Startschuss für die Weide: Später Start mit vollem Schwung

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Weide ist das günstigste Futtermittel für Wiederkäuer und deshalb gerade in Zeiten hohen Preisdrucks eine Möglichkeit, die Futterkosten zu senken. Der rechtzeitige Weideaustrieb im Frühjahr ist entscheidend für eine erfolgreiche Weidehaltung. Gut geführte Weiden liefern über die gesamte Vegetationsperiode hohe Futterqualitäten und Erträge bei gleichzeitig relativ niedrigen Futterkosten.

Vorweide nicht verpassen

Die angestrebte Temperatursumme im Frühjahr von 200 Grad Celsius ist am Niederrhein seit Ende Februar bereits erreicht. Jedoch erst wenn die Weideflächen ausreichend abgetrocknet sind, kann mit der Vorweide, die bei jedem Weidesystem sinnvoll ist, begonnen werden. Was hier versäumt wird, kann das gesamte Jahr über nicht mehr kompensiert werden! Die Vorweide beginnt in den Gunstlagen bereits im Februar/März und sollte bis Ende April in den meisten Grünlandgebieten abgeschlossen sein, jedenfalls vor der Wachstumsexplosion im Frühsommer. Vorweide bedeutet, dass vor dem eigentlichen Weidebetrieb die Tiere die ersten grünen Triebe verbeißen. Die Bestockung der Gräser wird gefördert; die Narbe wird dicht. Auf leichten Böden und in Gunstlagen beginnen bei entsprechender Bodenwärme und -feuchtigkeit die Gräser und Kräuter sehr früh auszutreiben. Auf günstigen Standorten beginnt somit bereits früh im Jahr die Nährstoffaufnahme und je nach Bewirtschaftungsintensität (4+ Nutzungen, Kurzrasenweiden) kann auch schon eine Wirtschaftsdüngerausbringung erfolgen. Auf kühlen, staunassen Böden sollte aber bis zur entsprechenden Bodenerwärmung gewartet werden.

