Landessortenversuche Sommerfuttergerste 2020

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Sommerfuttergerste vor blauem Himmel

Die Anbaufläche von Sommergerste in NRW lag 2020 bei etwa 9.800 ha. Dies entspricht ungefähr dem Niveau der letzten Jahre. Bezogen auf diese Anbaufläche entfallen etwa 2/3 des Anbaus auf Westfalen und davon allein mehr als 3.000 ha auf Ostwestfalen-Lippe. Sommergerste wird hier fast ausschließlich zur Futternutzung angebaut. Demgegenüber spielt der Anbau von Sommergerste zu Futterwecken im Rheinland mit etwa 500 ha nur eine untergeordnete Rolle.

Rückblick auf 2020

Die Ernte von Sommergerste in NRW fiel 2020 im Vergleich zum langjährigen Mittel zwar leicht unterdurchschnittlich aus, lag aber deutlich höher als noch zu Beginn des Sommers erwartet. Mit durchschnittlichen Erträgen von 52,4 dt/ha wurde in vielen Anbauregionen fast das Ertragsniveau von Sommerweizen erreicht. Dabei war auch 2020 der Witterungsverlauf keinesfalls optimal: Nachdem die Aussaat meist unter guten Bedingungen erfolgte, führte die anschließende Trockenheit an vielen Standorten zu einem geringen Feldaufgang und in Kombination mit hohen Temperaturen zu einer schwachen Bestockung. Da aber in den meisten Regionen ab Mai ausreichend Niederschläge fielen und größere Hitzephasen ausblieben, konnten viele Bestände über einen hohen Kornansatz und eine gute Kornfüllung ertraglich aufholen. Bei sehr schwach bestockten Beständen kam es allerdings öfter zu Zwiewuchs und dort wo zum Zeitpunkt der Blütenanlage kalte Nachttemperaturen auftraten, kam es teils zu „Laternenblütigkeit“. Die trockene Witterung im Frühling hatte zumindest den Vorteil, dass auf Fungizidmaßnahmen gegen Mehltau meist verzichtet werden konnte. Die Ernte erfolgte unter trockenen Bedingungen und es wurden überwiegend gute Qualitäten erzielt.

Sommergerste oder Sommerweizen?

Sommerweizen besitzt auf guten Standorten ein deutlich höheres Ertragspotential als Sommergerste. Auf leichten Standorten mit mäßiger Wasserversorgung oder in Höhenlagen empfiehlt sich aufgrund der höheren Ertragssicherheit aber der Anbau von Sommergerste. Dies gilt besonders dann, wenn die Ernte zur Fütterung im eigenen Betrieb genutzt oder anderweitig direkt vermarktet werden kann. Sommergerste stellt etwas höhere Anforderungen an die Saatbettbereitung als Sommerweizen kann aber ohne Probleme auch nach Weizen oder Triticale angebaut werden.

Ergebnisse der Landessortenversuche 2020

Die Landwirtschaftskammer NRW hat in den Landessortenversuchen 2020 insgesamt 4 Sorten für die Futternutzung an zwei Lehmstandorten in Westfalen geprüft. Dabei wurden durchschnittliche Erträge von 64,8 dt/ha und 72,0 dt/ha erzielt. Die dargestellten Ertragsleistungen der Sorten werden durch Ergebnisse aus den Landessortenversuchen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein ergänzt. Durch einen höheren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln konnte ein durchschnittlicher Mehrertrag von 4,4 dt/ha erzielt werden.

  • RGT Planet überzeugt seit vielen Jahren mit hohen Erträgen bei durchschnittlichen hl-Gewichten. Die Sorte ist resistent gegen Mehltau und nur mäßig anfällig gegenüber anderen Blattkrankheiten. RGT Planet ist im Vergleich zu anderen Sommergerstensorten etwas länger und nicht besonders standfest. Bei hoher Nachfrage und entsprechenden Qualitäten kann die Sorte gegebenenfalls auch als Braugerste vermarktet werden.
  • KWS Beckie erzielte 2020 nur unterdurchschnittliche Erträge und hl-Gewichte, ist aber sehr standfest. Die Vermehrungsfläche war zuletzt nur gering, sodass mögliche Anbauer sich frühzeitig um Saatgut bemühen sollten.
  • Klarinette erzielte in den bisherigen Versuchen ebenfalls nur unterdurchschnittliche Erträge, überzeugt aber mit einem hohen hl-Gewicht, einer zumindest guten Standfestigkeit und einer hohen Blattgesundheit. Diese kann in der Praxis dazu beitragen, den Fungizidaufwand deutlich zu reduzieren.
  • Applaus erzielte im ersten Versuchsjahr überdurchschnittliche Erträge, ist im Vergleich zu RGT Planet aber anfälliger gegenüber Rhynchosporium-Blattflecken. Die Sorte wird weiter geprüft, kann aber auch von Anbauern bereits getestet werden.

Anbauhinweise

Sommergerste benötigt eine deutlich kürzere Vegetationszeit als andere Sommergetreide. Dennoch sollte die Aussaat im Hinblick auf einen optimalen Ertrag so früh erfolgen, wie es der Bodenzustand und die Witterung zulassen. Da Sommergerste nur ein relativ schwaches Wurzelwerk entwickelt, sollte die Aussaat grundsätzlich nur auf gut abgetrockneten und durchlüfteten Böden erfolgen. Staunässe ist zu vermeiden. Bei einer frühen Aussaat ab Ende März werden Saatstärken von 270-300 keimfähigen Körnern/m² empfohlen. Bei späteren Aussaatterminen ab Mitte März sollte die Saatstärke auf 300-330 Körner/m² und ab Ende März auf 330-360 Körner/m² erhöht werden, da mit zunehmender Tageslänge die Bestockung abnimmt. Die Saattiefe sollte 2-4 cm betragen. Auf schlecht versorgten Standorten bietet es sich an, eine angepasste Grunddüngung mit Kalium und Phosphor durchzuführen. Die Stickstoffdüngung wird meist auf 2/3 zur Saat und 1/3 zum Ährenschieben aufgeteilt. Bei einer organischen Düngung empfiehlt es sich, die geplante Menge vollständig vor der Saat zu geben, um eine zu späte N-Freisetzung zu vermeiden. Besonders dann sollten standfeste Sorten bevorzugt werden. Bei Sommergerste hat sich ein einmaliger Einsatz von Wachstumsreglern in EC 31/32 meist als ausreichend erwiesen. Die von der Landwirtschaftskammer NRW empfohlenen mehltauresistenten Sorten lassen sich mit einer Fungizidmaßnahme in EC 37/49 bis zur Ernte gesund halten.

Autor: Johannes Roeb, Heinz Koch