Stromspeicher auch für die Landwirtschaft?!
Bei der betriebseigenen Stromerzeugung ist der Eigenverbrauchsanteil ein wesentliches Kriterium für die Wirtschaftlichkeit. Damit dieser möglichst hoch sein kann, sind Stromspeicher das technische Mittel der Wahl. Insbesondere ist die Kombination von Stromspeicher und PV-Anlage hier aufgrund der geringen Stromerzeugungskosten und der ungleichen Stromerzeugung über den Tag prädestiniert. Mit einem Speicher kann der in den hellen Tagesstunden produzierte Strom in den dunklen Tagesstunden selbst verbraucht oder zur Vermeidung von Lastspitzen genutzt werden. Dabei wird teurer Bezugsstrom gespart. Der Eigenverbrauchsanteil, also der Strom, der aus eigener Erzeugung selbst verbraucht wird, kann somit erhöht werden.
Die Unabhängigkeit vom Stromnetz wird als Autarkie bezeichnet und ist als Anteil des Eigenverbrauchs aus der Stromerzeugungsanlage vom Gesamtstromverbrauch definiert. Mit einem hohen Autarkiegrad kann man sich weitgehend von der Strompreisentwicklung unabhängig machen. Eine vollständige Autarkie durch erneuerbaren Strom aus PV-, Wind- und Speicheranlagen ist aus wirtschaftlicher Sicht nicht anzustreben. Dazu ist die Erzeugung witterungsbedingt zu volatil und würde somit eine hohe Leistungsüberbauung erfordern. Einige Speicher sind sogar in der Lage eine kurzfristige Notstromversorgung sicherzustellen. Wenn der Speicher regelmäßig für die Eigenversorgung genutzt wird, verfügt dieser aber nicht immer über eine ausreichende Reserve, falls die Netzversorgung einmal ausfällt.
Technische Eigenschaften unterscheiden sich
Im Bereich der elektrochemischen Speicher, die vorrangig für den Bereich der Eigenstromspeicherung von Bedeutung sind, finden aktuell vor allem Blei und Lithium als Basisbestandteil Verwendung, wobei letztere den größeren Marktanteil besitzen.
Bei den Blei-Akkumulatoren handelt es sich vom Prinzip her um die gleiche Technik, die auch im Fahrzeugbau verwendet wird. Lithium-Ionen Akkumulatoren sind zunächst in mobilen, elektrischen Geräten wie Laptops oder Handys eingesetzt worden und finden mittlerweile auch in E-Fahrzeugen Anwendung.
Als Maß für die Leistungsfähigkeit einer Akkus ist dessen Speicherkapazität in kWh auschlaggebend. Dabei muss man zwischen der so genannten Nennkapazität und der Nutzkapazität unterscheiden. Die Nutzkapazität liegt nur zwischen 50 % und 90 % der Nennkapazität. In diesem Punkt unterscheiden sich Blei- und Lithium-Systeme recht stark voneinander. Auf Lithiumbasis besitzen die meisten Systeme eine Entladetiefe von 80 % bis 90 %, wohingegen Blei-Systeme nur eine Entladetiefe im Bereich von 50 % bis 70 % ermöglichen. Neben der Entladetiefe unterscheiden sich die Speichertechniken auch in der pro Gewichtseinheit speicherbaren Energiemenge, der Energiedichte. Diese ist bei Lithium-Systemen 4- bis 9-mal so hoch wie bei Blei-Systemen. Zusätzlich zur nutzbaren Speicherkapazität und der Energiedichte unterscheiden sich Blei- und Lithium-Systeme noch in der Vollzyklenzahl. Ein Vollzyklus beschreibt die Be- und Entladung des Speichers. Bei jedem Vollzyklus altert der Speicher, sodass irgendwann keine nennenswerte Speicherung mehr gegeben ist. Akkumulatoren auf Blei-Basis sind empfindlicher gegenüber dieser Alterung. Herstellerangaben nennen für Blei-Systeme 2.000 bis 3.000 Vollzyklen, während Lithium-Systeme nach Herstellerangaben circa 6.000 Vollzyklen versprechen. Aus technischer Sicht sind die Lithium-Systeme somit im Vorteil gegenüber den Blei Systemen.