  • Start im zeitigen Frühjahr: Die wichtigste Pflegemaßnahme auf Weiden ist der rechtzeitige Weidebeginn mit der Vorweide im Frühling. Der optimale Zeitpunkt dafür ist beim Spitzen der Gräser erreicht. Damit wird der Pflanzenbestand dichter und bildet für die gesamte anstehende Weideperiode eine bessere Resilienz bzw. Trockenheitsresistenz, bedeutet eine bessere Widerstandskraft gegen Wassermangel. Muss nachgemäht oder gemulcht werden, ist das ein Zeichen dafür, dass die Flächenzuteilung für die Herde zu groß ist. Die erfolgreiche Weide beginnt also bereits mit den ersten grünen Weidetrieben. Ein optimaler Weidestart gelingt am besten mit einer stundenweisen Beweidung unmittelbar nach Vegetationsbeginn, wenn die Weideflächen gut abgetrocknet und tragfähig sind. Der frühe und stetige Verbiss und Viehtritt fördert wertvolle ausläuferbildende Grünlandpflanzen wie Wiesenrispe, deutsches Weidelgras und Weißklee, die zu einer dichten und ertragsfähigen Grasnarbe beitragen. Sehr frühe Gräser wie der Wiesenfuchsschwanz und unerwünschte Kräuter werden durch eine frühe Beweidung zurückgedrängt. So reagieren zum Beispiel Wiesenkerbel, Wiesenbärenklau und gemeine Rispe sehr empfindlich auf den Tritt der Rinder und werden durch konsequente Beweidung im Frühjahr zurückgedrängt. Unerwünschte Grünlandpflanzen, wie der scharfe Hahnenfuß und auch Ampfer, werden bei frühem Weidebeginn von den Weidetieren noch nicht selektiert, sondern gefressen und somit durch eine konsequente Frühjahrsweide bekämpft.
  • Vorweide vor maschineller Pflege: Das frühe Überweiden setzt zwar eine ausreichende Abtrocknung der Flächen voraus, gleichwohl ist die Weidenutzung eher möglich als das Befahren mit schwerem Gerät. Die maschinelle Frühjahrsweidepflege (schleppen, striegeln, walzen, Nachsaat) erfolgt während oder nach der Vorweide; in dem Zuge werden die Kotfladen auf geplanten Schnittflächen für den gewünschten Rotteprozess gleichmäßig verteilt.
  • Gezielte Nachsaat: Auf Weideflächen mit Maulwurfshaufen und lückigen Narben passt eine gezielte Nach- oder Übersaat perfekt in die Zeit der Vorweide, denn die weidenden Kühe und Rinder halten den bestehenden konkurrierenden Weideaufwuchs kurz. Die Nachsaat, idealerweise eine Qualitätsstandardmischung G V mit oder ohne Weißklee, kann zügig keimen und sich etablieren. So verwandeln sich unbefriedigende Bestände erstaunlich schnell in dichte und ertragreiche Weiden, wenn kein Wasser fehlt. Natürlich ist es ratsam, möglichst alle Weiden von der Vorweide profitieren zu lassen.
  • Weidedauer definieren: Es wird unterschieden zwischen Stunden- bzw. Siestaweide, Halbtags- und Ganztags- bzw. Vollweide. Betriebe mit wenigen Weideflächen in Stallnähe setzen meist auf die Bewegungs- oder Joggingweide. Bei dieser Weideform spielt die Futteraufnahme auf der Weide nur eine untergeordnete Rolle. Die Tiere werden im Stall bedarfsgerecht gefüttert und die Weidestunden pro Tag werden bewusst eingeschränkt. Nach Möglichkeit sollte in der Weideperiode zumindest einmal eine Weideruhe mit Zwischennutzung angestrebt werden. Dafür wird eine Alternativweidefläche benötigt. Mehr Weidefläche wird bei der Stunden- bzw. Siesta- und Halbtagsweide benötigt. Bei Siesta-Weidehaltung sollten die Kühe und Rinder vor allem zum Fressen während der Morgen- und Abendstunden auf der Weide sein, da während dieser Tageszeiten die effizientesten Weidefutteraufnahmen erfolgen. Stunden- bzw. Siesta-Weidebetriebe füttern im Stall die übliche Grundfutterration weiter und reduzieren das Kraftfutter. In wüchsigen Weidephasen kann auf die Eiweißergänzung verzichtet werden. Bei Ganztags- oder Vollweide ist der Weideflächenbedarf hoch und die Einzeltierleistung begrenzt, dafür braucht man nur wenig oder kein Ergänzungsfutter im Stall.
