Landessortenversuche Frühkartoffeln 2006

Kartoffeln im BodenBild vergrößern
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Frühkartoffeln war es nicht zu heiß

Die sehr frühen Sorten konnten in diesem heißen Sommer ohne Qualitätsprobleme heranwachsen. Auch wenn Frühkartoffeln oft nur dem Markteinstieg dienen, muss man ihre Bedeutung bei sich wiederholenden Jahrhundertsommern neu bewerten. Sie haben die Rolle einer Qualitätsreserve, die die klassischen Anschlusssorten, wie Cilena oder Princess, in diesem Jahr nicht erreicht haben. Sorten, die in diese Qualitätslücke am ehesten hineinpassen, nennt Peter Lövenich, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen.

Das späte Frühjahr erlaubte erst ab dem 18. März das Pflanzen der Frühkartoffeln in den Anbauzentren und ab 10. April im gesamten Land. Damit war der zeitliche Rahmen in NRW deutlich enger als im Vorjahr, in dem sich die Pflanzung der Frühkartoffeln fast über einen Monat hinzog. Nach den frostigen Nächten Anfang April setzte sich freundliche Witterung durch und führte zu einem zügigen Auflauf. Die frühsommerlichen Temperaturen in den ersten Maiwochen brachten den Beständen einen regelrechten Wachstumsschub, wodurch ein Teil des Vegetationsrückstandes aufgeholt werden konnte. Die anschließenden teilweise sehr heftigen Niederschläge versetzten den Beständen einen Dämpfer und führten zu ersten Infektionen mit Erwinia. Gleichzeit stieg die Gefahr von Stängelphytophthora deutlich an, worauf die Praxis mit systemischen Fungizidspritzungen reagierte. Trotz der widrigen Verhältnisse blieben frühe Infektionen mit Krautfäule weitgehend verschont, verloren aber wieder etwas Vegetationszeit. Die ersten zaghaften Ernteversuche begannen erst Anfang Juni und die Notierungen für Frühkartoffeln setzten erst zum Ende des Monats auf hohem Niveau ein.

Die Landessortenversuche wurden am Standort Kerpen-Buir am 11. April und in Viersen-Waldniel am 18. April unter guten Bedingungen ausgepflanzt. Der Auflauf war zügig und es gab keine Beeinträchtigung durch Spätfröste. Krautfäule trat in Buir Ende Juni zum erstenmal auf, brachte aber keinen Schaden in den Versuchen.

Witterungsbedingt erfolgte die Ernte in Buir ohne Krautregulierung weitgehend abgereift am 16. August und in Waldniel nach Krautregulierung   am 13. Juli erst am 12. September, da die Witterungsbedingungen eine frühere Ernte nicht zuließen. Am 7. Juli wurde der Versuch in Waldniel mit 25 mm beregnet, was aber wegen der fortgeschrittenen Reife keinen großen Einfluss mehr auf das absolute Ertragsniveau hatte. In Buir lagen die Erträge etwa 8 dt/ha und in Waldniel sogar 57 dt/ha unter dem dreijährigen Schnitt. Hieran zeigt sich, dass zu Beginn der Hitzeperiode der schwerere Standort Buir noch mehr Wasserreserven hatte und der Ertragsabfall im Gegensatz zu Waldniel niedriger ausfiel.

Welche Erkenntnisse im Jahr 2006 sonst noch in den Versuchen gewonnen werden konnten, lesen Sie in der Einzelbeschreibung der Sorten:

Berber diente im Versuch als Vergleichssorte hinsichtlich Frühreife. Viele Neuzulassungen der letzten Jahre konnten in diesem Punkt nicht mit Berber mithalten. Berber hat ovale Knollen mit hellgelbem Fleisch. In diesem Jahr brachte sie einen durchschnittlichen Ertrag, bei starken Schwankungen über beide Standorte. Der Übergrößenanteil war hoch, was bei der angestrebten frühen Ernte aber eher als Vorteil anzusehen ist. Die Stärkegehalte liegen im mittleren Bereich. Berber neigt zu Schorf und bei großen Knollen auch zu Wachstumsrissen, was in diesem Jahr aber nicht so ausgeprägt war.

Solist ist von der Firma Norika und wurde zum erstenmal geprüft. Solist brachte nur einen unterdurchschnittlichen Ertrag bei sehr gleichmäßiger Sortierung. Sie ist vorwiegend festkochend, besitzt eine hellgelbe Fleischfarbe und hat rundovale Knollen. Die Sorte ist für die frühe Abpackung vorgesehen, lässt sich problemlos waschen und hatte auch bei starken Niederschlägen keine Probleme mit Erwinia. Auffallend ist die hohe Empfindlichkeit gegen kalte Nächte nach dem Auflauf. Darauf reagiert sie mit deutlichen Blattaufhellungen. Inwieweit sich das ertraglich auswirkt, muss noch näher untersucht werden. Aufgrund ihrer Robustheit könnte Solist als Alternative zu Berber gelten, obwohl sie in der Reifezeit nicht ganz so früh ist.

