Landessortenversuche Sommerhafer 2014

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Sommerhafer-Erträge wieder etwas schwächer

Diesjährig lagen mit 56,4 dt/ha die Erträge in der Praxis laut besonderer Ernteermittlung unter dem Niveau der beiden Spitzenvorjahre (60,6 und 61,4 dt/ha). Im Vergleich zum zehnjährigen Mittel wurden aber immer noch knapp 5 dt mehr gedroschen. Dr. Kathrin Bürling, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, hat die Einzelheiten zusammengestellt.

Mit einer Sommerhafer-Anbaufläche von 7 250 ha NRW-weit wurde der Anbauumfang zum Vorjahr um weitere gut 1 000 ha reduziert und liegt damit gut 50 % unter dem Mittel von 2005 bis 2013 von 14 652 ha. Nach wie vor besteht ein beträchtlicher Ertragsunterschied zwischen den Landessortenversuchserträgen und den Praxiserträgen, welcher nicht mehr allein auf den versuchsbedingten Unterschied zurückzuführen ist. Dabei werden die Parzellenerträge der Exaktversuche bereits um 25% künstlich reduziert und damit künstlich praxisnah gemacht, um etwaige Argumentationsgründe zu entkräften.

Auf den Lehmstandorten wurde 2014 im Mittel über vier Standorte ein Ertrag von 88,5 und damit 57 % mehr als in der Praxis gedroschen. Auf den Sandstandorten in Niedersachsen und Schleswig-Holstein waren es im Mittel von fünf Versuchsstandorten 74,1 dt je ha im Vergleich zu den nach BEE-Angaben in der Praxis gedroschenen 50,2 und 56,2 dt/ha. Dieses zeigt grundsätzlich, dass auch beim Haferanbau durchaus passable Ertragsniveaus erreicht werden können. Ähnlich gestaltet sich die Situation bei der Sommergerste, bei der die Ertragsdifferenzen zwischen Praxis und Versuch auf den Lehmstandorten 45 % beträgt. Beim Sommerweizen sind mit 19 % diese Unterschiede nicht ganz so drastisch, dennoch auch gegeben. In beiden Fällen lässt sich aber ebenso wie für den Hafer festhalten, dass durch sorgfältige, gezielte Produktionstechnik ein hohes Ertragspotenzial auch unter manchmal suboptimalen Vegetations- und Anbaubedingungen möglich ist.

Das Eingliedern einer Sommergetreideart in die Fruchtfolge ist nach den jeweiligen betriebsindividuellen Gegebenheiten abzuwägen. Im Vergleich zum Wintergetreideanbau liegen die Vorteile eines Sommergetreideanbaues generell in der Auflockerung der Fruchtfolge, der Möglichkeit einer nachhaltigen Beseitigung von Bodenstrukturschäden, der relativ einfachen und preiswerten Produktionstechnik sowie in der Entzerrung von Arbeitsspitzen. Speziell beim Sommerhafer ist darüber hinaus noch seine phytosanitäre Wirkung auf den Halmbrucherreger (Cercosporella herpotrichoides) in sehr weizenlastigen Fruchtfolgen anzuführen. Auch hinsichtlich der Schwarzbeinigkeit (Gaeumannomyces graminis) hat Hafer durch seine Wurzelausscheidungen Cumarin und Scopoletin, die die Entwicklung dieses Erregers hemmen, eine phytosanitäre Wirkung.

Vor allem bei der Qualitätshafererzeugung ist unter trockneren Standortbedingungen das Erreichen eines Mindest-Hektolitergewichts als bezahlungsrelevante Größe nur selten gesichert. Aus diesem Grund konzentriert sich der Haferanbau in NRW stärker auf die höheren Anbaulagen, in denen bei moderaterem Temperaturverlauf und in der Regel ausgeglichenen Niederschlagsverhältnissen gute Erträge bei hohen hl-Gewichten sicherer erzielt werden können.

