Wintergetreide als Ganzpflanzensilage (GPS): Ergebnisse der Landessortenversuche 2024


Die Nutzung von Wintergetreide als Ganzpflanzensilage (GPS) ist vor allem interessant, wenn die Ernte beim Mais und Grünland geringer ausfällt als erwartet. Während dann gegebenenfalls sogar der ein oder andere zur Körnernutzung geplante Bestand vorzeitig als GPS beerntet wird, stellte sich in der vergangenen Saison häufiger die Frage, ob ein als GPS gesätes Wintergetreide nicht doch noch zur Körnerernte genutzt werden kann. Auch vor diesem Hintergrund werden in den Versuchen nicht nur GPS-Spezialisten, sondern auch Sorten, die sich grundsätzlich auch für den Mähdrusch eignen geprüft.
Wohin mit der Ernte?
Während im Vorjahr die gute Ausnutzung der Winterfeuchte dazu beigetragen hatte, dass überwiegend hohe GPS-Erträge erzielt wurden, führten die großen Niederschlagsmengen im dieser Saison eher zu Mindererträgen. Allgemein zeigten viele Wintergetreidebestände, selbst wenn frühzeitig gesät, einen geringen Feldaufgang und eine schlechten Bestandesentwicklung. Zwar werden Triticale und Roggen zur GPS-Nutzung meist etwas dichter geplant, witterungsbedingte Pflanzenverluste und eine reduzierte Bestockung begrenzten aber den maximalen Ertrag. Darüber hinaus erfolgte die Düngung oft später als optimal und der Pflanzenschutzaufwand war vor allem aufgrund des hohen Braunrostdrucks höher als in den meisten Jahren. Die Ernte verlief ohne Probleme aber mit höchstens durchschnittlichen Erträgen.
Allerdings war aufgrund der Ausweitung der Anbauflächen für Mais und der ebenfalls witterungsbedingt sehr hohen Ertragsleistung des Grünlands oft kaum Bedarf für Ganzpflanzensilage aus Wintergetreide. Selbst bei geringen Futtergetreidepreisen wurden daher nicht wenige GPS-Bestände umgewidmet und als Körnerfrucht beerntet. Obwohl die Kornerträge der meisten auf GPS spezialisierten Sorten deutlich unterhalb der von „echten“ Körnersorten liegen, war dies häufig die wirtschaftlichste Option.
Der Anbau von Wintergetreide als Ganzpflanzensilage bietet im Vergleich zu Mais nicht nur pflanzenbauliche Vorteile (Ausnutzung der Winterfeuchte, Vermeidung von Erosion und Nährstoffauswaschung, Verbesserung der Humusbilanz) sondern hilft auch rechtliche Vorgaben (GLÖZ 6 = Mindestbodenbedeckung, GLÖZ 7 = Fruchtwechsel) zu erfüllen und eröffnet die Möglichkeit einer alternativen Ernte zur Körnernutzung. Bei einer frühen Ernte als GPS bietet sich je nach Standort und Witterungsverlauf die Option des Anbaus einer zweiten Hauptfrucht zur effektiven Ausnutzung der gesamten Vegetationszeit.
Ergebnisse der Landessortenversuche 2024
Aufgrund der schwierigen Aussaatbedingungen konnten in Nordrhein-Westfalen zur Ernte 2024 nur die beiden Landessortenversuche auf Haus Riswick (Pfalzdorf) und Haus Düsse (Ostinghausen) rechtzeitig etabliert werden. Dort erfolgte die Aussaat am 05.10.2023 und 06.10.2023. Die Aussaat in Greven hingegen wäre aufgrund der anhaltenden Niederschläge erst zwei Monate später möglich gewesen - zu spät für eine geplante Nutzung als Ganzpflanzensilage. Die Bestände entwickelten sich ausreichend, litten aber sehr deutlich unter den staunassen Bedingungen. Geerntet wurden bei Wintertriticale durchschnittlich 159, 8 dt/ha Trockenmasse (bei 54,1% TM) auf Haus Riswick und 130 dt/ha Trockenmasse (bei 43,3% TM) auf Haus Düsse und bei Winterroggen durchschnittlich 168,5 dt/ha Trockenmasse (bei 48,2% TM) auf Haus Riswick und 129,1 dt/ha Trockenmasse (bei 44,2% TM) auf Haus Düsse. Die Ergebnisse werden für die mehrjährige und länderübergreifende Auswertung um 3 weitere Versuche aus Niedersachsen ergänzt. Geprüft wurden insgesamt 6 Wintertriticale- und 4 Winterroggensorten.
Maximaler Ertrag oder flexible Ernte?
