Landessortenversuche Sommerhafer 2011

Erntereifer Hafer

Sommerhafer 2011 - schwache Erträge und Qualitäten

Wie schon im vergangenen Jahr, lagen auch in diesem Jahr aufgrund der extrem trockenen Frühjahrsverhältnisse die Hafererträge wieder auf einem sehr niedrigen Niveau. Nach der besonderen Ernteermittlung (BEE) wurden im Rheinland 44,5 und in Westfalen-Lippe 44,2 dt je ha gedroschen. Trotz der sich ab Juni einstellenden reichlichen Niederschläge konnten die hl-Gewichte die vermarktungsrelevante „Schallmauer“ von 50 kg/hl nicht durchbrechen. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch stellen die aktuellen Sortenergebnisse vor.

Mit einer Anbaufläche von 11 700 ha nrw-weit ist der niedrigste Anbauumfang zu verzeichnen. Erstaunlich ist mittlerweile der beträchtliche Ertragsunterschied zwischen den Landessortenversuchserträgen und den Praxiserträgen, welcher nicht mehr allein auf den versuchsbedingten Unterschied zurückzuführen ist. Auf den Lehmstandorten wurde an acht Standorte ein Ertrag von 73,8 und auf den Sandstandorten auf fünf Standorten ein Ertrag von 70,4 dt je ha erzielt. Dieses zeigt grundsätzlich, dass auch beim Haferanbau doch durchaus passable Ertragsniveaus erreicht werden können.

Im Vergleich zum Wintergetreideanbau liegen die Vorteile eines Sommergetreideanbaues generell in der Auflockerung der Fruchtfolge, der Möglichkeit einer nachhaltigen Beseitigung von Bodenstrukturschäden, der relativ einfachen und preiswerten Produktionstechnik sowie in der Entzerrung von Arbeitsspitzen. Speziell beim Sommerhafer ist darüber hinaus noch seine phytosanitäre Wirkung auf den Halmbrucherreger in sehr weizenlastigen Fruchtfolgen anzuführen.

Vor allem bei der Qualitätshafererzeugung ist unter trockneren Standortbedingungen das Erreichen einer Mindest-hl-Gewichtsleistung als bezahlungsrelevante Größe nur selten gesichert. Aus diesem Grund konzentriert sich der Haferanbau in NRW erfolgreich zunehmend stärker auf die höheren Anbaulagen, in denen bei moderaterem Temperaturverlauf und in der Regel ausgeglichenen Niederschlagsverhältnissen gute Erträge bei hohen hl-Gewichten erzielt werden können.

Andererseits sind generell die größeren Ertragsunsicherheiten einer Sommerung zu beachten. Bei einer maximalen Vegetationszeit von rund 150 Tagen von Ende Februar bis etwa Ende Juli sind die witterungsbedingten Risiken höher als bei einer Winterung.

Die Landessortenversuche

Im Jahr 2011 wurden in NRW mit insgesamt zwölf Sorten an drei Standorten die Landessortenversuche Hafer durchgeführt. Zur besseren Absicherung wurden aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hessen zehn weitere Versuchsergebnisse in die Auswertung einbezogen, sodass insgesamt 13 Landessortenversuchsergebnisse aus den Ackerbauregionen Lehm und Sand für eine gesicherte Sortenempfehlung zur Verfügung stehen. Die Sortenprüfungen erfolgten in zwei Intensitätsvarianten (Tabelle 1).

Die Versuchsergebnisse in Tabelle 2 zeigen recht schwankende Einzelsortenleistungen. Die Sortenunterschiede sind im Mittel über die Anbauregion Lehmstandorte Nordwest und Sandstandorte Nordwest nur gering. Deutlich wird, dass die erstjährig geprüften neuen Sorten Gabriel, Curly und Alonso gegenüber den älteren Sorten keine besseren Erträge erzielen. Unter Berücksichtigung der Vorjahresergebnisse in Tabelle 3 ergeben sich die in der Tabelle 4 aufgeführten Sortenempfehlungen für NRW.

Bei der Sortenwahl ist neben den Leistungsmerkmalen (Tabelle 5) auch das beabsichtigte Erzeugungsziel, Qualitätshafer für die Schälmühle oder die Futterhaferproduktion, zu berücksichtigen. Für die Qualitätshafererzeugung besitzt, zusammen mit einem möglichst niedrigen Spelzenanteil einer Sorte, das Vermarktungskriterium hl-Gewicht eine sehr große Erzeugerpreisrelevanz. Die Spelzenfarbe (weiß oder gelb) hat keinen Einfluss auf die Nutzbarkeit als Qualitätshafer. Die geforderten Mindest-hl-Gewichte von über als 50 kg je hl sind nicht sicher zu erreichen, aber für das Erzielen einer ausreichenden Rentabilität wichtig.