Andererseits sind generell die im Vergleich zu den Winterungen niedrigeren Erträge, vor allem aber die größeren Ertragsunsicherheiten einer Sommerung zu beachten. Bei einer maximalen ertragsbeeinflussenden Vegetationszeit von rund 150 Tagen sind die witterungsbedingten Risiken höher oder unsicherer zu bewerten als bei einer Winterung.

Die Landessortenversuche

Im Jahr 2014 wurden in NRW mit insgesamt neun Sorten an drei Standorten die Landessortenversuche Hafer durchgeführt. Zur besseren Absicherung und Beurteilung der Sortenleistungen wurden aus den benachbarten Kammerländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein noch sechs weitere Landessortenversuchsergebnisse in die Auswertung einbezogen, so dass insgesamt neun Landessortenversuchsergebnisse aus den beiden Ackerbauregionen „Lehm“ und „Sand“ für eine jeweils gesicherte Sortenempfehlung zur Verfügung stehen. Die Sortenprüfungen erfolgten in zwei Intensitätsvarianten, siehe Tabelle 1.

Die Versuchsergebnisse sind der Tabelle 2 zu entnehmen. Unter Berücksichtigung der Vorjahresergebnisse, die für die einzelnen Ackerbauregionen zusammenfassend in der Tabelle 3 aufgeführt sind, ergeben sich die in der Tabelle 4 aufgeführten Sortenempfehlungen für das kommende Anbaujahr für NRW. Betrachtet man die Sortenleistung über einen Zeitraum von fünf Jahren, streuen die drei- und mehrjährig geprüften Sorten in der Anbauregion „Lehm“ gleichmäßig um den Mittelwert. Lediglich die strohinstabilere Sorte Moritz, 2014 nur auf dem Lößstandort Kerpen-Buir unterdurchschnittlich, konnte in der Mehrzahl der Jahre Erträge über dem Durchschnitt erzielen. Bei geplanter Vermarktung als Mühlenhafer sind mit Blick auf ihre Qualitätseinstufungen die ebenfalls strohinstabilere Sorte Max sowie die Sorte Flocke bei guten Erfahrungen als Anbauoption zu sehen.

Unter den spezifischen Standortbedingungen Kerpen-Buir zeigt sich speziell noch die Sorte Simon gut geeignet. Auf den Sandstandorten erbrachten Simon und Oberon in der Mehrzahl der Jahre überdurchschnittliche Leistungen, während Moritz im Gegensatz zu den Lehmstandorten hier eine größere Ertragsunsicherheit aufweist. Bei den neueren, zweijährig geprüften Sorten ist ein deutlicher Züchtungsfortschritt in Ertrag und Qualität nicht erkennbar. Auf den Lehmstandorten liegen die strohstabilen Sorten Poseidon und Symphony, letztere dieses Jahr an den beiden NRW-Standorten Lage-Heiden und Altenmellrich unterdurchschnittlich gedroschen, ertraglich auf dem Niveau von Moritz. Auf den Sandstandorten hingegen konnte nur die Sorte Ozon das Niveau der mehrjährig geprüften Empfehlungssorten Simon und Oberon erreichen. Auch die erstjährig im LSV geprüfte Sorte Tim konnte nicht überzeugen.

Welche Verwertungsrichtung?

Bei der Entscheidung für den eigenen Anbau sollte beim Hafer der Ertrag nicht als alleinige Größe herangezogen werden. Bei der Sortenwahl ist neben den agronomischen Leistungsmerkmalen auch das beabsichtigte Erzeugungsziel, Qualitätshafer für die Schälmühle oder die Futterhaferproduktion, zu berücksichtigen. Für die Qualitätshafererzeugung besitzt, zusammen mit einem möglichst niedrigen Spelzenanteil einer Sorte von üblicherweise maximal 26 %, das Vermarktungskriterium Hektolitergewicht eine sehr große Erzeugerpreisrelevanz. Die Spelzenfarbe weiß oder gelb hat keinen differenzierenden Einfluss auf die Nutzbarkeit als Qualitätshafer. Die geforderten Mindest - Hektolitergewichte von 53 bis 55 kg je hl sind nicht sicher zu erreichen, aber für das Erzielen einer ausreichenden Rentabilität wichtig.

