Futterknappheit und was dann?

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Die Hofweiden gleichen eher einer afrikanischen Savanne


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Berater Michael Blechmann (r.) und Landwirt Christian Klein beurteilen die Futterqualität. Gerade bei Futterknappheit ist ein intensives Futtermanagement notwendig.


Auf der Fahrt zum Betrieb von Christian Klein in Windeck-Distelshausen zeigen sich die zurzeit typischen Grünlandbilder - ausgetrocknete Flächen auf denen man grüne Halme vergeblich sucht. Michel Blechmann, Berater der Landwirtschaftskammer NRW, Kreisstelle Lindlar, hat sich auf den Weg gemacht, um mit dem Landwirt die Futtersituation zu analysieren und Reaktionsmöglichkeiten zu überlegen.

Christian Klein hat den elterlichen Betrieb vor drei Jahren übernommen und auch den Nachbarbetrieb dazu gepachtet. Nach dem Umbau der alten Ställe konnte er über 100 Kühe mit der dazugehörigen Nachzucht halten. Für den Junglandwirt konnte der Einstieg nicht schlechter sein, denn die Milchpreise waren in den Jahren 2015/2016 auf dem Tiefpunkt. Doch er hat die Krise gemeistert ganz nach seiner Devise: „Das Jammern bringt nichts. Man muss einzelbetriebliche Entscheidungen treffen und sehen, wie man Krisen übersteht.“ Genauso geht er auch mit der derzeitigen Futterknappheit um. „Es wird mittlerweile heikel. Die nassen Jahre sind für uns eigentlich die guten Jahre. Im vergangen Jahre habe ich so viel geerntet, das ich keine Pressschnitzel für 2018 vorbestellt habe, was ich sonst immer mache und jetzt bekomme ich natürlich keine mehr“. Als dann die Hitzewelle nicht aufhören wollte und der dritte Schnitt auf der Fläche vertrocknet ist, musste der Landwirt handeln. „Mein ersten Gedanke war: „ Ich muss mehr Stroh zukaufen. Der Landwirt, von dem ich in der Vergangenheit immer Stroh bezogen habe, sagte mir schon sofort: Es gibt weniger. Aber dann konnte ich noch von einem Händler genügend Stroh beziehen und ich habe alle Läger gefüllt - als Notreserve.“

Weniger Kühe

Die knappe Futtersituation hat der Landwirt dazu genutzt, Tiere auszusortieren. 14 Kühe gingen schon zum Schlachter und jetzt stehen nur noch knapp 90 Kühe im Stall. „Im vergangen Jahr habe ich alles behalten und gemolken, da ich so viel Futter hatte. Der Stall war überbelegt. Aber jetzt ist es besser weniger zu halten und die vorhandenen Kühe ordentlich zu füttern“, so die Aussage des Landwirtes. Auch will er künftig keine Überbelegung mehr anstreben, da sich dies in den alten Stallungen mit schmalen Laufgängen negativ auswirkt. „Dass die Kühe nachts immer noch lieber auf die weitläufige Stallweide gehen als im Stall bei der Mischration zu bleiben, ist schon verwunderlich, da dort natürlich nicht mehr viel Grün zu finden ist -wahrscheinlich ist es dort einfach etwas kühler“. Die Milchleistung sei in den vergangenen Wochen zwar etwas rückläufig, aber es halte sich im Rahmen, so der Landwirt. „Die Tiere geben rund 27 kg Milch am Tag und in normalen Zeiten knappe 30 kg. Auch bei den Zellen liege ich bisher immer noch unter 200 000.“

Christian Klein hat jedoch nicht nur Kühe abgestockt, sondern auch tragende Rinder zu einem benachbarten Betrieb in Pension gegeben aufgrund der knappen Futtersituation. „Die zusätzlichen Kosten muss ich in Kauf nehmen, damit ich mehr Grassilage für die Kühe habe.“ Auf der Suche nach Silomais hat er dann auch einen Betrieb gefunden, der ihm 4,5 ha ab Feld zu einem angemessen Preis verkaufen möchte. Dieses sei ein faires Verhalten, weiß Berater Blechmann zu berichten, denn es gäbe andere, die aus der Futterknappheit Kapital schlagen und extreme Preise verlangen würden. Michel Blechmann kann die Maßnahmen, die der Landwirt schon getroffen hat, nur befürworten - überschlägige Berechnung der Futtermenge, fehlende Futtermittel zukaufen, Tierbestand überdenken und Tiere mit schlechter Leistung oder Genetik aussortieren und Jungvieh reduzieren oder auslagern.

