Landessortenversuche Winterraps 2008

Körnerrapsernte

Spitzenjahr für Winterraps

Für die einzig sichere Beurteilung des Leistungsvermögens der in den Landessortenversuchen geprüften Winterrapssorten sind die drei wesentlichen Merkmale Ertrag, Ölgehalt sowie die Preisdifferenz zwischen Linien- und Hybridsorten maßgebend. Diese drei Größen führen, miteinander verrechnet, zu dem ausschlaggebenden Sortenwahlkriterium bereinigte Marktleistung. Die vollständigen Ergebnisse stellen Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, vor.

Der Blick auf die Tabelle 1 zeigt, dass gegenüber dem Anbaujahr 2007 im Jahr 2008 nach vorläufigen Ergebnissen sowohl im Rheinland mit etwa 19 % als auch in Westfalen-Lippe mit rund 22 % die Rapsanbauflächen drastisch reduziert wurden. Vor dem Hintergrund der letztjährigen Preisabstände zwischen Getreide zu Raps einerseits als auch der Ertragsrelationen andererseits sind diese Anbauentscheidungen getroffen worden. Diese Entwicklung zeigt deutlich die große Flexibilität der Praxis, auf veränderte Marktsituationen zu reagieren. Ob allerdings diese Entscheidung, vor allem in diesem Umfang, richtig gewesen ist, muss den diesjährigen betriebswirtschaftlichen Auswertungen vorbehalten bleiben. In den Landessortenversuchen zumindest ist festzustellen, dass im absoluten Betrag, gemessen in € je ha, im Mittel über alle Sorten und Standorte die bereinigten Marktleistungen mit gut 1 900 € je ha (Vorjahr: 900 € je ha) noch nie diese Größenordnung erreicht haben. Sowohl die Erträge als auch die Ölgehalte erreichten in dieser Kombination ein bislang absolutes Spitzenniveau.    

Kaum Unterschiede bei den Marktleistungen

Von insgesamt elf verfügbaren Landessortenversuchen in NRW und Niedersachsen konnten neun ausgewertet werden. Die Produktionstechnik der Landessortenversuche in NRW ist der Tabelle 2 zu entnehmen. In Tabelle 3 sind die bereinigten Marktleistungen der Sorten aus den letzten fünf Jahren in den verschiedenen Ackerbauregionen von NRW aufgeführt. Die Ergebnisse sind aus der praxisüblichen Intensitätsvariante B2 dargestellt. Bei Betrachtung der aktuellen Ergebnisse aus dem Jahr 2008 bei dem hohen diesjährigen Ertrags- und Ölgehaltsniveau fällt auf, dass zwischen den älteren drei- und mehrjährig geprüften Sorten, den neueren zweijährig geprüften Sorten und den ganz neuen, erstjährig geprüften Sorten keine gravierenden Unterschiede in den relativen bereinigten Marktleistungen bestehen. Für die Sortenwahl bedeutet dieses, dass die neuesten Sorten nicht immer sicher auch die besten Sorten sind. Die Beachtung der mehrjährigen Leistungen der Sorten bei der Sortenwahl sollte nach wie vor Vorrang haben. Dieses gilt speziell für die Leistungen von Elektra, die auf den Lehm -und Höhenlagenstandorten in diesem Jahr nur schwache Leistungen zeigte, nach konstant leicht überdurchschnittlichen bereinigten Marktleistungen in den vielen Prüfjahren zuvor. Ihre spezielle Frühreife kann für den einen oder anderen Betrieb bezüglich des Erntemanagements einen speziellen Wert haben.

In der Abbildung 1 sind im Mittel über alle Versuchsstandorte die Beziehungen zwischen Ertrags- und Ölgehaltsleistung der mehrjährig geprüften Sorten aus der behandelten Variante jeweils drei- (2006 bis 2008) und zweijährig (2007 und 2008), verrechnet mit ihrem Einfluss auf die bereinigte Marktleistung, dargestellt. Die Saatgutpreisdifferenz zwischen Linien- und Hybridsorten in Höhe von 41 € je ha wurde berücksichtigt. Zu beachten ist, dass die zweijährig geprüfte Sorte Lilian lediglich an vier Versuchsstandorten geprüft wurde, eine unmittelbare Vergleichbarkeit mit den anderen Sorten ist damit nicht gegeben. In der Abbildung 2 sind die aktuellen Einjahresergebnisse aus 2008 im Mittel über alle Versuchsstandorte dargestellt. Die Sorte Lioness ist in diesem Jahr ebenfalls nur wenigen Standorten geprüft worden, weswegen eine korrekte Vergleichbarkeit mit den übrigen Sorten nicht gegeben ist. Die Rangierungen der Sorten nach den bereinigten Marktleistungen aus den Abbildungen 1 und 2 zeigen, dass die in der LZ- Ausgabe 32 veröffentlichten Sortenempfehlungen unter zusätzlicher Berücksichtigung der Anbauregionen ihre Richtigkeit haben.

Linie oder Hybrid?

Es zeigt sich generell, dass es bezüglich der Marktleistung keine eindeutige Bevorzugung von Linien- oder Hybridsorten gibt. Sowohl Hybrid- als auch Liniensorten sind im überdurchschnittlichen Bereich vorzufinden. Die Unterschiede zwischen den Sorten in diesem Merkmal sind sehr gering. Bei Betrachtung der Merkmale Ertrag und Ölgehalt zeigen sich deutlichere Beziehungen. In der Regel präsentieren sich die Hybridsorten mit tendenziell höheren Ertragsleistungen, welche aber gleichzeitig mit niedrigeren Ölgehalten verknüpft sind. Bei den Liniensorten sind die Verhältnisse umgekehrt. Höhere Ölgehalte sind in der Regel mit niedrigeren Erträgen verbunden. Über diese differenzierten Ertrags-Qualitätsbeziehungen zwischen Linien- und Hybridsorten erklären sich im Endergebnis die fast gleichen bereinigten Marktleistungen, wenn dann noch die Saatgutkostendifferenzen berücksichtigt werden.

Auch in der beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes liegen die Ölerträge als Ergebnis von Ertrag und Ölgehalt überwiegend auf der gleichen Einstufungsnote. Bei der Raps-Sortenwahl sollten daher nicht nur den Ölgehalten oder den Erträgen jeweils allein Beachtung geschenkt werden, sondern beiden Merkmalen gleichrangige Bedeutung. Die Frage, ob eine früher zu säende Linien- oder später zu säende Hybridsorte gewählt werden sollte, kann sich daher schwerpunktmäßig an den wichtigeren acker- und pflanzenbaulichen Gegebenheiten des Betriebes und des Standortes orientieren. Fragen, wie nach der verfügbaren Saatbettbereitungsspanne nach Vorfruchternte, standortbedingten Saatzeitansprüchen oder verfügbarer Vegetationszeit vor Winter,  haben für die Wahl des Sortentyps entsprechend größere Bedeutung. Beide Sortentypen, pflanzenbaulich vernünftig geführt, ergeben gleich hohe bereinigte Marktleistungen.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch