Landessortenversuche Sommergerste 2008

Eingelagerte Sommergerste

Sehr gute Sommergerstenerträge

Nach den Ergebnissen der besonderen Ernteermittlung des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik wurde in Nordrhein-Westfalen im Erntejahr 2008 mit 55,6 dt je ha zwar kein Spitzenertrag erzielt; nach 2004 mit 57,9 dt je ha ist 2008 aber das bislang zweitbeste Ertragsjahr in NRW überhaupt. Gegenüber dem extrem schwachen Jahr 2007 wurden dieses Jahr 28 % mehr gedroschen. Die Anbauflächen der Sommergerste nahmen gegenüber dem Vorjahr um 900 ha auf 15 545 ha zu, wie Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, berichten.

Im Jahr 2008 wurden die Landessortenversuche Sommerfuttergerste in NRW an zwei Standorten mit insgesamt acht Sorten angelegt. Die Versuchsdurchführung geht aus Tabelle 1 hervor. Aus dem Kammergebiet Niedersachsen konnten noch drei weitere Landessortenversuche in die Gesamtauswertung einbezogen werden, so dass in diesem Jahr insgesamt fünf Versuche zur Verfügung stehen, siehe Tabelle 2. Bei leicht unterdurchschnittlichen Bestandesdichten im Vergleich zu den Vorjahren sowie mittleren Kornzahlen je Ähre konnten, wie bei den anderen Getreidearten auch, die guten Erträge vor allem über die in der Regel deutlich überdurchschnittlichen Tausendkornmassen abgesichert werden. Aus den Ertragsergebnissen der Tabellen 2 und 3 sind, standortspezifisch zusammengefasst, die diesjährigen und mehrjährigen Erträge der Sorten als Grundlage für die Sortenempfehlung aufgeführt. Aus diesen Tabellen abgeleitet sind der Tabelle 4 die Sortenempfehlungen zu entnehmen. Hervorzuheben ist mit der zwar spätreiferen, aber gut standfesten Sorte Orthega die älteste Sorte im Prüfsortiment, die nach wie vor immer noch, vor allem in der Höhenlage, recht beständige überdurchschnittliche Erträge aufweist. In der Tabelle 5 sind die Einstufungen der Sorten mit ihren agronomischen Merkmalen aufgeführt.

Höhere Intensität wirtschaftlich?

Die Prüfung der Sommerfuttergerstensorten erfolgte unter den Bedingungen zweier Intensitätsstufen B1 und B2, siehe Tabelle 1. Bei einem in diesem Jahr berechneten Erzeugerpreis von 11 € je dt mussten in der höheren Intensitätsstufe B2 mindestens 7,6 dt je ha mehr erzielt werden, um die Wirtschaftlichkeit des Mehraufwandes in dieser Variante abzusichern. Dieser erforderliche Mindestmehrertrag ist 2008 lediglich auf dem Höhenlagenstandort im Mittel der Sorten erreicht worden. Auf allen anderen Sand-Versuchsstandorten war der Mehraufwand in der behandelten Variante wirtschaftlich nicht lohnend, siehe Tabelle 2. Auch im Jahr 2006 war in der Variante B2 ein recht hoher wirtschaftlicher Mindestmehrertrag von noch 5,5 dt je ha gegenüber der unbehandelten B1-Variante erforderlich. Hier war im Mittel der Sorten eine Wirtschaftlichkeit der höheren Intensität auf fast allen Versuchsstandorten ebensowenig gegeben. Die Höhe der Erzeugerpreise spielt für die Wirtschaftlichkeit der Intensität eine entscheidende Rolle. Sortenspezifische, grundsätzlich intensivere oder extensivere Behandlungsansprüche lassen sich in diesem Jahr, wie auch schon in den Vorjahren, für die geprüften Sommergerstensorten nicht deutlich ableiten.

