Stabile Saatgutvermehrung in NRW

Saatgutvermehrung von Triticale
Saatgutvermehrung von Triticale

Die Saatgutproduktion nimmt in Nordrhein-Westfalen nach wie vor einen großen Stellenwert ein. Mit einer Gesamtvermehrungsfläche von gut 16 000 ha hat sich die Fläche allmählich stabilisiert. Im Bundesgebiet steht NRW an siebter Stelle und bleibt damit weiterhin ein bedeutendes Vermehrungsgebiet.

Nach dem deutlichen Rückgang der Vermehrungsflächen im Vorjahr wurden die Flächen in 2006 nur noch leicht zurückgenommen. Auf einer Fläche von 16 056 ha, siehe die Tabelle unten, wird in Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr Saatgut vermehrt. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Rückgang um 4,4%. Der Umfang der Saatgutvermehrung liegt jetzt nur noch knapp unter dem Niveau von 2003. Damit haben sich die Vermehrungsflächen in Nordrhein-Westfalen allmählich stabilisiert. Eine ähnliche Entwicklung ist nach vorläufigen Meldungen auch in den übrigen Bundesländern zu beobachten. Der Rückgang der Vermehrungsfläche resultiert im Wesentlichen aus den Reduzierungen bei Winter- (- 4,4 %) und Sommergetreide (- 7,6 %) sowie den Gräsern (-3,7). Leguminosen haben nach dem spürbaren Rückgang in 2005 in diesem Jahr um 8 % zugenommen. Die Flächen mit Öl- und Faserpflanzen sind mit einem landesweiten Plus von 1,3 % gegenüber dem Vorjahr fast unverändert. Betrachtet man aber die Entwicklung in beiden Landesteilen, ist hier ein ausgesprochen gegensätzliches Bild zu erkennen: Während die Flächen in Westfalen-Lippe um 19 % sehr deutlich zurückgenommen wurden, war im Rheinland eine Zunahme um gut 17 % zu verzeichnen. In Nordrhein-Westfalen spielt die Pflanzgutvermehrung im Vergleich zu anderen Bundesländern eine eher untergeordnete Rolle. Die Flächen wurden im Vergleich zum Vorjahr wieder etwas ausgedehnt und liegen jetzt auf dem Niveau von 2004.

Bei Wintergerste sind die Vermehrungsflächen gegenüber 2005 leicht angewachsen. Einem Rückgang der Fläche in Westfalen-Lippe von knapp 1 % steht ein Zuwachs im Rheinland von 3,5 % entgegen. Daraus resultiert eine Flächenzunahme von 0,5 %. Triticale ist von den Wintergetreidearten am stärksten von den Abnahmen betroffen. Hier beträgt der Rückgang fast 20 %. Diese sehr deutliche Reaktion dürfte zum Teil auch auf die schwierigen Verhältnisse während der vergangenen Ernte zurückzuführen sein. Bei Winterweizen sind die Flächen mit einem Minus von 3,4 % moderat nach unten korrigiert worden - eine Anpassung, die in beiden Landesteilen prozentual in der gleichen Größenordnung stattgefunden hat. Roggen wird schwerpunktmäßig im Rheinland vermehrt. Gegenüber dem Vorjahr wurde die Fläche hier deutlich zurückgefahren, sie liegt jetzt sogar unter dem Niveau von 2003. In Westfalen-Lippe wird Roggen auf einer kleinen Fläche von 35 ha vermehrt. Winterhafer ist eine Besonderheit im Rheinland, die Vermehrung erfolgt auf kleiner Fläche. Nachdem die Flächen von 2003 bis 2005 kontinuierlich abgenommen haben, ist in diesem Jahr eine leichte Zunahme festzustellen.

Die Vermehrungsflächen von Sommergetreide wurden in NRW um knapp 8 % reduziert. Nach dem deutlichen Rückgang in 2005 ist die Sommergerstenvermehrung im Rheinland erneut um fast 8 % zurückgegangen, betroffen sind hiervon überwiegend die Braugerstensorten. In Westfalen-Lippe hat die Sommergerstenfläche dagegen flächenmäßig leicht zugenommen. Die Rückgänge bei Hafer liegen landesweit bei 13 %. Sommerweizen spielt in der Saatgutvermehrung in NRW eine eher untergeordnete Rolle, die Fläche ist im Vergleich zu 2005 um 12,4 % gesunken.

