Herbstweide: Gepflegt in den Winter

Herbstweide_2017_2

Für das Rindvieh und die Kurzrasenweide beginnen im Herbst, wenn die Vegetationsperiode sich dem Ende neigt, die Vorbereitungen für den Winter. Der Übergang sollte sinnvoll gestaltet werden.

Im Herbst wächst die Weide erfahrungsgemäß verhaltener. Die Qualität des Weidefutters lässt nach. Der letzte Weideaufwuchs des Jahres sollte optimal verlustarm genutzt werden. Ideal für den herbstlichen Weidegang ist natürlich trockenes Wetter. Die Herde pflegt dann eine dichte Narbe und verursacht keinen Schaden. Da jedoch die Bodenfeuchte im Herbst häufig steigt, verliert die Weidenarbe ihre sommerliche Trittfestigkeit und wird empfindlicher gegen Verdichtungen. Dann ist es Zeit, die Beweidung den Umständen anzupassen und den Tieren entweder mehr Weidefläche anzubieten oder die Weidezeit zu reduzieren. Zugleich muss eine angepasste Übergangsfütterung im Stall beginnen. Grundsätzlich aber ist es vorteilhaft, die Weide möglichst lange zu nutzen. Denn die intensive Herbstbeweidung sorgt dafür, dass im Folgejahr eine dichte und feste Weidenarbe heranwächst. Durchgehend intensiv beweidete Flächen sind erfahrungsgemäß auch im Herbst besonders leistungsstark. Bei richtiger Weideführung geht die Narbe mit einer mittleren Wuchshöhe von etwa 5 cm optimal in den Winter. Darüber hinaus fördert der herbstliche Weidegang Bewegung und Gesundheit der Tiere.

Besatzstärke im Herbst reduzieren

Um die Weide verlustarm durch den Herbst zu bringen, müssen sich die Tiere möglichst gleichmäßig über eine größere zugeteilte Fläche verteilen. Die Besatzstärke muss den Herbstzuwachsverhältnissen angepasst werden. Im System der Kurzrasenweide weiden im Herbst je nach Standort, Lage und Zuwachs der Weidefläche etwa ein bis zwei Kühe je Hektar, im Frühjahr konnten dort noch vier bis fünf Tiere je Hektar weiden. Die intensive Kurzrasenweide oder Dauerstandweide eignet sich hier besser als die Umtriebs- oder Portionsweide, deren System auf durchweg hohen Tierbesatzstärken beruht. Auf der Kurzrasenweide verteilen sich die Weidetiere großflächiger und verhalten sich ruhiger. Es kommt seltener zu Narbenschäden. Bei der Umtriebsweide besteht eher die Gefahr, dass die Tiere die Weidenarbe zu tief abfressen. Damit gehen die Reserven der Grünlandpflanzen für den Winter verloren. Insbesondere Horstgräser oder Weißklee sind betroffen, da sie die lebenswichtigen Reservestoffe oberirdisch einlagern. Intensive Kurzrasenweiden hingegen sind wenig gefährdet auszuwintern. Mit hohen Anteilen Gräsern, die Ausläufer treiben, können die Tiere die Weide im Herbst etwas länger und intensiver nutzen. Ein guter, dichter Bestand verträgt es durchaus, wenn er nicht mit optimaler Wuchshöhe in den Winter geht. Wenn jedoch die Weide wiederholt im Herbst zu stark oder zu schwach genutzt wird, leiden Ertrag und Qualität des energiereichen, hoch verdaulichen Frühjahrsaufwuchses im Folgejahr. Zu hohe Grünlandbestände sind stärker von Auswinterung und Mäuseschäden bedroht. Im Frühjahr darauf sind diese Bestände dann lückig. Auch wenn viele Weidereste auf der Fläche bleiben, schadet es der Weide. Hier hilft die Nachweide im Herbst mit tragenden Rindern, Trockenstehern oder Schafen.

Überweidete Flächen besser schneiden

Kühe meiden erfahrungsgemäß den Herbstaufwuchs von Weideflächen, die während des Frühjahres und Sommers sehr intensiv geweidet oder sogar überweidet wurden. Der Aufwuchs ist dann weniger schmackhaft und wenn die Zufuttermenge im Stall ansteigt, verweigern die Tiere häufig die Herbstweidefutteraufnahme ganz und nutzen die Weidefläche nur als Auslauf. Der Weidenarbe ist das wenig zuträglich, sie wird dann nur unnötig von den ruhenden und auf Stallfutter wartenden Kühen strapaziert. In diesen Fällen entwickelt sich der Herbstweideaufwuchs zum kostspieligen Verlust. In solchen Situationen hilft nur noch ein Herbstschnitt, nachdem die Weidefläche zeitig vorher nach letztem Weidetermin abgeschleppt wurde. Die feuchte Herbstwitterung trägt zur raschen Umsetzung der Kotfladen bei, so dass der letzte Schnitt vor Winter am besten separat in Wickelballen siliert gelagert wird und während der Winterperiode an tragende Rinder gefüttert werden kann.

