Landessortenversuche Winterraps 2021

Blühender Raps vor einem GewitterhimmelBild vergrößern
Blühender Raps vor einem Gewitterhimmel

Die Anbaufläche von Winterraps in NRW hat sich mit etwa 42.000 ha gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Landwirte die der Kultur in den vergangenen Jahren treu geblieben sind, wurden 2021 zwar nur selten mit guten Erträgen aber dafür mit einem hohen Verkaufspreis belohnt. Raps ist aktuell die einzige Blattfrucht, die sich zuverlässig als Winterung anbauen lässt. Der besondere Vorfruchtwert zeigt sich besonders in engen Getreidefolgen oder in pfluglosen Anbausystemen.

Gute, schlechte und viele durchschnittliche Erträge

Die Bedingungen für die Winterrapsaussaat im Herbst 2020 reichten von annähernd optimal bis hin zu katastrophal: An Standorten auf denen durch eine Pflugfurche oder ein sehr gutes Stroh- und Stoppelmanagement ein sauberes und gut rückverfestigtes Saatbett geschaffen werden konnte und nach der Saat ausreichend Niederschläge fielen, konnten sich noch vor dem Winter ausgesprochen dichte und kräftige Bestände entwickeln. Blieb das Stroh schlecht verrottet auf dem Feld oder der Regen aus, war der Feldaufgang oft ähnlich schlecht wie in den vergangenen Jahren. Raps besitzt zwar ein relativ gutes Lückenausgleichsvermögen, Bestände die bereits im Herbst zu dünn standen, erzielten später aber nur selten Höchsterträge. Die zunächst milde Witterung begünstigte die Vorwinterentwicklung und bei sehr frühen Aussaaten auch das Streckungswachstum. Auswinterungsverluste traten vor allem deshalb nicht auf, weil während der Frostphase im Februar fast alle Bestände unter einer dicken Schneedecke lagen. Da diese fast ebenso schnell wieder verschwand, wie sie gekommen war, blieben auch zunächst befürchtete Schäden durch anschließende Fäulnis weitestgehend aus. Auch die feucht-kühle Witterung im April und Mai machte dem Winterraps zunächst kaum zu schaffen: Die letzten Nachtfröste traten meist noch vor Beginn der Hauptblüte auf und führten daher nur selten zu deutlichen Schäden und auch der Schädlingsdruck blieb insgesamt eher gering.

Aufgrund der kalten Temperaturen dauerte die Rapsblüte meist deutlich über 4 Wochen. Die feuchten Bedingungen begünstigten allerdings den Befall mit pilzlichen Krankheiten. Sklerotinia trat zwar überwiegend nur auf, wenn auf die in diesem Jahr dringend empfohlene Fungzidmaßnahme zur Blüte verzichtet wurde, weniger leicht bekämpfbare Krankheiten führten aber teilweise zu deutlichen Verlusten. Besonders Verticilium konnte sich bei der anhaltend feuchten Witterung in vielen Beständen etablieren und bewirkte im Raps ein frühzeitiges Absterben der Stängel und eine beschleunigte Abreife. Auch weniger bedeutende Krankheiten und die insgesamt langsame Frühlingsentwicklung trugen dazu bei, dass viele Bestände in relativ kurzer Zeit und noch dazu bei wenig Sonnenschein abreiften. Aufgrund von weiterhin anhaltenden Niederschlägen konnten viele Bestände aber zum Zeitpunkt der Druschreife noch nicht geerntet werden. Mit zunehmender Ernteverzögerung ließen sich teils deutliche Unterschiede in der Standfestigkeit und der Schotenplatzfestigkeit verschiedener Sorten beobachten. Auch Mitte August steht in einigen Höhenlagen die Ernte noch aus. Die in der Praxis erzielten Kornerträge reichen von unter 30 bis über 50 dt/ha, liegen aber meist im Bereich von 35-45 dt/ha. Abgesehen von den bodenklimatischen Bedingungen beeinflussten vor allem die individuelle Bestandsführung, der regionale Witterungsverlauf und der Krankheitsdruck den Ertrag.

Ergebnisse der Landessortenversuche 2021

Die Landessortenversuche 2021 der Landwirtschaftskammer NRW konnten aufgrund der kühlen und feuchten Witterung erst deutlich später geerntet werden als in den Vorjahren. Aktuell liegen aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen vollständige Versuchsergebnisse für 8 Löss- und Lehmstandorte, 2 Sandstandorte und 3 von 5 Mittel- und Höhenlagen vor. Die Ernte in den echten Höhenlagen war zum Zeitpunkt der Zusammenstellung der Ergebnisse noch nicht abgeschlossen. Geprüft wurden insgesamt 22 Hybridsorten. Auch in den Versuchen beeinflussten Vorfrucht, Strohmanagement und Bodenbearbeitung vor der Aussaat den Feldaufgang erheblich. Besonders in Kombination mit dem regional eher trockenen Spätsommer wurden teilweise nur geringe Bestandesdichten erreicht. Bereits seit vergangenem Jahr wird in den Landessortenversuchen der Landwirtschaftskammer NRW abgesehen von gut begründeten Ausnahmen auf den Einsatz von Wachstumsreglern und Fungiziden im Herbst und Frühling verzichtet. Auswinterungsverluste oder relevante Frostschäden waren nicht zu verzeichnen. Aufgrund der feuchten Witterung wurde eine Fungizidmaßnahme zur Blüte durchgeführt. Dennoch trat in den Versuchen und besonders in weniger gesunden Sorten teils ein stärkerer Befall mit Verticilium, Phoma, Alternaria und/oder Cylindrosporium auf.

