Klimaschutz durch die Wiedervernässung von Mooren

Moor bei EmsdettenBild vergrößern
Emsdettener Venn im Morgennebel. Foto: Dirk Grasse, piclease

Thematische Übersicht und Einordnung der Relevanz für die Landwirtschaft in NRW

Moorschutz ist ein wichtiger Baustein zur Erreichung der Klimaschutzziele. Nach Schätzungen wurden in der Vergangenheit jedoch etwa 92 % der Moore trockengelegt. Da Moore hochwertige Lebensräume darstellen, können sich gleichzeitig Synergieeffekte mit Naturschutzzielen ergeben. Der Schutz von Mooren ist daher Gegenstand zahlreicher Gesetze, Verordnungen und Förderinitiativen und mit hohen Erwartungen verbunden.

Nach der vom Greifswaldmoorcentrum herausgegebenen aggregierten Karte der Moorböden in Deutschland gibt es in Deutschland circa 1,84 Millionen Hektar organische Böden, die sich durch besonders hohe Gehalte an organischer Substanz (Humus) auszeichnen. Dieser Flächenumfang entspricht etwa 5,14 % der Gesamtfläche Deutschland.

Bezieht man diese Flächen auf die landwirtschaftlichen Nutzflächen so liegen 7,6 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Deutschland auf organischen Böden.

Bei Kontakt mit Sauerstoff wird Torf unter Freisetzung großer Mengen CO2 abgebaut. Die THG-Emissionen aus organischen Böden werden im Rahmen der nationalen Klimaschutzberichterstattung im LULUCF-Sektor erfasst und für das Jahr 2020 mit knapp 53 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten beziffert (NRW: ca. 1 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente). Das entspricht ca. 7,5 % Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen bzw. ca. 0,5 % der Treibhausgasemissionen von NRW.

Vorrangiges Ziel von Maßnahmen zur Wiedervernässung von (entwässerten) Mooren ist die Erhaltung des Torfkörpers und die Reduzierung bzw. Vermeidung weiterer Treibhausgasemissionen. Dagegen ist der Zeitbedarf für die Entwicklung eines Moores zu einer aktiven CO2-Senke, d.h. die Speicherung von atmosphärischem CO2 in Form von neuem Torf, deutlich größer als der Zeithorizont der aktuellen Klimaziele. Eine Moorrenaturierung mit einer Ausbreitung der typischen und für den Renaturierungserfolg wichtigen Pflanzenarten benötigt mehrere Jahrzehnte. Bis abgetorfte oder anderweitig stark degradierte Moore wieder ihre ursprüngliche Torfschicht-Mächtigkeit regeneriert haben, können hunderte bis tausende Jahre vergehen. Als Durchschnittswert für die Torfentstehung ist ein Mittelwert von 1 mm pro Jahr anzusetzen.

Eine Wiedervernässung muss dabei als Gesamtkonzept für eine hydrologische Einheit, d.h. auf Wassereinzugsgebietsebene, erfolgen und kann nicht parzellenscharf durchgeführt werden. Es können erhebliche Auswirkungen auf die der Zielkulisse angrenzenden Flächen entstehen. Zur Sicherstellung des Erfolgs von Wiedervernässungsmaßnahmen im Sinne des Klimaschutzes sollte der Wasserstand auch im Sommer idealerweise nicht tiefer als 20 cm, keinesfalls jedoch tiefer als 30 cm, unter Flur absinken. Die dazu erforderlichen Wasserressourcen stehen in der entsprechenden Qualität, d.h. möglichst nährstofffrei, und in der entsprechenden Menge vielfach nicht ohne Weiteres zur Verfügung. Angesichts der in den letzten Jahrhunderten tiefgreifend veränderten hydrologischen Verhältnisse muss davon ausgegangen werden, dass für erfolgreiche Wiedervernässungen zunächst umfängliche Eingriffe, teils in Form technischer Bauwerke, z.B. zur Vorratswasserspeicherung zum Ausgleich von Trockenphasen und zur Wasserhaltung in den zu vernässenden Flächen, erforderlich werden können.

