Hochwasserschutz - Begleitung der Planung von Retentionsräumen

Orsoy-Polder
2018 untersuchte die Landwirtschaftskammer NRW landwirtschaftliche Betroffenheiten im Gebiet des Polders Orsoy

Für den Hochwasserschutz besitzen Deiche eine besondere Bedeutung. Allein im nordrhein-westfälischen Rheineinzugsgebiet werden ca. 1,4 Millionen Menschen durch Deiche vor Hochwasser geschützt. Am Niederrhein haben sich die Menschen seit mehr als 700 Jahren zu Deichverbänden zusammengeschlossen. Sowohl in den Vorständen (Deichstuhl) als auch in den Mitgliederversammlungen (Erbentage) ist die Landwirtschaftskammer NRW per Satzung verankert. Auftrag der Landwirtschaftskammer ist es einerseits für einen effektiven Hochwasserschutz der landwirtschaftlichen Betriebe und Flächen zu sorgen und andererseits auf maßvolle Beiträge der landwirtschaftlichen Betriebe für den Hochwasserschutz hinzuwirken.

Diese Beiträge beinhalten neben den reinen Deichkosten auch Schöpfwerkskosten, weil zu Hochwasserzeiten das Wasser aus den Vorflutern nicht natürlich abfließen kann und somit über die Deiche z.B. in den Rhein gepumpt werden muss. Sie liegen je nach Betriebsgröße bei deutlich über 2.000,- Euro pro landwirtschaftlichem Betrieb. Die Deichpflege durch regelmäßige landwirtschaftliche Nutzung mit angepasster Düngung schont gleichzeitig die empfindliche Grasnarbe auf Deichen wie die Kasse der Deichverbände. So lassen sich die Deichbeiträge, an denen auch die nichtlandwirtschaftliche Bevölkerung beteiligt wird, gering halten. Fachliches Ziel der Landwirtschaftskammer ist es in diesem Zusammenhang, landwirtschaftliche Pflegekonzepte auch in den Deichschutzverordnungen und im Landeswassergesetz weiterzuentwickeln und umzusetzen.

Ausgelöst durch Jahrhunderthochwässern in den Jahren 1993 und 1995 plant das Land seit 1996 insgesamt elf große Retentionsräume am Niederrhein. Diese sollen bei Hochwasser auf ca. 5.000 ha Fläche, die zu fast 100% landwirtschaftlich genutzt sind – rund 170 Millionen m³ Wasser zurückhalten. Diese Planungen sind verbunden mit einem sehr hohen finanziellen Aufwand und führen zu einer Absenkung des Hochwasserscheitels um lediglich ca. 10 cm. Zugleich lassen sie auch existenzielle Bedrohungen einzelner landwirtschaftlicher Betriebe befürchten. Dies konnte in mehreren Betroffenheitsanalysen aufgezeigt werden.

Alternativ kommen Maßnahmen direkt am Gewässer (z. B. Buhnenabsenkung) und der Tieferlegung von Vorlandflächen in Betracht. Diese Maßnahmen unmittelbar am Gewässer können zu einer Absenkung des Hochwasserscheitels um ca. 15 cm führen, was aus landwirtschaftlicher und Anliegersicht zu begrüßen ist. Retentionsräume sollten als voll gesteuerte Taschenpolder geplant werden, die im Bedarfsfall zum günstigsten Zeitpunkt gezielt geöffnet werden können und nicht als ungesteuerte Flutpolder mit einer Einstauhäufigkeit von bis zu 2x jährlich (inklusive regelmäßiger landwirtschaftlicher Schäden) in Anspruch genommen werden. Diesen Überlegungen folgend wurde so der Polder Lohrwardt auf eine gesteuerte Variante umgestellt, wodurch eine Hochwasserentlastung der Unterlieger - unter anderem der Niederlande – erreicht werden konnte.

2018 hat die Landwirtschaftskammer NRW beim geplanten Retentionsraum „Orsoy“ eine Betroffenheitsanalyse für die rund 50 betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe erstellt. Diese Studie wurde der Planungsbehörde der Bezirksregierung Düsseldorf erläutert und wird bei der weiteren Umsetzung des Retentionsraumes als Arbeitsgrundlage berücksichtigt.