Landessortenversuche Sommerhafer 2010

Erntereifer Hafer

Sommerhafer: Historisch schlechter Ertrag

Nach den einigermaßen passablen Sommerhafer-Erträgen im Jahr 2009 mit 52,2 dt je ha wurden in diesem Jahr nach der Besonderen Ernteermittlung (BEE) mit 42,3 dt je ha landesweit historisch schlechte Erträge von minus 19 % erzielt. Dr. Joachim Holz und Heinz Koch, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, erläutern die Ergebnisse der Landessortenversuche zum Sommerhaferanbau.

Die Anbauflächen verzeichnen seit 2003 in NRW einen kontinuierlichen Rückgang. Im Jahr 2010 betrug sie nur noch rund 11 900 ha, dieses ist gegenüber dem Vorjahr ein weiterer Rückgang um rund 20 %. Mit 44,7 kg je hl lagen die hl-Gewichte in den Landessortenversuchen mit 5 kg je hl ebenfalls so niedrig, wie seit mindestens sieben Jahren nicht mehr. Die Ursachen für diese miserablen Erträge und Qualitäten sind witterungsbedingt.

Vor- und Nachteile Sommergetreide

Bei der Frage nach dem grundsätzlichen Sinn, eine Sommergetreideart in die Fruchtfolge zu nehmen, sollten die Vor- und Nachteile nach den jeweiligen betriebsindividuellen Gegebenheiten gegeneinander abgewogen werden. Im Vergleich zum Wintergetreideanbau liegen die Vorteile eines Sommergetreideanbaues generell in der Auflockerung der Fruchtfolge, der Möglichkeit einer nachhaltigen Beseitigung von Bodenstrukturschäden, der relativ einfachen und preiswerten Produktionstechnik mit weniger Überfahrten sowie in der Entzerrung von Arbeitsspitzen. Speziell beim Sommerhafer ist darüber hinaus noch seine phytosanitäre Wirkung auf den Halmbrucherreger ( Cercosporellaherpotrichoides) in sehr weizenlastigen Fruchtfolgen anzuführen.

Vor allem bei der Qualitätshafererzeugung ist unter trockeneren Standortbedingungen das Erreichen einer Mindest-Hektoliter-Gewichtsleistung als bezahlungsrelevante Größe nur selten gesichert. Aus diesem Grund konzentriert sich der Haferanbau in NRW erfolgreich zunehmend stärker auf die höheren Anbaulagen, in denen bei moderaterem Temperaturverlauf und in der Regel ausgeglicheneren Niederschlagsverhältnissen gute Erträge bei hohen hl-Gewichten sicherer erzielt werden können.

Die Landessortenversuche

2010 wurden in Nordrhein-Westfalen mit insgesamt zwölf Sorten an drei Standorten die Landessortenversuche Hafer durchgeführt. Zur besseren Absicherung und Beurteilung der Sortenleistungen wurden aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie aus Hessen acht weitere Versuchsergebnisse in die Auswertung einbezogen, so dass insgesamt elf Versuchsergebnisse aus verschiedenen Ackerbauregionen für eine gesicherte Sortenempfehlung zur Verfügung stehen. Die Sortenprüfungen erfolgten in zwei Intensitätsvarianten, siehe Tabelle 1, die sehr kostenextensiv sind. Die Versuchsergebnisse (Tabelle 2) zeigen an den verschiedenen Standorten recht schwankende Einzelsortenleistungen. Die Sortenunterschiede sind im Mittel über die Anbauregion Lehmstandorte Nordwest nur marginal, auf den Sandstandorten differenzieren sich die Sorten stärker. Deutlich wird, dass die erstjährig geprüften neuen Sorten gegenüber den älteren Sorten keine verbesserten Erträge erzielen. Unter Berücksichtigung der Vorjahresergebnisse, die für die einzelnen Ackerbauregionen zusammenfassend in der Tabelle 3 aufgeführt sind, ergeben sich die in der Tabelle 4 aufgeführten Sortenempfehlungen für das kommende Anbaujahr für Nordrhein-Westfalen.

Bei der Sortenwahl ist neben den agronomischen Leistungsmerkmalen, siehe Tabelle 5, auch das beabsichtigte Erzeugungsziel, Qualitätshafer für die Schälmühle oder die Futterhaferproduktion, zu berücksichtigen. Für die Qualitätshafererzeugung besitzt das Vermarktungskriterium hl-Gewichtsleistung, zusammen mit einem möglichst niedrigen Spelzenanteil einer Sorte, eine sehr große Erzeugerpreisrelevanz. Die Spelzenfarbe, weiß oder gelb, hat keinen differenzierenden Einfluss auf die Nutzbarkeit als Qualitätshafer. Die geforderten Mindest-Hektoliter-Gewichte von über als 50 kg je hl sind nicht sicher zu erreichen, aber für das Erzielen einer ausreichenden Rentabilität wichtig (Preisabzüge).

