Ergebnisse der Saatgutanerkennung von Wintergetreide 2005

Saatgutvermehrung von Triticale
Saatgutvermehrung von Triticale

Im vergangenen Sommer haben schlechte Witterungsbedingungen die Getreideernte vor allem in Nordrhein-Westfalen zum Teil erheblich beeinträchtigt. Mit Ausnahme von Wintergerste, die überwiegend früh geerntet werden konnte, wurde die Ernte von Roggen, Triticale und Weizen regenbedingt immer wieder unterbrochen und erst mit erheblicher Verspätung abgeschlossen. Die Ernte, die Aufbereitung, die Anerkennung und der Vertrieb erfolgten im letzten Sommer unter enormen Zeitdruck. Die kurze Spanne zwischen Ernte und Aussaat stellte alle Beteiligten vor eine große Herausforderung. Trotz der vielfältigen Schwierigkeiten stand für die Herbstaussaat genügend Z-Saatgut mit guter Qualität zur Verfügung. Einzelne Engpässe konnten noch durch überregionale Zukäufe ausgeglichen werden.

Auswuchsprobleme bei Weizen und Triticale

Infolge der ungünstigen Witterung gab es insbesondere beim Weizen und beim Triticale Ertragseinbußen und schlechtere Kornqualitäten. Niedrige Fallzahlen bei Weizen waren ebenso wie Auswuchs bei Triticale und Weizen festzustellen. Durch die verzögerte Ernte kam es vor allem in lagernden Beständen vielfach zu sichtbarem Auswuchs. Bei sichtbarem, z.T. aber auch bei verdecktem Auswuchs hatte die Keimfähigkeit mehr oder weniger gelitten. In welchem Ausmaß die Keimfähigkeit tatsächlich beeinträchtigt war, zeigte sich meist erst in der Beschaffenheitsprüfung, die im Rahmen der Saatgutanerkennung von der LUFA in Münster durchgeführt wurde.

Die Situation in der Saatgutproduktion im vergangenen Herbst lässt sich folgendermaßen zusammenfassen. Die frühzeitig vor der langen Regenunterbrechung bis Mitte August geernteten Partien von Triticale und Weizen wiesen überwiegend normale bis gute Keimfähigkeiten aus. Bei solchen Partien gab es zum Teil etwas höhere Sortierabgänge als normalerweise üblich. Vermehrungsbestände, die erst nach den Niederschlägen geerntet werden konnten, zeigten oft sichtbaren Auswuchs. Bei der Saatgutannahme wurden stark auswuchsgeschädigte Partien meist sofort gestoßen und als Konsumgetreide verwertet. Bei weniger stark beeinträchtigten Partien berichteten die Aufbereitungsbetriebe von deutlich höheren Sortierverlusten.

Witterung führte zu mehr Aberkennungen

In der Übersicht 1 sind die Ergebnisse der Saatgutanerkennung von Wintergetreide zusammengefasst.

Bei Wintergerste gab es im letzten Jahr mehr Probleme bei der Feldbesichtigung. Gut 11 % der angemeldeten Flächen wurden ohne Erfolg feldbesichtigt. Im Rahmen der Beschaffenheitsprüfung wurden nur 3,3 % der vorgestellten Saatgutmenge aberkannt. In 2003 betrug die Aberkennungsquote dagegen 7 %. Winterroggen hat in NRW flächenmäßig nur eine kleinere Bedeutung und in der Feldbesichtigung keine nennenswerten Probleme. Mehr als ein Drittel der zur Anerkennung vorgestellten Saatgutmengen erfüllten nicht die Anerkennungsnorm. Bei den Vermehrungen von Winterweizen gab es im Feld kaum Probleme. Kritischer gestaltete sich dagegen die Beschaffenheitsprüfung. Knapp 11 % der vorgestellten Saatgutmenge erreichte nicht die Norm und konnte demzufolge nicht anerkannt werden. In den Jahren 2003 und 2004 fiel die Aberkennungsquote mit Werten von 1,8 % und 3,1 % deutlich niedriger aus als in 2005. Bei Triticale lagen die Aberkennungsquoten in den vergangenen drei Jahren annähernd auf gleichem Niveau zwischen 10 und 12 %. Insgesamt fiel die Aberkennungsquote für Wintergetreide in 2005 mit fast 9% höher aus als in 2004 (3,4%) und 2003 (4,0%).

Die jeweiligen Gründe für die Aberkennungen bei Wintergetreide sind für die einzelnen Arten in der Übersicht 2 aufgeführt. Bei Wintergerste muss erläutert werden, dass die Keimfähigkeit als Ursache für die Aberkennung überwiegend bei überlagerten Saatgutpartien vorkam. Vereinzelt kam es auch bei Wintergerste bei neuerntiger Ware zu Aberkennungen wegen mangelnder Keimfähigkeit. In diesen Fällen wirkten sich Kornverletzungen durch zu scharfes Dreschen oder Aufbereiten nachteilig auf die Keimfähigkeit aus. Bei Winterweizen und Triticale war die Keimfähigkeit in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle der Grund für die Aberkennung. Die Probleme mit Fremdbesatz hielten sich dagegen in Grenzen.