Die durchschnittlichen Kornerträge in den Versuchen lagen zwischen 37,8 dt/ha und 51,6 dt/ha. Dies entspricht bei durchschnittlichen Ölgehalten von 40,4 bis 44,8% einer Ölertragsleistung zwischen 15,3 dt/ha und 21,9 dt/ha. Angaben zum Ölertrag ersetzen zukünftig die Marktleistung, die sonst von ständigen Preisänderungen beeinflusst wird. Die relative Leistung der einzelnen Sorten ändern sich dadurch kaum. Insgesamt weichen die Ergebnisse der Landessortenversuche 2021 deutlich von den Ergebnissen der Vorjahre ab. Sorten die bei warmen und trockenen Bedingungen sehr gute Erträge erzielt haben, schnitten teilweise nur unterdurchschnittlich ab. Hingegen konnten andere Sorten zumindest relativ von der feucht-kühlen Witterung profitieren. Auffällig ist, dass sich die Ölgehalte der geprüften Sorten in 2021 nur geringfügig unterschieden.

Sortenempfehlungen für die Aussaat im Herbst 2021

Die teils sehr unterschiedlichen Ergebnisse der beiden letzten Jahre zeigen, dass bei der Sortenwahl neben der einjährigen Ertragsleistung vor allem die mehrjährige Ertragsstabilität relevant ist. Niemand kann genau vorhersagen, ob die nächste Vegetationsperiode eher trocken-warm oder wie zuletzt kühl-feucht sein wird. Sorten die unter verschiedenen Witterungsbedingungen überdurchschnittliche Erträge erzielen, können erheblich zum Anbauerfolg beitragen. Vorwinterentwicklung, Blühbeginn und Druschreife müssen nicht nur zu den bodenklimatischen Bedingungen, sondern auch zu den individuellen betrieblichen Anbausystemen passen. Standfestigkeit und Schotenplatzfestigkeit sind ebenso vorteilhaft zu bewerten, wie bestimmte Resistenzen und/oder Toleranzen gegenüber Krankheiten. Da für viele der Sorteneigenschaften keine ausreichenden offiziellen Daten vorliegen, muss dabei teils auf die Angaben der Züchter vertraut werden.

DK Expansion erzielt im mehrjährigen Vergleich nur noch unterdurchschnittliche Erträge, konnte 2021 in NRW aber sowohl auf Löss und Lehm als auch in Mittel- und Höhenlagen eine gute Sortenleistung zeigen. DK Expansion ist spätsaatverträglich und eher für mittlere Erntetermine geeignet. Der Züchter bewirbt zusätzlich eine hohe Schotenplatzfestigkeit und die quantitative Rlm7-Resistenz gegen Phoma.

Algarve konnte in den vergangenen Jahren besonders auf Sand gute Erträge erzielen. Auf anderen Standorten sind die Erträge zumindest durchschnittlich. Algarve ist etwas früher reif als andere Sorten, resistent gegen TuYV und nach Angaben des Züchters weniger anfällig für Verticilium.

Ludger erzielte 2019 und 2020 sehr gute Erträge, konnte 2021 aber nur auf den leichteren Standorten überzeugen. Die sehr frühe Reife und die vom Züchter beworbene Hitzetoleranz scheinen unter feucht-kühlen Bedingungen keine Vorteile zu bringen. Ludger ist resistent gegenüber TuYV.

Armani überzeugt durch eine gute Vorwinterentwicklung und einen raschen Wachstumsbeginn im Frühling. Die Sorte erzielte in den vergangenen 3 Jahren leicht überdurchschnittliche Erträge und ist resistent gegen TuYV. Armani blüht bereits relativ früh, wird aber eher spät reif.

Smaragd erreichte sowohl bei den trockenen Bedingungen in 2020 als auch bei der feucht-kühlen Witterung in 2021 deutlich überdurchschnittliche Erträge in allen Anbaugebieten. Die Sorte ist hinsichtlich der Saatzeit relativ flexibel und eher etwas später reif. Smaragd ist resistent gegen TuYV und wird vom Züchter als besonders blattgesund beworben.

