Grünlandpflege im Frühjahr

Für das Grünland bedeutet der Winter immer auch einen Härtetest. Ausgeprägte Frostperioden, langanhaltende Schneeauflagen oder auch Überflutung und Staunässe über einen längeren Zeitraum können dem Grünland mehr oder weniger stark zusetzen. In einigen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen und vor allem in Niedersachsen sind seit dem Sommer letzten Jahres aber vor allem massive Schäden auf Grünlandflächen durch Mäuse zu beklagen.

Noch ist der Winter nicht vorbei und es können bis in den März hinein vor allem in höheren Mittelgebirgslagen immer noch Schneefälle und vor allem starke Kahlfröste auf das Grünland einwirken, die insbesondere die nicht extrem frostharten Gräser, wie Deutsches Weidelgras, in Mitleidenschaft ziehen können. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn aufgrund der sehr milden Winterwitterung keine richtige Vegetationsruhe eingetreten ist. Folgt dann ein strenger Frost, können in stärkerem Maße Auswinterungsschäden auftreten. Starke Auswinterungsschäden sowie in diesem Jahr meist die Mäuseschäden und auch Wildschweinschäden auf dem Grünland, bedeuten meist einen erhöhten Pflege- und Nachsaataufwand. Extremfällen können sogar Pflegeumbrüche mit Neuansaaten erforderlich werden.

Es kommt aber zunächst darauf an, das Grünland nach Ausgang des Winters bzw. zu Vegetationsbeginn genau unter die Lupe zu nehmen, um die Art sowie die Dimension von möglichen Auswinterungsschäden zu beurteilen. Folgende Fragen sind dabei zu stellen und zu beantworten:

  • Sind Gräser komplett ausgewintert und abgestorben?
  • Wie hoch ist der Anteil der Auswinterung?
  • Wie hoch ist der Lückenanteil?
  • Wie stark ist die Grünlandnarbe verfilzt?
  • Welche Anteile haben Unkräuter und Ungräser?
  • Gibt es Trittschäden von der letzten Herbstbeweidung?
  • Ist Schneeschimmel verbreitet und wenn ja in welcher Intensität?
  • Ist der Boden durch den Frost hochgefroren?
  • Liegen staunasse oder überflutete Bereiche vor?
  • Wie sind die Schäden durch Mäuse und Maulwürfe oder durch Wildschweine zu beurteilen?

Ein entscheidendes Plus hat derjenige, der in der Lage ist, die Auswinterungsschäden einerseits, und das Regenerationspotenzial seiner Grünlandnarbe andererseits zu Vegetationsbeginn beurteilen zu können. Das Hinzuziehen einer kompetenten Beratung kann im Zweifel hilfreich sein, eine flächenspezifische Grünlandbeurteilung vorzunehmen und daraus erforderliche Pflegemaßnahmen und deren Intensitäten abzuleiten.

Schneeschimmel im GrünlandBild vergrößern
Schneeschimmel
Mäuseschäden im GrünlandBild vergrößern
Mäuseschäden
Auswinterrung im GrünlandBild vergrößern
Auswinterung / Verunkrautung
Wildschweinschäden im GrünlandBild vergrößern
Wildschweinschäden

Wie sieht das Grünland nach dem Winter aus? Grün wird es immer, entscheidend ist aber, dass die Ertrag und Qualität liefernden Futterpflanzen wieder etabliert werden können.

Warum Grünlandpflege?