  • Weidesystem wählen: Jedes Weidesystem – Kurzrasenweide, Umtriebs- bzw. Koppelweide und Portionsweide – hat Vor- und Nachteile. Bei Kurzrasenweide ist die Weide nicht oder in wenige Koppeln unterteilt. Die Fläche ist praktisch über die gesamte Weidesaison besetzt; Ruhezeiten dauern nie länger als wenige Tage. Es muss so viel nachwachsen, wie die Tiere täglich fressen. Die mittlere Aufwuchshöhe liegt bei 5–7 cm, Flächengröße bzw. Tierbesatz müssen in der Weidesaison je nach Witterung und Aufwuchsvermögen angepasst werden. Die Kurzrasenweide ist eine sehr intensive Form der Beweidung und besonders für Gunstlagen in wüchsigen Weidephasen geeignet. Unter Vollweide- bzw. Ganztagsweidebedingungen sind die Tiere sehr ruhig und der Arbeitsaufwand ist gering. Erfolgt eine Zufütterung im Stall, besteht die Herausforderung darin, den Weidetierbesatz den Weidezuwächsen anzupassen, um Weideverluste zu minimieren.In Trockenphasen ist die Koppelweide bzw. Umtriebsweide günstiger zu bewerten. Hier wird die Weidefläche unterteilt und eine Koppel nach der anderen für drei Tage bis zu einer Woche beweidet. Die tief abgeweideten Koppeln (Rest-Aufwuchshöhe: 4–5 cm) werden nach einer konsequenten Ruhephase erst wieder bei einer höheren Wuchshöhe bestoßen. Die Weideruhedauer liegt bei mehreren Wochen. Im Jahresverlauf schwankt daher die Anzahl der benötigten Koppeln. Das Blährisiko und der Arbeits- und Materialaufwand sind beim Koppelsystem höher, dafür ist dieses System besser steuerbar, der Ertrag sicherer und Trockenphasen können besser überbrückt werden. Im Frühling wird ein gleitender Übergang von Kurzrasen- auf Umtriebs-Koppelweide empfohlen. Ebenso bei der Weidestrategie „Mob Grazing“, die eine besondere Resilienz bei Trockenheit erwarten lässt, wird mit kurzen Bestoß-Zeiten und langen Ruhephasen auf begrenzten Weidearealen agiert, in denen die Weidetiere nicht selektieren und Weidereste für den Bodenschutz und die Förderung des Bodenlebens und den Humusaufbau (Kohlenstoffspeicherung) systembedingt erwünscht sind. Bei Portionsweidehaltung wird den Tieren ein- bis zweimal täglich ein neuer Streifen zugeteilt. Wichtig ist, dass abgeweidete Streifen nach Nutzung abgezäunt werden. In Regenperioden bzw. bei ungünstigen Boden- und Pflanzenverhältnissen sollte wegen der Trittschäden auf die Portionsweide eher verzichtet werden.
  • Nachsaat und Rekultivierung Bei der Wahl des richtigen Zeitpunktes ist guter Rat teuer. Es gilt der Spruch "egal wann, feucht muss es sein“, wobei die Feuchtigkeit bis etwa drei Wochen nach der Saat halten sollte. Außerdem sollte 3 - 5 Wochen nach der Saat kein Frostereignis stattfinden, wodurch der Saatzeitpunkt nicht zu früh gewählt werden darf. Weideflächen der Kurzrasenweide können bei wüchsiger Witterungslage das ganze Jahr über nachgesät werden, da die Bestände kurzgehalten werden und die Sämlinge sich dann ideal etablieren können. Bei großflächiger Koppel-Beweidung teilen sich die Tiere auf der Fläche auf und vertreten im Verhältnis wenige Pflanzen, daher kann die Nachsaat während der gesamten Weidesaison, besonders gut auch unter Vorweidebedingungen, erfolgen. Wichtig ist, dass die junge Saat nicht im Aufwuchs der Altnarbe erstickt.
  • Düngung beachten: Die größten Düngermengen geben die Weidetiere selbst über Kot und Harn auf die Weideflächen. Die Herde sollte sich daher möglichst gleichmäßig auf den Weiden verteilen. Steuern kann man das über die Lage der Wasser- und Eintriebsstellen sowie über Zwischenzäune. Dünger benötigen nur jene Bereiche, wo weniger Kot und Harn anfällt. Dazu kann gut verdünnte Gülle eine Woche vor Weidebeginn im Frühjahr, bei Bedarf im Sommer vor Regenperioden oder im Herbst nach der Weidesaison dünn ausgebracht werden. Mistkompost oder Rottemist (10–15 m³/ha) sollte am besten im Herbst nach der Beweidung eingesetzt werden. Frühjahrsdüngung: Erst bei ansteigenden Temperaturen im Frühjahr, wenn die Böden sich erwärmen, beginnen Mineralisierung und Wachstum. Ein Grünlandaufwuchs benötigt je nach Ertragslage, Standort, Pflanzenbestand (kleereich - weniger, grasbetont - mehr) und Nutzungsintensität zwischen 30 und 60 kg N/ha. Da die Stickstofffixierleistung der Leguminosen, sowie die N-Freisetzung aus der organischen Masse im Boden im Frühjahr noch gehemmt ist (kühle Böden und Witterung), ist der Bedarf des ersten Aufwuchses im Jahr am höchsten. Dennoch sollte die Güllemenge, je nach Verdünnungsgrad, die 15 - 20 m³/ha nicht überschreiten, da es ansonsten zu Nährstoffverlagerungen kommen kann, die wiederum unerwünschte Arten wie den Ampfer fördern. Getreu dem Motto: "Wir wollen die Futtergräser, nicht die Unkräuter fördern“.
  • Fütterungsgrundsatz: Die Energie- und Eiweißgehalte sind im Frühjahrsaufwuchs sehr hoch. Je höher der Weide- oder Grünfutteranteil in der Ration und je besser die Weidefutterqualität, desto weniger Kraftfutter muss ergänzt werden.
