Grünlanderneuerung - Förderrecht bei Grünlandumbruch beachten

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Gründlandumbruch

Die vor allem durch Mäuse und Wildschweine entstandenen Schäden auf vielen Grünlandflächen, müssen durch Nach- oder Neuansaaten repariert werden um Futterknappheit durch Ertragsausfälle zu minimieren. Wenn Neuansaaten anstehen und vor allem Grünland-Pflegeumbrüche als notwendige Sanierungsmaßnahme angezeigt sind, sollte förderrechtliche Belange und Wasserschutz relevante Aspekte geachtet werden. Auch bei der Einsaat von sogenannten „Ammengräsern“ und „SOS- oder Notfall-Mischungen“, die schnell möglichst hohe Futtererträge liefern sollen, sollten einige Hinweise beachtet werden.

Ertragsausfall kompensieren?

Solange hohe Mäusepopulationsraten auf dem Grünland vorhanden sind, sollten ohne vorhergehende tiefgreifende Bodenbearbeitung keine Neuansaaten durchgeführt werden. Um einen wiederholten starken Mäusebefall neu ausgesäter Flächen zu verhindern, sollten die Kalamitäten unbedingt konsequent beobachtet werden. Sobald die ersten Befallsnester auftreten, sollte man mit den bereits angesprochenen Ködern reagieren.

Neuansaaten im Frühjahr bedeuten, dass der meist ertragsstärkste erste Schnitt nicht zur Verfügung steht. Ist aufgrund starker Schäden auf einem höheren Anteil der betrieblichen Grünlandflächen ein hoher Ertragsausfall zu erwarten, kann zur Kompensation die Ansaat von „Ammengräsern“ als Deckfrucht für die Dauergrünlandsaat sinnvoll sein. Jedoch ist hier das Förderrecht zu beachten. Konform mit dem Förderrecht ist die Aussaat von Einjährigem Weidelgras (oder Mischungen mit Welschem Weidelgras). Für dieses Verfahren sind frühe Zwischenfruchtsorten oder auch frühe erstschnittbetonte Hauptfruchtsorten zu empfehlen. Damit die Grünland-Untersaat nicht zu stark unterdrück wird, ist die Aussaatmenge des Einjährigen Weidelgrases zu begrenzen. Folgende Aussaatmengen sind zu empfehlen:

8 bis 12 kg/ha Einjähriges Weidelgras + 30 kg/ha Grünlandmischung

Vielfach werden im Handel sogenannte „SOS- oder Notfall-Mischungen“ angeboten, in denen Grünlandsaatmischungen zusammen Einjährigem Weidelgras enthalten sind. Solche Fertigmischungen können durchaus verwendet werden, jedoch sollten die Mischungen, bezogen auf die Arten des Dauergrünlandes, möglichst auch die regional empfohlenen Sorten enthalten. Ein Blick auf das Etikett ist daher sinnvoll.

Die Verwendung des Einjährigen Weidelgrases als „Ammengras“ bei Grünlandneuansaaten ist nicht ganz unproblematisch und sollte nur daher nur als „Notmaßnahme“ in Erwägung gezogen werden. Bei der Nutzung sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass dieses Ackerfuttergras möglichst nicht zur Aussamung kommt, da es sonst in den Folgejahren weiterhin im Bestand vorkommt. In frostsicheren Mittelgebirgslagen wintert diese Grasart meist aus. Dagegen übersteht es milde Winter in Niederungslagen recht gut. Neuansaaten im Frühjahr können meist erst Ende März, Anfang April durchgeführt werden. Die Wachstumszeit von der Aussaat bis zur ersten, ertragsorientierten Nutzung von Einjährigem Weidelgras dauert mindestens sechs, eher acht Wochen. Dies korrespondiert meist nicht mit einem optimalen Nutzungstermin der übrigen Grünlandflächen, wenn ein qualitätsbetonter erster Schnitt angestrebt wird. Aufgrund des anderen Entwicklungsrhythmus von Einjährigem Weidelgras ist zu überlegen, diese Flächen gegebenenfalls über das ganze Jahr separat zu nutzen. Wichtig ist, dass das Aussamen des Einjährigen Weidelgrases tunlichst vermieden werden sollte. Wintert das Einjährige Weidelgras über Winter aus, so entstehen Lücken, die im darauffolgenden Frühjahr über eine Nachsaat mit einer Nachsaatmischung geschlossen werden sollten.

Die Aussaat von Einjährigem und/oder Welschem Weidelgras ist im Sinne des Förderrechtes nur als „Ammengras“ zusammen mit einer Dauergrünlandmischung als Untersaat zulässig und nicht als Reinsaat.

Die Nutzung von Hafer als „Ammengras“ oder z.B. Hafer-Erbsen-Gemenge oder sonstige Sommergetreidearten und deren Gemenge wären aus futterbaulicher und pflanzenbaulicher Sicht sinnvoll und praktikabel. Im förderrechtlichen Sinne sind diese Kulturen für Grünlandansaaten derzeit aber nicht zulässig. Eine Notlage (Futterknappheit) aus der sich eine Änderung des Förderrechtes ergeben könnte, ist in NRW derzeit nicht gegeben.