Eine sorgfältige und den Erfordernissen angepasste Grünlandpflege bzw. -reparatur zu Vegetationsbeginn ist essenziell, um vor allem auf intensiv genutztem Grünland, die Leistungsfähigkeit und die Homogenität, als Grundlage für eine wirtschaftliche Grundfutterproduktion sicherzustellen. Grün wird es immer. Entscheidend ist aber, dass die erwünschten, Ertrag und Qualität liefernden Arten die Grünlandbestände dominieren. Letztlich ist die Erhaltung einer hochwertigen und nährstoffzehrenden Grünlandnarbe durch Pflege und Nachsaaten eine Voraussetzung für eine hohe Effizienz der eingesetzten Nährstoffe. In unseren Zielvorstellungen, was denn nun ein anzustrebendes Grünland ist, spielt das Deutsche Weidelgras, als futterbauliches „Leitgras“ eine entscheidende Rolle. Aufgrund seiner hohen futterbaulichen- und damit wirtschaftlichen Bedeutung in der Grünlandwirtschaft, versuchen wir möglichst hohe Ertragsanteile dieses Grases anzustreben. Trotz der genetisch und physiologisch bedingt begrenzten Winterhärte des Deutschen Weidelgrases, nehmen wir insbesondere in Höhenlagen der Mittelgebirge aber auch auf Moorstandorten das immer wiederkehrende Auswinterungsrisiko in Kauf, so dass die jährliche Nachsaat dieses Grases eine permanente Pflegemaßnahme ist.

Vorsicht beim Walzen

Ob das Walzen mit einer schweren Wiesenwalze (1 – 1,5 t je Meter Arbeitsbreite) nach dem Winter sinnvoll ist oder nicht – dazu kann keine pauschale Empfehlung gegeben werden. Das Walzen macht vor allem da Sinn, wo Böden durch starke Frosteinwirkung aufgefroren sind. Durch das Auffrieren des Bodens ist zum einen der kapillare Wasseraufstieg gestört, zum anderen werden die Wurzeln der Gräser von den Bodenaggregaten regelrecht abgerissen und können ungünstigen Falls absterben, wenn der Bodenschluss nicht wiederhergestellt wird. Solche Bedingungen treten überwiegend auf Moor- und anmoorigen Standorten sowie auf sehr humusreichen Sandböden mitunter aber auch auf schweren Tonböden auf. Unter zu feuchten Bodenbedingungen (wenn Stiefelabsatz sich beim Eintreten in die Grasnarbe abbildet), ist das Walzen eher kontraproduktiv, da es zu temporären Verdichtungen und damit zu einem gestörten Luft-Wasserhaushalt im Boden und in der Folge zu Wachstumshemmnissen des Grünlandes kommt.

In Kombination mit der Übersaat mit Grünlandstriegeln macht das Walzen mit meist angebauten Walzen überaus Sinn, um vor allem einen guten Bodenschluss des ausgebrachten Saatgutes sicherzustellen. Hier haben sich in der Praxis in den letzten Jahren zunehmend Prismen- oder Cambridgewalzen unter trockenen bis erdfeuchten Bedingungen bewährt. Schwere Wiesenwalzen sollten für diesen Zweck nicht eingesetzt werden.

Immer wieder Schleppen

Das Schleppen der Wiesen und Weiden im zeitigen Frühjahr zählt zu den obligatorischen Pflegemaßnahmen. Die Ziele des Schleppens liegen auf der Hand:

  • Einebnen von Erdaufwerfungen durch Maulwürfe und Mäuse sowie Trittschäden zur Vermeidung von Futterverschmutzungen
  • Einreiben und Zerkleinern des im Herbst ausgebrachten Stallmistes bzw. der Exkremente der Weidetiere aus dem letzten Herbst
  • Einreiben und Verteilen eingetrockneter Reste der Frühjahrsgülle
  • Verbesserung der wachstumsfördernden Lichtverhältnisse durch leichte Entfilzung der Grasnarbe
  • Anregung der Bestockung von Gräsern.

Das Schleppen des Grünlandes sollte auf jeden Fall erst dann erfolgen, wenn die Flächen gut abgetrocknet sind. Verschmierungen von Maulwurfshaufen, wenn diese noch zu nass sind, wirken kontraproduktiv zum Pflegeziel.

