten nach der Beschreibenden Sortenliste und Tabelle 4 die zusammengefasste Sortenempfehlung für die Aussaat 2018.

Tipps zu Körnererbsen

Bei Futtererbsen ist nach Aussagen des Handels die Vermarktung insgesamt etwas einfacher. Neben der Kraftfutterindustrie gibt es mit der Stärkeindustrie eine weitere Verwertungsmöglichkeit. Hauptproblem der Futtererbse ist die Lageranfälligkeit nach Dauerregen in der Abreife- und Erntephase, die zu massivem Lager und Ernteproblemen führen kann. Auch Tauben können vor allem in Stadtnähe Bestände ab dem Auflaufen radikal schädigen.

In Anbau gibt es bei kleineren Unterschieden viele Parallelitäten. Futtererbsen passen im Gegensatz zu Ackerbohnen auch auf leichtere, trockenere Standorte. Anbaupausen von mindestens fünf bis sechs Jahren sollten eingehalten werden. Aufgrund der geringeren Frosthärte sollte die Saat erst ab Anfang/Mitte März erfolgen. Die optimale Aussaatstärke liegt je nach Termin und Aussaatbedingungen bei 60 bis 90 keimfähigen Körnern/m2 und die optimale Saattiefe bei 5 bis 6 cm. Auch bei Körnererbsen gibt es klein- und großkörnigere Sorten. Die TKG´s schwanken zwischen 200 und 320 Gramm. Geringeres TKG heißt Einsparungen bei den Saatgutkosten. Bei den Themen Impfung, Düngung, Herbizid- und Insektizideinsatz gelten grundsätzlich die Aussagen zu Ackerbohnen. Wichtige Pilzkrankheiten sind Brennfleckenkrankheit, Grauschimmel, falscher Mehltau und Weißstängeligkeit. Gegen Grauschimmel und falschen Mehltau gib es in Deutschland keine zugelassenen Mittel.

Erntereif sind Futtererbsen kurz nach der Winterweizenernte. Bei stärkerem Lager muss tief gemäht werden. Dann kann es auf steinigeren Standorten Probleme geben.

Sortenwahl bei Futtererbsen

Bei Futtererbsen konnten im Jahr 2017 auf den Lehmstandorten im Nord-Westen leider nur drei Landessortenversuche ausgewertet werden. Die mehrjährigen Ergebnisse der Versuche zu Ertrag und Proteingehalten sind in Tabelle 5 und 6 aufgeführt. Das Ertragsniveau lag mit 43,8 dt/ha auch auf einem witterungsbedingt niedrigen Niveau. Die Proteingehalte von Futtererbsen lagen im Mittel der Jahre bei rund 23 Prozent. Auch bei Futtererbsen ist die Anzahl der leistungsfähigen Sorten sehr überschaubar. Entscheidende Kriterien bei der Sortenwahl sind neben der Ertragshöhe die Standfestigkeit und die Bestandeshöhe zum Druschtermin. Ein höheres Ertragsniveau nützt in Lagerjahren nichts, wenn platt am Boden liegenden Schoten praktisch nicht zu ernten sind. Aus diesem Grunde beschränken wir die Sortenempfehlung auf Sorten mit geringer Lagerneigung (Noten 1 und 2 nach Beschreibender Sortenliste). Respect hat die höchste Erntesicherheit in kritischen Jahren. Beim Ertragsniveau müssen in Jahren ohne Lagerprobleme allerdings Abstriche gemacht werden. Die zweitbeste Erntesicherheit besitzt die etwas ertragsstärkere Sorte Salamanca. Astronaute als vermehrungsstärkste Sorte hat eine sehr gute Ertragsleistung mit einer noch akzeptablen Standfestigkeit.

Alvesta, Navarro und die erstmals geprüfte Sorte LG Amigo sind bei diesem sehr wichtigen Merkmal schlechter zu bewerten und daher keine generelle Empfehlung. Tabelle 7 zeigt die Sortenbeschreibung der geprüften Sorten nach der Beschreibenden Sortenliste und Tabelle 8 die zusammengefasste Sortenempfehlung für die Aussaat 2017.

Autor: Heinrich Brockerhoff, Heinz Koch