Tabelle 1: Empfehlungen früher Sorten des Einjährigen Weidelgrases (Reifegruppe 1-3) im Zwischenfruchtanbau 2019/20 (AG norddeutscher Landwirtschaftskammern)

Sorte Beginn des
Ährenschiebens
Ertrag 1. Schnitt Lagerneigung Rostresistenz
  Angus 1, t   1 ++ 0 0
  Souvenir, t  2 ++ o +++
  Arminius   2 + - +
  Likoloss   2 + o +
  Alberto, t   3 +++ o ++
  Allisario   3 ++ - ++
  Libonus, t   3 ++ o +
  Lifloria   3 + + +

--- = sehr deutlich unterdurchschnittlich
-- = deutlich unterdurchschnittlich
- = unterdurchschnittlich
o = durchschnittlich
+ = überdurchschnittlich
++ = deutlich überdurchschnittlich
+++ = sehr deutlich überdurchschnittlich
t = tetraploid 

Förderrecht bei Grünlandumbruch beachten

Das Pflügen von Grünland oder eine mechanische Zerstörung der Grasnarbe von Dauergrünland mit dem Ziel wieder Gras oder andere Grünfutterpflanzen anzusäen, ist als Neuanlage von Dauergrünland zu bewerten. Dieses Verfahren ist seit dem 30.03.2018 genehmigungspflichtig. Dabei ist zu beachten, dass diese Neuanlagen für einen Zeitraum von fünf Jahren als (Dauer-)Grünlandflächen zu halten sind, ohne dass diese nochmals gepflügt oder anderweitig bearbeitet werden dürfen. Eine geplante Grünlanderneuerung mit vorhergehender Bodenbearbeitung wird nicht nur durch die förderrechtlichen Greeningbestimmungen geregelt. Fachrechtliche Umwandlungsverbote von Dauergrünland und Dauergrünlandbrachen nach Naturschutz- und Wasserrecht bestehen parallel dazu. Erteilen die Kreise und kreisfreien Städte unter Berücksichtigung des Naturschutz- oder Wasserrechtes eine Bescheinigung zur Genehmigung, so ist im nächsten Schritt bei der zuständigen Bewilligungsstelle der Landwirtschaftskammer NRW ein „Antrag auf Umwandlung von Dauergrünland; in diesem Fall zur Narbenerneuerung“ zu stellen. Diesem Antrag ist die Bescheinigung (Anlage C) der Kreise und kreisfreien Städte beizufügen.

Erfolgt eine Grünlanderneuerung nach einer chemischen Abtötung der Grasnarbe im Direktsaatverfahren ohne Bodenbearbeitung, so ist eine behördliche Genehmigung nicht erforderlich.

Falls innerhalb von fünf Jahren nach Grünlanderneuerung eine Schädigung der Grünlandnarbe beispielsweise durch Wildschweine eintritt, so liegt ein Fall von „Höherer Gewalt“ vor. Ansonsten ist ein weiterer Antrag auf dem „normalen“, wie oben beschriebenen Wege, nicht genehmigungsfähig.

Ausnahme höhere Gewalt

Sind auf Grünlandflächen starke Wildschweinschäden aufgetreten, die eine flächenhafte Bodenbearbeitung mit Neuansaat erforderlich machen, kann bei der Landwirtschaftskammer NRW ein sogenannter „Antrag auf Anerkennung eines Falles höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände“ gestellt werden. Fachrechtliche Regelungen bleiben davon unberührt und sind weiterhin zu beachten. Für die Antragsstellung gibt es bei den Kreisstellen der Landwirtschaftskammer oder auf dessen Homepage entsprechende Vordrucke. Der Antrag muss grundsätzlich begründet und ein entsprechender Nachweis des zeitlich einzugrenzenden Schadens erbracht werden (z.B. Fotos der Fläche und des Schadens). Zudem ist er innerhalb von 15 Tagen einzureichen.

Wichtig ist aber die Unterscheidung zwischen der Größe der „beantragten Fläche“ und der von der höheren Gewalt „betroffenen Fläche“. Das heißt, dass ausschließlich die vom Wildschaden betroffene Fläche einem Pflegeumbruch unterzogen werden darf, wenn keine alternative pfluglose Einsaatmethode gegeben ist. Ebenso ist zu beachten, dass ein Pflegeumbruch vor Antragstellung und Genehmigung nicht zulässig ist.

Das Eintreten von Grünlandschäden durch andere Verursacher, wie z. B. Mäuse, kann im Einzelfall bei besonders schweren Schäden ebenso zu einem Fall von „Höherer Gewalt“ führen. Bei starken und flächenhaft auftretenden Grünlandschäden die durch Engerlinge oder Tipulalarven verursacht wurden und eine Erneuerung bzw. Teilerneuerung des Grünlandes erforderlich machen, sollte man sich auf jeden Fall an die zuständige Kreisstelle der Landwirtschaftskammer wenden. Solche Einzelfälle müssen dann konkret vor Ort begutachtet und geklärt werden.