  • Kontinuierliche Futtergewöhnung - gut für Tiergesundheit und Leistung: Zunächst unter Vorweidebedingungen verteilt sich ein relativ geringer Tierbesatz stundenweise großflächig auf den Weiden. Dabei bringt die Vorweide zwar noch keine großen Futtermengen, aber die Fütterungsumstellung verläuft kontinuierlich, da die Kühe im Stall noch mit der Winterfutterration versorgt werden. Die Tiere fressen die ersten jungen Gras- und Krauttriebe auf der Weide zusätzlich. Nicht nur in dieser Phase der gleitenden Futterumstellung geben die Kühe erfahrungsgemäß mehr Milch. Wissenschaftliche Versuche aus Irland bescheinigen der Grasnarbe während und nach der Vorweide eine höhere Dichte und Qualität. So fressen die Tiere während dieser Zeit insgesamt mehr Trockenmasse, was die Milchleistung aus Weideaufwuchs signifikant steigert. Zudem enthielt der Aufwuchs nach der Vorweide mehr Rohprotein und war besser verdaulich. Die Umstellung von der Winterfütterung auf die Frühjahrsweide bedeutet außerdem eine deutliche Veränderung der Futterzusammensetzung. Aktuelle Forschungsergebnisse zur Weideübergangsfütterung zeigen, dass die Vormägen der Wiederkäuer mit ihren Pansenmikroben Zeit benötigen, um sich optimal an den Rationswechsel zu gewöhnen. Der zeitige Weideaustrieb bietet den Wiederkäuern eine sanfte Futterumstellung, da Graswachstum, Weidezeiten und Weidefutteraufnahme im Laufe des Frühjahrs kontinuierlich ansteigen. Der Pansen und die darin lebenden Mikroorganismen können sich zunehmend auf den Futterwechsel einstellen. So wird mit der zeitigen Überweidung automatisch eine kontinuierliche Anpassung des Wiederkäuers bzw. der Pansenmikroben an das hoch verdauliche energiereiche Weidefutter im Frühjahr erzielt. Zunächst sollten die Kühe noch im Stall gesättigt auf die Stundenweide gehen (1–3 Stunden/Tag; 2–3 Kühe/ha). Später, bei ansteigenden Zuwächsen auf der Frühjahrsweide, wird das Futterangebot im Stall reduziert und die Weidezeit ausgedehnt. Auf diese Weise erfolgt eine schonende Fütterungsumstellung von der Winterstallfütterung hin zur Weidefutteraufnahme. Wenn das Weidegrasangebot dann nach wenigen Wochen voll einsetzt, haben sich sowohl Wiederkäuer als auch Pansen auf die Weide umgestellt und damit kann das Weidefutter optimal verwertet und in Milchleistung umgesetzt werden. Aus ernährungsphysiologischer Sicht ermöglichen die begrenzte Weidedauer und der noch spärlich vorhandene Aufwuchs während der Vorweidezeit einen fließenden Übergang von der meist stärkereichen (Maissilage, Kraftfutter) Winterration zur Weidefutterration mit Gräsern, Leguminosen (Weißklee) und Kräutern (Löwenzahn). Aufgrund der höheren Zuckergehalte im Frischgras gegenüber Silagen ist zu empfehlen, den Kraftfutteranteil, besonders den Anteil an leichtlöslichen Kohlehydraten (Getreide) zu reduzieren. Dadurch kann einer möglichen Pansenübersäuerung bzw. einer Pansenblähung entgegengewirkt werden. Steigt der Harnstoffgehalt in der Tankmilch, ist auch die Anpassung des Milchleistungsfutters vorzunehmen.
  • Tiergesundheit im Blick: Ein zeitiger Weidebeginn im Frühling hilft den Wiederkäuern, sich an die Weide anzupassen. Eine Versorgung mit sauberem Wasser (innerhalb von etwa 150–350 m erreichbar) ist immer wichtig; bei Hitze benötigen die Tiere viel Wasser und natürlich Schattenplätze. Die Gefahr der Weidetetanie (Tiere zeigen Krampferscheinungen und liegen fest) besteht, wenn die Magnesiumaufnahme zu gering ist. Ein moderater Weidestart ist auch vor diesem Hintergrund anzustreben, zusätzlich kann eine gezielte Magnesiumergänzung notwendig sein. Blähungen sollten vermieden werden. Die schaumige Gärung tritt dann ein, wenn rohfaserarme und stark wasserhaltige Futtermittel bei der Aufnahme nicht genügend eingespeichelt werden. Besonders gefährlich sind Weiden mit hohen Leguminosen-/Kleeanteilen vor der Blüte, frostige Frühjahrs- oder Herbstweiden sowie hastiges Fressen und auch Fallobst im Spätsommer. Speziell bei Jungtieren oder bei Weideeinstieg mit älteren Tieren ist die Parasitenkontrolle wichtig. Schlechte Leistungen, struppiges Haarkleid, blutige Durchfälle, Nasenausfluss, Husten und Lungenentzündungen können von Parasiten ausgelöst werden.
  • Technische Hilfsmittel richtig nutzen: Zaunspinnen und Elektrozäune sind einfach auf- und abzubauen. Eine häufige Fehlerquelle bei E-Zäunen ist die mangelhafte Erdung. Bei stallfernen Weiden sind Fang- und Verladeeinrichtungen von Vorteil. Weidetriebwege mit System sparen Arbeitszeit, stärken Klauen- und Eutergesundheit und schonen Weideflächen.