Das Hauptkriterium für die Saatgutanerkennung von Winterweizen und Triticale im vergangenen Herbst war die Keimfähigkeit. Übersicht 3 zeigt einen Überblick über die Keimfähigkeiten von Wintergetreide von 2003 bis 2005. 263 Partien von 2164 vorgestellten Winterweizenpartien blieben mit der Keimfähigkeit unter der Anerkennungsnorm. Das sind 12,2% der vorgestellten Partien. Eine solch hohe Quote wurde in NRW selbst in so kritischen Jahren wie 2002 nur annähernd erreicht. Auch bei Triticale gab es mit 17,2% recht hohe Aberkennungsquoten als in früheren Jahren. Roggen und Wintergerste erwiesen sich als relativ unproblematisch.

Die Witterung während der Ernte in NRW hat die Keimfähigkeit von Weizen und Triticale stärker beeinträchtigt als in den benachbarten Bundesländern, wo die Aberkennungsquoten wegen mangelnder Keimfähigkeiten niedriger ausgefallen sind.

Wintergerste

Im Mittel aller untersuchten Proben hatte Wintergerste eine Keimfähigkeit von 95%. Damit liegt die Keimfähigkeit in 2005 in etwa auf dem Niveau der Vorjahre. Fast 96% der zur Anerkennung eingereichten Proben haben die Mindestnorm von 92% für die Anerkennung erreicht (Übersicht 4). Ein Indiz für die gute Qualität und die meist unproblematische Ernte in 2005. Probleme mit der Begrannung waren relativ selten. Bei 58 der eingereichten Proben wurde die Keimfähigkeitsnorm nicht erfüllt. In den meisten Fällen handelte es sich dabei um gebeizt überlagerte Ware aus dem letzten Jahr. In den Fällen wo neuerntiges Saatgut nicht die Anforderungen erfüllte, waren Korn-und Spelzenverletzungen die Ursache für eine geringere Keimfähigkeit.

Winterweizen

Die durchschnittliche Keimfähigkeit bei Winterweizen lag bei 95% und entspricht damit knapp dem Niveau der Vorjahre. Während in normalen Erntejahren etwa 97 bis 99% der Proben über der Anerkennungsnorm von 92% liegen waren das in 2005 nur rund 88% (Übersicht 5). Im nassen Erntejahr 2002 waren dies auch nur 85%. Im vergangenen Sommer haben gut 12% der vorgestellten Proben die Mindestnorm für die Keimfähigkeit nicht erreicht. Gut 7% lagen dabei zwischen 85 und 91% Keimfähigkeit und rund 5% unter 85%. In 2002 erreichten ebenfalls zahlreiche Proben nicht die erforderlichen Keimwerte. Damals konnten aber noch 10% der aberkannten Partien aufgrund einer Absenkung der Mindestnorm mit entsprechenden Kennzeichnungsauflagen anerkannt werden. In diesem Jahr blieb es bei den hohen Aberkennungsquoten.

Von der Auswuchsproblematik waren nicht alle Sorten gleichermaßen betroffen. Größere Probleme zeigten sich im Herbst bei der Sorte Hermann, wo etwa die Hälfte der vorgestellten Partien unter der Anerkennungsnorm blieben.

Triticale

Im Durchschnitt wurde bei Triticale eine Keimfähigkeit von 88% ermittelt. Das entspricht dem Niveau vergangener Jahre. In 2005 erreichten immerhin noch 83% der vorgestellten Partien (Übersicht 6) die Anerkennungsnorm. Besonders kritische Partien wurden bereits vor der Aufbereitung gestoßen und aus dem Verfahren genommen. In 2002 lag die Anerkennungsquote nur bei 78%. In normalen Jahren liegt sie bei der Keimfähigkeit deutlich über 90%.

Fazit für die Praxis

  • Ungünstige Witterungsbedingungen während der Getreideernte haben zu Auswuchsproblemen geführt. Frühzeitig geerntete Partien hatten überwiegend normale bis gute Keimfähigkeiten. Bei später geernteter Ware zeigte sich oft sichtbarer Auswuchs, der die Keimfähigkeit mehr oder weniger stark beeinträchtigt hat.
     
  • Bei Wintergerste gab es keine nennenswerten Problem bei der Saatgutanerkennung. Bei Winterweizen und Triticale kam es witterungsbedingt zu höheren Aberkennungsquoten wegen mangelnder Keimfähigkeit. Im Vergleich zu vergangenen Jahren fiel diese Quote bei Weizen deutlich höher aus als in früheren Jahren.
     
  • Die kurze Zeitspanne zwischen Ernte und Aussaat hat alle Beteiligten in der Saatguterzeugung vor eine große Herausforderung gestellt. Trotz der zahlreichen Schwierigkeiten stand für die Herbstaussaat genügend Z-Saatgut mit guter Qualität zur Verfügung.

Autor: Holger Dietzsch