#Pute@Praxis: Puten mit ungekürzten Schnäbeln

Putenhenne mit intaktem SchnabelBild vergrößern
Putenhenne mit intaktem Schnabel


Erhöhte perforierte Ebenen im Stall haben sich als praxistaugliche Strukturelemente erwiesenBild vergrößern
Erhöhte perforierte Ebenen im Stall haben sich als praxistaugliche Strukturelemente erwiesen


Ein Strohballen erhöht die Strukturierung im Stall und wird von den Tieren als Möglichkeit zum Aufbaumen genutztBild vergrößern
Ein Strohballen erhöht die Strukturierung im Stall und wird von den Tieren als Möglichkeit zum Aufbaumen genutzt


#Pute@Praxis: Puten mit ungekürzten Schnäbeln – ein praxisbezogenes Projekt mit medialem Wissenstransfer

Projektlaufzeit: 01.05.2020 – 31.12.2023

Ziel des MuD Tierschutz-Projektes #Pute@Praxis war es, bereits vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse und Verfahren zur Verbesserung des Tierschutzes in der Putenhaltung in die Praxis zu übertragen, deren Praxistauglichkeit zu prüfen und die Erfahrungen durch neuartige Kommunikationsmittel und Medien für ein breites Fachpublikum aufzuarbeiten und zugänglich zu machen.

Worum ging es:

Eine große Herausforderung in der Haltung von Puten ist das multifaktoriell bedingte Beschädigungspicken. Dabei fügen die Tiere sich Pickverletzungen zu, die zu einem großen Tierschutzproblem führen können. Daher wird den Tieren unter konventionellen Bedingungen derzeit mittels Infrarotstrahl in der Brüterei der Schnabel gekürzt. Zwar picken auch Puten mit gekürzten Schnäbeln – die Verletzungen sind aber weniger schwer. Ein zentrales Ziel der deutschen Geflügelbranche ist der Ausstieg aus dem Schnabelkürzen. Um dieses Ziel zu realisieren ist eine Zusammenarbeit in allen Bereichen notwendig. Hier hat das MuD Tierschutz Projekt #Pute@Praxis angesetzt. Ziel war es, mit einem Gesamtpaket tierwohlfördernder Maßnahmen einen Einfluss auf das Pickgeschehen zu nehmen, sodass mittelfristig auf das Kürzen des Oberschnabels verzichtet werden kann und allgemein der Tierschutz in der Putenhaltung verbessert werden kann.

Ergebnisse vom VBZL Haus Düsse:

Dafür wurden auf dem Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft insgesamt zwei Durchgänge mit Putenhennen mit intakten Schnäbeln unter optimierten Haltungsbedingungen durchgeführt. Diese Durchgänge dienten dazu, erste Projekterfahrungen in der Haltung dieser Tiere zu sammeln und den Landwirt/innen die Umsetzung der Maßnahmen zu demonstrieren. Die Ergebnisse der beiden Mastdurchgänge finden Sie hier:  https://www.landwirtschaftskammer.de/duesse/tierhaltung/gefluegel/versuche/puten/index.htm

Die Praxisphase:

Sechs Praxisbetriebe konnten für das Projekt und die gemeinsame umsetzung akquiriert werden. Insgesamt konnten vier konventionelle und zwei alternative Betriebe gefunden werden, die sich der Projektidee annahmen. Gemeinsam mit den Landwirt/innen wurde für jeden Betrieb ein individuelles Maßnahmenpaket geschnürt, das unter anderem Beschäftigungsmaterialen, Strukturelemente und einen Notfallkoffer enthielt. Auf 5 von 6 Betrieben wurden insgesamt drei Mastdurchgänge durchgeführt. Auf einem konventionellen Betrieb konnten aufgrund betriebsindividueller Gegebenheiten lediglich zwei von drei Mastdurchgängen durchgeführt werden. Auf den konventionellen Betrieben Putenhennen der Genetik B.U.T. 6, Herdengrößen zwischen 1.900 und 7.500 Tieren, Haltungsdauer 16 Wochen) wurde zuerst ein Durchgang mit gekürzten Schnäbeln plus Optimierungsmaßnahmen durchgeführt, bevor im zweiten und dritten Durchgang Tiere mit intakten Schnäbeln plus Optimierungsmaßnahmen eingestallt wurden. Auf den alternativen Betrieben (schnabelintakte gemischtgeschlechtliche Herden der Genetik B.U.T. 6 bzw. Cartier Hendrix, Herdengrößen 600 – 1.700 Tiere, Haltungsdauer bis zu 26 Wochen) wurde zuerst mit einem Status quo Durchgang gestartet. Die beiden Betriebe halten seit Jahren Puten mit intakten Schnäbeln. Im zweiten und dritten Durchgang wurden zusätzlich die im Rahmen des Projekts ausgewählten Maßnahmen eingesetzt. Insgesamt konnten 25 Herden während der Praxisphase auf den Betrieben begleitet werden. Davon waren 8 Herden mit schnabelgekürzten Tieren und 18 (11 alternativ + 7 konventionell) schnabelintakte Herden. Über die gesamte Praxisphase hinweg konnten 81.707 Tiere begleitet werden.