VORTEIL FÜR WEIDE UND TIER

Der frühe Weideaustrieb hat aber nicht nur Vorteile für den Grünlandbestand, sondern auch für das Weidetier. Wird eine Weide früh, bei noch niedriger Aufwuchshöhe bestoßen, kommt es automatisch zu einer sanften Futterumstellung, da das Graswachstum und somit die Weidefutteraufnahme im Laufe des Frühjahrs langsam ansteigen. Der Pansen und die darin lebenden Mikroorganismen haben also genug Zeit, sich auf den Futterwechsel einzustellen.

Zu Beginn sollten die Tiere nur ein bis zwei Stunden pro Tag Zugang zu einer großen Fläche (2-3 Kühe/ha) haben. Dies trägt erstens zu einer schonenden Rationsumstellung bei und beugt zweitens Trittschäden auf den im Frühjahr oft noch feuchten Flächen vor.

Im Rahmen der Vorweide mit einer geringen Tierbesatzstärke pro Hektar nehmen die Kühe natürlich noch keine großen Weidefuttermengen auf; sie fressen nur die ersten Spitzen und regen so die Bestockung der Gräser bestens an. Die Vorweide dient also weniger der Sättigung der Kühe, als vielmehr der Bestockung der Gräser sowie der Zurücksetzung frühblühender Kräuter (Vogelmiere, Scharbockskraut) und Gräser (Wiesenfuchsschwanz, Wolliges Honiggras). Die Kühe fressen in der Regel diesen ersten Aufwuchs zusätzlich zur Stallration. Das hat einen positiven Einfluss auf die Milchleistung. Um Pansenblähungen und dünne Kotkonsistenz zu vermeiden, sollten die Kühe zu dieser Zeit nur sattgefüttert aufgetrieben werden.

