Wiesenheu und Luzerneheu in Rationen für Milchkühe – ein Vergleich

luzerneheu
Luzerneheu


wiesenheu
Wiesenheu


In der biologischen Milchviehhaltung wird eine standortangepasste Milchleistung bei gleichzeitig guter Tiergesundheit angestrebt. Hohe Milchleistungen erfordern eine hohe Energiekonzentration in der Ration bei ausreichender Strukturversorgung. Oft werden zur Erhöhung der Energiedichte die Kraftfutteranteile gesteigert. Bei dieser Vorgehensweise und in Abhängigkeit von der Grobfuttersituation steigt das Risiko für klinische und subklinische Pansenazidosen, da mehr schnell verdauliche Kohlenhydrate mit der Ration aufgenommen werden. Viele Milchviehhalter setzen zur Sicherung der Wiederkauaktivität neben Silagen auch Stroh, Heu oder Luzerneheu ein. Marktpreise und Verfügbarkeiten dominieren die Einsatzmöglichkeit und den Umfang. Luzerneheu und Wiesenheu haben im Vergleich zu Stroh einen deutlich höheren Rohproteingehalt, so dass bei der derzeitigen Marktsituation kostenintensive Eiweißkomponenten eingespart werden können. Luzerne und Wiesenheu besitzen gegenüber Kleegrassilagen und Maissilage einen deutlich geringeren Energiegehalt. In Fütterungsversuchen mit Milchkühen und Mastbullen ergab sich bei Einsatz von Luzernesilage im Austausch gegen andere Grobfutter eine signifikant höhere Futteraufnahme in den Gruppen, die mit Luzernesilage gefüttert wurden, so dass der geringere Energiegehalt durch die bessere Futteraufnahme kompensiert wurde (Bulang u.a. 2006; Ettle u.a. 2011, Ettle u.a. 2012). Ein Fütterungsversuch mit Milchkühen im VBZL Haus Riswick im Jahr 2013 kam zu dem Ergebnis, dass tägliche Einsatzmengen von 1-2 kg Luzerneheu je Tier die Futteraufnahme und Milchleistung erhöhen und sich Luzerneheu gut zur Struktur- und Proteinversorgung eignet. Es stellt sich die Frage, ob bei einem Einsatz von 2-4 kg Wiesenheu in der Milchkuhfütterung ähnlich positive Effekte auf die Futteraufnahme und Milchleistung beobachtet werden können wie beim Einsatz von Luzerneheu. Eignen sich Luzerneheu und Wiesenheu gleichermaßen zur Struktur- und Nährstoffergänzung?

Vor diesem Hintergrund wurde im Ökobetrieb des VBZL Haus Riswick ein Fütterungsversuch mit 2 x 20 Kühen der Rasse DH angelegt, um den Effekt unterschiedlicher Strukturversorgungen zu prüfen. Luzerneheu und Wiesenheu wurden als anlagengetrocknete Ballenware zugekauft.

Wie wurde vorgegangen?

Es wurde während der Winter-Stall-Periode ein Vergleich der Rationsergänzung mit Wiesenheu bzw. Luzerneheu durchgeführt. Die gesamte Herde wurde in zwei Gruppen mit jeweils 20 Kühen nach Laktationsnummer, Laktationstag, Lebendmasse und BCS eingeteilt. Der Färsenanteil betrug in beiden Gruppen 30 %.

Die Gruppe „Wiesenheu“ (WH) wurde mit einer Teilmischration aus Kleegrassilage, Maissilage, Wiesenheu, Weizen und Ackerbohnen gefüttert. Die Gruppe Luzerneheu (LH) erhielt abgesehen vom Wiesenheu die gleichen Komponenten. Das Wiesenheu wurde durch Luzerneheu ersetzt. Der planbefestigte Offenfrontlaufstall wurde für beide Versuchsgruppen in zwei identische Stallhälften geteilt. Die Fütterung erfolgte einmal täglich morgens mit dem Futtermischwagen. Futterreste wurden vor erneuter Futtervorlage gewogen und bei der Berechnung der Futteraufnahme berücksichtigt.

Die Futterrationen wurden mit dem Rationskalkulationsprogramm Zifo2 nach DLG-Empfehlungen (2001) berechnet.

Beide Teilmischrationen waren bei einer Futteraufnahme von etwa 19,5 kg TM auf eine Leistung von 30 kg Energie-korrigierte Milch (ECM) ausgelegt und somit vergleichbar (Tab. 1). Beide Futterrationen wiesen einen für Bio-Betriebe typisch hohen Grobfutteranteil von etwa 80 % und einen moderaten Kraftfutteranteil von ca. 20 % auf.

Ziel war es, in beiden Gruppen Rationen mit vergleichbaren Energie- und Nährstoffgehalten vorzulegen, daraus ergaben sich notwendige Anpassungen bei der Rationszusammensetzung. Die Nährstoffgehalte der Teilmischrationen beider Futtergruppen waren weitgehend vergleichbar (Tab. 2).

An der Kraftfutterstation erhielten die Kühe leistungsabhängig ab einer Milchleistung von 30 kg ECM ein individuell zugeteiltes Milchleistungsfutter der Energiestufe 4 mit 20 % Rohprotein. Die Erstkalbinnen erhielten bereits ab einer Leistung von 28 kg ECM Kraftfutter an der Station. Die maximale Kraftfuttermenge betrug 4 kg je Kuh und Tag.

Tab. 1: Zusammensetzung der Futterrationen, kg TM/Kuh/Tag

Zusammensetzung der Futterrationen, kg TM/Kuh/Tag

WH: Wiesenheu; LH: Luzerneheu

 

Tab. 2: Nährstoff- und Energiegehalte der Teilmischration je kg TM

Nährstoff- und Energiegehalte der Teilmischration je kg TM

WH: Wiesenheu; LH: Luzerneheu

Datengrundlage

Die Datenerhebung umfasste täglich die Futteraufnahmen aus den Teilmischrationen als Gruppenmittel sowie tierindividuelle Milchmengen. Wöchentlich wurden die Milchleistungsparameter inkl. Milchmenge und Milchinhaltsstoffe im Rahmen einer Milchleistungsprüfung erhoben. Monatlich wurden die Lebendmassen, der Body-Condition Score (BCS) und die Rückenfettdicke erfasst. Wöchentlich wurden bei Futtervorlage, 5 h bzw. 24 h (Futterrest) nach Futtervorlage Proben aus jeweils 3 Stellen am Futtertisch genommen. Bei diesen Proben wurde die Partikelgrößenverteilung mit Hilfe der Schüttelbox bestimmt. Der Versuch wurde statistisch mit einem linearen, gemischten Wiederholbarkeitsmodell für die tägliche Milchleistung und die wöchentlichen Merkmale der Milchleistung und Inhaltsstoffe ausgewertet.

Ergebnisse

Zur Beurteilung der Partikelgrößenverteilung der vorgelegten Rationen und des Fressverhaltens im Tagesverlauf, wurde eine Schüttelbox mit zwei Sieben eingesetzt. Den Ergebnissen (Abb. 1) ist zu entnehmen, dass es in der Zeit von der Futtervorlage bis 5 Stunden nach der Futtervorlage zu keinen Veränderungen in der Rationszusammensetzung kam. In der Zeit ab 5 Stunden nach Futtervorlage wurden verstärkt feine Partikel gefressen und die Kühe selektierten Partikel mit einer Größe von 8 bis 19 mm. Zwischen den beiden Fütterungsvarianten waren hinsichtlich des Fressverhaltens keine Unterschiede erkennbar.

Ergebnisse der Überprüfung des Fressverhaltens im Tagesverlauf mittels Schüttelbox.

Abb. 1: Ergebnisse der Überprüfung des Fressverhaltens im Tagesverlauf mittels Schüttelbox.

Während des gesamten Versuchszeitraumes lagen die durchschnittlichen Gesamtfutteraufnahmen der Kühe beider Versuchsgruppen auf vergleichbarem Niveau bei 21,2 kg TM/Tag.