Striegeln und Nachsaat

Nach Ende des Winters erscheint die Grünlandnarbe oft in einem trübseligen Zustand. Durch abgestorbene Blätter aber auch Moosbildung oder auf feuchten Standorten häufig durch die stark vertretene Gemeine Rispe, kommt zu einer mehr oder weniger starken Verfilzung der Grasnarbe. Diesen Filz gilt es am effektivsten mit einem Grünlandstriegel „herauszukämmen“, damit frühzeitig Licht auf die Narbe einwirken kann. Diese Maßnahme hat den Effekt, dass die vorhandenen Gräser früher und stärker assimilieren und dadurch wieder schneller regenerieren und wachsen. Den gleichen Effekt hat das Striegeln, wenn gerade auf Grünland verstärkt Schneeschimmel auftritt. Schneeschimmel ist ein Fusariumpilz, der insbesondere dann auftritt, wenn Grünlandbestände zu üppig in den Winter gegangen sind und längere Zeit unter einer Schneedecke lagen. Nach der Schneeschmelze zeigt sich unter solchen Bedingungen der oft typische weißliche Myzelbelag, der den Wiederaustrieb behindert und letztlich im weiteren Vegetationsverlauf eine Ertrags- und Qualitätsrelevanz haben kann. Zeitiges Striegeln ist hier angezeigt um abgestorbenes Pflanzenmaterial zu verteilen. Bei starkem Schneeschimmelbefall im Frühjahr sollte aber besser nicht gestriegelt werden, damit die Pilzinfektion nicht über den gesamten Bestand verteilt wird. Eine frühzeitige Stickstoffdüngung und, falls angezeigt das Walzen, regt das Pflanzenwachstum und damit die Regenerationsfähigkeit des Bestandes an.

Durch das Herausstriegeln von abgestorbenen Pflanzenmaterial sowie der leicht erfassbaren Ungräser und Unkräuter werden mehr oder weniger große Lücken geschaffen. Große Lücken können aber auch durch Mäuse verursacht werden, die in vielen Regionen bereits im Sommer letzten Jahres auftraten. Wie auch immer die Lücken entstanden sind, sie sollten unbedingt über eine Nachsaat mit geeigneten und möglichst regional empfohlenen Sorten des Deutschen Weidelgrases geschlossen werden. Die Nachsaatmenge orientiert sich an dem Anteil der Lücken. Bei einem Lückenanteil von 5 bis 10 Prozent sind 5-8 kg/ha ausreichend. Betragen die Lückenanteile 10 bis 20 Prozent sind 10 bis 15 kg/ha angezeigt. Bei stark ausgewinterten Grünlandbeständen mit Lückenanteilen über 20 bis 30 Prozent und mehr, bringt die Durchsaat mit entsprechender Spezialtechnik (z.B. Schlitztechnik von Vredo oder Köckerling) eine größere Nachsaatsicherheit und einen höheren Nachsaaterfolg; und dies vor allem auf zur Trockenheit neigenden Standorten. Die Durchsaatmengen sind dann zwischen 15 bis 25 kg/ha zu bemessen.

Maschinen zur Grünlandpflege

Mit dem Grünlandstriegel wird die Grünlandnarbe entfilzt und Lücken für die Etablierung von Nachsaaten geschaffen. Die Scheibenschlitztechnik von Vredo hat Vorteile bei Lückenanteilen über 20 Prozent. Die Saatgutablage in den Boden ist insbesondere unter trockenen Bedingungen günstiger als bei der Obenaufsaat mit dem Grünlandstriegel.

Wer die lückige Grünlandnarbe sich selbst überlässt und allein auf das Regenerationsvermögen des Pflanzenbestandes hofft, der muss mit einer starken Ausbreitung unerwünschter Arten wie Gemeine Rispe, Vogelmire, Hirtentäschel und vor allem dem Stumpfblättrigen Ampfer rechnen. Der Effekt der Bekämpfung der Gemeinen Rispe mit dem Striegel zu Vegetationsbeginn ist aufgrund der noch vorhandenen Winterfeuchtigkeit und der erst beginnenden Vegetation erfahrungsgemäß bei weitem nicht so effektiv wie im Spätsommer nach einer trockenen Periode. Durch die letztjährige Sommertrockenheit wurde die Gemeine Rispe bereits stark dezimiert. Im Frühjahr ist eher eine verhaltene Striegelintensität angezeigt, da ansonsten das Risiko einer zu starken Narbenverletzung zu groß ist.