Wird dem Antrag auf Anerkennung eines Falles höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände durch die Landwirtschaftskammer genehmigt, bleibt der Beihilfeanspruch für eine Fläche gewahrt.

Gülle bei Neuansaaten

Erfolgen Grünlandumbrüche mit dem Pflug oder vergleichbarer Bodenbearbeitungsintensität, ist mit einer hohen Stickstofffreisetzung zu rechnen, was über Nitrat-Auswaschungsverluste ein potenzielles Risiko für das Grundwasser darstellen kann. Diese sind jedoch im Frühjahr deutlich geringer einzustufen als im Herbst, wenn die Sickerwasserperiode unmittelbar bevorsteht. Wird ein Grünlandumbruch mit dem Pflug in wassersensiblen Gebieten in Erwägung gezogen, beispielsweise als Maßnahme zur Bekämpfung hoher Mäusepopulationen, sollten unbedingt die zuständigen Wasserberater der Landwirtschaftskammer einbezogen werden, um Einzelfälle vor Ort zu entscheiden.

Bei Neuansaaten sollte im ersten Jahr nach der Ansaat möglichst auf die Gülledüngung im stehenden Bestand verzichtet werden. Ansonsten kann es aufgrund des Salzgehaltes in der Gülle zu Schädigungen an den jungen Gräsern kommen (Verätzungsgefahr). Ist zur Neuansaat im Frühjahr eine vorhergehende Bodenbearbeitung geplant, kann jedoch zuvor Gülle ausgebracht werden. Da eine umzubrechende Grünlandnarbe wie „unbestelltes“ Ackerland zu werten ist, muss die Gülle entsprechend der Düngeverordnung innerhalb von vier Stunden eingearbeitet werden. In Gebieten mit rotem Grundwasserkörper beträgt die Einarbeitungsfrist eine Stunde nach Beginn der Gülleausbringung. Die ausgebrachten Gülle-Mengen sollten in dem beschriebenen Verfahren moderat sein und auf 50 kg/ha Gesamt-N begrenzt werden.

Das Unterpflügen von Gülle macht aus pflanzenbaulicher Sicht keinen Sinn, da die Nährstoffe in Flugsohlentiefe für die jungen Gräser kaum erreichbar sind. Erfolgt eine Neuansaat im Direktsaatverfahren ohne jegliche Bodenbearbeitung in eine abgetötete Grünlandaltnarbe, so ist die Ausbringung von Gülle in Breitverteilung sowie im Schleppschlauch- oder Schleppschuhverfahren nicht zu empfehlen. Da noch keine aufnahmefähige Pflanzendenke vorhanden ist, wären die N-Verluste in Form von Ammoniak zu groß und dadurch die Effizienz des eingesetzten Stickstoffs deutlich vermindert. Das Einschlitzen der Gülle in den Boden ohne N-aufnehmende Vegetation zu diesem Zeitpunkt ist ebenfalls kritisch zu beurteilen.

Auch für Grünlandneuansaaten ist eine Düngebedarfsermittlung durchzuführen. Nach einem Grünlandumbruch werden vor allem im ersten Jahr meist hohe N-Mengen mineralisiert, welche potenziell auswaschungsgefährdet sind. Auch wenn es in der Düngeverordnung so explizit nicht geregelt ist, sollte die Stickstoffnachlieferung aus dem Grünlandumbruch im Hinblick auf den Gewässerschutz auf jeden Fall berücksichtigt werden. Dabei sollten bei Frühjahrsumbruch im ersten Jahr mindestens 50 kg/ha N-Nachlieferung in der Düngebedarfsermittlung einkalkuliert werden. Im zweiten Jahr nach dem Pflegeumbruch können nochmals mindestens 15 kg/ha N-Nachlieferung kalkuliert werden.

Ist im Rahmen der Grünlandneuansaat aufgrund von Futterknappheit die Einsaat von Einjährigem Weidelgras als „Ammengrases“ geplant, sollte sich die Düngebedarfsermittlung für Stickstoff am zu erwartenden Ertrag dieses Ackerfuttergrases orientieren, das im ersten frühen Aufwuchs ertragsbestimmend ist. Je nach Naturraum und Standortverhältnissen ist mit einer Ertragserwartung von 30 bis 35 dt/ha zum Zeitpunkt des Ährenschiebens zu rechnen. Dem gegenüber steht ein N-Bedarf von 80 bis 100 kg/ha. Die kalkulatorischen N-Nachlieferungsmengen aus dem Boden (10 kg/ha bei Mineralböden) und 10 Prozent aus der Gesamt-N-Menge der Gülle des Vorjahres, sind entsprechend der Düngeverordnung im Rahmen der Düngebedarfsermittlung für das Grünland über das ganze Jahr betrachtet in Ansatz zu bringen. In den Folgeschnitten sollte dann die bereits erwähnte N-Nachlieferung aus dem Grünlandumbruch in der Düngekalkulation unbedingt einfließen.

Autor: Hubert Kivelitz