Für den Qualitätshaferanbau sollten grundsätzlich nur Standorte mit sicherer Wasserführung während der Vegetationszeit gewählt werden, da das Qualitätskriterium Hektolitergewicht nur auf solchen Standorten entsprechend erzielt werden kann. Es kommt insbesondere auf eine hohe Tausendkornmasse bei möglichst bauchiger Kornausbildung an, was einem günstigen Verhältnis von Spelzenanteil zu verwertbarem Kerneranteil entspricht. Daher darf auch die Bestandesdichte, also die rispentragenden Halme je m², nicht überzogen werden. Der Hafer ist als küstenklimatische Pflanze sehr wasserbedürftig. Ein Wassermangel, vor allem in der kritischen Kornfüllungsphase, wirkt sich negativ auf die Qualität aus und dieses umso mehr, je höher die Bestandesdichte ist.

Aus der Tabelle 6 gehen die Hektolitergewichte der Hafersorten hervor. Über die Jahre betrachtet zeigen die Sorten Max (G), Moritz (G) und Flocke (W) gesichert höhere Hektolitergewichte, wobei die Sorte Max hier als Leistungsträger in diesem Merkmal gesehen werden kann. Auch die im dritten Jahr im LSV geprüfte Gelbhafersorte Oberon zeigt mit relativ 103 über alle Standorte erneut vergleichbar hohe Leistungen mit den zuvor genannten Sorten. Unter Berücksichtigung des Spelzenanteils der Sorten ist die Sorte Max für einen Qualitätshaferanbau sicher zu empfehlen. Flocke weist zwar ein im Vergleich zu Max niedrigeres Hektolitergewicht auf, ist aber in den Merkmalen Spelzanteil und insbesondere des Anteils nicht entspelzter Körner sehr gut eingestuft, siehe Tabelle 5, so dass auch hier eine Eignung als Qualitätshafer gegeben scheint. Unterstützt wird dies durch Analysen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, bei denen auch das Tausendkerngewicht (ohne Spelzen) und der Spelzanteil ermittelt werden. Auch für die Verwertung als Futterhafer sind Sorten mit einem geringen Spelzenanteil zu bevorzugen, da dann das Verhältnis Rohfasergehalt zu Rohprotein- und Rohfettgehalt günstiger wird. Beim Verkauf wird dies zwar nicht honoriert, sollte aber unter dem Aspekt der Verdaulichkeit des Futters beim Einsatz im eigenen Betrieb beachtet werden. Zwischen der Höhe des Hektolitergewichts und der Höhe des Energiegehaltes besteht nach jüngeren Untersuchungen jedoch nahezu keine Korrelation.

Wirtschaftlichkeit der Intensitätsvarianten

Die von der Industrie geforderten vermarktungsrelevanten Mindest-hl-Gewichte von 53 bis 55 kg/hl, die ohnehin selten erreicht werden, konnten in den Versuchen lediglich auf zwei Sandstandorten der benachbarten Kammerländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein erreicht werden.

Unter Berücksichtigung der diesjährigen Erzeugerpreise von 13 €/dt, wie in Tabelle 1 dargestellt, mussten in der höheren Intensitätsvariante mindestens 6 dt je ha mehr gedroschen werden, um die dort durchgeführten Zusatzmaßnahmen wirtschaftlich zu rechtfertigen. Aus der Tabelle 2 ist zu ersehen, dass sich diese 2014 im Mittel über die Sorten nur an einem der drei NRW-Standorte lohnte.