Der Berater fragt nach dem aufstehenden Mais und empfiehlt Christian Klein bei schlechter Kolbenausbildung chemische Siliermittel mit Kaliumsorbonat, Natriumbenzoat oder - propinat zu verwenden. Bei Mais mit keinem oder wenig Kolbenansatz sei der Zuckergehalt sehr hoch aufgrund der geringen Umlagerung von Pflanzenzucker in Stärke. Der hohe Zuckergehalt führe dann verstärkt zu Fehlgärungen - hier könnten Siliermittel auf Bakterienbasis wenig ausrichten. Der Mais sehe generell noch gut aus für die Umstände, so der Landwirt „nur ein Feld müssen wir bald noternten“.

Wie lange reicht das Futter?

Der Landwirt möchte wissen, ob er bis Juni nächsten Jahres genügend Gras- und Maissilage für die Kühe hat. „Das Jungvieh kann ich zur Not mit Stroh und Kraftfutter füttern. Vielleicht gibt es ja noch einen Schnitt im Herbst mit Ballen fürs Jungvieh, wenn nicht, bleibt die Strohvariante.“ Berater Blechmann bestätigt, dass die Strohvariante möglich sei, aber erst ab einer Lebendmasse von circa 400 kg, da die Tiere dann weniger Energie benötigten. Die hochwertigen Futtermittel sollte man für die Kühe und die Jungrinder bis zu einem Jahr vorhalten.

Die Futterplanung beginnt mit dem Ausmessen der vorhandenen Silos. Im Silo liegen der erste und zweite Schnitt Grassilage und mit der abgeschätzten Erntemenge an Silomais berechnet der Berater eine Futtermenge von 1 700 m³. Hierbei wurde der Silomais mit einem Drittel weniger Ertrag als in normalen Jahren angesetzt. Nun geht es an die weitere Berechnung: Wie viel Grobfutter fressen die Tiere pro Tag? Hierbei sind Rationsberechnungen oder die Betriebszweigauswertung gute Hilfsmittel. Falls beides nicht vorhanden sei, könne man auch mit Durchschnittswerten rechnen. Im Betrieb Klein kalkuliert der Berater mit 12 kg TM Grobfutter pro Kuh und Tag. Umgerechnet auf Frischmasse und nach der Umrechnung von dt auf m³ kann der Experte dem Landwirt sagen, dass die Futtermenge für 90 Kühe und 40 Jungtiere über ein Jahr bis Juni nächstes Jahr ausreicht. Mit dieser Aussage ist Christian Klein schon beruhigt. Eine solche exakte Futterplanung hat er bisher noch nicht gemacht, da es bisher auch nicht notwendig war.

Wie sieht dies bei anderen Betrieben aus? „Viele Betriebe machen die Futterplanung aus dem Bauch heraus und aus Erfahrungswerten. In diesem Jahr sollten aber alle genau planen, damit man rechtzeitig reagieren kann.“

Jetzt schon an die Fütterung 2019/2020 denken

Christian Klein weiß nun, dass er - auch ohne einen vierten Schnitt - bis nächstes Jahr Juni über die Runden kommt. Aber, wie sieht es danach aus, will er wissen. „Wie viel Hektar Mais soll ich für nächstes Jahr in Auftrag geben? In normalen Jahren fange ich mit der Fütterung des ersten Schnittes Grassilage Mitte August an und die Maissilage des Vorjahres reicht bis Anfang/Mitte Oktober. Nun wird aber Mitte Juni 2019 das gesamte Futter weg sein. Der Berater unterstreicht die Wichtigkeit dieser vorrausschauenden Planung. Viele Betriebe planten zurzeit nur bis Mitte Juni 2019, denn dann könne der erste Schnitt von 2019 verfüttert werden. Aber da dieser Schnitt ja früher als in normalen Jahren verfüttert würde, komme das Futterloch zeitversetzt später. Aus dem Grund müssten die Betriebe sich jetzt schon mit der Futterplanung 2019/2020 beschäftigen.

Sollte man jetzt schon Pressschnitzel vorbestellen oder sich Silomais sichern? Christian Klein möchte Silomais zukaufen und nach einer eingehenden Planung durch Michel Blechmann weiß er nun, dass er, vorausgesetzt das Jahr 2019 bringt die bisher normalen Mengen an Gras- und Maissilage, circa 5 ha für die Winterfütterung 2019/2020 benötigt und die wird er auch baldmöglichst bei einem Kollegen in Auftrag geben. Insgesamt sieht er der Zukunft nicht so pessimistisch entgegen und „vielleicht kommt der Regen doch noch“, sagt er und schaut erwartungsvoll auf die dunklen Wolken am Horizont.

Autor: Petra Weins