Erfahrungsbericht Agrarreferendariat

Referendariat Abschnitte

Referendariat BeratungBild vergrößern

Im Frühjahr 2018 bin ich durch einen Beitrag in der LZ Rheinland auf das Agrarreferendariat aufmerksam geworden. Ich hatte damals bereits erste Berufserfahrungen nach dem Studium gesammelt und war auf der Suche nach einem Weiterbildungskonzept mit enger Verzahnung von Theorie und Praxis. Besonders reizvoll erschien mir die Möglichkeit, im verwaltungsnahen Bereich Teilabschnitte an verschiedenen Ausbildungsorten abzuleisten und so die Vielfalt des Agrarlandes NRW kennenzulernen.

Ausbildungsabschnitte und Orte

Das Referendariat gliedert sich in die drei Abschnitte „Verwalten“, „Leiten & Steuern“ und den Beratungsabschnitt.

Direkter Kontakt mit den Landwirten (Landwirtschaftskammer Kreisstelle Kleve/Wesel)

Die Zeit an der Kreisstelle ist geprägt durch einen engen Kontakt mit den Landwirten vor Ort. Als Agrarreferendar konnte ich dem Arbeitsbereichsleiter der Verwaltung in allen relevanten Aufgaben zuarbeiten und mich intensiv mit den Themen des Agrarrechts auseinandersetzen. Von der Hofnachfolge bis zum Bauantrag bekam ich im ersten Ausbildungsabschnitt „Verwalten“ viele interessante Aufgaben auf den Schreibtisch. Auch die Ausgleichs- und Entschädigungsregelungen für Gänsefraßschäden am Niederrhein waren für mich als Sauerländer erst einmal Neuland. Schon der erste Abschnitt des Referendariats hat mir gezeigt, dass so ein Ortswechsel viele neue Erkenntnisse bringt!

Mit dem Satelliten auf den Acker geschaut (LANUV NRW, Fachbereich 21 Naturschutzinformationen - Fernerkundungskompetenzzentrum, Recklinghausen)

Im Agrarreferendariat wird ein kleiner Ausbildungsteil auch beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz verbracht. Ich konnte dieses Praktikum im Fernerkundungskompetenzzentrum in Recklinghausen absolvieren. Dort war schon ein kleines Projekt für mich vorbereitet worden: Die Kollegen haben mich in der Nutzung einer GIS-Software angeleitet und ich konnte im Feld Kartierungen vornehmen – und die Felddaten dann später im Büro digital aufbereiten und mit Satellitenbildern verknüpfen und unter Anleitung auswerten. Alles in allem ein spannender kleiner „Crash-Kurs“ in Sachen digitaler Möglichkeiten für den Naturschutz in der Agrarlandschaft.

Wie steuert man eigentlich ein Labor? (Landwirtschaftskammer GB8 - LUFA NRW, Münster)

Zum Ausbildungsabschnitt Leiten und Steuern bin ich an die LUFA NRW, das spezialisierte Labor für Agrar- und Umweltanalytik der Landwirtschaftskammer, gewechselt. Hier habe ich in Führungsaufgaben hereinschnuppern können (keine Sorge, als Referendar oder Referendarin muss man nicht gleich selbst weitreichende Entscheidungen über Geschäftsprozesse treffen, darf jedoch in enger Zusammenarbeit den Führungskräften über die Schulter schauen und eigene Beiträge und Ideen zur Diskussion stellen). Hier habe ich an verschiedenen Fragestellungen zum Geschäftsbetrieb des Labors äußerst intensiv mitgearbeitet. Dabei ging es unter anderem um Marketingaufgaben und Personalwesen, z.B. um die Besetzung einer Stelle. Diesen Prozess konnte ich von der Ausschreibung bis zur Einstellung begleiten.

Corona ändert vieles – Warum Vorsorge ein heißes Thema wurde (Landwirtschaftskammer Fachbereich 53 – Ökologischer Land- und Gartenbau das „Öko-Team NRW“, Münster-Wolbeck)

Eigentlich geht es im dritten Ausbildungsabschnitt zum „Beraten“ raus auf die Betriebe. Auf Grund der damals hereinbrechenden Corona-Krise im Frühjahr 2020 ging das leider nur eingeschränkt und unter gebotenen Vorsichtsmaßnahmen. Vieles lief also digital oder per Telefon. Ich habe mich mit Nährstofffragen im Ökolandbau befasst und anschließend meine Hausarbeit zur neuen EU-Öko-Verordnung verfasst. Mit Stolz darf ich berichten, dass meine Ausarbeitungen auch in diesem Abschnitt für die Praxis waren und der Leitfaden zu Vorsorgemaßnahmen auf Bio-Betrieben auszugsweise in einem Projektbericht zitiert werden konnte. y/p>

Teamplayer gesucht

Das Agrarreferendariat ist eine Ausbildung mit sehr intensiven Seminarblöcken. Über die zwei Jahre habe ich die Kollegen gut kennengelernt – auch nach langen Seminartagen blieb immer noch die Gelegenheit, gemeinsam die verschiedenen Ausbildungsorte zu erkunden. Die viele gemeinsame Zeit hat unseren Jahrgang sehr eng zusammengeschweißt. Bei Fragen und Herausforderungen gab es einen intensiven Austausch untereinander und irgendwer aus dem Team konnte immer weiterhelfen. Klar, dass dann auch die Prüfungen gemeinsam vorbereitet wurden und wir uns in Lerngruppen die erstmal schwierig erscheinenden Rechtsgrundlagen zu Grundstückverkehr, Höfeordnung und Co. erschließen konnten.

Seminar muss sein

Gemeinsam mit den Veterinär-Referendaren des Landes NRW besuchen die Agrarreferendarinnen und -referendaren zu Beginn ihrer Ausbildung ein Grundlagen Seminar zum Verwaltungsrecht in Essen. Eine spezifische Ausbildung für das Agrarrecht schließt sich dann an – im kleinen Kreis in Münster-Wolbeck.

Die große Prüfung

Im Sommer des zweiten Ausbildungsjahres, kurz nach der Abgabe der schon erwähnten Hausarbeit habe ich mit den Kolleginnen und Kollegen aus meinem Einstellungsjahrgang den schriftlichen und den mündlichen Teil der sogenannten „Großen agrarwirtschaftlichen Staatsprüfung“ absolviert. Die zwei Jahre des Referendariats bieten natürlich viel Stoff zum Lernen (… und Abfragen) aber sind zugleich eine prima Vorbereitung.

Wie ging es für mich weiter?

Nach Abschluss des Referendariats konnte ich quasi nahtlos bei der Landwirtschaftskammer weiterarbeiten. Nach nun rund eineinhalb Jahren in meinem Job als Sachbearbeiter im Fachbereich 61 (Landbau) sehe ich, wie sich die Vernetzung und das erlangte breite Wissen auszahlt: Denn bei meiner täglichen Arbeit habe ich immer wieder Kontakt zu Kollegen von genau den Dienststellen, die ich während des Referendariats kennengelernt habe. Ich bin gespannt, was die Zukunft für mich hier noch bereithält, denn die gesammelten Erfahrungen sind eine unschlagbare Wissensgrundlage für die nächsten beruflichen Schritte!

Autor: Stefan Manuel Bracht