Landessortenversuche Sommerweizen 2008

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Auch der Sommerweizen enttäuschte

Nach den Ergebnissen der besonderen Ernteermittlung des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik in Düsseldorf wurden in Nordrhein-Westfalen im Erntejahr 2008 68,4 dt je ha erzielt. Mögliche Gründe, warum dieser Durchschnitt das bislang drittbeste Ergebnis nach den Jahren 2001 und 2004, in denen die Erträge nur unwesentlich höher lagen, darstellt, erläutern Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, in ihrem Beitrag.

Die früh mögliche Aussaat in Verbindung mit einer recht gleichmäßigen Niederschlagsverteilung von März bis Juli ermöglichten insgesamt diese guten Erträge. Mit 2 954 ha im Erntejahr 2008 ist die Sommerweizenanbaufläche gegenüber dem Vorjahr in NRW um rund 450 ha höher ausgefallen. Diese leichte Anbauausdehnung erfolgte in beiden Landesteilen, allerdings größtenteils in Westfalen-Lippe. Wie bei den anderen Sommergetreidearten auch, hängt die endgültige Aussaatfläche stark von den Herbstbestellbedingungen für sowie den Auswinterungsgegebenheiten beim Wintergetreide ab.

Im Vergleich zu den anderen Sommergetreidearten Sommergerste und Sommerhafer werden beim Sommerweizenanbau - mit deutlichem Abstand von + 10 bis 15 dt je ha - in beiden Landesteilen immer noch die höchsten Erträge erzielt. Dieses zeigen die BEE-Ergebnisse des statistischen Landesamtes sehr deutlich. Zusätzliche Argumente für einen Sommerweizenanbau können sein:

  • Späte Zuckerrübenernte unter ungünstigen Witterungs- und Bodenbedingungen mit der Folge unerwünschter, bodenstrukturbeeinträchtigender oder gar -schädigender Saatbettbereitung und Einschmieren des Winterweizens im Spätherbst, mit entsprechend ungünstigen Folgewirkungen.
  • Die Erzeugung sicherer, hochqualitativer Weizenpartien aus E- oder A-Sorten, wenn entsprechende Vermarktungsmöglichkeiten zu sehr guten Erzeugerpreisen bestehen. Nur dann ist die geringere Ertragspotenz des Sommerweizens gegenüber dem Winterweizen wirtschaftlich noch zu vertreten.
  • Sommerweizensorten mit einer ausreichenden Winterhärte, wie Granny, werden auch als Wechselweizen bezeichnet. Sie können bereits im späteren Herbst ausgesät werden. Ihr Vorteil liegt in einer flexibleren Saatzeitspanne von November bis in das Frühjahr hinein. Sie sind in der Entwicklung etwas zügiger und reifen etwas eher ab als spät gesäter Winterweizen. Bei qualitativ hochwertigen Sorten liegen ihre Erträge unter diesen Bedingungen etwa auf dem Niveau von normalen E-Winterweizensorten. Der Anbau von Wechselweizen kommt daher am ehesten für die Produktion von Qualitätsweizen in Frage, wenn entsprechende Preisaufschläge erzielt werden können.

Landessortenversuche mit sieben Sorten

In Nordrhein-Westfalen wurden im Jahr 2008 an zwei Standorten Landessortenversuche mit insgesamt sieben Sommerweizensorten durchgeführt, die ausschließlich aus dem höher qualitativen A- und E- Bereich stammen, siehe Tabelle 2. Zur sicheren Leistungsbeurteilung der Sorten wurden aus den benachbarten Kammerländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein noch weitere Landessortenversuche für die Lehmstandorte herangezogen. Die produktionstechnische Durchführung der Landessortenversuche ist der Tabelle 1 zu entnehmen. Bei im mehrjährigen Vergleich insgesamt mittleren Bestandesdichten von 540 Ähren je m² sowie einer gegenüber den Vorjahren mit 32 gleichen Kornzahl je Ähre wirkten sich diesjährig vor allem die deutlich höheren TKM von durchschnittlich 47 g je 1 000 Körner (Vorjahre im Mittel etwa 37 g) auf die insgesamt höheren Erträge aus.