Die Landesmoorkulisse in Nordrhein-Westfalen nach GLÖZ 2 umfasst etwa 50.500 Hektar. Innerhalb dieser Kulisse befinden sich ungefähr 25.900 Hektar landwirtschaftliche Flächen; der größte Teil davon in den Regierungsbezirken Münster (ca. 12.000 ha) und Detmold (ca. 8.500 ha). Im Vergleich zum Gesamtumfang der landwirtschaftlichen Flächen in NRW (ca. 1.400.000 ha) ist die Landesmoorkulisse mit weniger als 2 % der landwirtschaftlichen Flächen vergleichsweise klein. Im lokalen bis regionalen Maßstab kann der Flächenanteil in Schwerpunktgebieten jedoch deutlich größer sein. Aus agrarstruktureller Sicht können Moore bzw. Wiedervernässungsmaßnahmen daher durchaus zu einer ernstzunehmenden weiteren Verschärfung der Flächenkonkurrenz führen. Dies gilt insbesondere, da Wiedervernässungsmaßnahmen auch Auswirkungen auf angrenzende landwirtschaftliche Flächen und Bebauung haben könnten.

Bei der Identifikation von Mooren auf Basis bestehender Bodenkarten bestehen methodische und maßstabsbedingte Schwierigkeiten. Somit ist zu beachten, dass die Landesmoorkulisse (GLÖZ 2) sowie alle „alternativen“ Moorkulissen jeweils nur als Suchkulisse zu verstehen sind.

Vor der Planung und Umsetzung konkreter Moorschutzmaßnahmen sind daher detaillierte Bodenkartierungen unerlässlich.

Im Zuge der Diskussion um die Wiedervernässung von Mooren werden mitunter vermeintliche landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten von nassen Standorten bzw. nassen Mooren aufgezeigt. Besonders häufig wird über den Anbau von Paludikulturen und die Haltung von angepassten Nutztierrassen berichtet. Mit Blick auf die Rahmenbedingungen in NRW ist festzustellen, dass gegenwärtig die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Anbau von Paludikulturen nicht gegeben sind. Es mangelt an Absatzmöglichkeiten sowie Verarbeitungs- und Vermarktungsinfrastruktur.

Auch die Bewirtschaftung durch an nasse Standorte angepasste Nutztiere ist problematisch, da ein vermehrtes Auftreten von Klauen bzw. Huferkrankungen zu erwarten ist und die Tiere trockene Standorte zum Rückzug in ausreichendem Umfang benötigen. Wenngleich gerade bei der Renaturierung von Hochmooren die Beweidung mit (großen) Wiederkäuern förderlich ist, ist zu beachten, dass grundsätzlich nur ein sehr geringer Tierbesatz möglich ist. Demgegenüber steht ein hoher Investitionsbedarf, der u.a. durch die Einrichtung spezieller Zaunsysteme entsteht.

Eine ökonomische landwirtschaftliche Nutzung von Flächen, die im Sinne eines effektiven Klimaschutzes wiedervernässt sind, ist für NRW gegenwärtig nicht in Sicht. Dies gilt für den Anbau von Paludikulturen ebenso wie für die Haltung von Nutzieren. Die Wiedervernässung von Mooren kann dabei potenziell sowohl einen Beitrag zur Erreichung von Naturschutz- als auch von Klimazielen leisten, bedeutet aber aus agrarstruktureller Sicht vor allem den Verlust landwirtschaftlicher Fläche.

Das Wichtigste in Kürze:

Der Schutz und die Wiedervernässung von Mooren gelten als wichtiger Beitrag zur Erreichung der Klimaziele. Gemäß GLÖZ 2 umfasst die Landesmoorkulisse NRW landesweit etwa 50.500 Hektar Fläche (davon 25.900 landwirtschaftliche Flächen) und ist damit im Vergleich mit anderen Bundesländern relativ klein. Die Betroffenheit kann jedoch lokal bis regional deutlich größer sein. Dies gilt insbesondere in den Regierungsbezirken Münster und Detmold.

Aufgrund von methodischen und maßstabsbedingten Schwierigkeiten bei der Identifizierung und Charakterisierung von Moorstandorten sowie der Abgrenzung von Moorkulissen sind die bodenkundlichen und hydrologischen Verhältnisse einzelfallspezifisch und umfassend zu untersuchen.

Bei Wiedervernässungsmaßnahmen erweist sich die ganzjährige Bereitstellung der erforderlichen Wassermenge und -qualität als schwierig. Zur Sicherstellung des Erfolgs von Wiedervernässungsmaßnahmen sollte der Wasserstand auch im Sommer nicht zu stark schwanken.

Die Wiedervernässung von Mooren kann potenziell einen Beitrag zur Erreichung von Naturschutz- und Klimazielen leisten. Aus agrarstruktureller Sicht bedeutet sie jedoch vor allem eine weitere Verschärfung der Flächenkonkurrenz. Eine ökonomische landwirtschaftliche Nutzung von Flächen, die im Sinne eines effektiven Klimaschutzes wiedervernässt sind, ist für NRW gegenwärtig nicht in Sicht.

Autor: Geschäftsbereich 2 – Team Ressourcenschutz