Die höchsten GPS-Erträge lassen sich mit Wintertriticale- oder Winterroggensorten erzielen, die speziell für die Nutzung als Ganzpflanzensilage gezüchtet wurden. Bei einer alternativen Körnerernte erbringen diese meist unterdurchschnittliche Erträge. Welche Sorte für einen Betrieb die richtige ist hängt daher nicht nur vom Standort und der Kulturführung, sondern auch von der angestrebten Nutzung ab.
Wintertriticale
Der Anbau von Wintertriticale zur Ganzpflanzennutzung bietet sich vor allem auch für etwas bessere Standorte mit ausreichendem Wasserangebot an. Der bei den meisten Sorten geringeren Lagerneigung steht in den meisten Jahren ein etwas höherer fungizider Pflanzenschutzbedarf entgegen.
Tender PZO hat sich langjährig als GPS-Sorte bewährt und kann zur Ernte 2024 vor allem in den nordrhein-westfälischen Versuchen überzeugen. Die Sorte wurde auch zur Grünschnittnutzung, aber nicht zur Körnernutzung geprüft. Tender PZO entwickelt durchschnittlich etwas dünnere Bestände mit einer dafür sehr hohen Pflanzenlänge, die sich allerdings negativ auf die Standfestigkeit auswirkt. Bei der Kulturführung ist die höhere Anfälligkeit für Gelb- und Braunrost zu beachten.
Lumaco erzielt sowohl in der GPS- als auch in der Körnernutzung regelmäßig überdurchschnittliche Ertragsleistungen, vor allem auf leichten Standorten. Aufgrund der zusätzlich guten Blattgesundheit und der im Vergleich zu reinen GPS-Sorten etwas besseren Standfestigkeit zählt die Sorte eindeutig zu den Hauptempfehlungen für alle Niederungslagen. Die etwas geringere Winterhärte ist zu beachten.
Allrounder PZO wird, wie der Name verrät, als Zweinutzungssorte beworben, überzeugt aber vor allem in der Nutzung als GPS. Auf besseren Standorte erzielt die Sorte ähnliche Trockenmasseerträge wie Tender PZO und ist im direkten Vergleich insgesamt gesünder und resistent gegenüber Gelbrost.
Elephantus PZO wurde als Nachfolger von Resolut PZO zur diesjährigen Ernte erstmals geprüft. Die bevorzugt zur Grünschnittnutzung empfohlene Wintertriticale erzielte auf guten Böden durchschnittliche GPS-Erträge und wird für diese Standorte eingeschränkt empfohlen. Elephantus PZO ist etwas kürzer, erzielt aber auch in der Grünschnittnutzung höhere Erträge und ist deutlich weniger anfällig für Mehltau.
Winterroggen
Auf leichten Standorten oder bei einer eher extensiven Kulturführung lassen sich mit Winterroggen oft die besseren Ergebnisse erzielen. Abgesehen vom GPS-Trockenmasseertrag beeinflussen vor allem die Standfestigkeit und die Anfälligkeit gegenüber Braunrost die Sortenwahl.
KWS Progas ist nach wie vor die Sorte der Wahl für alle Betriebe, die sich bereits zur Aussaat sicher sind, dass sie den Bestand als Ganzpflanzensilage ernten möchten. KWS Progas erzielt im Vergleich zu den geprüften Körnersorten durchschnittlich mindestens 5% höhere Trockenmasseerträge sowohl auf leichten als auch auf besseren Standorten. Die Sorte ist relativ früh in der Entwicklung und deutlich länger und erfordert daher einen angepassten Wachstumsreglereinsatz.
KWS Tayo erzielt in der Körnernutzung regelmäßig durchschnittliche Erträge, kann als GPS-Sorte aber weniger überzeugen. Der Anbau wird daher nur eingeschränkt und nur für Betriebe empfohlen, für die eigentlich die Körnernutzung im Vordergrund steht. Positiv zu bewerten ist die höhere Standfestigkeit.
SU Perspectiv wird sowohl zur GPS- als auch zur Körnernutzung empfohlen. Die Sorte ist standfester und blattgesünder als KWS Progas, erreicht aufgrund der geringeren Pflanzenlänge aber nicht ganz das selbe Ertragsniveau. Ganzpflanzensilage von SU Perspectiv enthält im Vergleich zu den beiden vorgenannten Sorten durchschnittlich etwas weniger Kohlenhydrate und mehr Protein.
SU Karlsson wurde zur diesjährigen GPS-Ernte neu in die Versuche aufgenommen und erzielte ähnlich Ertragsleistungen wie SU Perspectiv. Die Sorte kann auch in der Körnernutzung überzeugen und ist im direkten Vergleich etwas weniger anfällig für Braunrost. Der Anbau zur Probe wird empfohlen.
- Tabellen: Wintergetreide als GPS - Ergebnisse der Landessortenversuche 2024
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