Vermehrerstruktur etwas verbessert

Bei leicht rückläufigen Vermehrungsflächen hat auch die Zahl der Vermehrer in diesem Jahr abgenommen. Waren es im vergangenen Jahr noch 499 Betriebe in Westfalen-Lippe, so vermehren in 2005 noch 463 Vermehrer Saatgut. Im Rheinland hat sich die Zahl der Saatgutvermehrer von 391 auf 377 verringert. Damit hat sich die Struktur in der Saatgutvermehrung in den vergangenen Jahren verbessert. Im Mittel vermehrt jeder Betrieb in 2006 im Rheinland auf 20,9 ha und in Westfalen-Lippe auf 17,6 ha Saatgut. 1989 waren das im Rheinland 15,7 ha und in Westfalen-Lippe 14,6 ha. Die durchschnittliche Schlaggröße bei Getreide liegt bei 5,1 ha (Westfalen-Lippe) und 6,0 ha (Rheinland) und bei Feldsaaten in beiden Regionen bei   etwa 4,5 ha.  

Welche Weizensorten führen?

Bei Winterweizen sind Skater, Hermann und Winnetou die drei größten Sorten in NRW. An vierter Stelle steht Dekan, gefolgt von Hattrick und Biscay. Danach kommen Tommi, Limes und Drifter. Diese neun Sorten nehmen rund 62 % der Vermehrungsflächen bei Weizen ein. Betrachtet man die Sortenstatistik in den beiden Landesteilen, so ergibt sich ein etwas unterschiedliches Bild: Hier spiegeln sich die Unterschiede in der Struktur der Saatgutvermehrung in den beiden Landesteilen Rheinland und Westfalen-Lippe wieder. Im Rheinland setzt sich das Weizensortiment in 2006 aus 55 Sorten (im Vorjahr 58) zusammen. Die fünf stärksten Sorten nehmen hier 43 %, die zehn größten Sorten insgesamt 63 % der Gesamtvermehrungsfläche ein, siehe Abbildung 1.

Abbildung 1: Winterweizen - Anteil der Sorten in der Vermehrung
im Rheinland und in Westfalen-Lippe in 2006 im Vergleich

Winterweizen - Anteil der Sorten in der Vermehrung

Mit einem Flächenanteil von weniger als 1 % sind 33 Sorten zu finden. Die größten Sorten im Rheinland sind mit Abstand Dekan und Hattrick. Dahinter folgen Limes, Drifter, Biscay, Hermann, Skater, Tommi und Winnetou. Als regionale Besonderheit der klimatischen und betrieblichen Verhältnisse im Rheinland sind die Vermehrungen der frühreifen, zum Teil begrannten Weizensorten anzusehen. In Westfalen-Lippe werden diesmal 50 Weizensorten vermehrt, in 2005 waren es hier nur 39 Sorten. Die fünf stärksten Sorten nehmen knapp 62 % der Weizenvermehrungen ein. 30 Sorten sind mit einem Anteil von unter 1 % in der Statistik zu finden. Die größten Sorten sind Skater, Winnetou und Hermann. Mit etwas Abstand kommen dann noch Biscay, Tommi und Magnus. Insgesamt ist in Westfalen-Lippe eine etwas stärkere Konzentration zu erkennen.

Bei der Differenzierung des Sortiments nach Qualität ergibt sich ein regional unterschiedliches Bild, wenngleich diese Unterschiede nicht mehr so deutlich ausfallen wie in früheren Jahren. Traditionell ist Westfalen-Lippe ein Gebiet, in dem zum überwiegenden Anteil B- und C-Sorten vermehrt werden. Im Rheinland liegt der Schwerpunkt dagegen bei den B- und A-Weizensorten. Betrachtet man die Entwicklung landesweit von 2002 bis heute, so ist festzustellen, dass der Anteil im Qualitätsbereich A von fast 8 % auf 20 % angestiegen ist. Gleichzeitig ist das B-Segment von 60 % auf 39 % gesunken. Fasst man diese beiden Gruppen zusammen, hatte man in 2002 einen Umfang von 68 % und in 2006 von 59 %. Dieser Rückgang ging einher mit einer Ausdehnung im Bereich der C-Weizen.

Trend zu mehr Ährengesundheit

In den vergangenen Jahren lässt sich ein positiver Trend zu Weizensorten mit einer geringeren Anfälligkeit für Ährenfusarium erkennen, siehe Abbildung 2. Auf über 85 % der Weizenvermehrungsflächen in NRW stehen Sorten mit einer mindestens durchschnittlichen Resistenz gegen den Befall mit Ährenfusarium. Ausgesprochen positiv hat sich auch der Anteil der Sorten entwickelt, die eine sehr geringe bis mittlere Anfälligkeit für Fusarium haben. Der Anteil von Sorten mit einer höheren Ährenfusariumanfälligkeit liegt bei 13,6 %. In den vergangenen Jahren schwankte dieser Anteil zwischen 10 und 16 %.