Gloria hat in den letzten Jahren in der Direktvermarktung wieder etwas mehr Beachtung gefunden. Unter den trockenen Bedingungen in Buir konnte sie einen überdurchschnittlichen Ertrag bilden und zeigte in diesem Jahr auch keinen Durchwuchs, sondern nur einige missgebildeten Knollen. In Waldniel war das Ertragsniveau etwas niedriger. Die Knollen sind optisch ansprechend, mit hellgelber Fleischfarbe und vorwiegend fester Kocheigenschaft. Auch in diesem Jahr zeigte Gloria bei überlanger Wachstumszeit Tendenz zum Lockerkochen. Trotz der bekannten Schwächen wird Gloria ihre Anbaubedeutung auf dem jetzigen Niveau in der Direktvermarktung halten.

Leyla zählt wie Gloria zu den altbewährten Frühsorten und steht im Rheinland in erster Linie bei den Direktvermarktern. Leyla ist vorwiegend festkochend eingestuft, tendiert aber bei normalen Stärkegehalten zur festen Kocheigenschaft. Maßgeblich trägt die tiefgelbe Fleischfarbe und der gute Geschmack zum sehr guten Ruf der Sorte bei. Der Ertrag war in diesem Jahr auf beiden Standorten sehr gut, bei allerdings kleinfallender Sortierung. Leyla hat eine erhöhte Schorfanfälligkeit, die unter ungünstigen Witterungsbedingungen oder auf leichten Standorten immer wieder zum Tragen kommt.

Frühgold wurde nunmehr im zweiten Jahr geprüft und brachte nach durchschnittlichen Erträgen im Vorjahr jetzt auf beiden Standorten nur unterdurchschnittliche Erträge. Die Sortierung ist ausgeglichen mit hohen Anteilen im Bereich von 35 bis 50 mm. Sie ist eine lange, vorwiegend festkochende Sorte mit sehr glatter Schale, die optisch gefällt. Zu bemängeln ist die sehr hellgelbe Fleischfarbe und bereits im zweiten Jahr der hohe Anteil an verwachsenen, formuntreuen Knollen. Trotz ihrer Einstufung als Frühsorte ist der Bestandsaufbau zu Beginn verhalten, sie holt dann schnell wieder auf. Dementsprechend spät ist auch die Stärkeeinlagerung, was bei vorzeitiger Ernte einen faden Geschmack verursachen kann. Frühgold sollte daher vorgekeimt gepflanzt werden, um dieses Manko etwas auszugleichen. Wer mit der helleren Fleischfarbe umgehen kann, wird mit dieser langen, glattschaligen Sorte seine Freude haben.

Valetta ist ebenfalls im zweiten Jahr geprüft und konnte das hohe Ertragsniveau des Vorjahres auf beiden Standorten bestätigen. Die Sortierung ist ausgeglichen mit einem hohen Anteil marktfähiger Ware. Unter guten Wachstumsbedingungen erhöht sich aber der Übergrößenanteil. Die Knollen sind langoval mit glatter Schale, vorwiegend festkochend und haben eine gelbe Fleischfarbe. Der im letzten Jahr hohe Anteil an verwachsenen Knollen hat sich nicht bestätigt, im Gegenteil, sie präsentierte sich auffallend formtreu, ohne Schorf oder Wachstumsrisse. Damit verbindet Valetta den beliebten langen, gelbfleischigen Knollentyp mit einem überdurchschnittlichen Ertrag, was die Sorte für viele interessant machen dürfte.

Saline ist eine ovale, hellgelbe vorwiegend festkochende Sorte, die eher dem kompakt-robusten Knollentyp entspricht. Die Erträge waren in diesem Jahr überdurchschnittlich bei einer ausgeglichenen Sortierung. Die Stärkegehalte liegen im oberen Bereich, Knollenmängel fielen in diesem Jahr nicht besonders ins Gewicht. Diese Sorte könnte sich im Abpackbereich etablieren.

Verona von der Firma Saka Ragis wurde erstmalig geprüft, wobei sie auf Anhieb den höchsten Ertrag in Kerpen-Buir und den zweithöchsten in Waldniel brachte. Verona hat ovale, vorwiegend festkochende Knollen mit hellgelber Fleischfarbe und feiner, glatter Schale. Die Sortierung war etwas kleinfallend für dieses Segment und ist mit dem hohen Knollenansatz zu begründen. Knollenmängeln begrenzten sich auf einen höheren Anteil an grünen Knollen. Die Sorte ist sowohl für die Direktvermarktung als auch für den Handel empfehlenswert.