Für den Qualitätshaferanbau sollten grundsätzlich nur Standorte mit sicherer Wasserführung während der Vegetationszeit gewählt werden, da das Qualitätskriterium hl-Gewichtsleistung nur auf solchen Standorten sicherer erzielt werden kann. Insbesondere kommt es auf ein hohes Tausendkorngewicht bei möglichst bauchiger Kornausbildung an. Das Verhältnis von Spelzenanteil zu verwertbarem Kerneranteil ist dann günstig. Daher darf auch die Bestandesdichte - rispentragende Halme je m² - nicht überzogen werden. Der Hafer ist als küstenklimatische Pflanze sehr wasserbedürftig. Ein Wassermangel, vor allem in der kritischen Kornfüllungsphase, wirkt sich negativ auf die Qualität aus, dieses umso mehr, je höher die Bestandesdichte ist.

Freddy, Max und Flocke

Aus der Tabelle 6 gehen die hl-Gewichtsleistungen der Hafersorten hervor. Über die Jahre betrachtet zeigen die Sorten Freddy und als neuere Sorte Max sowie Flocke gesichert höhere hl-Gewichtsleistungen. Unter Berücksichtigung des Spelzenanteils der Sorten, siehe Tabelle 5, sind allerdings nur noch die Sorten Scorpion, Max sowie Flocke für einen Qualitätshaferanbau sicher zu empfehlende Sorten. Auch für die Verwertung als Futterhafer sind Sorten mit einem geringen Spelzenanteil zu bevorzugen, da das Verhältnis Rohfasergehalt zu Rohprotein- und Rohfettgehalt günstiger wird. Dieses wird beim Verkauf zwar nicht honoriert, beim Einsatz im eigenen Betrieb sollte dieser Aspekt aber beachtet werden.

Wirtschaftlichkeit der Intensitätsvarianten

Unter Berücksichtigung der diesjährigen Erzeugerpreise (Tabelle 1) mussten in der höheren Intensitätsvariante mindestens 2,4 dt je ha mehr gedroschen werden, um die dort durchgeführten Zusatzmaßnahmen wirtschaftlich zu rechtfertigen. Aus Tabelle 2 ist zu ersehen, dass sich diese 2010 im Mittel über die Sorten nicht an allen Standorten lohnten. Auf den Sandstandorten zeigte sich, im Gegensatz zum vergangenen Jahr, in keinem Versuch eine höhere Wirtschaftlichkeit in der höheren Intensitätsvariante. Die Trockenheit im Juni/Juli verhinderte gerade auf Sand besonders einschneidend noch ausreichende Ertragszuwächse während der Kornfüllungsphase. Daraus ist abzuleiten, dass bei jeder Sorte jahres- und standortspezifisch entschieden werden muss, inwieweit eine Behandlung notwendig ist oder nicht, allerdings mit ungewisser Aussicht auf eine tatsächlich höhere Rentabilität, wenn das Wetter nicht mitspielt.

Hinweise zum Anbau

Die jährlichen Ertragsschwankungen beim Sommerhafer liegen gegenüber den anderen Sommergetreidearten höher. Vor allem ist die sehr starke Witterungsabhängigkeit von der Niederschlagsverteilung gegeben. Eine möglichst frühe Saat, wenn es die Bodenverhältnisse, das heißt trockenes, feinkrümeliges, gut abgesetztes Saatbett, erlauben, sollte angestrebt werden. Die Winterfeuchtigkeit und die noch herrschenden kurzen Tageslängen können in diesem Zeit noch für eine ausreichende Bestockung und Bestandesdichteetablierung optimal genutzt werden.

Die standortspezifischen Aussaatstärken-Empfehlungen auf der Basis langjähriger Ertragsstrukturermittlungen aus den Landessortenversuchen sind der Tabelle 7 zu entnehmen.

Zweimal N reicht

Eine zweimalige Stickstoff-Düngung für hohe Erträge und Qualitäten reicht aus. Vorteilhaft ist das flache Einarbeiten der ersten Stickstoffgabe in die Krume kurz vor der Saat. Wenn witterungsbedingt die Saat erst später erfolgt und/oder mit längerer Trockenheit nach der Saat zu rechnen ist, kann der bereits eingearbeitete Stickstoff witterungsunabhängiger noch pflanzenwirksam umgesetzt werden. Angesichts der kurzen Vegetationszeit ist eine frühzeitige, gesicherte pflanzenverfügbare Stickstoffversorgung besonders wichtig. Der Hafer verfügt über ein leistungsfähiges, stark verzweigtes Wurzelsystem. Eine Stickstoffüberversorgung kann daher leicht zu ertrags- und qualitätsmindernden Verlusten durch Lager führen. Die Standfestigkeitssicherung in EC 33 bis 37 mit Cycocel ist in der Regel eine wirtschaftliche und ertragssichernde Maßnahme, vor allem auf den besseren, wassersicheren Standorten.

Beim Einsatz eines Fungizids ist der aktuelle Zulassungsstand zu beachten. Speziell für Hafer ist er sehr eingeschränkt. Aus Tabelle 5 wird deutlich, dass bei den empfohlenen Sorten je nach Jahr Krankheitskalamitäten, insbesondere Mehltau, auftreten können.

Zu beachten ist beim Hafer die starke Ertragsreaktion gegenüber Blattlausbefall, wenn diese mit dem Gelbverzwergungsvirus infiziert sind (Haferröte und Verzwergung). Hier sollten sofort bei auftretendem Befall, der den Warndiensthinweisen zu entnehmen ist, entsprechende Insektizide eingesetzt werden.

Autor: Dr. Joachim Holz, Heinz Koch