Die angebotene Technik unterscheidet sich auch im Hinblick auf die Einbindung der PV-Anlage. Wird der Speicher im Gleichstromkreis der PV-Anlage eingebunden, kann der Strom ohne Umrichter direkt gespeichert werden. Hier ist ein integriertes System mit den PV-Wechselrichtern notwendig, da der gespeicherte Strom bei der Entnahme durch die Wechselrichter in den netzkompatiblen Wechselstrom umgeformt werden muss. Diese Bauweise eignet sich somit weniger für die Nachrüstung, da hier eine Anbindung im Wechselstromkreis mit separaten Umrichtern für das Laden und Entladen der Batterien notwendig ist. Jede Umwandlung verursacht Verluste, wobei diese im Verhältnis zu den Lade- und Entladeverlusten weniger ins Gewicht fallen. Als weitere Verlustquelle kommt die Selbstentladung hinzu, die aber auch nur von geringer Bedeutung ist. Nach Anrechnung all dieser Verluste ergibt sich der Systemwirkungsgrad mit meist 75 % bis 90 %. In Herstellerprospekten werden oftmals höhere Werte angegeben. Hier werden gleichbleibende Bedingungen unterstellt, die aber in der Praxis eigentlich nicht einzuhalten sind. Gerade die Umgebungstemperatur und die Temperatur des Speichers sind hier zu nennen.
Die Auswahl des Speichersystems ist von der betrieblichen Gesamtsituation abhängig
Für die Auswahl des passenden Speichersystems ist die betriebliche Situation entscheidend. Hier ist der Verlauf der Leistungsabfrage besonders relevant. Die Speicheranlagen sind bezüglich der Be- und Entladeleistung limitiert. Wird kurzzeitig durch starke elektrische Motoren oder andere Großverbraucher eine hohe Leistung angefordert, kann diese nicht zwangsweise von der Speicheranlage bereitgestellt werden. Umgekehrt ist auch die Beladung des Systems begrenzt, sodass Überschüsse weiter in das Netz eingespeist werden.
Die Größe und Leistungsfähigkeit des Speichers muss darüber hinaus auch auf die betriebliche Gesamtsituation angepasst werden. Hier sind die Leistung, die Ausrichtung und das Alter der PV-Anlagen sowie der Lastgang des Stromverbrauchs entscheidend. Sind diese Merkmale bekannt, kann der Nutzen eines Speichersystems gut abgeschätzt werden. Sind diese Daten nicht bekannt, sind aufwändige Berechnungen zur Ermittlung dieser erforderlich. In beiden Fällen ist eine betriebsindividuelle neutrale Beratung zu empfehlen, damit bei der Anlagenprojektierung nicht von zu optimistischen Ansätzen für Eigenverbrauch und die Eigenverbrauchssteigerung ausgegangen wird. Nur so lässt sich die Wirtschaftlichkeit der geplanten Maßnahme realistisch abschätzen.
Die Kosten für jede gespeicherte kWh lassen sich letztendlich über die Nutzungsdauer, die Investitionskosten, die Wartungskosten und dem Systemwirkungsgrad der Speicheranlage berechnen. Je nach Vorrausetzungen liegen diese bei 10 bis 30 ct/kWh. Zuzüglich der durch die Einspeisung in den Speicher fehlenden Netzeinspeisevergütung und der abzuführenden EEG-Umlage für den aus dem Speicher genutzten Strom, ergibt sich bei Netto-Strombezugskosten von 16 bis 23 ct/kWh eine nur knapp darstellbare Wirtschaftlichkeit. Wichtig ist für die richtige Einordnung der Wirtschaftlichkeit des Stromspeichers, dass dieser sowohl als separate als auch in Kombination mit einer neuen bzw. vorhandenen Photovoltaikanlage gerechnet wird. Es gibt durchaus Konstellationen, bei denen die gute Wirtschaftlichkeit der PV-Anlage für den Eigenverbrauch durch die Ergänzung um die Speicheranlage deutlich verringert wird.
Aktuell werden stationäre Energiespeicher in NRW durch das Förderprogramm progres.nrw gefördert. Fördervoraussetzung ist die Installation einer neuen PV-Anlage, wobei das Verhältnis der neu installierten PV-Anlagenleistung zur Speicherkapazität des stationären Energiespeichers maximal 1 zu 2 betragen darf. Sind diese Bedingungen erfüllt, ist eine Förderung mit 200 € pro kWh Speicherkapazität möglich.
Um einschätzen zu können, ob der Einsatz eines Stromspeichers sinnvoll ist, sind genaue Informationen über die am Markt verfügbaren Batteriespeichersysteme nötig. Aus diesem Grund veröffentlicht das Centrale Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk e.V. (C.A.R.M.E.N. e.V.) jährlich die umfangreiche „Marktübersicht Batteriespeicher 2019“ in der viele Speicheranlagenhersteller die Eigenschaften ihrer Speichersysteme angegeben haben.
Autor: Nils Seidel