Abbildung 2: Weizensorten in der Vermehrung in NRW gruppiert nach der Anfälligkeit für Fusarium

Weizensorten nach Anfälligkeit für Fusarium

 

Virusresistente Gerstensorten dominieren

Bei Wintergerste dominiert der Anteil der mehrzeiligen gegenüber den zweizeiligen Sorten an der Vermehrungsfläche. Von 2002 bis heute hat der Anteil der mehrzeiligen Sorten von 86 % auf 94 % zugenommen. Die zweizeiligen Sorten spielen dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Franziska kann ihren Spitzenplatz in der Vermehrung abermals behaupten.   Zweitgrößte Sorte ist Naomie, danach folgen Merlot, Lomerit, Ketos, Theresa und Laverda. Die fünf vermehrungsstärksten Sorten haben einen Anteil von knapp 80 % der Gesamtvermehrungsfläche. Virusresistente Wintergerstensorten nehmen seit Jahren den überwiegenden Teil mit über 90 bis 95 % der Vermehrungsfläche in NRW ein. Die Verteilung der Sorten in Westfalen-Lippe und im Rheinland zeigt Abbildung 3.

Abbildung 3: Wintergerste - Anteil der Sorten in der Vermehrung
im Rheinland und in Westfalen-Lippe in 2006 im Vergleich

Wintergerste - Anteil der Sorten in der Vermehrung

Marktführend in Westfalen-Lippe mit fast gleichen Anteilen sind Franziska und Naomie. Beide Sorten nehmen einen Anteil von 55 % der Vermehrungsfläche ein. Mit deutlichem Abstand folgen dann Merlot und Lomerit. Insgesamt werden in Westfalen-Lippe 24 Wintergerstensorten vermehrt, im Rheinland sind es 20. Die größten Sorten im Rheinland sind Ketos, Franziska, Lomerit und Naomie. Knapp dahinter kommen Merlot, Theresa und Laverda.

Was tut sich bei Triticale und Roggen?

Nach dem deutlichen Sortenwechsel im letzten Jahr ist SW Talentro weiterhin die größte Sorte, wobei die Flächen weiter ausgedehnt worden sind. Danach folgen Magnat, Modus und Dinaro. Das gesamte Sortenspektrum umfasst bei Triticale in diesem Jahr 14 Sorten. Die vier stärksten Sorten nehmen in diesem Jahr zusammen knapp 73 % der Flächen ein. Regionale Unterschiede im Sortenranking sind auch bei Triticale zu finden. Im Rheinland steht SW Talentro mit einem Anteil von 48 % mit sehr großem Abstand an erster Stelle in der Vermehrung, siehe Abbildung 4. Dahinter folgen Trimester, Modus und Benetto. In Westfalen-Lippe liegt SW Talentro ebenfalls deutlich an der Spitze. An zweiter Position ist Magnat zu finden. Die nächsten Sorten Dinaro, Grenado, Modus und Benetto liegen relativ dicht beieinander.

Abbildung 4: Wintertriticale - Anteil der Sorten in der Vermehrung
im Rheinland und in Westfalen-Lippe in 2006 im Vergleich

Wintertriticale - Anteil der Sorten in der Vermehrung

Der Schwerpunkt der Winterroggenvermehrung liegt eindeutig im Rheinland, wo in stärkerem Maße Hybridroggen vermehrt wird. Hier wurde die Fläche zurückgenommen, während sie in Westfalen-Lippe - wo ausschließlich Populations- oder Synthetische Roggensorten vermehrt werden - etwas ausgedehnt worden ist. Im Bereich der Hybriden hat sich ein Sortenwechsel vollzogen. Askari hat die über Jahre dominierende Sorte Avanti abgelöst und bereits im letzten Jahr die Führung übernommen. Auf Platz Zwei folgt dann Vitallo (Grünroggen). Danach reihen sich Nikita und die neue Hybride Fugato ein.

Fazit für die Praxis  

Die Strukturen in den Betrieben haben sich in den letzten drei bis vier Jahren kaum verändert. Beim Vergleich über einen längeren Zeitraum zurück ist aber festzustellen, dass sich die Gesamtfläche je Vermehrungsbetrieb und die durchschnittlichen Flächengrößen vergrößert haben. Bei Weizen werden überwiegend B- und A-Sorten angebaut. Der Trend geht in den letzten Jahren eindeutig zu Sorten mit einer überdurchschnittlichen Resistenz gegen Ährenfusarium. Ein ausgewogenes Sortenspektrum trägt gerade bei Winterweizen als größter Getreideart dazu bei, die Anbaurisiken zu mindern. Eine weitere Aufsplitterung des Sortenangebotes sollte allerdings vermieden werden. Bei Wintergerste haben die Sortenzahl und die Verteilung in den letzten Jahren ebenfalls zugenommen. Ähnliches gilt im Prinzip auch für Triticale.

Autor: Holger Dietzsch