Vorteilhafte Vorweide

Die Vorweide nimmt eine wichtige Stellschraube für eine erfolgreiche Weidesaison ein. Unter einer Vorweide versteht sich eine frühzeitige, temporäre Haltung der Tiere auf den Weideflächen. Sie dient einerseits der Entwicklung des Pflanzenbestands und andererseits dem Wohlbefinden der Tiere. Es wird die Bestockung erwünschter Weidegräser sowie die Trittfestigkeit gefördert und gleichzeitig gewöhnen sich die Wiederkäuer durch den regelmäßigen Weidegang kontinuierlich an den Weideaufwuchs.

Wann ist der richtige Zeitpunkt?

Ausschlaggebend ist der rechtzeitige Start beim Anweiden nach dem Winter. Das Spitzen der Gräser signalisiert den Startzeitpunkt – Kräuter wie Ampfer und Bärenklau sollten sich im frühen Blattstadium befinden und die Obergräser ca. 8-10 cm hoch sein. Sobald die Flächen tragfähig sind, können die Tiere langsam auf die Weiden zum Grasen getrieben werden. Je nach klimatischen Verhältnissen kann der erste Austrieb im Frühjahr bei trockenen Bodenverhältnissen schon im März erfolgen.

Weidedauer bei Vorweide?

Hier gilt die stundenweise großflächige Weidegewöhnung! Die Tiere fressen zeitig wachsendes Unkraut und regen die Bestockung durch das Kürzen der frühen Obergräser an. Dadurch entwickelt sich anschließend eine dichte und trittfeste Grasnarbe – elementar im Weidemanagement für eine erfolgreiche Weidesaison. Mit ansteigenden Weideaufwüchsen nehmen Weidezeit und Weidefutteraufnahme der Weidetiere/Wiederkäuer zu.

Weidetierbesatz während der Weidephasen

Die Anzahl der Tiere pro ha ist stark von den zu beweidenden Flächen und dem Weidesystem abhängig. Es macht zudem einen Unterschied, ob sich die Tiere im Frühjahr oder im Herbst auf der Weide befinden. Bei einem angenommenen Grünlandertrag von etwa 80 dt TM/ha gelten für eine Kurzrasenweide folgenden Richtwerte:

WeidephaseVorweideFrühjahrsweideSommerweideHerbstweide
  Zeitraum März- April April-Mai-Juni Juni-Juli-August Sep.-Okt.-Nov.
  Kühe/ha 1 - 3 4 - 6 3 - 4 1 - 3

Kontinuierliche Umstellung der Fütterung

Ziel ist eine kontinuierliche Gewöhnung der Wiederkäuer an das Weidefutter. Das bedeutet, dass die Tiere im Stall weiterhin die Winterration erhalten, so dass sich die Pansenbakterien an das wasser- und eiweißreiche Grünfutter gewöhnen können und die empfindliche Pansenflora im Gleichgewicht bleibt. Die Vorweide eignet sich hierfür perfekt: Die Tiere gewöhnen sich allmählich an das energiereiche, hoch verdauliche Weidefutter.

Idealer Zeitpunkt für eine Nach- bzw. Übersaat

Die letzte Saison hinterlässt oftmals Spuren – neben lückigen Beständen können auch Maulwurfshügel die Qualität der Weideflächen negativ beeinflussen. Der Zeitpunkt der Vorweide eignet sich ideal für eine gezielte Nach- bzw. Übersaat. Der bestehende Weideaufwuchs wird von den Kühen kurzgehalten, so dass die Nachsaat zügig keimen und anwachsen kann. Lückige Bestände können sich so zu stabilen und ertragsreichen Weideflächen entwickeln.