Hinweise zum Anbau

Die jährlichen Ertragsschwankungen beim Sommerhafer liegen gegenüber den anderen Sommergetreidearten höher, besonders auf Sandstandorten. Eine möglichst frühe Saat, wenn es die Bodenverhältnisse erlauben, in ein trockenes, feinkrümeliges, gut abgesetztes Saatbett sollte angestrebt werden. Die Winterfeuchtigkeit und die noch herrschenden kurzen Tageslängen von weniger als 14 Stunden können dann noch für eine ausreichende Bestockung und zunehmende Bestandesdichte optimal genutzt werden. Durch den im Vergleich zu anderen Sommergetreidearten höheren Spelzenanteil des Hafers aufgrund des vergleichsweise lockeren Spelzenschlusses ergibt sich ein höherer Keimwasserbedarf. Auf eine Ablagetiefe von 3 bis 4 cm sollte in diesem Zusammenhang bei der Aussaat geachtet werden. Die standortspezifischen Aussaatstärkenempfehlungen auf der Basis langjähriger Ertragsstrukturermittlungen aus den Landessortenversuchen sind der Tabelle 7 zu entnehmen.

Eine zweimalige Stickstoff-Düngung für hohe Erträge und Qualitäten reicht aus. Vorteilhaft ist das flache Einarbeiten der ersten Stickstoffgabe in die Krume kurz vor der Saat. Wenn witterungsbedingt die Saat erst später erfolgt und/oder mit längerer Trockenheit nach der Saat zu rechnen ist, kann der bereits eingearbeitete Stickstoff witterungsunabhängiger noch pflanzenwirksam umgesetzt werden. Angesichts der kurzen Vegetationszeit ist eine frühzeitige, gesicherte pflanzenverfügbare Stickstoffversorgung besonders wichtig. Hafer verfügt generell durch seine höhere Energiegewinnung aus der Wurzelatmung über ein hohes Nährstoffaneignungsvermögen und besitzt zudem ein stark verzweigtes Wurzelsystem. Eine Stickstoffüberversorgung kann daher leicht zu ertrags- und qualitätsmindernden Verlusten durch Lager und einer verzögerten, ungleichmäßigen Abreife des Strohs führen. Die Standfestigkeitssicherung in EC 33 bis 37 mit CCC ist in der Regel eine wirtschaftliche, qualitäts- und ertragssichernde Maßnahme, vor allem auf den besseren, wassersicheren Standorten. Auf Spurenelementmangel reagiert Hafer stärker als andere Getreidearten und gilt zum Beispiel als Zeigerpflanze für Manganmangel. Die optimalen Temperaturen für das Haferwachstum liegen mit 14 bis 18 °C etwa 3 °C niedriger als beim Sommerweizen. Beim Einsatz eines Fungizids ist der aktuelle Zulassungsstand zu beachten. Speziell für Hafer ist das mögliche oder verfügbare Fungizidspektrum sehr eingeschränkt. Aus der Tabelle 5 wird deutlich, dass bei den empfohlenen Sorten je nach Jahr Mehltaukalamitäten auftreten können.

Zu beachten ist beim Hafer generell die starke Ertragsreaktion gegenüber Blattlausbefall, wenn diese mit dem Gelbverzwergungsvirus infiziert sind, woraus Haferröte und Verzwergung resultieren können. Hier sollten sofort bei Befallsermittlung entsprechende Insektizide zum Einsatz kommen. Der Anbau von Sommergerste oder Sommerweizen nach Hafer sollte vermieden werden, da durch Haferanbau eine Vermehrung des Haferzystenälchens erfolgen kann. In der Tabelle 8 sind die für hohe Erträge erforderlichen sortenspezifischen Ertragsstrukturverhältnisse sowie die sonstigen Stärken und Schwächen der empfohlenen Sorten aufgeführt.

Autor: Dr. Kathrin Bürlig