Anais wird von der Firma Weuthen vertrieben und ist für die sehr frühe Rodung vorgesehen. Die Sorte brachte im ersten Prüfjahr auf dem trockenen Standort Buir nur einen unterdurchschnittlichen Ertrag. Der Knollenansatz der Sorte ist nur gering und entsprechend grob fiel die Sortierung aus. Allerdings erreicht Anais bereits sehr früh eine vermarktungsfähige Knollengröße. Die Knollen sind rundoval, vorwiegend festkochend und von hellgelber bis gelber Fleischfarbe. Das Laubwachstum ist nicht sehr stark ausgeprägt, was die Landwirte regelmäßig an der Ertragsfähigkeit der Sorte zweifeln lässt. Für eine sehr frühe Sorte besitzt Anais eine hohe Keimruhe, so dass die Sorte unbedingt vorgekeimt oder zumindest keimstimuliert werden sollte. Die Vorteile dieser Sorte liegen eindeutig in der sehr frühen Vermarktung großer Knollen.

Salome ist mittlerweile im dritten Jahr geprüft und hat ihren unterdurchschnittlichen Ertrag wieder bestätigt. Salome war die erste festkochende Sorte in diesem Segment und soll in erster Linie Kunden mit höheren Qualitätsansprüchen ansprechen. Die Knollen sind oval mit glatter, teilweise genetzter Schale und gelber Fleischfarbe. Salome besitzt eine für Frühkartoffeln ausgeprägte Keimruhe, die ihr ein sehr träges Auflaufverhalten verleiht. Salome hatte etwas Schorf und wenige grüne Knollen. Die Sortierung ist homogen mit Schwerpunkt im Bereich 35 bis 50 mm. Wegen des guten Geschmacks und der robusten Schale dürfte auch Salome ihre Freunde finden, wenn man sich mit dem trägen Auflaufverhalten arrangiert.

Anuschka von der Europlant wurde ebenfalls erstmalig geprüft und ist die zweite festkochende Sorte in dieser Reifegruppe. Die Knollen sind oval mit gelber Fleischfarbe. Sie schaffte auf Anhieb auf beiden Standorten überdurchschnittliche Erträge, war in Waldniel sogar Spitzenreiter. Die Stärkegehalte liegen im Mittelfeld und dürften daher die Kocheigenschaft nicht negativ beeinflussen. Die Sortierung ist ausgeglichen mit leichter Tendenz zu Übergrößen. Die Knollen sind glatt und formschön, weisen aber etwas Schorf auf. Sie soll sich auch gut für den Packbereich eignen. Anuschka steht in der Reife am hinteren Ende der sehr frühen Sorten und soll daher eher als Anschlusssorte betrachtet werden. Vom Anbau her hat uns die Sorte gut gefallen und wir sind gespannt, ob sie diese Einschätzung auch in den Speisetests bestätigt.

Augusta ist eine frühe, mehligkochende Speisesorte mit roten Augen. Aus versuchstechnischen Gründen musste die Sorte im sehr frühen Sortiment mitgeprüft werden, erreichte aber dennoch auf beiden Standorten durchschnittliche Erträge. Die Knollen sind rundoval mit hellgelber Fleischfarbe. Der hohe Stärkegehalt dürfte sicher für eine mehlige Kocheigenschaft ausreichen. Augusta hatte einen erhöhten Anteil an grünen Knollen, aber wenige Wachstumsrisse bei dicken Knollen. Die Schale ist glatt und in diesem Jahr schorffrei. Die Keimruhe ist gut, was für einen langen Vermarktungszeitraum spricht. Augusta hat mit ihren roten Augen einen hohen Wiedererkennungswert, was sich besonders in der Direktvermarktung gut umsetzen lässt. Zusätzlich haben wir eine frühe mehlige Sorte, die die immer größer werdende Nachfrage in diesem Bereich abdecken könnte.

Frühe Sorten gewinnen an Bedeutung

Die sehr frühen Sorten wurden früher in Nordrhein-Westfalen immer etwas stiefmütterlich behandelt, da sie mit den klassischen Frühkartoffelregionen, wie der Pfalz, konkurrierten und nur dem Markteinstieg dienten. Seitdem die regionale Vermarktung an Bedeutung gewinnt, steigt dieses sehr frühe Segment bei den Landwirten in der Wertschätzung. Unterstützung bekommen sie in diesem Jahr von der Witterung. Im Gegensatz zu den Anschlusssorten trafen die Folgen des Sommers diese Reifegruppe nur gering und die Qualitäten waren noch ansprechend. Daher muss man den sehr frühen Sorten die Rolle als Qualitätsgarant im Hinblick auf sich wiederholende Hitzeperioden im Sommer zusprechen. Ein gewisser Anteil im Anbau hilft dabei, die Zeit bis zu den klassischen Einkellerungssorten risikoärmer zu überbrücken.

Autor: Peter Lövenich