Beschreibung der empfohlenen Sorten

Tocada : Ertrag: Im Mittel der Prüfjahre auf Sandstandorten und Höhenlagen überdurchschnittliche und recht konstante Erträge. Qualität: Sorte mit mittlerer hl-Gewichtsleistung, sehr geringem Rohproteingehalt sowie etwas überdurchschnittlichem Vollgerstenanteil. Ertragsbildung über deutlich unterdurchschnittliche Bestandesdichten, überdurchschnittliche Kornzahlen je Ähre sowie hohe Tausendkornmassen. Agronomische Merkmale: Relativ kurze Sorte mit geringer Lagerneigung. Die Pflanzenschutzintensität ist auf die erhöhte   Anfälligkeit gegenüber Mehltau und Rhynchosporium auszurichten. Empfehlung: Für alle Standorte gut geeignet.

Djamila : Ertrag: Auf Sandstandorten langjährig überdurchschnittlich hohe und konstante Erträge. Qualität: Sorte mit leicht überdurchschnittlicher hl-Gewichtsleistung, geringem Rohproteingehalt sowie etwas überdurchschnittlichem Vollgerstenanteil. Ertragsbildung über leicht überdurchschnittliche Bestandesdichte, überdurchschnittliche Kornzahl je Ähre sowie leicht überdurchschnittliche Tausendkornmasse. Agronomische Merkmale: Mittellange Sorte mit   erhöhter Lagerneigung. Die Pflanzenschutzintensität sowie die N-Düngung über Gülle ist der erhöhten Lagerneigung entsprechend auszurichten. Empfehlung: Für alle Standorte gut geeignet.

Orthega: Ertrag: Im Mittel der Prüfjahre und Standorte durchschnittliche Erträge auf den Sandstandorten, auf dem Höhenlagenstandort vieljährig stabil überdurchschnittliche Leistungen. Qualität: Sorte mit leicht überdurchschnittlich hoher hl-Gewichtsleistung sowie Vollgerstenanteil, geringer Rohproteingehalt. Ertragsbildung über relativ hohe Bestandesdichte, durchschnittliche Kornzahl je Ähre sowie höherer Tausendkornmasse. Agronomische Merkmale: Spätreifere Sorte mit geringer Lagerneigung. Höhere Mehltauanfälligkeit. Empfehlung: Auf Sand, bei noch eigenen guten Anbauerfahrungen, für Höhenlagen uneingeschränkt.

Hinweise zum Anbau

Auch bei der Sommergerste muss durch eine möglichst frühe Aussaat die ohnehin knappe Vegetationszeit ausgenutzt werden. Insbesondere die noch verfügbare Zeit unter Kurztagsbedingungen sorgt für gute Bestockungs- und Bewurzelungsverhältnisse, als Voraussetzung für ausreichend hohe Bestandesdichten bei noch moderaten Aussaatstärken. Der Tabelle 6 sind die Saatmengen und Saatstärkenempfehlungen zu entnehmen. Im Unterschied zu Sommerweizen und Sommerhafer verträgt die Sommergerste allerdings noch am ehesten auch kürzere Vegetationszeiten durch verspätete Aussaaten. Wie aus der Tabelle 6 zu ersehen, verfügt die Sommergerste im Vergleich zu den anderen Sommergetreidearten über das höchste Bestockungsvermögen und die entsprechend höchsten Beährungskoeffizienten. Das Erreichen ausreichend hoher Bestandesdichten als ein wesentliches Ertragsstrukturmerkmal zur Ertragssicherung ist bei dieser Kulturart damit noch am ehesten gewährleistet. Da Sommergerste sehr empfindlich auf Bodenverdichtungen reagiert, sollten auf jeden Fall gute Saatbettbedingungen abgewartet werden. Die Grundsätze für die N-Düngung sind die gleichen wie bei den anderen Sommergetreidearten. Sommergerste neigt stärker zu Zwiewuchs. Sie hat einen geringen Vorfruchtwert und kann auch mehrmals hintereinander angebaut werden, ohne Ertragsminderungen befürchten zu müssen.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch