Landessortenversuche Sommerhafer 2004

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Sommerhafer schwächelt leicht

Mit einem Hafer-Durchschnittsertrag von 54,7 dt je ha wurden nach den Ergebnissen der besonderen Ernteermittlung gegenüber dem vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen rund 2 % weniger gedroschen. Trotz der teilweise aufgetretenen Wasserknappheit in der Hauptvegetationszeit konnten damit die Hafererträge im Großen und Ganzen noch befriedigen. Dr. Joachim Holz von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen hat die Ergebnisse ausgewertet und gibt Empfehlungen für 2005.

Gegenüber einem Anbauflächenhoch von rund 26 300 ha im Erntejahr 2003 ist die Haferanbaufläche zur Ernte 2004 um gut 14 % auf 22 500 ha reduziert worden, teilt das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik NRW mit. Beim Vergleich der letzten fünf Jahre zeigen sich immer wieder stärkere Schwankungen in den Anbauflächen, die größtenteils mit den jeweiligen Auswinterungsschäden bei den Wintergetreidearten zusammenhängen.

Im Vergleich zum Wintergetreideanbau liegen die Vorteile eines Sommergetreideanbaues generell in der Auflockerung der Fruchtfolge, der Möglichkeit einer nachhaltigen Beseitigung von Bodenstrukturschäden, der zum Beispiel aufgrund der wenigen Überfahrten relativ einfachen und preiswerten Produktionstechnik sowie in der Entzerrung von Arbeitsspitzen. Speziell beim Hafer ist darüber hinaus noch seine phytosanitäre Wirkung auf den Halmbrucherreger in sehr weizenlastigen Fruchtfolgen anzuführen. Als Nachteile lassen sich die in der Regel niedrigeren Erträge anführen. Das Sommergetreide unterliegt in weitaus höherem Maße witterungsbedingten Anbaurisiken als das Wintergetreide. Im Mittel stehen von der Saat bis zur Ernte unter optimalen Bedingungen eine Vegetationszeit von rund 150 bis 160 Tagen zur Verfügung, in der die Witterung als natürlicher ertrags- und qualitätsbestimmender Einflussfaktor, insbesondere bezüglich der Wasser- und Temperaturverhältnisse, stimmen muss. Auch ist das Saatzeitrisiko höher zu bewerten, da bei verspäteter Saat schneller mit niedrigeren Erträgen zu rechnen ist als beim Wintergetreide. Unter solchen Bedingungen kann die verfügbare Vegetationszeit auf 140 Tage und weniger sinken.

Die Landessortenversuche

Im Jahr 2004 wurden mit 13 Sorten an sechs Standorten in NRW die Landessortenversuche Hafer durchgeführt. Wie sich der Ertragsaufbau in diesem Erntejahr im Vergleich zu den vorigen Landessorten-Prüfjahren gestaltete, ist der Tabelle 2 zu entnehmen. Neben der unbehandelten B1-Variante, in der die Sorten lediglich eine zweimalige N-Düngung in Höhe von jeweils 60 kg je ha zur Saat und in EC 37 (Fahnenblattstadium) erhielten, wurden diese in der behandelten Variante B2 unter etwas intensiveren Bedingungen geprüft. Die zweimalige N-Düngung erhöhte sich um jeweils 10 kg je ha, beim Pflanzenschutz wurde in EC 37/39 mit 1,8 l je ha eine CCC-Maßnahme sowie mit 0,7 l je ha Juwel Top eine Fungizidmaßnahme zur Ertragssicherung durchgeführt. Bei kostenmäßiger Bewertung des höheren Aufwandes in der B2 Variante mussten mindestens rund 7 dt je ha Mehrertrag gegenüber der B1-Variante erzielt werden. Wie aus der Tabelle 3 zu ersehen, war dieses im Mittel der Sorten nicht auf allen Standorten gewährleistet.

Bei der Sortenwahl ist neben den Ertrags- und agronomischen Leistungsmerkmalen auch das beabsichtigte Erzeugungsziel, Qualitätshafer für die Schälmühle oder die Futterhaferproduktion, zu berücksichtigen. Für die Qualitätshafererzeugung besitzt das erzeugerpreisrelevante Vermarktungskriterium hl-Gewichtsleistung der Sorten eine sehr große Bedeutung. Die Spelzenfarbe weiß beziehungsweise gelb hat keinen differenzierenden Einfluss auf die Nutzbarkeit als Qualitätshafer. Die geforderten Mindest-hl-Gewichte von mehr als 50 kg je hl sind nicht immer sicher zu erreichen, aber für das Erzielen einer ausreichenden Rentabilität wichtig - sonst gibt es Preisabzüge. Für den Qualitätshaferanbau sollten grundsätzlich nur Standorte mit sicherer Wasserführung während der Vegetationszeit gewählt werden, da das Qualitätskriterium hl-Gewichtsleistung nur auf solchen Standorten sicher erzielt werden kann. Es kommt insbesondere auf ein hohes Tausendkorngewicht bei möglichst bauchiger Kornausbildung an; dann ist das Verhältnis von Spelzenanteil zu verwertbarem Kerneranteil günstig. Daher darf auch die Bestandesdichte aus rispentragende Halme je m 2 nicht überzogen werden.

Der Hafer ist als küstenklimatische Pflanze sehr wasserbedürftig. Ein Wassermangel, vor allem in der kritischen Kornfüllungsphase, wirkt sich negativ auf die Qualität aus, und dieses umso mehr, je höher die Bestandesdichte ist, siehe auch Tabelle 2. Beim Vergleich der Tabelle 4 (hl-Gewichtsleistungen der Sorten) mit der Tabelle 5 (Sortenleistungstabelle) fällt auf, dass es zwar Sorten wie Freddy und Aragon gibt, die über eine bessere, überdurchschnittliche hl-Gewichtsleistung verfügen, in ihrem Spelzenanteil aber die Ausprägungsnote 3 und weniger nicht erreichen. Für eine Qualitätshaferproduktion sind diese Sorten - mit einigen Einschränkungen am ehesten noch die frühreifere Sorte Aragon - nicht geeignet. Als erst einjährig geprüfte Sorte könnte Ivory, wenn sich ihre guten Ertragsleistungen im nächsten Jahr bestätigen, für dieses Anbausegment geeignet sein. Unter Berücksichtigung der Tabelle 3 in Verbindung mit der Tabelle 5 lassen sich in der Tabelle 6 die standortspezifischen Sortenempfehlungen für das Anbaujahr 2005 entnehmen. Die leistungsstärkeren empfohlenen Sorten sind ausschließlich für die Futterhaferproduktion geeignet.

Hinweise zum Anbau

Die jährlichen Ertragsschwankungen beim Sommerhafer liegen gegenüber den anderen Sommergetreidearten höher. Dieses unterstreicht die sehr starke Witterungsabhängigkeit des Hafers, insbesondere von den Niederschlägen. Eine möglichst frühe Saat, im Rheinland ab Mitte Februar, wenn es die Bodenverhältnisse erlauben, in ein trockenes, feinkrümeliges, gut abgesetztes Saatbett, sollte angestrebt werden. Die Winterfeuchtigkeit und die noch herrschenden kurzen Tageslängen können dann noch für eine ausreichende Bestockung und Bestandesdichteetablierung optimal genutzt werden. Die Aussaatstärke muss sich an Standortgüte, Saatzeit und Saatbettzustand orientieren und bewegt sich zwischen 280 und maximal 380 Körnern je m 2. Aus Qualitätsgründen darf die Bestandesdichte nicht überzogen werden. Wie Tabelle 2 ausweist, reichen Bestandesdichten zwischen 350 und 430 rispentragende Halme je m 2 aus.

Eine zweimalige Stickstoff-Düngung für hohe Erträge und Qualitäten ist genug. Als vorteilhaft erweist sich das flache Einarbeiten der ersten Stickstoffgabe in die Krume kurz vor der Saat, wenn witterungsbedingt die Saat erst später erfolgt und/oder mit längerer Trockenheit nach der Saat zu rechnen ist. Darüber ist gewährleistet, dass der Stickstoff den auflaufenden Pflanzen witterungsunabhängig schneller zur Verfügung steht. Angesichts der kurzen Vegetationszeit ist eine frühzeitige gesicherte pflanzenverfügbare Stickstoffversorgung besonders wichtig. Der Hafer verfügt über ein leistungsfähiges und stark verzweigtes Wurzelsystem. Eine Stickstoffüberversorgung kann daher leicht zu ertrags- und qualitätsmindernden Verlusten durch Lager führen. Die Standfestigkeitssicherung in EC 33 bis 37 mit Cycocel ist in der Regel eine wirtschaftliche und ertragssichernde Maßnahme, vor allem auf den besseren Standorten.

Beim Einsatz eines Fungizids ist der aktuelle Zulassungsstand zu beachten. Speziell für Hafer ist er sehr eingeschränkt. Aus der Tabelle 5 wird deutlich, dass bei den empfohlenen Sorten je nach Jahr größere Krankheitskalamitäten auftreten können. Nur dann zeigt sich ein Fungizideinsatz auch tatsächlich wirtschaftlich. Es ist in diesem Zusammenhang aber auch das Marktpreisniveau bei der Intensitätsfrage zu beachten. Bei niedrigeren Erzeugerpreisen erhöht sich der wirtschaftlich notwendige Mindestmehrertrag. Dieses bedeutet, dass sich bei sehr niedrigen Marktpreisen eine höhere Intensität nur selten wirtschaftlich lohnt. Zu beachten ist beim Hafer die starke Ertragsreaktion gegenüber Blattlausbefall (Haferröte und Verzwergung). Hier sollten sofort bei Befallsermittlung entsprechende Insektizide zum Einsatz kommen.

Autor: Dr. Joachim Holz