Fazit

Der rechtzeitige Start in die Weidesaison bestimmt die Zusammensetzung und Entwicklung des Pflanzenbestandes. Elementar ist insbesondere die kontinuierliche Gewöhnung der Tiere an das Weidefutter während der Vorweide. Dieses Anweiden bietet eine Win-Win - Situation für Pflanzen und Tiere und legt außerdem den Grundstein für eine anschließend erfolgreiche Weidesaison. Anne Verhoeven, VBZL Haus Riswick – Ökobetrieb

Warum ist die Frühjahrsweide so wichtig/bedeutsam?

Neben dem Pflanzenbestand stellt die Weidepflege den wichtigsten Faktor dar. Entscheidender Grundsatz ist der frühe Weidebeginn. Zum Zeitpunkt des Spitzens der Gräser sollte mit dem Weiden begonnen werden. Der Aufwuchs ist erst wenige cm hoch und die Beweidung erfolgt über eine große Fläche (2-3 Kühe je ha). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Tragfähigkeit des Bodens gegeben ist und somit keine Narbenschäden durch Rinderklauen entstehen. Die Frühjahrsweide hat positive Effekte auf den Pflanzenbestand. Die Klaue des Rindes kann im Frühjahr sogar sehr positiv auf den Pflanzenbestand wirken. Doldenblütige Gewächse wie der Wiesenkerbel oder der Wiesenbärenklau reagieren sehr empfindlich auf frühe Beweidung und Tritt. Wird auf einer Fläche regelmäßig intensiv geweidet, verschwinden diese Pflanzen. Nicht nur Kräuter können empfindlich auf den Tritt reagieren, sondern auch manche Gräser. So wird durch den Weidetritt die Gemeine Rispe zurückgedrängt. Dieses unerwünschte Gras besitzt oberirdische Ausläufertriebe, die beim Weidegang durch die Klauen zerteilt werden und dadurch eine Schwächung der Pflanze eintritt. Die hier beschriebenen Effekte sind besonders in der Zeit von Vegetationsbeginn bis zum ersten Schnitt sehr stark. Sie werden bis zum Herbst hin immer schwächer. Somit kann auf der Herbstweide dieser Erfolg nicht erzielt werden. Häufig werden bei der Herbstweide Schnittwiesen beweidet, die keine trittstabile Grasnarbe, wie auf Dauerweiden, aufweisen. Der Scharfe Hahnenfuß gilt als Pflanze, die durch die Beweidung nicht einfach zurückgedrängt werden kann. Da diese Pflanze Giftstoffe enthält, wird sie von den Tieren gemieden. Dies trifft dann zu, wenn die Tiere in höheren Beständen zu weiden beginnen. Bestößt man eine Fläche im zeitigen Frühling, beim Spitzen der Gräser, wird der sehr junge Scharfe Hahnenfuß nicht ausselektiert, sondern mitgefressen. In diesem frühen Entwicklungsstadium der Pflanzen selektieren die Wiederkäuer nicht und fressen alles, was sie auf der Weide vorfinden. Wird den Kräutern in diesem Stadium der frühen Weide (Vorweide) die grüne Blattmasse ständig abgefressen, werden sie verschwinden. Dieser Verdrängungseffekt tritt jedoch nicht bei einer einmaligen Beweidung auf, sondern muss über mehrere Jahre immer wiederholt werden. Grünlandbestände reagieren in der Regel verzögert auf eine Änderung in der Nutzung. Die Kombination aus Viehtritt und ständigem Abweiden bestimmter Weidepflanzen fördert die Bildung von Seitentrieben und ist damit verantwortlich für eine dichte Weidenarbe. Besonders die Wiesenrispe und der Weißklee werden durch die intensive Nutzung des ständigen Abweidens zur Triebbildung angeregt und bilden eine dichte Rasennarbe.

Autor: Anne Verhoeven, LWK Nordrhein-Westfalen, VBZL Haus Riswick, Kleve