Landessortenversuche Sommerweizen 2011

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Sommerweizen 2011 wieder unbefriedigend

Wie schon im Vorjahr, so waren auch in diesem Jahr die Sommerweizenerträge wieder deutlich unterdurchschnittlich. Das sehr trockene Frühjahr bis Ende Mai zeigte seine pflanzenbaulichen Auswirkungen. Über die Anbauschwierigkeiten und Ergebnisse berichten Dr. Joachim Holz und Heinz Koch.

Nach den Ergebnissen der besonderen Ernteermittlung (BEE) des Landesamtes für Statistik in Düsseldorf wurden in Nordrhein-Westfalen im Erntejahr 2011 beim Sommerweizen 58,5dt je ha erzielt, gegenüber 2010 mit 57,6dt je ha - und damit nur unwesentlich besser. Die Eiweißgehalte lagen diesjährig mit 14,4 % im Mittel rund 1,2 % deutlich höher als im Vorjahr.

Anbauflächen- und Ertragsentwicklung

Mit rund 4 250 ha hat die Sommerweizenanbaufläche in NRW gegenüber dem Vorjahr nochmals um rund 1 000 ha zugelegt. Dieses ist sicherlich auch auf den sehr frühen Wintereinbruch im Herbst 2010 zurückzuführen, in dem nicht die ganze Fläche mit Winterweizen bestellt werden konnte. Im zehnjährigen Mittel der Jahre 2002 bis 2011 liegen die BEE-Erträge des Sommerweizens gegenüber dem Sommerhafer und der Sommergerste in NRW um rund 14 dt je ha höher. Bei betrieblich gegebener freier Wahlmöglichkeit einer Sommergetreideart (Sommerhafer, Sommergerste, Sommerweizen) zeigt sich damit deutlich, dass der Sommerweizen die höchste Vorzüglichkeit und die vergleichsweise höchste Rentabilitätserwartung besitzt. Dieses erschließt sich, wenn man die entscheidenden Merkmale - annähernd gleich teure Produktionstechnik, höheres Ertragsniveau, höhere Erzeugerpreise (Winterweizenniveau) sowie höhere Qualität, mindestens A-Sorten - näher betrachtet. Sogar gegenüber dem zehnjährigen Ertragsmittel des Winterroggens (62,8 dt/ha) und des Wintertriticales (62,0 dt je ha) liegen die Sommerweizenerträge im gleichen Betrachtungszeitraum mit 63,2 dt je ha NRW-weit auf gleichem Niveau.

Sommerweizenanbau - Möglichkeiten in der Fruchtfolge

Zusätzliche Argumente für einen Sommerweizenanbau können sein:

  • Späte Zuckerrübenernte unter ungünstigen Witterungs- und Bodenbedingungen mit der Folge unerwünschter, Bodenstruktur beeinträchtigender oder -schädigender Saatbettbereitung und Einschmierendes Winterweizens im Spätherbst, mit entsprechend ungünstigen Folgewirkungen.
  • Entzerrung von Arbeitsspitzen.
  • Sommerweizensorten mit einer ausreichenden Winterhärte, wie Granny, werden auch als Wechselweizen bezeichnet. Sie können bereits im späteren Herbst ausgesät werden. Ihr Vorteil liegt in einer flexibleren Saatzeitspanne von November bis in das Frühjahr hinein. Sie sind in der Entwicklung etwas zügiger und reifen etwas eher ab als spät gesäter Winterweizen. Bei qualitativ hochwertigen Sorten liegen ihre Erträge unter diesen Bedingungen etwa auf dem Niveau von normalen E-Winterweizensorten. Der Anbau von Wechselweizen kommt daher am ehesten für die Produktion von Qualitätsweizen in Frage, wenn entsprechende Preisaufschläge erzielt werden können.

Der Sommerweizenanbau zur Auflockerung auch der Fruchtfolge kann bei entsprechend guter Produktionstechnik damit durchaus hoch wirtschaftlich sein. Allerdings sind auch Risikofaktoren abzuwägen, die gegen einen Sommergetreide- oder Sommerweizenanbau sprechen können:

  • Das Sommergetreide unterliegt in weitaus höherem Maße witterungsbedingten Anbaurisiken als das Wintergetreide. Im Mittel steht von der Saat bis zur Ernte unter optimalen Bedingungen eine Vegetationszeit von rund 150 Tagen zur Verfügung, in der die Witterung als natürlicher ertrags- und qualitätsbestimmender Einflussfaktor, insbesondere bezüglich der Wasser- und Temperaturverhältnisse, stimmen muss.
  • Auch ist das Saatzeitrisiko höher zu bewerten, da bei verspäteter Saat schneller mit niedrigeren Erträgen zu rechnen ist als beim Wintergetreide. Unter solchen Bedingungen kann die verfügbare Vegetationszeit schnell auf 130 Tage und weniger sinken. Das aktuelle Anbaujahr zeigte hier die Grenzen deutlich.
  • Aus diesem Grund sind vor allem trockene Standorte natürlicherweise mit dem höchsten Erzeugungsrisiko behaftet. Demgegenüber sind kühlere, höher gelegene oder wassersichere Standorte (tiefgründige Lehm- oder Lößböden) eher geeignet.

Bemerkenswert sind die deutlichen Unterschiede zwischen den ermittelten BEE-Erträgen aus der Praxis und den in den Landessortenversuchen erzielten Sommerweizenerträgen, auch in einem so problematischen Jahr wie dem abgelaufenen. Im Mittel von fünf Landessortenversuchen wurde 2011 ein Durchschnittsertrag von noch beachtlichen 77,2 dt je ha erzielt, siehe Tabelle 3. Diese sehr beträchtliche Ertragsdifferenz von fast 19 dt je ha zu 58,5 dt je ha BEE hängt nicht nur allein von den versuchsbedingten Spezialbedingungen ab, sondern lässt auch darauf schließen, dass über eine sorgfältige, gezielte Produktionstechnik ein hohes Ertragspotenzial beim Sommerweizen auch unter erschwerten Anbaubedingungen möglich ist.

Die Landessortenversuche

In Nordrhein-Westfalen wurden im Jahr 2011 an zwei Standorten Landessortenversuche mit insgesamt sieben Sommerweizensorten durchgeführt, die ausschließlich aus dem höher qualitativen A- und E- Bereich stammen, siehe Tabelle 2. Zur sicheren Leistungsbeurteilung der Sorten wurden aus den benachbarten Kammerländern Niedersachsen und Schleswig-Holstein noch drei weitere Landessortenversuche für die Lehmstandorte herangezogen. Die produktionstechnische Durchführung der Landessortenversuche ist der Tabelle 1 zu entnehmen. Wie zu ersehen, ist die Produktionstechnik mit zwei N-Düngungsmaßnahmen sowie zwei Pflanzenschutzmaßnahmen sehr einfach und daher kostengünstig.

Bei den drei- und mehrjährig geprüften Sorten, in Tabelle 2 zusammengefasst, zeigte diesjährig über alle Versuchsstandorte hinweg wiederum allein die Sorte Tybalt (A) sehr konstante und deutlich überdurchschnittliche Ertragsleistungen. Die beiden höher qualitativen E-Sorten SW Kadrilj und KWS Scirocco erbrachten im Vergleich zu Tybalt knapp 10 % schwächere durchschnittliche Erträge, wie auch schon im Vorjahr. Mit etwas stärker schwankenden Erträgen an den Einzelstandorten konnten sich weiterhin die A-Sorten Alora und Granny noch gut im leicht überdurchschnittlichen Ertragsbereich positionieren. Die neue E-Sorte Sonett zeigte sich recht stabil über die Standorte mit rund 6 % besser als die beiden älteren E-Sorten. Mehrjährig bestätigt Tybalt ihre sehr gute Ertragsleistung und vor allem ihre sehr hohe Ertragssicherheit, siehe Tabelle 3. Granny als Wechselweizensorte zeigt über die Jahre hinweg noch eine recht gute Ertragskonstanz auf durchschnittlichem Niveau. Auch KWS Chamsin ist mehrjährig noch recht ertragskonstant auf mittlerem Ertragsniveau.