Tabelle 3 gibt einen Überblick über die Ergebnisse der statistischen Auswertung der Milchleistungsparameter. In keinem Parameter sind signifikante Unterschiede erkennbar, die auf den Einsatz von Luzerne- bzw. Wiesenheu zurückzuführen sind. Die tägliche Milchmenge der LH-Gruppe liegt bei 31,6 kg/Kuh und Tag und die der WH-Gruppe bei 30,3 kg/Kuh und Tag. Ebenso ist die ECM-Leistung mit 32,8 kg in der LH-Gruppe und 31,6 kg je Kuh täglich in der WH-Gruppe nicht signifikant verschieden. Es bestehen ebenso keine Unterschiede bei den Milchinhaltsstoffen sowie bei der Körperkondition, bei der Lebendmasse und bei der Kraftfutteraufnahme zwischen Wiesenheu- und Luzerneheufütterung.

Tab. 3: Ergebnisse der statistischen Auswertung – Milchleistungsparameter (LSM ± SE; Auswertung bis zum 375. Laktationstag)

Ergebnisse der statistischen Auswertung – Milchleistungsparameter (LSM ± SE; Auswertung bis zum 375. Laktationstag)

LSM: LSQ-Mittelwerte; SE: Standardfehler; ECM: Energiekorrigierte Milch

Ökonomischer Vergleich

Unterstellt werden folgende handelsübliche Bruttopreise für die biologisch erzeugten Einzelkomponenten: Kleegrassilage: 10 €/dt, Maissilage: 7,20 €/dt, Anlagen getrocknetes Wiesenheu: 32,55 €/dt sowie Luzerneheu vergleichbarer Qualität: 33,60 €/dt, Weizen: 30 €/dt, Ackerbohnen: 52 €/dt und Milchleistungsfutter 20/4: 56 €/dt. Auf Basis dieser Ansätze ergeben sich knapp 8 € Futterkosten je Kuh und Tag bei der Wiesenheu-Fütterung und nahezu 7,60 € Futterkosten je Tier täglich in der Luzerneheu-Variante mit Berücksichtigung der Mineralfutterkosten. Der Preisvorteil der Luzerneheu-Fütterung ergibt sich maßgeblich aus dem resultierenden vergleichsweise geringeren Anteil des aufgenommenen tierindividuellen Milchleistungsfutters sowie des kostenintensiven Proteinfuttermittels Ackerbohne, der im Vergleich zur Wiesenheu-Fütterung etwas eingespart werden konnte.

Tab. 4: Futterkostenvergleich (€/Tier/Tag) beider Rationen

(Grundlage: ÖKO-BZA, Drerup, 2019/20; Preise inkl. MwSt)

Futterkostenvergleich (€/Tier/Tag) beider Rationen

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Die Nährstoff- und Energiegehalte der Rationen beider Versuchsgruppen waren weitgehend vergleichbar. Die Futteraufnahmen beider Versuchsgruppen waren ebenso sehr ähnlich. Es konnten keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Milchleistungen, der Milchinhaltsstoffe und der Körperkondition festgestellt werden. Die Ergebnisse der Siebfraktionierung zeigen in beiden Gruppen eine geringfügige Futterselektion.

Aufgrund des vergleichsweise geringeren Einsatzes von teurem Milchleistungsfutter und Proteinfutter zeigt der Einsatz von Luzerneheu einen ökonomischen Vorteil. Unter ökologischen Fütterungsbedingungen führen gute Luzerneheu- und Wiesenheu-Qualitäten mit angepasstem Grob- und Leistungsfutterangebot zu vergleichbar hohen Milchleistungen und eignen sich zur Struktur- und Nährstoffergänzung. Die Gabe von 4 kg Luzerne- oder Wiesenheu kann knappe Kleegrasvorräte schonen.

Autor: A. Verhoeven, Dr. S. Hoppe, S. Beintmann, E. Scherber LWK Nordrhein-Westfalen, VBZL Haus Riswick, Kleve, Dr. J. Denißen, LWK Nordrhein-Westfalen, Fachbereich 71, Tierhaltung und Tierzuchtrecht, Bad Sassendorf