Zeit für Pflegemaßnahmen

Die Herbstweidezeit eignet sich zudem, Unkräuter mechanisch zu bekämpfen, Geilstellen abzumähen und Kotfladen zu verteilen. So nimmt der nicht genutzte Weiderest ab und die Futterfläche wird wieder größer. Außerdem geben kurze Bestände den Mäusen über Winter weniger Schutz und es ist einfacher, auf Mäuseschäden zu kontrollieren.

Gülledüngung auf Weide überflüssig

Die Weidetiere bringen besonders im Herbst relativ viel Stickstoff über Kot und Harn auf die Flächen, weil im Stall mehr dazu gefüttert wird. Daher braucht man keine zusätzliche Güllegabe im Herbst, sonst steigt die Nitratbelastung übermäßig.

Fütterung auf Herbstweidefutterangebot abstimmen

Wenn das Wetter herbstlicher wird, suchen Kühe und Rinder Schutz unter Hecken und Bäumen. Sie fressen dann schlagartig weniger Weidefutter ― zu wenig für eine gute Leistung. Bis es dann endgültig Zeit für die Stallsaison ist, sollte die Futterration im Stall sukzessive gesteigert und dem schwindenden Weideaufwuchs im Herbst angepasst werden.

Da das Herbstgras strukturarm, eiweißreich und oft feucht und mit Erde behaftet ist, besteht die Gefahr der sehr dünnen zu Durchfall neigenden Kotkonsistenz bei den Weidetieren, wenn sie große Mengen Futter auf der Herbstweide fressen. Die Harnstoffgehalte im Blut steigen. Das schadet dem Stoffwechsel und der Fruchtbarkeit.

Strukturarmer und taufrischer Weideaufwuchs, häufig mit höheren Weißkleeanteilen, führt schnell zu Blähungen. Unbedingt notwendig ist ein Ausgleich mit strukturiertem Futter über Heu, Struktursilagen oder Futterstroh, insbesondere wenn die Tiere auch größere Mengen Kraftfutter bekommen. Ebenso wie man im Frühjahr Tiere an die Weide gewöhnt, sollte man sie auch im Herbst allmählich entwöhnen.

Protein in Balance halten

Sind Weidedauer und Zufütterung optimal aufeinander abgestimmt, können Milchviehhalter durchschnittliche Tagesmilchleistungen von 25 kg ECM je Tier melken. Damit die Tiere möglichst viel Weidefutter fressen, sollten sie täglich keinesfalls mehr als 5 bis 6 kg Kraftfutter bekommen, das energiereiche, pansenstabile Futterkomponenten enthält. Im Pansen entsteht aus dem Rohprotein von der Herbstweide zügig Ammoniak, das den Leberstoffwechsel belastet und zu hohen Harnstoffwerten in der Milch führt. Daher ist dann Milchleistungsfutter nötig mit einer geringen oder negativen ruminalen Stickstoffbilanz (RNB) sowie einem hohen Gehalt von nutzbarem Protein im Darm (nXP). Als heimische Leguminosen eignen sich hier besonders Lupinen oder hydrothermisch aufgewertete Lupinen, Erbsen und Ackerbohnen.

Herde nach Leistung trennen

Frischmelke und Hochleistungstiere brauchen mehr Aufmerksamkeit. Mit Tagesmilchmengen über 30 kg ECM haben sie ohnehin ein Energiedefizit. Das Angebot, das auf der Herbstweide wächst, deckt ihren Energie- und Nährstoffbedarf keinesfalls. Tierhalter sollten ihre Herde dann in zwei Leistungsgruppen teilen: Die Hochleistungsgruppe erhält nur einige Stunden am Tag Weidegang (Siesta-Weide) mit einer entsprechend aufgewerteten Zufütterung im Stall, während die Niedrigleistungsgruppe den Weidegang noch voll ausschöpfen kann, ggf. mit einer notwendigen Strukturergänzung im Stall.

Immer hungrig auf die Weide

Ob das Verhalten der Tiere die Weide beschädigt, kann der Landwirt steuern. Wenn Kühe gesättigt aus dem Stall gehen, nutzen sie die Weide nur als Auslauf und Ruhefläche. Dann verschmutzen sie die Weide und strapazieren die Narbe. Kühe mit Appetit hingegen konzentrieren sich aufs Weiden. Sie verschmutzen das Weidefutter deutlich weniger und verursachen erheblich weniger Trittschäden, weil sie nicht unruhig warten. Sind die Kühe tagsüber halbtags auf der Weide, können sie nach dem abendlichen Melken und über Nacht die Zufütterung von 8 bis 10 kg Trockenmasse je Tier und Tag fressen. Dann nehmen sie nach dem morgendlichen Melken im Lauf des Tages auf der Weide noch einmal 6 bis 8 kg Trockenmasse je Tier auf. Wenn der Herbst fortschreitet und die Zuwächse nachlassen, brauchen die Tiere sukzessive mehr Futter im Stall.

Autor: Anne Verhoeven, LWK Nordrhein-Westfalen, VBZL Haus Riswick, Kleve