Bezüglich der Eiweißleistungen der Sorten, wie in Tabelle 4 dargestellt, zeigt sich auch in diesem Jahr das gewohnte Bild. Unabhängig von dem über die Jahre immer deutlich höheren Eiweißleistungsniveau der Sommerweizensorten gegenüber den Winterweizensorten differenziert sich das Sortenspektrum mehrjährig sehr eindeutig nach E- und A- Qualität. Die negative Korrelation zwischen Ertrag und Qualität zeigt sich deutlich. Unter Berücksichtigung dieser mehrjährigen Ertragsleistungen an den einzelnen Standortgruppen sind in der Tabelle 5 die entsprechenden Sortenempfehlungen aufgeführt. In der Tabelle 6 sind die sortenspezifischen Ertragsbildungsverhältnisse sowie die jeweiligen Stärken und zu beachtenden Schwächen der empfohlenen Sorten, wenn vorhanden, aufgeführt.

Wirtschaftlichkeit der Behandlungsstufen

Die Prüfung der Sommerweizensorten erfolgte in den Landessortenversuchen unter den Bedingungen zweier Intensitätsstufen, siehe Tabelle 1. Bei kostenmäßiger Bewertung des höheren Aufwandes in der B2 Variante und des ex Ernte 2011 bezahlten Erzeugerpreises mussten mindestens 3,4 dt je ha Mehrertrag gegenüber der B1-Variante erzielt werden. Wie aus der Tabelle 2 zu ersehen, wurden diese notwendigen Mindestmehrerträge in der behandelten Variante im Erntejahr 2011 auf fast allen Versuchsstandorten (Vergleich Erträge B1 und B2 im Mittel der Sorten) erzielt. Die Leistungen der Sommerweizensorten bezüglich ihrer differenzierten agronomischen Eigenschaften als Hinweis auf eine entsprechend gezielte Planung des möglicherweise erforderlichen Pflanzenschutzmitteleinsatzes sind der Tabelle 7 zu entnehmen.

Hinweise zur Aussaat

Aufgrund seines schwächeren Wurzelwerks stellt der Sommerweizen insgesamt höhere Ansprüche an den Boden und die Bodenstruktur. Eine ausreichende, gleichbleibende Wasserversorgung über die Vegetationszeit sollte gegeben sein. Dieses garantiert ein sicheres, höheres und ausgeglicheneres Ertrags- und Qualitätsniveau. Der Sommerweizen ist so früh wie möglich zu säen. Grundsätzlich gilt für alle Sommerungen: Spätere Saat wird nicht durch Reifeverzögerung, sondern durch Lebensverkürzung ausgeglichen. In der Reihenfolge der verschiedenen Sommergetreidearten sollte er vor dem Sommerhafer zur Aussaat gelangen, da er als wasseranspruchsvollste Art bei geringer Wurzelleistung noch am ehesten die Winterfeuchtigkeit ausnutzen kann und am ehesten vor der trockneren Jahreszeit die Bestände geschlossen hat. Die Nutzung einer langen Wachstumszeit unter Kurztagsbedingungen mit Tageslichtlängen unter 14 Stunden fördert die Bestockung und die Seitentrieb-Bewurzelung zur Wasser- und Nährstoffaufnahme.

Bei noch sehr kaltem Boden muss möglichst flach gesät werden. Bei der Wahl der Saatzeit sollte die Durchschnittstemperatur allerdings den Gefrierpunkt überschritten haben. Eine Keimung ist bei 0 bis 1 °C bereits möglich. In der Tabelle 8 sind die standortspezifischen Aussaatmengen- in kg je ha und Saatstärkenempfehlungen in Körner je m² aufgeführt. Diese beziehen sich auf optimale Saatbett- und Saatzeitbedingungen zur ersten Märzdekade. Bei Saatzeitverzögerungen um jeweils 14 Tage sollten die Saatstärken um rund 30 Körner je m² erhöht werden. Ein dem Krankheitsauftreten und der jeweiligen Sortenanfälligkeit angepasster Pflanzenschutz zeigte sich mehrjährig bislang wirtschaftlich lohnend. Gleichermaßen gilt dieses für den Einsatz von Wachstumsregulatoren zur Standfestigkeitssicherung.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch