Landessortenversuche Sommerweizen 2021

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Versuche mit Sommerweizen

Die Anbaufläche von Sommerweizen in NRW ging 2021 auf 2.600 ha zurück. Dies entspricht nur etwa 1% der gesamten Weizenanbaufläche. Die aktuell hohen Getreidepreise und die regional schwierigen Aussaatbedingungen nach spät geerntetem Mais oder Zuckerrüben könnten aber dazu führen, dass im Frühling 2022 wieder etwas mehr Sommer- oder Wechselweizen angebaut wird. Deutlich erhöhen könnte sich die Anbaufläche auch, wenn im Wintergetreide oder -raps noch Auswinterungsverluste auftreten ­– ein trotz global ansteigender Temperaturen auch weiterhin reales Risiko, wie der Kälteeinbruch im vergangenen Winter gezeigt hat.

Rückblick auf 2021

Sommerweizen erzielte 2021 in NRW nur einen durchschnittlichen Ertrag von 49,3 dt/ha. Dieses selbst im Vergleich zu den trockenen Vorjahren (Durchschnittsertrag 2018-2020: 54,2 dt/ha) enttäuschende Ergebnis war vor allem auf den für Sommergetreide ungünstigen Winterungsverlauf zurückzuführen. Betrachtet man den Anbau von Sommerweizen über einen längeren Zeitraum zeigt sich, dass in "normalen" Jahren durchschnittliche Erträge von über 65,0 dt/ha und regional über 80,0 dt/ha erzielt werden können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Sommer- im Vergleich zu Winterweizen oft auch auf etwas schwächeren Böden angebaut wird. 2021 verzögerten anhaltend feuchte Böden und wiederholte Kaltphasen die Aussaat von Sommerweizen um bis zu 4 Wochen. Statt bereits im Februar oder im frühen März konnte meist erst ab der zweiten Märzhälfte gesät werden. Sommerweizen kann aufgrund der insgesamt relativ kurzen Vegetationszeit eine späte Aussaat nur schlecht kompensieren. Die geringen Erträge in 2021 ließen sich zumindest teilweise auf eine zu geringe beziehungsweise späte Bestockung zurückführen. Weizen geht als Langtagspflanze, abhängig von Sorte und Umwelt, mit zunehmender Tageslänge in die Schossphase über und bildet dann keine weiteren Nebentriebe. Besonders wenn trotz später Aussaat die Saatdichte nicht erhöht wurde blieben die Bestandesdichten daher oft gering oder an den spät angelegten Nebentrieben entwickelte sich nur wenige Körner/Ähre. Auf den anhaltend kühlen und nassen Frühling mit wenig Sonnenschein folgte etwa zur Blüte eine kurze Hitzephase und anschließend ein verregneter Sommer, der ebenfalls wenig zur Ertragsbildung beitrug. Tausendkornmassen und Hektolitergewichte waren häufig unterdurchschnittlich, sodass sich viele Partien trotz hoher Proteingehalte nicht optimal vermarkten ließen. Abhängig von der regionalen Niederschlagsverteilung gab es vereinzelt Probleme mit Ährenfusarium und Lager.

Wann lohnt sich der Anbau von Sommerweizen?

Allein aufgrund der geringeren Erträge ist beim Anbau von Sommerweizen mit deutlich geringeren Deckungsbeiträgen zu rechnen als bei Winterweizen. Dieser Unterschied bleibt auch bei einer besseren Vermarktung infolge höherer Qualitäten des Sommerweizens bestehen. Abhängig von den an einem Standort tatsächlich realisierbaren Erträgen ist der Sommerweizenanbau bei den aktuellen Marktpreisen aber kaum weniger attraktiv als der Anbau von anderem Wintergetreide, Silomais oder Zuckerrüben. Dies gilt besonders dann, wenn man neben den direkten Kosten und Erlösen zusätzlich die positive Wirkung einer Sommerung auf die Ungrasbekämpfung auf Ackerfuchsschwanz- oder Windhalmstandorten berücksichtigt. Dennoch birgt der Anbau von Sommerweizen auch Risiken, die hauptsächlich auf die relativ geringe Anpassungsfähigkeit an einen ungünstigen Witterungsverlauf zurückzuführen sind. Wie die vergangenen Jahre gezeigt haben, können sowohl eine ausgeprägte Frühsommertrockenheit und -hitze als auch anhaltend kühle und nasse Witterungsbedingungen dazu führen, dass die tatsächlich realisierten Erträge deutlich hinter den langjährigen Mittelwerten zurückbleiben. Winter- oder Sommerkulturen mit einer längeren Vegetationszeit erzielen in solch schwierigen Jahren oft relativ höhere Erträge und damit auch Deckungsbeiträge. Auf geeigneten Standorten ist Sommerweizen im Vergleich zu Sommerfuttergerste oder -hafer aber meist als rentabler zu bewerten.

Ergebnisse der Landessortenversuche 2021

In den Landessortenversuchen 2021 der Landwirtschaftskammer NRW wurden insgesamt 9 Sommerweizensorten an je einem Standort im Rheinland und in Westfalen geprüft. Am rheinischen Standort Kerpen-Buir erfolgte die Aussaat am 23. März mit 300 Körnern/m². Die Bestandesdichten lagen bei 350-480 Ähren/m² und damit deutlich unterhalb der für einen optimalen Ertrag angestrebten 550-650 Ähren/m². Die Kornzahl/Ähre war, sicherlich auch aufgrund der geringen Anzahl an Nebentrieben, relativ hoch, die durchschnittliche Tausendkornmasse mit 33,8 g aber ausgesprochen gering. Bei praxisüblichem Pflanzenschutz wurde ein durchschnittlicher Kornertrag von 55,1 dt/ha erzielt. Der durchschnittliche Proteingehalt lag mit 15,1% (in TM) deutlich über den Qualitätsanforderungen des Handels, die geringen Hektolitergewichte von durchschnittlich nur 66,6 kg hätten aber zu Preisabzügen geführt. Am ostwestfälischen Standort Lage-Heiden erfolgte die Aussaat erst am 1. April mit 400 Körnern/m². Die trotz der späten Aussaat hohe Bestandesdichte von durchschnittlich 666 Ähren/m² ging einher mit einer sehr geringen Kornzahl/Ähre, besonders an den Nebentrieben. Die Tausendkornmasse lag mit durchschnittlich 36,0 g deutlich unter den mehrjährig erzielten Werten. Bei praxisüblichem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wurde ein durchschnittlicher Ertrag von 61,7 dt/ha erzielt. Der durchschnittliche Proteingehalt lag bei 14,9% (in TM) und das Hektolitergewicht bei 72,5 kg. Bei weitgehendem Verzicht auf den Einsatz von Wachstumsreglern und Fungiziden wurden an beiden Standorten durchschnittliche Ertragsverluste von 10-20% ermittelt. Die beistehenden Tabellen berücksichtigen neben den Ergebnissen aus den Landessortenversuchen in Nordrhein-Westfalen auch Versuche aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hessen, die sich dem Anbaugebiet "Löss und Lehm" zuordnen lassen. Darüber hinaus werden bei der mehrjährigen Auswertung der relativen Ertragsleistung nach Hohenheim-Gülzower-Methode auch Ergebnisse aus Wertprüfungen und weiteren Sortenversuchen einbezogen, um eine möglichst zuverlässige Sortenbewertung zu erhalten.

Sortenempfehlungen

Die Sortenwahl bei Sommerweizen wird nicht nur von der reinen Ertragsleistung, sondern auch von der geplanten Vermarktung beeinflusst. Proteingehalt, Hektolitergewicht und Fallzahlstabilität sind Merkmale die darüber entscheiden, wie zuverlässig eine Sorte als Qualitäts- oder sogar Eliteweizen verkauft werden kann. Darüber hinaus sind für den praktischen Anbau besonders die Lagerneigung und die Anfälligkeit gegenüber verschiedenen Krankheiten relevant. Aktuell ist in Deutschland keine Sorte zugelassen, die sowohl sehr standfest als auch wenig anfällig gegenüber allen Blattkrankheiten ist. Dennoch lassen sich zwischen den geprüften Sorten deutliche Unterschiede in der Anfälligkeit gegenüber bestimmten Krankheiten feststellen, die dazu beitragen können den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren ohne deutliche Ertrags- oder Qualitätsverluste zu riskieren.

Quintus (A) erzielte im Vergleich zu neueren A-Sorten nur noch leicht unterdurchschnittliche Erträge und konnte 2021 trotz hoher Proteingehalte auch im Hinblick auf Hektolitergewicht und Fallzahl nicht immer überzeugen. Weiterhin sprechen für die Sorte die überdurchschnittliche Standfestigkeit sowie die geringe Anfälligkeit gegenüber Gelbrost und vor allem Ährenfusarium. Bei einem frühen Befall mit Mehltau sollte allerdings entsprechend reagiert werden. Quintus zählt zu den begrannten Sorten.

Licamero (A) überzeugt in den Landessortenversuchen bereits seit vielen Jahren mit konstant überdurchschnittlichen Erträgen, besonders in NRW. Proteingehalt und Hektolitergewicht sind als durchschnittlich zu bewerten, allerdings werden die im Handel geforderten Fallzahlen nicht immer zuverlässig erreicht. Licamero wird in der Beschreibenden Sortenliste als nur durchschnittlich standfest und blattgesund und sehr anfällig für Braunrost angegeben, erzielte in den Versuchen im Norddeutschen Bund und Hessen aber auch bei reduziertem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln meist noch relativ gute Erträge. Bei einer Herbstaussaat zusammen mit den Spätsaatversuchen mit Winterweizen erreichte Licamero nur leicht unterdurchschnittliche Erträge, zeigte aber eine gute Winterhärte. Bei einer Aussaat ab Dezember ist der Wechselweizen einem Winterweizen vorzuziehen.

Servus (A) erzielte mehrjährig nur durchschnittliche Erträge, ist aber ausgesprochen standfest, wenig anfällig für Mehltau und erreicht meist hohe Proteingehalte und Fallzahlen. Allerdings ist die Sorte relativ anfällig gegenüber Braunrost und Ährenfusarium, sodass bei entsprechendem Befallsdruck eine späte Fungizidmaßnahme eingeplant werden sollte. Servus ist nach Angaben des Züchters auch als Wechselweizen geeignet.

Jasmund (A) ist hinsichtlich Ertragsleistung und Standfestigkeit ähnlich zu bewerten wie Servus, erzielt aber durchschnittlich etwas geringere Qualitäten. Die Sorte ist eher unterdurchschnittlich gesund, aber auch nicht besonders anfällig gegenüber einzelnen Krankheiten.

SU Ahab (E) überzeugt als E-Sorte vor allem durch einen hohen Proteingehalt und gute Fallzahlen. Die mehrjährige Ertragsleistung ist allerdings nur unterdurchschnittlich und auch im Hinblick auf Blattkrankheiten und Ährenfusarium zählt SU Ahab zu den etwas anfälligeren Sorten. Der Anbau wird daher nur empfohlen, wenn sich die Sorte besser vermarkten lässt als vergleichbare A- oder B-Sorten.

Anabel (E) ist hinsichtlich der Ertragsleistung ähnlich zu bewerten wie SU Ahab, erreicht aber selbst nur relativ geringe Proteingehalte, die eine Vermarktung als E-Weizen erschweren können. Vorteilhaft sind die geringe Anfälligkeit gegenüber Mehltau und Gelbrost sowie die nach Angaben des Züchters bestehende Wechselweizeneignung.

KWS Starlight (A) überzeugt vor allem durch mehrjährig überdurchschnittliche und stabile Erträge. Die für eine Vermarktung als A-Weizen geforderten Proteingehalte und Fallzahlen werden abhängig von den Anbau- und Umweltbedingungen aber nicht immer zuverlässig erreicht. KWS Starlight ist im Vergleich zu anderen Sorten relativ spätreif und langstrohig, abgesehen von der höheren Anfälligkeit gegenüber Mehltau aber leicht überdurchschnittlich blattgesund.

Akvitan (A) bietet ein insgesamt sehr ausgeglichenes Sortenprofil und erzielte in den bisherigen Versuchen befriedigende Erträge und Qualitäten. Die Sorte ist relativ standfest, durchschnittlich blattgesund und nach Angaben des Züchters als Wechselweizen geeignet.

WPB Troy (B) wird als B-Sorte geführt, konnte im ersten Prüfjahr aber sowohl von der Ertragsleistung als auch im Hinblick auf die erzielten Qualitäten mit den meisten A-Sorten mithalten. Die Sorte ist vergleichsweise wenig anfällig für Mehltau, Gelb- und Braunrost und nach Angaben des Züchters auch für eine späte Herbstaussaat geeignet.

Anbauhinweise

An den Anbauempfehlungen für Sommerweizen hat sich in den vergangenen Jahren wenig geändert. Die Aussaat sollte grundsätzlich so früh wie möglich, aber erst dann erfolgen, wenn die Boden- und Witterungsbedingungen es zulassen. Bei sehr frühen Aussaatterminen oder echten Winteraussaaten sollten bevorzugt Sorten mit Wechselweizeneignung genutzt werden, um das Auswinterungsrisiko zu verringern. Die Saatdichte ist an den Aussaattermin und die Umweltbedingungen anzupassen: Ab der zweiten Februarhälfte und bis in den März hinein sind Saatdichten von 320-360 Körnern/m² für eine optimale Ertragsbildung meist ausreichend. Bei einer Aussaat in den Wintermonaten sollte die Saatdichte auf 360-450 Körner/m² erhöht werden. Auch bei späteren Aussaatterminen ab der zweiten Märzhälfte wird empfohlen die Saatdichte sukzessive auf bis zu 450 Körner/m² zu erhöhen, da die einzelnen Keimpflanzen, wie 2021 deutlich zu erkennen, aufgrund der zunehmenden Tageslänge nicht mehr ausreichend bestocken beziehungsweise nur noch schwache Nebentriebe entwickeln. Die Saatbettbereitung und auch die optimale Saattiefe sollten sich nicht nur am Aussaattermin, sondern vor allem am Bodenzustand orientieren. Grundsätzlich gilt: Je feuchter der Boden, desto flacher kann die Ablage erfolgen. Keimverzögerungen infolge einer zu tiefen Bodenbearbeitung oder schlechten Rückverfestigung sind zu vermeiden. Bei der Stickstoffdüngung hat sich eine Aufteilung der Gaben auf 2/3 zur Aussaat und 1/3 zum Ährenschieben bewährt. Die Unkraut- und Ungrasbekämpfung konzentriert sich, anders als im Wintergetreide, weniger auf Ackerfuchsschwanz oder Windhalm sondern vornehmlich auf Unkräuter im engeren Sinne, insbesondere Gänsefuß- und Knötericharten, Klettenlabkraut, Stiefmütterchen und Kamillearten. Diese lassen sich meist gut im 3- bis 4-Blatt-Stadium des Getreides mit blattaktiven Herbiziden erfassen. Abhängig vom Unkrautspektrum und den Boden- und Witterungsbedingungen lassen sich auch durch einen gezielten Striegeleinsatz hohe Wirkungsgrade erzielen. Der Einsatz von Wachstumsreglern und Fungiziden sollte sich an den Sorteneigenschaften sowie dem tatsächlichen Befalls- bzw. Lagerdruck orientieren.

Autor: Johannes Roeb, Heinz Koch