Bei den drei- und mehrjährig geprüften Sorten, siehe Tabelle 2, zeigten diesjährig über alle Versuchsstandorte hinweg die Sorten Tybalt und Passat deutlich konstante und überdurchschnittliche Erträge. Granny schnitt recht stabil durchschnittlich ab. Die beiden höher qualitativen E-Sorten SW Kadrilj und Taifun erbrachten unterdurchschnittliche Erträge, wobei der Unterschied zwischen der neueren E-Sorte SW Kadrilj und der A-Sorte Granny nicht gravierend ist. Die erstjährig geprüften Sorten Ethos und Samuno zeigten in diesem Prüfjahr keine überzeugenden Leistungen. Auch mehrjährig bestätigen Tybalt und Passat auf den Lehmstandorten ihre konstant guten Erträge, während sich auf den Lößstandorten die Leistungen dieser Sorten und auch die der Sorten Granny und SW Kadrilj differenziert darstellen, siehe Tabelle 3. Unter Berücksichtigung dieser mehrjährigen Erträge an den einzelnen Standortgruppen sind in der Tabelle 6 die entsprechenden Sortenempfehlungen für die verschiedenen Ackerbauregionen aufgeführt.

Bezüglich der Eiweißleistungen der Sorten zeigt sich auch in diesem Jahr das gewohnte Bild. Unabhängig von dem über die Jahre deutlich höheren Eiweißleistungsniveau der Sommerweizensorten gegenüber den Winterweizensorten differenziert sich das Sortenspektrum mehrjährig sehr eindeutig nach E- und A- Qualität. Die negative Korrelation zwischen Ertrag und Qualität zeigt sich deutlich, siehe Tabelle 4.

Wirtschaftlichkeit der Behandlungsstufen

Die Prüfung der Sommerweizensorten erfolgte in den Landessortenversuchen unter den Bedingungen zweier Intensitätsstufen, siehe Tabelle 1. Bei der Bewertung der Kosten des höheren Aufwandes in der B2 Variante mussten mindestens 4,2 dt je ha Mehrertrag gegenüber der B1-Variante erzielt werden. Wie aus der Tabelle 2 zu ersehen, wurden diese notwendigen Mindestmehrerträge in der behandelten Variante auf allen Versuchsstandorten sehr sicher und deutlich erzielt, was aus dem Vergleich der Erträge B1 und B2 im Mittel der Sorten deutlich wird. Im Standortmittel lagen die Mehrerträge durch Behandlung (B2) bei rund 9 dt je ha. Auch bei sortenspezifischer Betrachtung zeigt sich, dass in der mehrjährigen Tendenz alle Sommerweizensorten überwiegend in der höheren Intensitätsstufe die höchsten bereinigten Marktleistungen erbrachten. Lediglich bei der Sorte Granny lohnt sich ein intensiverer Blick in die Bestände und eine etwas größere Vorsicht beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Die Leistungen der Sommerweizensorten bezüglich ihrer differenzierten agronomischen Eigenschaften sind der Tabelle 5 zu entnehmen.

Beschreibung der empfohlenen Sorten

Granny: A- Weizen; Ertrag: In den vier Anbaujahren überwiegend stabil gute Erträge leicht über dem Durchschnitt in allen Anbauregionen. Qualität: Sorte mit durchschnittlichen Fallzahlergebnissen und unterdurchschnittlichen Rohproteingehalten. Ertragsbildung: Durchschnittliche Bestandesdichte, leicht überdurchschnittliche Kornzahl je Ähre sowie etwas höhere Tausendkornmasse. Agronomische Merkmale: Mittellange Sorte mit erhöhter Lagerneigung, daher für Standorte mit hohem organischem Düngereinsatz und entsprechend schwer kalkulierbarer Stickstofffreisetzung nicht geeignet. Die Pflanzenschutzintensität ist auf die erhöhte Lagerneigung und die Anfälligkeit gegenüber Blattseptoria auszurichten. Marktleistung: Nicht jedes Jahr immer in der höheren Intensitätsstufe erreicht. Empfehlung für alle Standorte, wegen höherer Winterfestigkeit auch bereits für späte Herbstaussaat geeignet.

Tybalt: A-Weizen; Ertrag: Auf Löß- und Lehmstandorten mehrjährig gute, sehr konstant überdurchschnittliche Erträge. Qualität: Sorte mit guten Fallzahlergebnissen und vergleichsweise leicht unterdurchschnittlichen Rohproteingehalten. Ertragsbildung über mittlere Bestandesdichten sowie Kornzahl je Ähre und überdurchschnittlich hohe Tausendkornmasse. Agronomische Merkmale: Kurze Sorte mit geringer Lagerneigung, daher für Standorte mit hohem organischem Düngereinsatz und entsprechend schwer kalkulierbarer Stickstofffreisetzung geeignet. Die Pflanzenschutzintensität ist auf die erhöhte   Anfälligkeit gegenüber Blattseptoria, Ährenfusarium und DTR auszurichten. Marktleistung: Höchste bereinigte Marktleistung überwiegend in der höchsten Intensitätsstufe erreicht. Empfehlung für Löß- und Lehmstandorte.

Passat: A-Weizen; Ertrag: Im Mittel der Prüfjahre und Standorte leicht überdurchschnittliche Erträge. Auf Lößstandorten mehrjährig eher unterdurchschnittliche Erträge. Qualität: Sorte mit sehr guten Fallzahlleistungen und leicht unterdurchschnittlichen Rohproteingehalten. Ertragsbildung über geringere Bestandesdichte, leicht überdurchschnittliche Kornzahl je Ähre sowie Tausendkornmasse. Agronomische Merkmale: Kurze Sorte mit leicht erhöhter Lagerneigung. Die Pflanzenschutzintensität ist darauf sowie die erhöhte Anfälligkeit gegenüber Mehltau auszurichten. Vorsicht auf Standorten mit erhöhter N-Nachlieferung (Güllestandorte). Marktleistung: Die höheren bereinigten Marktleistungen werden ausschließlich in der höheren Intensitätsstufe erreicht. Empfehlung: Für Lehmstandorte gut geeignet.

SW Kadrilj: E-Weizen; Ertrag: Als E-Sorte im Mittel der Prüfjahre und Standorte noch gut durchschnittliche Erträge, allerdings mit größeren Schwankungen. Qualität: Sorte mit guten Fallzahlleistungen und leicht überdurchschnittlichen Rohproteingehalten, welche allerdings jahresspezifisch schwanken. Ertragsbildung über hohe Bestandesdichte, sehr niedrige Kornzahl je Ähre sowie überdurchschnittliche Tausendkornmasse. Agronomische Merkmale: Kürzere Sorte mit sehr guter Standfestigkeit, bei ansonsten guter Gesundheit ist die nur mittlere Einstufung für Ährenfusarium zu beachten. Anbau auf Standorten mit erhöhter N-Nachlieferung (Güllestandorte) hier empfehlenswert. Marktleistung: Die höheren bereinigten Marktleistungen werden fast ausschließlich in der höheren Intensitätsstufe erreicht. Empfehlung: Für Lößstandorte gut, für Lehmstandorte mit Einschränkung geeignet.

Hinweise zur Aussaat

Auf Grund seines schwächeren Wurzelwerks stellt der Sommerweizen höhere Ansprüche an den Boden. Eine ausreichende, gleich bleibende Wasserversorgung über die Vegetationszeit sollte gegeben sein. Dieses garantiert ein sicheres, höheres und ausgeglicheneres Ertrags- und Qualitätsniveau. Der Sommerweizen ist so früh wie möglich zu säen. Grundsätzlich gilt für alle Sommerungen: Spätere Saat wird nicht durch Reifeverzögerung, sondern durch Lebensverkürzung ausgeglichen. In der Reihenfolge der verschiedenen Sommergetreidearten sollte er vor dem Sommerhafer zur Aussaat gelangen, da er als wasseranspruchsvollste Art bei geringer Wurzelleistung noch am ehesten die Winterfeuchtigkeit ausnutzen kann und am ehesten vor der trockneren Jahreszeit die Bestände geschlossen hat. Die Nutzung einer langen Wachstumszeit unter Kurztagsbedingungen mit Tageslichtlängen unter 14 Stunden fördert die Bestockung und Seitentrieb-Bewurzelung. Bei noch sehr kaltem Boden muss möglichst flach gesät werden. Bei der Wahl der Saatzeit sollte die Durchschnittstemperatur allerdings den Gefrierpunkt überschritten haben. Eine Keimung ist bei 0 bis 1 °C bereits möglich. In Tabelle 7 sind die standortspezifischen Aussaatmengen- und Saatstärkenempfehlungen aufgeführt. Ein dem Krankheitsauftreten und der jeweiligen Sortenanfälligkeit angepasster Pflanzenschutz zeigte sich mehrjährig bislang wirtschaftlich lohnend. Gleichermaßen gilt dieses für den Einsatz von Wachstumsregulatoren zur Standfestigkeitssicherung.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch