Landessortenversuche Winterraps 2022

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Auch in den nordrhein-westfälischen Landessortenversuchen mit Winterraps wurden Höchsterträge erzielt

Der Anbau von Winterraps in NRW erlebt eine mindestens kleine, mittelfristig vielleicht auch größere Renaissance. Auch wenn die Ernte im Vorjahr insgesamt nur unterdurchschnittlich ausgefallen war, haben insbesondere die deutlich gestiegenen Marktpreise dazu geführt, dass sich die Anbaufläche zur Ernte 2022 in NRW um mehr als 15% auf etwa 48.000 ha erhöht hat. Landwirte, die sich für den Anbau von Winterraps entschieden haben wurden nicht nur mit höchsten Korn- und Ölerträgen, sondern auch mit guten Marktpreisen belohnt. Für die anstehende Aussaat 2022 ist mit einer weiteren Ausweitung der Anbauflächen zu rechnen.

Wie die Saat, so die Ernte

Die meist unterdurchschnittlichen Rapsernten der Vorjahre ließen sich nicht selten auch auf schwierige Aussaatbedingungen zurückführen. Besonders auf im Herbst ausgetrockneten und schlecht rückverfestigten Böden blieb der Feldaufgang gering oder verzögerte sich deutlich. Die Aussaat 2021 hingegen erfolgte überwiegend unter sehr guten Bedingungen. Probleme resultierten eher aus einem zu viel statt aus einem Mangel an Niederschlägen: Bestände die zu früh in nicht ausreichend abgetrockneten Boden gedrillt wurden oder von den besonders in Süd- und Ostwestfalen teils starken Regenschauern in der letzten Augustwoche betroffen waren entwickelten sich oft schlechter als später erfolgte Aussaaten. Vereinzelt war auf sehr stark verschlämmten Flächen ein Umbruch erforderlich. Abgesehen von diesen überwiegend regionalen Ereignissen lief der Raps meist sehr zügig und gleichmäßig auf. Aufgrund der im Vergleich zum Vorjahr kühleren Witterung entwickelten sich viele Bestände zunächst eher verhalten und nur bei frühen Aussaatterminen oder wüchsigen Sorten war der Einsatz von Wachstumsreglern zur Reduzierung des Streckungswachstums angeraten. Die milde Witterung im Winter ließ später gesäte Bestände aufholen und die wechselhaften Bedingungen in der ersten Aprilhälfte führten nur vereinzelt zu geringen Frostschäden. Die bereits vor dem Winter entstandenen Unterschiede in der Entwicklung blieben weiter bestehen und waren auch für die erforderlichen Dünge- und Pflanzenschutzmaßnahmen relevant. Aufgrund der überwiegend trockenen Herbst- und Winterwitterung traten typische Rapskrankheiten nur selten auf und auch der Schädlingsdruck war im Vergleich zu anderen Jahren relativ gering. Mitentscheidend für den guten Schotenansatz dürften auch die überwiegend warmen und sonnigen Bedingungen während der Blüte gewesen sein, die je nach Anbaugebiet, Aussaattermin und Sorte meist in der ersten Aprilhälfte begann und sich über etwa einen Monat erstreckte, ohne dass in diesem Zeitraum besondere Stressfaktoren wirkten. Aufgrund der meist guten Wurzelentwicklung im Herbst und der Niederschläge im Februar war die Wasserversorgung der Bestände trotz längerer Trockenphasen nur selten kritisch. Die Abreife verlief meist relativ gleichmäßig, obwohl sich auch zur Ernte 2022 deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Sorten zeigten. Die teils sehr trockenen Bedingungen während der Ernte erforderten hinsichtlich des optimalen Druschtermins etwas Fingerspitzengefühl. Lager trat nur gelegentlich in früh gesäten und gut versorgten Beständen auf. Anders als in einigen Regionen in Mitteldeutschland traten Hagelschäden nur vereinzelt auf. Mit bisher gemeldeten Kornerträgen von oft über 50 dt/ha bei gleichzeitig hohen Ölgehalten ist anzunehmen, dass die Ernte 2022 als Rekordernte verbucht werden kann. Dieses sehr positive Ergebnis und die hohen Marktpreise lassen eine weitere Ausdehnung der Anbauflächen erwarten. Der Winterraps als heimisches Nahrungs- und Futtermittel, als wichtiger Energierohstoff und pflanzenbaulich wertvolle Gesundungsfrucht ist zurück!

Ergebnisse der Landessortenversuche 2022

Das insgesamt hohe Ertragsniveau der Ernte 2022 bestätigt sich auch in den Landessortenversuchen 2022 der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen: Abgesehen vom Feldversuch in Kerpen-Buir wurde auf allen Löss- und Lehmstandorten (Haus Riswick, Welver, Lage-Heiden) ein durchschnittlicher Kornertrag von über 60 dt/ha ermittelt. Auch auf den leichten Böden in Greven lagen die Kornerträge mit durchschnittlich 57,5 dt/ha auf sehr hohem Niveau. Die mit durchschnittlich 43,7 dt/ha deutlich geringeren Kornerträge in Blomberg-Holstenhöfen (Mittellage) lassen sich vor allem auf einen durch Starkregen in der letzten Augustwoche hervorgerufenen deutlich reduzierten Feldaufgang zurückführen. Demgegenüber wurde der Versuch in Rüthen (Höhenlage) zwar erst im September gesät, blieb damit aber - anders als viele nahe gelegene Praxisflächen - von Unwettern verschont und erzielte trotz verspäteter Entwicklung immer noch einen durchschnittlichen Kornertrag von 52,2 dt/ha. Die in den Versuchen ermittelten Ölgehalte lagen zwischen 44,8 und 46,4%. Die daraus berechneten Ölerträge überstiegen mit 20,0 bis 28,1 dt/ha die durchschnittlichen Ergebnisse aus den Vorjahren um bis zu 40%. Abweichend vom regulären Versuchsplan wurde in Haus Riswick (Kleve) im Herbst ein Wachstumsreglereinsatz durchgeführt, um ein Überwachsen des früh nach Winterackerbohnen als Vorfrucht gesäten Bestandes zu vermeiden. Mit dieser Maßnahme konnte die Vegetationskegellänge zum Winter im Durchschnitt aller geprüften Sorten um 50% und die Pflanzenlänge im Frühling um 20% reduziert werden, ein positiver Effekt auf den Ertrag wurde aber nicht festgestellt. Auf den in diesem Versuch optisch deutlich sichtbaren Befall mit Phoma hatte der Fungizideinsatz zur Blüte eine deutlich größere Wirkung. Alternaria, Cylindorsporium und Sclerotinia traten in den Versuchen nur vereinzelt auf. Da zum Zeitpunkt der Auswertung die Daten von zwei Versuchen in Niedersachsen und Hessen noch nicht vorlagen, sind die dargestellten Ergebnisse zwar als vorläufig zu bewerten, an den Sortenempfehlungen wird es aber voraussichtlich keine Änderungen mehr geben.

Sortenempfehlungen für die Aussaat im Herbst 2022

Der Sortenwechsel im Raps hat sich deutlich beschleunigt: Nur noch selten halten sich bewährte Sorten länger als 4-5 Jahre am Markt bevor sie durch neue Züchtungen mit höheren Ölerträgen oder besseren Anbaueigenschaften ersetzt werden. Bereits wenig ältere Sorten werden meist nur noch als Verrechnungs- oder Vergleichssorten geprüft und nicht mehr generell für den Anbau empfohlen. Durch die damit deutlich geringere Anzahl an Ergebnissen wird eine nachhaltige Sortenbewertung zwar erschwert, die nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführten Sortenversuche der Länderdienststellen bleiben aber die zuverlässigste Grundlage für die Auswahl von neuen Sorten für den Anbau. Abgesehen von den ein- und mehrjährigen Ertragsleistungen in den verschiedenen Anbaugebieten sollten bei der Sortenwahl auch die betriebsindividuellen Ansprüche hinsichtlich Aussaat- und geplantem Erntetermin, Standfestigkeit und die Anfälligkeit gegenüber Krankheiten berücksichtigt werden. Da die offiziellen Sortenbeschreibungen im Hinblick auf einige wichtige Anbaueigenschaften nur unzureichend sind, ist es besonders bei neuen Sorten oft schwierig, diese hinsichtlich ihrer Entwicklung und Reife einzuschätzen. Dies erfordert eine kritische Auseinandersetzung mit den Angaben der Züchtungsunternehmen.

Smaragd erzielte auch im dritten Prüfjahr leicht überdurchschnittliche Erträge und beweist damit, dass die Sorte sowohl unter trockenen (2020), feucht-kühlen (2021) als auch optimalen (2022) Bedingungen angebaut werden kann. Besonders für etwas frühere und normale Aussaattermine bleibt Smaragd daher eine Hauptempfehlung für alle Anbaugebiete. Smaragd zählt zu den mittelreifen Sorten und hat sich in den Versuchen als überdurchschnittlich gesund gegenüber Alternaria, Cylindrosporium, Sclerotinia und Verticillium gezeigt. Wie die meisten aktuell geprüften Sorten ist auch Smaragd resistent gegen das Wasserrübenvergilbungsvirus (TuYV).

Ambassador ist ebenfalls bereits dreijährig geprüft und wird aufgrund der raschen Herbstentwicklung besonders für mittlere und späte Aussaattermine empfohlen. Die Sorte erzielte mehrjährig leicht überdurchschnittliche Kornerträge bei allerdings etwas geringeren Ölgehalten. Ambassador zählt zu den frühreiferen Sorten mit geringer Reifeverzögerung des Strohs. Die etwas geringere Standfestigkeit wird durch die Rlm7-Resistenz gegen Phoma und die genetisch fixierte Schotenplatzfestigkeit kompensiert.

Otello KWS erzielte zur Ernte 2022 überdurchschnittliche Ölerträge in allen Anbaugebieten, kann mehrjährig aber vor allem auf leichteren Standorten und in den Mittel- und Höhenlagen überzeugen. Die Sorte ist etwas langstrohiger aber ausreichend standfest. Die leichte Reifeverzögerung des Strohs ist zu beachten. Otello KWS scheint trotz fehlender Resistenz relativ tolerant gegenüber Phoma. Die Sorte eignet sich bevorzugt für mittlere Saattermine.

Heiner konnte 2020 und 2021 mit guten Erträgen überzeugen, erzielte zur Ernte 2022 aber nur ein durchschnittliches Ergebnis. Landwirten die in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen mit der Sorte gemacht haben wird Heiner für mittlere und spätere Aussaattermine weiter empfohlen.

Ivo KWS überzeugt mehrjährig eher auf den leichteren Standorten und wird vom Züchter aufgrund der langsamen Stängelstreckung auch für die früheren Aussaattermine empfohlen. Anzumerken ist der frühe Blühbeginn, der dazu beitragen kann, Schäden durch Rapsglanzkäfer zu vermeiden. Ivo KWS präsentierte sich in den Versuchen als überdurchschnittlich stängelgesund.

Ernesto KWS liegt ertraglich fast auf dem Niveau der vorgenannten Sorten, überzeugt aber vor allem durch die sehr wirksame RlmS-Resistenz gegenüber Phoma, die sich auch in verschiedenen Versuchen gezeigt hat. Die Sorte wird eher für mittlere und späte Aussaattermine empfohlen und reift zu normalen Ernteterminen relativ gleichmäßig ab.

Daktari erzielte zur Ernte 2022 erneut sehr hohe und stabile Ertragsleistungen in allen Anbaugebieten und steigt damit zu einer klaren Hauptempfehlung besonders für mittlere Aussaattermine auf. Ähnlich wie Ludger und Heiner aus dem gleichen Züchterhaus ist Daktari allerdings relativ anfällig für Phoma, sodass bei höherem Befallsdruck ein entsprechender Fungizideinsatz eingeplant werden sollte.

LG Activus erzielte bereits in den vorhergehenden Wertprüfungen sehr hohe Ertragsleistungen und erreichte im ersten Prüfjahr in den Landessortenversuchen auf Löss, Lehm und Sand annähernd das Ertragsniveau von Daktari. Die Sorte wird vom Züchter als frühsaatverträglich beworben, präsentierte sich im Herbst aber als durchschnittlich frohwüchsig. LG Activus zählt zu den relativ frühreifen Sorten und unterscheidet sich von Daktari vor allem durch eine bessere Stängelgesundheit gegenüber Phoma. Die Sorte wird exklusiv über die BayWa vermarktet, ist aber auch in NRW erhältlich.

Scotch erreichte im ersten Prüfjahr und den vorhergehenden Wertprüfungen vor allem auf leichten Böden sehr gute Ertragsleistungen. Aufgrund der relativ zügigen Herbstentwicklung ist die Sorte eher für mittlere und etwas spätere Saattermine geeignet. Scotch reift relativ früh und gleichmäßig ab. Ähnlich wie Daktari ist auch Scotch anfällig für Phoma.

PT303 kann bereits im ersten Prüfjahr ertraglich überzeugen, wird vom Züchter aber vor allem mit einer multigenen Toleranz gegenüber Sklerotinia beworben. Auch wenn umfassendere Versuche noch ausstehen weisen die ersten Ergebnisse darauf hin, dass PT303 zu den gegen Sklerotinia am wenigsten anfälligen Sorten zählt. Die zusätzliche TuYV-Resistenz, die Rlm7-Resistenz gegenüber Phoma und eine nach ersten Ergebnissen relativ geringe Anfälligkeit gegenüber Alternaria, Cylindrosporium und Verticillium machen PT303 zu einer der aktuell gesündesten Sorten am Markt. PT303 ist großrahmig und besonders für mittlere Aussaattermine geeignet. Die Sorte beginnt etwas später mit der Blüte und reift nach ersten Erfahrungen etwas später ab.

Picard konnte als weitere Neuzulassung im ersten Prüfjahr vor allem in den Mittel- und Höhenlagen überzeugen, erzielte aber auch in den anderen Anbaugebieten leicht überdurchschnittliche Erträge. Die Sorte blüht ausgesprochen früh, reift nach Angaben des Züchters aber relativ spät ab

Als weitere Neuzulassungen wurden 2022 erstmals die Sorten Davos (bei entsprechender Witterung sehr frühe Entwicklung, frühe Blüte, mittlere Reife, sehr hoher Ölgehalt) und LG Adonis (ruhigere Herbstentwicklung, sehr gute Stängelgesundheit, mittlere Reife, mehrjährig hohe Erträge auf Löss und Lehm) geprüft.

LG Alledor (KH) entwickelt sich als kohlhernieresistente Sorte sowohl im Herbst als auch im Frühling deutlich verhaltener als Croozer und ist daher weniger anfällig für Auswinterung und Spätfröste. Die Sorte erzielte mehrjährig etwa 5-10% höhere Erträge, die aber nicht an das Niveau der Standardsorten heranreichen. LG Alledor zeigt eine geringe Reifeverzögerung des Strohs und reift zu normalen Ernteterminen ab. Auf nicht mit Kohlhernie befallenen Schlägen wird der Anbau nicht empfohlen.

Der aktuelle Stand der Versuchsauswertung und die daraus abgeleiteten Sortenempfehlungen sind in den beistehenden Tabellen zusammengefasst.

Autor: Johannes Roeb, Heinz Koch