Nachsaaten, auch zu Vegetationsbeginn, sind immer mit Risiken verbunden und der Nachsaaterfolg bzw. die Nachsaateffizienz hängt letztlich von dem weiteren Witterungsverlauf ab. Gerade in den Mittelgebirgslagen sind es vor allem Spätfröste, die den noch empfindlichen Keim- und Jungpflanzen der Nachsaaten schaden können. Mit diesem Risiko muss man leben. Die vorhandenen Lücken nach dem Winter nicht nachzusäen und eine zunehmende Verunkrautung und Verungrasung in Kauf zu nehmen, ist allerdings auch keine zu empfehlende Strategie.

Extreme Schäden

Bei extrem starken Mäuse- und/oder Wildschweinschäden, wo nicht nur Lücken entstanden sind sondern der Boden mehr oder weniger intensiv durchwühlt wurde, ist meist eine planierende Bodenbearbeitung angezeigt. Je nach Schadensbild ist der Einsatz von flach arbeitenden Bodenfräsen oder Kreiseleggen sehr effektiv. Bei stark aufgewühlten Böden durch Wildschweine können aber mit speziellen Maschinen wie dem Wiesenengel oder dem Wiesenhobel bessere Einebnungsergebnisse erzielt werden, vor allem, wenn im Frontanbau ein tief eingestellter Mulcher oder eine Kreiselegge Grassoden und Bodenkluten zerkleinert. Wichtig bei jeglicher Bodenbearbeitung ist, dass der Boden im Bearbeitungshorizont gut abgetrocknet ist. Mit einer kombinierbaren Aufbausämaschine kann die Bodenbearbeitung und Aussaat in einem Arbeitsgang erfolgen.

Was tun bei Futtermangel?

Besteht im Betrieb bereits Futtermangel bzw. ist dieser aufgrund anstehender Ertragsausfälle zu erwartenden, kann es sinnvoll sein, auf Neuansaatflächen 8 bis 12 kg/ha Einjähriges Weidelgras als „Ammengras“ zusammen mit der Grünland-Ansaatmischung auszusäen. Dadurch können Ertragsausfälle etwas kompensiert werden, da das Einjährige Weidelgras bei entsprechender N-Düngung eine Ertragserwartung im ersten Aufwuchs von 30-35 dt/ha TM hat. Für dieses Verfahren sollten beim Einjährigen Weidelgras frühe, erstschnittbetonte Sortentypen bevorzugt werden. Die Aussaatmenge für die Grünland-Ansaatmischung, die gewissermaßen als Untersaat fungiert, kann auf 25 bis 30 kg/ha bemessen werden. Die Aussaat von Sommergetreide zur Futtergewinnung wie z.B. Hafer als GPS, ist bei diesem Verfahren aus förderrechtlichen Gründen nicht zulässig.

Grundsätzlich ist ein Pflegeumbruch von Dauergrünland bei der zuständigen Landwirtschaftskammer bzw. beim Landwirtschaftsamt zu beantragen. Der Pflegeumbruch bedarf i.d.R. einer Genehmigung durch die untere Landschaftsbehörde. Schwere Grünlandschäden die durch Wildschweine oder Mäuse verursacht worden sind, werden in vielen Bundesländern als „Höhere Gewalt“ anerkannt. Erforderliche Pflegeumbrüche können dann bei der zuständigen Landwirtschaftskammer in einem vereinfachten Verfahren zur Genehmigung beantragt werden. Ein Pflegeumbruch vor der Antragstellung und Genehmigung ist jedoch nicht zulässig.

Autor: Hubert Kivelitz