Ergebnisse des Projekts:

Die Ergebnisse zeigen, dass Beschädigungspicken durch die eingesetzten Maßnahmen nicht verhindert werden können und dass es starke herdenindividuelle Variationen im Auftreten und Ausmaß von Beschädigungspicken gibt. Bei der Einstallung von Puten mit intakten Schnäbeln sollte ein Notfallkoffer für kritische Zeiträume immer bereitgehalten werden, sowie eine Separationsmöglichkeit. Bereits Tiere mit kleinsten Verletzungen sollten frühzeitig aus der Herde separiert werden. Auch eine Möglichkeit zur Verdunklung ist vorzuhalten, wenn das Pickgeschehen nicht mehr mit anderen Maßnahmen eingrenzbar ist. Generell hat sich gezeigt, dass die Haltung von Puten mit intakten Schnäbeln einen hohen Anspruch an die Tierbetreuung stellt. Es ist ein schnelles und situationsabhängiges Handeln, sowie schnelles Reagieren notwendig. Die Kontrollgänge müssen ausgeweitet werden. Im Projekt waren Kontrollgänge bis zu sechs Mal am Tag notwendig, dieses führt zu einem deutlich höheren Arbeitseinsatz. Die vielen Verletzungen und die Tiere, die aufgrund ihrer Verletzungen versterben oder notgetötet werden, stellen zudem eine hohe emotionale Belastung an den Tierhalter/in. Generell lässt sich aber festhalten, dass Beschäftigungs- und Strukturelemente von den Tieren gut angenommen und genutzt werden. Auch die Tierhalter/innen bewerteten den Einsatz und die Nutzung der Elemente als positiv. Vor dem Hintergrund, dass auch Tiere mit gekürzten Schnäbeln Beschädigungspicken zeigen, ist der Einsatz einer optimierten Haltungsumwelt zu empfehlen. Die Mortalität, die notwendigen Separationsmaßnahmen, sowie die Prävalenz aufgetretener Pickverletzungen bei schnabelintakten, konventionell gehaltenen Putenhennen zeigen allerdings, dass unter den vorgenommenen Optimierungsmaßnahmen die Haltung eine Herausforderung ist und bleibt.

Auf den zwei alternativen Betrieben hingegen ist die Mast von Puten mit intakten Schnäbeln schon seit Jahren Standard. Im Projekt wurde sich auch auf diesen Betrieben ebenfalls das Pickverhalten, die Verluste und die Verletzungen angeschaut. Letztendlich lässt sich feststellen, dass auf diesen Betrieben die Verluste aufgrund von Pickverletzungen eher eine untergeordnete Rolle spielen. Hier waren Krankheitsausbrüche und / oder Beutegreifer im Auslauf eher verantwortlich für aufgetretene Verluste. Welche Einflüsse das entschleunigte Wachstum, die teilweise unterschiedliche Genetik, der Grünauslauf, die geringe Besatzdichte oder die gemischtgeschlechtliche Haltung dabei spielen konnte im Rahmen des Projekts noch nicht eindeutig ermittelt werden. Detaillierte Einblicke in die auf den Betrieben durchgeführten Mastdurchgänge finden Sie hier:

Betriebsindividuelle Berichte

Alle im Projekt gesammelten Ergebnisse sind zudem aufgearbeitet und in einem „Praxishandbuch Pute“ zusammengefasst worden. Das Praxishandbuch finden Sie hier:

Praxishandbuch Pute

Das Projekt #Pute@Praxis war Teil der Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz in der Projektphase Wissen-Dialog-Praxis. Der Schwerpunkt Wissen-Dialog-Praxis zielt darauf ab, bereits gewonnene wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen mit Hilfe von Praxisbetrieben in die Praxis zu übertragen und dort auf ihren Erfolg zu evaluieren. Maßnahmenpakete, die auf Status Quo-Analysen der teilnehmenden Betriebe basieren, werden unter Praxisbedingungen umgesetzt und ggf. optimiert. Die tierhaltenden Betriebe werden bei der Planung, Umsetzung und Durchführung von Wissensmittlern (Wissenschaftlern und Beratern) betreut. Gemeinsames Ziel ist die Verbesserung des Tierschutzes in der Nutztierhaltung sowie die Wissensvermittlung der Maßnahmen für ein breites Fachpublikum.

Die Förderung erfolgt aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages, Projektträgerin ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).“ Die MuD Tierschutz sind Teil des Bundesprogramms Nutztierhaltung. Mehr Informationen: www.mud-tierschutz.de

Video 1: Projektvorstellung

Video 2: Beschäftigungsmaterialien in der Putenmast

Video 3: Beschäftigungsmaterial in der Putenaufzucht

Das Projekt #Pute@Praxis

MuD Tierschutz Ablaufplan

Weitere Informationen

  • Niewind, Pia, Telefon: 02945 989-180, Referentin für Geflügelhaltung

 

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Thünen-Institut
GWV NRW
BMEL Projektträger BLE