Ambassador erreichte 2020 ähnliche Ertragsleistungen wie Smaragd, konnte 2021 aber besonders auf leichten Standorten überzeugen. Die Sorte ist aufgrund der guten Vorwinterentwicklung sehr spätsaatverträglich, frühreif und resistent gegenüber TuYV. Der Züchter bewirbt zusätzlich eine hohe Schotenplatzfestigkeit und die quantitative Rlm7-Resistenz gegen Phoma.

Heiner erzielte in beiden bisherigen Prüfjahren überdurchschnittliche Erträge in allen Anbaugebieten. Die Sorte ist spätsaatgeeignet, etwas später reif als Ludger und resistent gegenüber TuYV.

Ivo KWS erzielte 2020 und 2021 deutlich überdurchschnittliche Erträge in allen Anbaugebieten. Darüber hinaus scheint die Sorte ähnlich ertragsstabil wie Smaragd. Der optimale Saattermin ist eher früh. Ivo KWS blüht deutlich früher als die meisten anderen Sorten und wird auch relativ früh reif. Die Sorte ist nicht resistent gegen TuYV. Beworben werden unter anderem eine relativ hohe Schotenplatzfestigkeit und die geringe Anfälligkeit gegenüber Botrytis.

Ernesto KWS überzeugte 2021 in NRW mit sehr hohen Erträgen, schneidet im mehrjährigen Vergleich aber nur durchschnittlich ab. Die relativ langstrohige Sorte ist auch für späte Saattermine geeignet und reift nicht so früh ab wie Ivo KWS. Der Züchter bewirbt eine relativ hohe Schotenplatzfestigkeit und die quantitative RlmS-Resistenz gegenüber Phoma. Die Abreife des Strohs ist etwas verzögert.

Aganos ist resistent gegenüber TuYV und wird als quantitativ resistent gegenüber Phoma beworben. Die relativ neue Sorte erzielte 2021 in Mittel- und Höhenlagen gute Erträge.

Otello KWS zeigte 2021 sowohl auf Sand als auch in Mittel- und Höhenlagen eine sehr hohe Ertragsleistung. Die relativ neue Sorte eignet sich für mittlere und späte Saattermine und entwickelt sich im Frühling eher spät. Bei der Ernteplanung ist die höhere Reifeverzögerung des Strohs zu beachten.

Daktari erreichte im ersten Prüfjahr sehr hohe Erträge in allen Anbaugebieten. Die Sorte ist TuYV-resistent und eher für mittlere und späte Saattermine geeignet. Daktari reift zu normalen Terminen ab.

Cadran ist eine relativ frühreife und langstrohige Sorte. Die Erträge waren im ersten Prüfjahr leicht überdurchschnittlich. Die Sorte ist resistent gegenüber TuYV. Darüber hinaus bewirbt der Züchter die Rlm7-Resistenz gegen Phoma und eine geringere Anfälligkeit gegenüber Verticilium.

Der Anbau von kohlhernieresistenten Winterrapssorten kann auf bekannten Befalls- und begründeten Verdachtsflächen dazu beitragen, die Ernte abzusichern. Auf befallsfreien Flächen erreichen die Spezialsorten aber nicht das Ertragsniveau des anfälligen Sortiments. Kohlhernie tritt besonders in engen Rapsfolgen auf und lässt sich sonst nur durch die konsequente Anwendung von feldhygienischen Maßnahmen bekämpfen. Da die aktuellen Sorten nur monogen und gegen bestimmte Rassen der Kohlhernie resistent sind, sollten präventive Maßnahmen auch weiterhin genutzt werden. Der übermäßige Rückgriff auf kohlhernieresistente Sorten kann sonst in kurzer Zeit zu Resistenzbrüchen führen.

Croozer wurde bereits 2-jährig geprüft und ist in der Ertragsleistung etwa 10-15% schwächer einzuschätzen als die empfohlenen Standardsorten. Die Sorte blüht bereits früh, wird aber erst mittelspät reif. Der Züchter wirbt zusätzlich zur Resistenz gegen Kohlhernie mit der quantitativen Rlm7-Resistenz gegen Phoma.

LG Alledor erzielte im ersten Prüfjahr höhere Erträge als Croozer und reift deutlich gleichmäßiger ab. Die Sorte ist resistent gegen Kohlhernie, TuYV und nach Angaben des Züchters quantitativ resistent gegen Phoma.

Der schnelle Zuchtfortschritt der letzten Jahre trägt dazu bei, dass nicht alle neu zugelassenen Sorten in den Landessortenversuchen geprüft werden können. Die hier empfohlenen Sorten können aufgrund der intensiven Prüfung aber sehr sicher als für die entsprechenden Anbaugebiete geeignet betrachtet werden. Die mehrjährigen Ergebnisse der Landessortenversuche und weitere Sorteninformationen sind in den Tabellen zusammengefasst.

Autor: Johannes Roeb, Heinz Koch