Für den Qualitätshaferanbau sollten grundsätzlich nur Standorte mit sicherer Wasserführung während der Vegetationszeit gewählt werden, da gute hl-Gewichte nur auf solchen Standorten sicherer erzielt werden können. Es kommt insbesondere auf ein hohes Tausendkorngewicht bei möglichst bauchiger Kornausbildung an, das Verhältnis von Spelzenanteil zu verwertbarem Kerneranteil ist dann günstig. Daher darf auch die Bestandesdichte ( rispentragende Halme je m²) nicht überzogen werden. Der Hafer ist als küstenklimatische Pflanze sehr wasserbedürftig. Ein Wassermangel, vor allem in der kritischen Kornfüllungsphase, wirkt sich umso negativer auf die Qualität aus, je höher die Bestandesdichte ist.

Aus Tabelle 6 gehen die hl-Gewichtsleistungen der Hafersorten hervor. Über die Jahre betrachtet zeigen die Sorten Max (G) und als neuere Sorte Flocke (W) gesichert höhere hl-Gewichtsleistungen. Beachtlich ist die Leistung der neu zugelassenen Weißhafersorte Curly. Unter Berücksichtigung des Spelzenanteils der Sorten (Tabelle 5) sind allerdings nur noch die Sorten Max sowie Flocke für einen Qualitätshaferanbau wirklich sicher zu empfehlen.

Auch für die Verwertung als Futterhafer sind Sorten mit einem geringen Spelzenanteil zu bevorzugen, da dann das Verhältnis Rohfasergehalt zu Rohprotein- und Rohfettgehalt günstiger wird. Dieses wird beim Verkauf zwar nicht honoriert, beim Einsatz im eigenen Betrieb sollte dieser Aspekt aber beachtet werden.

Wirtschaftlichkeit der Intensitätsvarianten

Unter Berücksichtigung der diesjährigen Erzeugerpreise (Tabelle 1) mussten in der höheren Intensitätsvariante mindestens 1,9 dt je ha mehr gedroschen werden, um die Zusatzmaßnahmen wirtschaftlich zu rechtfertigen. Aus der Tabelle 2 ist zu ersehen, dass sich diese 2011 im Mittel über die Sorten an fast allen Versuchsstandorten lohnten.

Hinweise zum Anbau

Die jährlichen Ertragsschwankungen liegen beim Sommerhafer höher als bei den anderen Sommergetreidearten. Eine möglichst frühe Saat, wenn es die Bodenverhältnisse erlauben - trockenes, feinkrümeliges, gut abgesetztes Saatbett -, sollte angestrebt werden. Die Winterfeuchtigkeit und die kurzen Tageslängen können dann noch für eine ausreichende Bestockung und Bestandesdichteetablierung optimal genutzt werden. Die Aussaatstärkenempfehlungen auf der Basis langjähriger Ertragsermittlungen aus den Landessortenversuchen sind der Tabelle 7 zu entnehmen.

Eine zweimalige Stickstoff-Düngung für hohe Erträge und Qualitäten reicht aus. Vorteilhaft ist das flache Einarbeiten der ersten Stickstoffgabe in die Krume kurz vor der Saat. Wenn witterungsbedingt die Saat erst später erfolgt oder mit längerer Trockenheit nach der Saat zu rechnen ist, kann der bereits eingearbeitete Stickstoff witterungsunabhängiger noch pflanzenwirksam umgesetzt werden. Angesichts der kurzen Vegetationszeit ist eine frühzeitige, gesicherte pflanzenverfügbare Stickstoffversorgung besonders wichtig. Der Hafer verfügt über ein leistungsfähiges, stark verzweigtes Wurzelsystem. Eine Stickstoffüberversorgung kann daher leicht zu ertrags- und qualitätsmindernden Verlusten durch Lager führen. Die Standfestigkeitssicherung in EC 33 bis 37 mit Cycocel ist in der Regel eine wirtschaftliche und ertragssichernde Maßnahme, vor allem auf den besseren, wassersicheren Standorten.

Beim Einsatz eines Fungizids ist der aktuelle Zulassungsstand zu beachten. Speziell für Hafer ist er sehr eingeschränkt. Aus Tabelle 5 wird deutlich, dass bei den empfohlenen Sorten je nach Jahr Krankheitskalamitäten, insbesondere Mehltau, auftreten können.

Zu beachten ist beim Hafer die starke Ertragsreaktion gegenüber Blattlausbefall, wenn diese mit dem Gelbverzwergungsvirus infiziert sind. Hier sollten sofort bei Befallsermittlung (Warndiensthinweise beachten) entsprechende Insektizide zum Einsatz kommen. In Tabelle 8 sind die für hohe Erträge erforderlichen Ertragsverhältnisse sowie die sonstigen Stärken und Schwächen der empfohlenen Sorten aufgeführt.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch